Benutzer:Aussteiger21/Entwurf Sommerpalais (Greiz)

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Das Sommerpalais von Süden

Das Sommerpalais in Greiz ist ein kleines Schloss im Greizer Park und ein Beispiel für Frühklassizismus im mitteldeutschen Raum. Es befindet sich seit 1994 im Besitz der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten.

Errichtung

Allgemein wird als Errichtungszeit die 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts angenommen. Der exakte Zeitpunkt konnte bislang nicht bestimmt werden, wird aufgrund verschiedener Indizien jedoch in den 1760er Jahren vermutet.[1]

Hierzu werden ein Tagebucheintrag Heinrichs XI. und zwei Ofenplatten, die sich in der Beletage befinden, herangezogen. Danach habe Heinrich XI. am 14. Mai 1789 geschrieben, dass er mit seiner Gemahlin Alexandrine an diesem Tag, wie immer, vom Oberen Schloss ins "Maison de belle retraite" (Haus des schönen Refugiums) umziehe, um dort den Sommer zu verbringen. Dies sei seit 21 Jahren "le plus beau amusement du monde" (der größte Spaß in der Welt). Somit verweise diese Aussage in das Jahr 1768, in dem Heinrich XI. "Reuß ältere Linie Obergreiz" mit "Reuß ältere Linie Untergreiz" zu "Reuß ältere Linie" vereinigte. Dieser Befund werde durch zwei gusseiserne Ofenplatten in den Kaminen der Beletage gestützt, die die Jahreszahl 1769 trügen. Somit müsse ein "Maison de belle retraite" bereits 1768/69 bestanden haben.

Weiterhin könne auf eine Gedenktafel zur Greizer Geschichte verwiesen werden, die für den 1. Juni 1779 mitteile, Heinrich XI. lasse das Sommerpalais ausbauen und mit Stuckarbeiten und Tapeten schmücken. Diese Arbeiten würden auf der Erhebung in den Reichsfürstenstand 1778 und dem damit verbundenen gesellschaftlichen Aufstieg beruhen. Heinrich XI. habe das bestehende Schloss an die neue Würde eines Landesherren anpassen wollen. Ebenso widersprächen Merkmale im Erdgeschoss einem Neubau in den 1780er Jahren.

Vorgängerbau

Das gegenwärtige Sommerpalais war nicht die erste Sommerresidenz der Herrschaft "Reuß ältere Linie Obergreiz".

Zwei Stadtpläne aus des 1740er Jahren zeigen eine Anlage an der Stelle des Sommerpalais. In der Radierung von Gabriel Bodenehr der Jüngere von 1741 ist der Umriss einer dreiflügeligen Anlage am westlichen Ende des Parks in der Biegung der Weißen Elster von Westen nach Norden zu erkennen. Dieses Gebäude ist ebenso auf einem Stadtplan von Friedrich Gottlieb Schultz aus dem Jahr 1744 eingezeichnet.

Eine weiterführende Beschreibung ist mithilfe zweier Grundrisszeichnungen möglich, die in der Staatliche Bücher- und Kupferstichsammlung aufbewahrt werden. Danach handelte es sich um ein dreiflügeliges Schloss nach dem Vorbild französischer Architektur. Die Fassade des Corps de Logis öffnete sich in sechs Fenstern und einer Mitteltür nach Osten zum Lustgarten, wodurch eine Ausrichtung zum Oberen Schloss bestand. An seinen drei Seiten war das Corps de Logis von einer Treppe umgeben. Auf der Rückseite befand sich eine kleinere Treppe, die vom Wohnhaus in den Cour d'honneur führte. Der südliche Seitenflügel enthielt die Orangerie und war im Gegensatz zum nördlichen, zweigeschossigen Seitenflügel erdgeschossig angelegt.

Ein Aufriss dieser Anlage ist nicht überliefert. Eine Radierung von Johann Martin Bernigeroth aus dem Jahr 1757, die sich wie die zwei Grundrisszeichnungen in der Staatlichen Bücher- und Kupferstichsammlung befindet, deutet jedoch darauf hin, dass das Corps de Logis wohl dreigeschossig und ein Geschoss höher als die Seitenflügel war.

Bislang wurden keine weiteren Darstellungen oder schriftlichen Aufzeichnungen gefunden. Somit ist auch eine Bestimmung der Errichtungszeit nicht möglich.[2]

Architektur

Das einflügelige Sommerpalais ersetzte nach den Vorstellungen des weit gereisten Heinrichs XI. den Vorgängerbau. Heinrich XI. hatte von 1740 bis 1742 Deutschland, Frankreich und Italien bereist und bekundete mit dem Sommerpalais sein Interesse an moderner Architektur. Dabei ist anhand der Fassade, der Stuckierung der früheren Orangerie und der Ausstattung der Beletage ein französischer Einfluss und die Rezeption des Frühklassizismus zu erkennen. Der Bauherr beabsichtigte die Verbindung von Orangerie, Repräsentations- und Wohnräumen in einem Gebäude.

