Benutzer:Ava Zweig/Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt (engl. I Know Why the Caged Bird Sings) ist die erste Autobiografie der amerikanischen Schriftstellerin und Aktivistin Maya Angelou. In dieser ersten von insgesamt sieben Autobiografien schildert Angelou ihr Aufwachsen in den amerikanischen Südstaaten der 1930er Jahre. Die Handlung des 1969 veröffentlichten Werkes wird aus der Retrospektive der erwachsenen Autorin geschildert und erzählt durch die Kindheitsaugen der jungen Maya in detaillierten Bildern die gewaltsame Unterdrückung der afroamerikanischen Bevölkerung. Angelous Autobiografie gilt als wichtiger Bestandteil der afroamerikanischen Literaturgeschichte. Als bedeutender Bildungsroman wird Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt als Pflichtlektüre an zahlreichen Schulen und Universitäten unterrichtet. Die erste deutsche Übersetzung erschien im Jahr 1980 beim Verlag Stroemfeld.

Inhalt

Handlung

Stamps, 1931: Die dreijährige Maya und ihr älterer Bruder Bailey erreichen den Bahnhof von Stamps, einer kleinen Stadt im Bundesstaat Arkansas, wo die beiden nach der Scheidung ihrer Eltern bei ihrer streng konservativen Großmutter Momma leben sollen. Aufgrund der Rassentrennung lebt Mayas Großmutter im afroamerikanischen Teil der Stadt, wo sie den einzigen Krämerladen ganz Stamps betreibt. Bereits in jungen Jahren erlebt Maya das Ausmaß des rassistischen Hasses in Stamps, dem sie und ihre Familie ausgesetzt sind. Die permanente Bedrohung geht sogar so weit, dass Momma eines Tages Willie, ihren körperlich beeinträchtigten Sohn, im Gemüsekasten verstecken muss, um ihn vor den „Jungs“ des Ku-Klux-Klans zu schützen.

Eines Tages werden Maya und Bailey unerwartet von ihrem Vater Daddy Bailey abgeholt und zu ihrer Mutter Vivian nach St. Luis gebracht. Diese zieht mit den Kindern zu ihrem Freund Mr. Freeman, von dem Maya sexuell missbraucht wird. Bailey und Vivian erfahren von der Vergewaltigung, woraufhin Mr. Freeman verurteilt wird. Kurze Zeit nach seinem Gefängnisaufenthalt wird er tot aufgefunden, woraufhin Maya ihre Onkel hinter dem Mord Mr. Freemans vermutet. Die achtjährige Maya sieht sich verantwortlich für den Tod Mr. Freemans und schottet sich immer mehr von ihrem Umfeld ab. Sie hört für einige Jahre auf zu Sprechen und kommuniziert einzig und allein mit Bailey.

Die Kinder werden daraufhin zurück nach Stamps geschickt. Maya ist glücklich, wieder bei ihrer Großmutter zu sein, allerdings bleibt ihr Schweigen weiterhin ungebrochen. Ein Wendepunkt tritt ein, als das junge Mädchen die Schwarze Aristokratin Mrs. Flowers kennenlernt. Sie ist es, die Maya durch die Welt der Literatur zum Sprechen animieren kann. Die folgenden Jahre in Stamps werden von zahlreichen rassistischen Begegnungen geprägt. Als 10-jährige beginnt Maya für eine wohlhabende Weiße Frau zu arbeiten. Aus Bequemlichkeit beginnt sie Maya 'Mary' zu nennen. Die Tatsache, dass eine Weiße Frau aus ihrer respektlosen Gleichgültigkeit Maya "den Namen stiehlt", versetzt sie derart in Rage, dass sie das Lieblingsgeschirr der Frau zerstört. Zu einem anderen Zeitpunkt weigert sich ein Weißer Zahnarzt, den Momma einst Geld während der Great Depression lieh, Mayas schmerzhafte Karies zu behandeln. Auch Bailey erfährt am eigenen Leib die Brutalität des Rassismus, als er eines Tages die Leiche eines verstümmelten Schwarzen Mannes entdeckt. Als die Leiche von Männern aus der Gemeinschaft geborgen wird, zwingt ein Weißer Mann Bailey dazu, den Männern zu helfen, die Leiche ins Gefängnis zu befördern. Dieser Vorfall veranlasst Momma die Kinder zurück zu ihrer Mutter nach San Francisco zu schicken. Dort wird Maya durch ein Stipendium der Zugang zu einer Schauspiel- und Tanzausbildung ermöglicht. Zeitgleich wird sie zur ersten weiblichen Seilbahnschaffnerin San Franciscos. Den Sommer verbringt Maya bei ihrem Vater und seiner neuen Freundin Vivian in Südkalifornien. Nach einer Auseinandersetzung mit Vivian findet Maya Zuflucht bei Straßenkindern, die auf einem Autofriedhof hausieren. Nach einem Monat kehrt sie zurück zu ihrer Mutter.

Bailey ist in San Francisco ebenfalls Teil einer dubiosen Straßengang geworden und befindet sich in einer Beziehung mit einer Weißen Prostituierten. Sein einst so liebevolles Verhältnis zu seiner Mutter, die er als kleiner Junge vergötterte, hat sich verschlechtert. Im Alter von 16 Jahren zieht er sehr zur Betroffenheit seiner Schwester aus.

Nachdem sie den Roman The Well of Loneliness von Radclyffe Hall liest, hinterfragt Maya ihre Sexualität. Allerdings setzt sie aufgrund fehlender Aufklärung homosexuelle Frauen mit Hermaphroditen gleich, was ihrer Verwirrung und die Sorge um ihren Zustand weiter verschärft. Vivian versucht Maya in einem aufklärenden Gespräch zu beruhigen, allerdings lässt ihr die sexuelle Unerfahrenheit keine Ruhe. Maya schläft mit einem Jungen aus der Nachbarschaft, woraufhin sie schwanger wird. Aus Verzweiflungen schreibt sie Bailey, der einstweilen bei der Handelsmarine ist, einen Brief. Sie folgt Baileys Ratschlag, die Schwangerschaft vor ihrer Familie bis zu ihrem Schulabschluss geheim zu halten. Am gleichen Tag, an dem Maya ihr Diplom erhält, erzählt sie ihrer Mutter und ihrem Lebenspartner Daddy Clidell von ihrem Zustand. Nach anfänglicher Aufregung akzeptieren beide die Situation und unterstützen Maya tatkräftig in ihren letzten Wochen der Schwangerschaft. Mit der Geburt ihres Sohnes Guy endet das 36. Kapitel.

Wichtige Personen

Marguerite Johnson, Maya oder My genannt, ist die Erzählerin ihrer Kindheitsgeschichte. Sie ist hochintelligent, introvertiert und isoliert sich häufig von der Außenwelt, indem sie sich in ihren Büchern zurückzieht. Das rassistische Umfeld, die strenge Erziehung und das Gefühl der Verstoßung prägen die junge Maya seit frühen Kindheitstagen in Form von depressiven Ansätzen und Identitätsverzerrungen und verschärfen sich über die Jahre durch zahlreiche traumatische Erlebnisse. Als sie mit acht Jahren von dem Freund ihrer Mutter vergewaltigt wird, verstummt sie aus Angst, ihre Stimme könnte eine weitere Person töten. Durch die Hilfe von Mrs. Flowers, die ihr als eine erwachsene Person zum ersten Mal ein Gefühl von Respekt und Wertschätzung entgegenbringt, findet Maya zu ihrer Stimme zurück.