Aufbau und Außenansicht

Die dreigeschossige Anlage mit Erdgeschoss, Beletage und Mezzanin trägt ein flaches Satteldach mit Rundfenstern. Die Ausrichtung nach Süden gibt die Blickachse zum Oberen Schloss auf.

Fassade

Von den elf Fensterachsen sind die drei mittleren auf der Südseite durch einen Risalit hervorgehoben. Dieser ist mit einem Giebel bekrönt und wie die Ecken des Gebäudes mit genuteten Lisenen gerahmt. Über mehrere Stufen kommt man zum von zwei Jägerfiguren flankierten Hauptportal, das sich in zwei Flügeln zum Gartensaal hin öffnet. Darüber sind der Balkon und die Fenster des Festsaals in der Beletage.

Das Giebelfeld über den Mezzaninfenstern des Festsaals beinhaltet das reußische Wappen mit der geschlossenen Fürstenkrone und ein Spruchband mit dem Schriftzug "Maison de belle retraite".

Nordseite

Auf der dem Park zugewandten Seite ist der Mittelrisalit ausgeprägter als auf der Südseite. Er springt um einige Meter weiter vor.

Erdgeschoss

Das Erdgeschoss umfasst neben den sich an der Nordseite befindlichen Versorgungsräumen den südseitigen Gartensaal.

Gartensaal

Ursprünglich wurde dieser als ehemalige Orangerie für die Überwinterung der Orangenbäume genutzt. Aufgrund der guten Akustik nutzte man den Saal im Sommer für Konzert- und Theateraufführungen. Ebenso fanden hier Feste statt.

Der weiß gefasste Saal besitzt eine beeindruckende Proportion mit einer Fläche von 36 Meter mal 7 Meter. Die Decke wird durch zwei kannelierte Säulen gestützt. Diese teilen den Raum gleichmäßig in zwei Schiffe. Durch den zurückhaltenden Dekor unterscheidet sich dieser Gartensaal wesentlich von den Gartensälen des Rokoko.

Beachtlich ist der aus Stuckierungen und Flachreliefs bestehende Schmuck von 1782/83, der einem Stuckateur der Familie Bossi zugerechnet wird.[3] Unter anderem sind die Fensterlaibungen der Süd-, Ost- und Westseite mit Rahmen, Rosetten und Festons stuckiert. Die Laibung des Portals trägt die verschlungenen Initialen von Heinrich XI. Auffallend ist die reichhaltige Stuckierung der nördlichen Wand des Saals. Eine ähnliche Detailfülle weisen die Wandfelder der Schmalseiten auf. Allgemein zeigen die mit einem Flachbogen abgeschlossenen Wandfenster des Gartensaals eine Unterteilung durch kannelierte Pilaster mit ionischen Kapitellen und sind mit Flachreliefs stuckiert. Ikonografisch nehmen sie auf die Nutzung in der Entstehungszeit Bezug. In den Wandfeldern sind im Wechsel Gartengeräte, Ähren, Girlanden, Blumengebinde, Musikinstrumente und Theatermasken dargestellt. Die Felder darüber enthalten Stuckreliefs mit Putten und Blumengirlanden.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Portals steht ein Kamin mit vorkragenden Seitenwangen und Spiegelaufsatz über dem Kaminsims. In der Feuerstelle liegt eine gusseiserne Platte, welche das reußische Wappen mit der geschlossenen Krone und die Jahreszahl 1783 zeigt. Weiterhin befinden sich auf Höhe der Säulen an der Nordwand zwei Porzellanöfen in Gestalt eines von Girlanden umschlungenen Säulenfragments auf einem quadratischen Sockel. Diese sind jeweils mit einer Büste bekrönt.

Durch zwei zweiflügelige Türen gelangt man auf der Nordseite aus dem Gartensaal. Während die westliche über einen Flur zu den Versorgungsräumen führt, befindet sich hinter der östlichen ein Treppenhaus. Dieses wurde anfangs des 20. Jahrhunderts eingebaut und führt zur Beletage.

Beletage

Auf der Südseite sind die fürstlichen Repräsentationsräume zu finden. Dazu gehören der Festsaal und die durch eine Enfilade verbundenen Kabinette und Antichambres. Zum Festsaal hin steigern sich Maß und Differenzierung des Stucks. In den Kabinetten neben dem Festsaal sind hierbei Allegorien der Malerei und der Bildhauerei sowie Allegorien von Ackerbau und Viehzucht dargestellt. Hingegen umfasst die nördliche Seite der Beletage kleinere, tapezierte Räume. Dazu gehören ein Chinesisches Zimmer, das fürstliche Schlafzimmer, der Speisesaal und das Vestibül.