Annie Henderson, von den Kindern Momma genannt, ist Maya und Baileys Großmutter väterlicherseits und für einige Jahre der Vormund des Geschwisterpaars. Sie führt einen Krämerladen im Herzen des Arbeiterviertels von Stamps, der auch als sozialer Kernpunkt für die Schwarze Gemeindschaft in Stamps dient. Als die Great Depression über das Land einbricht, stellt Momma ihr wirtschaftliches Wissen und Können unter Beweis und kann ihren Laden aufrecht erhalten . Momma erzieht Maya und Bailey streng nach den christlichen Werten der Bibel. Glaube, Reinlichkeit und Arbeit sind für sie von größter Signifikanz. Obwohl Mommas Erziehungsmaßnahmen sehr strikt und oftmals empathielos erscheinen, empfindet Maya sehr viel Liebe und Wertschätzung für die Stärke ihrer Großmutter.

Bailey Junior ist Mayas älterer Bruder und ihre wichtigste Bezugsperson. Sein Geschick, seine Intelligenz und sein Charme machen ihn ihm Gegensatz zu Maya zum Stolz der Familie und zum Mittelpunkt seines sozialen Umfelds. Bailey ist Mayas größte Stütze, sie bewundert ihn für seinen Mut und seine extrovertierte Art. In den Jahren des Mutismus ist Bailey die einzige Person, mit der Maya kommuniziert.

Onkel Willie ist Maya und Baileys Onkel. Er stottert und ist körperlich beeinträchtigt, seitdem er als Kind fallen gelassen wurde, weswegen er laut Maya einem „großen Z“ gleicht. Sein Stolz und seine Sensibilität, gepaart mit seiner Behinderung machen ihn zum Gespött der Leute. Als Maya ihn eines Tages beobachtet, wie er versucht seinen Zustand vor Fremden zu überspielen, erlangt sie eine Erkenntnis über ihren Onkel, die ihr bis dahin noch nicht bewusst war: Willies verlangen nach Integration spiegelt auf ähnliche Weise Mayas Bedürfnis nach Dazugehörigkeit.    

Vivian Baxter Johnson ist Mayas und Baileys Mutter. Nach ihrer Trennung von Bailey Senior schickt sie ihre Kinder zu ihrer Schwiegermutter, während sie in St. Luis bei ihrer Mutter und ihren Brüdern verweilt. Vivian gleicht in Mayas und Baileys Welt mehr einem Mythos, weswegen die Faszination für die Schönheit ihrer Mutter, nachdem die beiden sie nach vielen Jahren zum ersten Mal wiedersehen, die Geschwister überwältigt. Vivian ist nicht nur bildhübsch, sie ist ambitioniert, finanziell unabhängig und stolz. Die Selbstständigkeit ihrer Mutter imponiert Maya. In ihren Jugendjahren, insbesondere während ihrer Schwangerschaft, wird Vivian zu einer wichtigen Bezugsperson Mayas.

Mrs. Bertha Flowers spielt eine entscheidende Rolle in Mayas Kindheit. Maya beschreibt Mrs. Flowers als ihren persönlichen "Rettungsanker", da sie Maya verhalf, zu ihrer Stimme zurückzufinden. Sie erkennt das Maya fasziniert von Literatur ist, weswegen sie dem stummen Mädchen Bücher gibt, die laut vorgelesen werden müssen um " […] ihre tiefe Bedeutung zu entfalten."[1] Zudem ist Mrs. Flowers die erste erwachsene Person, die Maya mit aufrechten Respekt begegnet.  

Die oben genannten Personen repräsentieren mitunter Mayas wichtigste „Verbündete“. Neben ihnen gibt es zahlreiche weitere Personen wie Daddy Bailey, Miss Kerwin oder Mr. Freeman die einen prägenden Einfluss auf das Leben der jungen Maya haben.

Form

Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt ist in 36 Kapiteln unterteilt und erzählt in einzelnen Episoden von Ereignissen, die die junge Maguerite Johnson (wie Angelou mit bürgerlichem Namen heißt) erlebt und geprägt haben. Die Erzählstimme übernimmt Angelou hierbei selbst. Die Episoden, die oftmals wie Kurzgeschichten wirken, folgen teilweise einem chronologischen Verlauf, allerdings baut Angelou des öfteren Zeitsprünge in die Handlung ein. Die Autorin richtet in ihrem Handlungsverlauf den Fokus stärker auf den thematischen Aufbau und die damit verbundene persönliche Entwicklung Mayas.[2]

Obwohl Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt häufig als autobiografischer Roman oder Memoire der Autorin verstanden wird, handelt es sich bei ihrem Werk um eine Autobiografie. Angelou wählte diese Form von Literatur für ihre erste Publizierung gezielt, da sie sich der Herausforderung, eine literarische Autobiografie zu verfassen, stellen wollte.[3]

Entstehungsgeschichte

Maya Angelous Autobiografie entstand inmitten der Hochphase der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung in den 1960er Jahren. Zu diesem Zeitpunkt war Angelou als Aktivistin fester Bestandteil der Bürgerrechtsbewegung, die unter der Leitung Martin Luther Kings die gesetzliche und soziale Gleichberechtigung der Schwarzen Mitbürger:innen forderte. Als King am 4. April 1968, am Tag Angelous 40. Geburtstag, erschossen wurde, stürzte Angelou in eine tiefe Depression. Es war unteranderem ihr langjähriger Vertrauter, der Schriftsteller und Aktivist James Baldwin, der Angelou ermutigte, die Unterdrückung und Diskriminierung der afroamerikanischen Bevölkerung in einem Buch zu verarbeiten. Das Resultat war ein Werk, das die Wurzeln der afro-amerikanischen Herkunft und Kultur durch den persönliche Lebensweg Maya Angelous widerspiegelt.[4] Das Thema Familie und Heimat sind dabei ein elementarer Bestandteil dieses Topos. In einem Interview mit Oprah Winfrey bemerkte Angelou, dass sie davon überzeugt sei, dass man die eigene Heimat nie vollständig verlassen würde, da die Herkunft fester Bestandteil der eigenen Identität sei: „[…] man kann sein Zuhause nicht verlassen. Man trägt es überall mit sich hin. […] Meine Vergangenheit ist meine Gegenwart.“(orig.:„[…] you never can leave home. You take it everywhere you go. […] My past ist my present.“)[5]

Der Titel der Autobiogrphie stammt von dem Gedicht Sympathy des afro-amerikanischen Schriftstellers Paul Laurence Dunbar.

Weltbild

Die Südstaaten der 30er Jahre

Stamps repräsentiert in Angelous Autobiografie das perfekte Spiegelbild der Jim-Crow-Ära. Die strikte Segregation prägt das alltägliche Leben, sei es in Form der schlechten Arbeitsbedingungen für Afroamerikaner:innen, der eingeschränkte oder nicht vorhandene Zugang zu medizinischer Versorgung oder die Diskriminierung auf offener Straße. Aufrechterhalten wird diese soziale Degradierung durch massive Einschüchterungen und Gewaltandrohungen der Weißen Bevölkerungsschicht. Angst bestimmt den Alltag vieler Afroamerikaner:innen in Stamps, wenn sie die Grenzen ihres Viertels überschreiten mussten. In einem Interview mit Bill Moyers verglich Angelou den Ort jenseits der Bahngleise als „no man’s land“ [6](dt. Niemandsland) das bei Betreten zahlreiche Gefahren für Schwarze Personen bürgte.

Die frühen 40er in San Francisco

Wie sich Rassismus auf andere unterdrückte Minderheiten auswirkt, wird in Mayas Zeit zu Beginn der 1940er Jahre in San Francisco veranschaulicht. Hierbei wird Maya Zeugin der strukturellen Gewalt gegenüber der japanischen Bevölkerung, die durch den Einzug der Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg zu Unrecht in Internierungslager gebracht werden. Die Folge war die Ansiedelung der afroamerikanischen Büger:innen aus der Provinz, die allmählich das Viertel der vertriebenen Japanern übernahmen. Ironischerweise ist es genau die unruhige Atmosphäre und der rasante Wandel der Stadt während der Weltkriegszeit, die Maya erstmalig ein Gefühl von Heimat geben.