In den Haupträumen der Beletage stehen drei offene Kamine, in deren Feuerstellen gusseiserne Platten liegen. Sie tragen die Initialen Heinrichs XI. mit dem reußischen Wappen und der Jahreszahl 1769.

Festsaal

Der Festsaal vereint barocke Repräsentation mit klassizistischem Ausdruck. Er ist um das Mezzanin überhöht und geht über die Disposition einer salles à l'italienne hinaus. Zugleich wurde auf eine Pilasterordnung verzichtet und eine Paneelgliederung der Wände vorgenommen. Diese umfasst breite und schmale Felder mit kleineren Feldern darüber. Den schmalen Reliefrahmen sind schwere, plastische Girlanden vorgelegt und halbplastische Vasen aufgesetzt. Das Gesims besitzt einen konsolartigen Triglyphen-Rosettenfries.

Entgegen der französischen Barockarchitektur stehen sich die Spiegelkamine nicht gegenüber. Die Deckenmitte präsentiert eine von Lorbeergirlanden umrahmte Stuckrosette. Dieses Zentrum umgeben Felder mit zwei Adlern, die eine Blumengirlande in ihren Schnäbeln halten. Das Adlermotiv ist ebenso in den Supraporten des Festsaals zu finden. Hierbei sitzen sie auf einer Girlande.

Mezzanin

Über eine Treppe gelangt man ins Mezzanin. Hier befanden sich die schlichten Wohnräume der fürstlichen Familie.

Entwicklungen im 20. Jahrhundert

Bis zum Ersten Weltkrieg erfüllte das Sommerpalais seine Funktion als Sommersitz der Fürsten Reuß ältere Linie. Im Zusammenhang mit der Novemberrevolution ging es 1918 in Staatseigentum über, nachdem aus dem "Fürstentum Reuß ältere Linie" ein Freistaat geworden war. Im Jahr 1919 schlossen das Fürstenhaus und die Regierung des nunmehr bestehenden Volksstaates Reuß einen Auseinandersetzungsvertrag.

Schließlich einigten sich beide Parteien am 8. Februar 1921 auf einen Vergleich. Anschließend wurden die fürstliche Kupferstichsammlung und die fürstliche Bibliothek, die sich bis dahin im Oberen Schloss befanden, dem Staat als "Stiftung der Älteren Linie des Hauses Reuß" übergeben. Künftiger Aufbewahrungsort sollte das Sommerpalais sein. Im Jahr 1922 öffnete erstmals das Museum "Staatliche Bücher- und Kupferstichsammlung Greiz".

Das Sommerpalais blieb von Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs nicht verschont. Diese Schäden konnten jedoch bereits 1945 behoben werden. 1962 erfolgte eine Dachsanierung des Gebäudes. Danach kam es zu regelmäßigen Renovierungsarbeiten.

Am 12. September 1994 wurde das Denkmalensemble "Sommerpalais und Park Greiz" der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten übertragen.

Gegenwart

Nach einer grundhaften Sanierung in den Jahren 2005 bis 2011 präsentiert sich das Gebäude außen und innen wieder in seiner Ursprünglichkeit. Für die Sanierung gab es u.a. eine Förderzusage des Bundes im Rahmen des Denkmalpflegeprogramms "Kulturdenkmäler von nationaler Bedeutung".

Im Gartensaal und in der Beletage finden regelmäßig Ausstellungen der Staatlichen Bücher- und Kupferstichsammlung und des Satiricums statt. Weiterhin werden Gartensaal und Festsaal im Sommer für Konzerte, Lesungen und andere Veranstaltungen genutzt.

Der frühere Speisesaal ist heute eine Schaubibliothek. Im Mezzanin befinden sich Bibliothek, Lesesaal und Restaurierungswerkstatt.

Literatur

  • Gotthard Brandler u. a.: Sommerpalais und Park Greiz. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 1998, ISBN 3-422-03056-5.

Weblinks

Commons: Aussteiger21/Entwurf Sommerpalais – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gotthard Brandler u. a.: Sommerpalais und Park Greiz. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 1998, ISBN 3-422-03056-5, S. 12, 27 f.
  2. Georg Dehio, bearbeitet von Stephanie Eißing u. a.: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Thüringen. 2. Auflage. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2003, ISBN 3-422-03095-6, S. 516, nennt gleichwohl ohne Begründung das Jahr 1717.
  3. Georg Dehio, bearbeitet von Stephanie Eißing u. a.: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Thüringen. 2. Auflage. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2003, ISBN 3-422-03095-6, S. 517.

Koordinaten: 50° 39′ 28″ N, 12° 11′ 32″ O


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