Rassismus

Maya wächst inmitten eines Systems auf, in dem Schwarze Personen rassistischer Gewalt permanent ausgesetzt sind. Sicherheit ist ein kostbares Gut in einer Region, in der die Justiz Afroamerikaner:innen nicht schützt, sondern Gewalttaten auf Schwarze zumeist sogar unterstützt. Momma ist sich dieser permanenten Gefahr bewusst, weswegen sie Maya und Bailey einflößt, eine möglichst große Distanz zu Weißen Menschen zu pflegen. Maya ist es als kleines Kind unverständlich, dass ihre stolze Großmutter die offenen Beleidigungen von den "Armweißlumpen-Kindern" ohne Widerspruch hinnimmt. Erst später realisiert sie, dass dieses Verhalten ein Schutzmechanismus war, der Teil Mommas Überlebenskampf sein musste. Maya erscheinen Weiße Personen als „seltsame bleiche Kreaturen“[7]die in ihrer Surrealität einerseits Bewunderung und Neugierde, gleichzeitig Verachtung und Angst in dem jungen Mädchen auslösen. Aufgrund eben dieser Angst entwickelt Maya früh eine verzerrte Wahrnehmung ihrer selbst. Bereits im Prolog veranschaulicht Angelou dies, indem sich Maya vorstellt, ein Weißes Mädchen zu sein: „Ich würde aussehen wie eines der kleinen süßen weißen Mädchen, die jedermanns Traum von dem waren, was in dieser Welt in Ordnung ist.“[8] Sie verfolgt ein Gefühl der Deplatzierung in einer Gesellschaft, in der Schönheit und Relevanz nur Weißen Personen zugeschrieben wird. Auch als aufmerksame Beobachterin ihres Umfelds realisiert Maya das zwanghafte Anpassen ihrer Schwarzen Mitbürger:innen im Umgang mit Weißen Personen. Im Gespräch mit Bill Moyers erklärte Angelou, dass ihr das Gedicht We Wear The Mask von Paul Laurence Dunbar verhalf, diese soziale "Maskierung" besser nachvollziehen zu können.[9] Des Weiteren reflektierte Angelou in dem Interview, dass die Zeit in Stamps tiefe Narben hinterließ, schließlich sei die "Macht des Hasses […]fast so stark, wie die Macht der Liebe"(orig.: "The power of hate is almost as strong as the power of love.").[10]

Die zahlreichen rassistischen Anfeindungen, die traumatisierenden Erlebnisse und Rückschläge, denen Maya und ihre Familie ausgesetzt sind, stärken das Mädchen gleichzeitig in ihrer persönlichen Entwicklung. Gemeinschaft, Glaube und die Macht der Sprache entpuppen sich als die wichtigsten Fundamente Mayas Willenskraft und Kampfgeist. Über die Handlung hinweg entwickelt sich Mayas Wut zu einem subtilen und stetigen Widerstand, der ihre Stimme als afroamerikanische Frau bestärkt.[11]

Wirkungsgeschichte

Rezeption

Maya Angelous Werk erlangte nach der Publizierung 1969 rasch an nationaler Bekanntheit und stand zwei jahrelang in Folge auf zahlreichen Bestsellerlisten. 1970 wurde es für den „National Book Award“ nominiert.1979 wurde die Autobiografie in Form eines Fernsehfilms verfilmt, bei dem Angelou das Drehbuch übernahm. 1994 schaffte es die Autobiografie auf die Liste der „100 besten Bücher für junge Erwachsene“ von der Young Adult Library Services Association. 1997 war es für 153 Wochen auf der New York Times Bestsellerliste in der Kategorie „Paperback Nonfiction Books“.[12] Das Times Magazine Angelous Werk als "[…]revolutionäre Darstellung davon, was es in Amerika bedeutete, jung, schwarz und eine Frau zu sein."[13] Nach der Veröffentlichung weiterer 6 Autobiografien, zahlreicher Ehrungen und Preise erhielt Angelou 2010 die Presidental Medal of Freedom.

Der Kritiker Pierre A. Walker ordnete Angelous Werk in die Reihe der wichtigsten politischen Protestschreiben seit des Beginns der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung ein. Als Bildungsroman bestehe Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt aus einer Abfolge fundamentaler Lebenslektionen über den Widerstand rassistischer Unterdrückungen. [11]

1980 erschien die erste deutsche Übersetzung unter dem Titel "Ich weiß, dass der gefangene Vogel singt" im Verlag Stroemfeld. Die Übersetzung übernahm Harry Oberländer, dessen unveränderte Fassung 2018 mit neuem Titel als Neuauflage beim Suhrkamp Verlag erschien. Obwohl Maya Angelou zu den am häufigsten ausgezeichneten amerikanischen Schriftstellerinnen ihrer Generation zählt, ist ihr Werk im deutschsprachigen Raum weniger bekannt.[14] Dies bezüglich vermerkte Verena Luecken in der Frankfurter Allegemeinen Sonntagszeitung: "Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt [ist] nach wie vor ein bei uns nahezu unbekanntes Buch geblieben. Es wäre ein Glück, vor allem für die Leserinnen und Leser, wenn sich das änderte."[13]

2022 wurde bekannt, dass Angelou als erste afroamerikanische Frau das Münzmotiv der amerikanischen Quartermünzen prägen wird. Als Anlehnung an Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt wird Angelou mit einem Vogel und dem Wappenspruch E pluribus unum (lat., wörtlich: „Aus vielen eines“) die Rückseite der US-Münze zieren.[15]

Zensur

Mit der wachsenden Popularität des Romans stieg ebenso die Anzahl der Kritiker Angelous. Fand man Anfang der 1980er Jahre ihre Autobiografie ganz oben auf der Liste der amerikanischen Pflichtlektüre an diversen Bildungseinrichtungen, wurde ab 1983 die Autobiografie vom Curriculum zahlreicher Schulen gestrichen.[16] Grund dafür waren zumeist Elterninitiativen, konservative Organisationen oder Schulbehörden, die dabei um das Wohl von Kindern und Jugendlichen besorgt waren. Die Zensoren unterstellten Angelou hetzte gegen weiße Personen, vulgäre Ausdrucksweisen sowie die extreme Darstellung von Sexualität und sexualisierter Gewalt.  Die American Library Association’s Office for Intellectual Freedom bezeichnete Angelous Werk im Jahr 1995 als das „am meisten herausgeforderte Buch der Vereinigten Staaten“.[17]

Einfluss auf die amerikanische Literaturgeschichte

Der Publizierungszeitpunkt von Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt, wird in der amerikanischen Literaturgeschichte als wichtiger Wendepunkt in der afroamerikanische Literaturgeschichte gesehen. Schriftstellerinnen wie Toni Morrison, Angela Davis und Alice Walker starteten ihre Karriere zum gleichen Zeitpunkt. Aufgrund des kommerziellen Erfolges bei der Schwarzen als auch der Weißen Leserschaft sowie die zahlreichen Auszeichnungen leistete Angelous Autobiografie einen essenziellen Beitrag in der Etablierung von Schwarzen Schriftstellerinnen im breiten Literaturkanon.[18] Morrison bezeichnet Angelou sogar als Autroin "die das Schreiben von afro-amerikanischen Schriftstellerinnen in der Literaturgeschichte der Vereinigten Staaten einführte" (orig.: "She launched African-American woman writing in the United States").[19] Nicht nur Schriftsteller:innen schätzten und bewunderten Angelous literarischen und gesellschaftlichen Beitrag. Nach dem Tod Maya Angelous 2014 veröffentlichte das Weiße Haus ein Schrieben des damaligen Präsidenten Barack Obamas, in dem er verlautbarte: "Maya Angelou lehrt uns, dass es nicht ausreicht, nur für sich selbst nach Größe zu streben. Wir müssen anderen helfen, die Größe in sich selbst zu entdecken. Wir müssen die Hand ausstrecken, etwas zurückgeben und andere aufrichten, so wie Maya uns aufgerichtet hat."(orig.:"Maya Angelou teaches us that it’s not enough merely to seek greatness for ourselves. We must help others discover the greatness within themselves. We need to reach down and reach out, and give back, and lift others the way Maya has lifted us."[20]

Literatur

Textausgaben

  • En. Erstausgabe: Maya Angelou: I know why the caged bird sings. ISBN 978-0-394-42986-1.
  • Dt. Ausgabe: Maya Angelou: Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt. Übersetzung von Harry Oberländer, 5. Auflage. Suhrkamp, Berlin 2020, ISBN 978-3-518-46897-5

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Maya Angelou: Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt. 5. Auflage. Suhrkamp, Berlin 2020, ISBN 978-3-518-46897-5, S. 116.
  2. Pierre A. Walker: Racial Protest, Identity, Words, and Form in Maya Angelou's I Know Why the Caged Bird Sings. In: Bloom's Modern Critical Views: Maya Angelou. Infobase Publishing, New York 1995, ISBN 978-1-60413-177-2, S. 94.
  3. Joanne M Braxton: Maya Angelou's I Know Why the Caged Bird Sings: A Casebook. Oxford Press, New York 1999, ISBN 0-19-511606-2, S. 124.
  4. Amy Sickels: African-American Writers. S. 18–19.
  5. "I Know Why the Caged Bird Sings" | The Oprah Winfrey Show | Oprah Winfrey Network. 30. Mai 2014, abgerufen am 18. August 2022 (englisch, 0:41-0:48).
  6. Going home with Maya Angelou. Abgerufen am 12. August 2022 (englisch).
  7. Maya Angelou: Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt. S. 34.
  8. Maya Angelou: Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt. S. 8.
  9. MOYERS & COMPANY: Going Home With Maya Angelou. 8. August 2014, abgerufen am 26. August 2022 (englisch, (08:00 -08:35)).
  10. Going Home With Maya Angelou. Abgerufen am 30. August 2022 (12:24-12:29).
  11. a b Dr. Lumumba Umunna Ubani: Afrikan Mind Reconnection & Spiritual Re-Awakening. Band 1. Xlibris Corporation, 2011, ISBN 978-1-4568-4132-4, S. 248.
  12. Amy Sickels: African-American Writers (Multicultural Voices). Infobase Publishing, 2010, ISBN 978-1-60413-311-0, S. 18–19.
  13. a b Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt (Stimmen). In: suhrkamp.de. Abgerufen am 30. August 2022.
  14. Verena Lueken: Wer war Maya Angelou? 28. Dezember 2020, abgerufen am 20. August 2022.
  15. Maya Angelou Quarter. 6. Oktober 2021, abgerufen am 2. August 2022 (englisch).
  16. Alison Carrick: Banned Books from our Special Collections. Abgerufen am 28. August 2022.
  17. Joanne Megna-Wallace.: Understanding I know why the caged bird sings : a student casebook to issues, sources, and historical documents. Greenwood Press, Westport, Conn. 1998, ISBN 0-313-03210-6, S. 146.
  18. Mildred R. Mickle: Maya Angelou. In: Critical Insights. Salem Press, Ipswich, Massachusetts 2016, ISBN 978-1-68217-113-4, S. 20–23.
  19. Maya Angelou was 'a real original' says Toni Morrison. 29. Mai 2014, abgerufen am 29. August 2022 (englisch).
  20. David Hudson: Remembering and Celebrating the Life of Dr. Maya Angelou. 28. Mai 2014, abgerufen am 11. August 2022 (englisch).