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Alexander Kerlin (*1980 in Gifhorn) ist ein deutscher Dramaturg, Regisseur und Autor. Seit 2010 arbeitet er als Dramaturg am Schauspiel Dortmund. 2014 erhielt er für seine künstlerischen Verdienste den NRW-Förderpreis für junge Künstlerinnen und Künstler.

Leben

Kerlin wurde 1980 in Gifhorn geboren und wuchs in Braunschweig auf. Nach seinem Zivildienst in Jerusalem studierte er anschließend Theaterwissenschaft, Wirtschaftswissenschaften sowie Psychologie in Erlangen und Bochum. 2005 gründete er mit seinen Bochumer Kommilitonen Fabian Lettow und Mirjam Schmuck die Theatergruppe kainkollektiv, mit der er zahlreiche Theaterarbeiten und -projekte, vor allem in der freien Theaterszene Nordrhein-Westfalens, realisierte. Für ihre gemeinsame Konzeptreihe "Stadt ohne Geld", die 2010 am Schauspiel Dortmund aufgeführt wurde, erhielten sie gemeinsam mit der Designgruppe "sputnic" den "Sonderpreis für besondere Leistungen" 2011 beim Dortmunder Kritikerpreis.

Seit der Spielzeit 2010/2011 arbeitet Kerlin als Dramaturg am Schauspiel Dortmund, oft zusammen mit dem Regisseur und Intendanten Kay Voges. Dort leitet er seit 2011 zusammen mit Christoph Jöde und Thorsten Bihegue den Dortmunder Sprechchor. Gemeinsam führten sie auch Regie für das erste Stück des Sprechchors, "Das fantastische Leben der Margot Maria Rakete" (2013). Gemeinsam mit Kay Voges schrieb er auch das DOGMA 20_13, das als "Dortmunder Manifest" eine engere Verzahnung zwischen Theater- und Filmwelten einfordert. Die Eröffnungsinszenierung des Manifests, Das Fest, betreute Kerlin als Dramaturg. Es wurde 2013 als beste Inszenierung in der Kategorie "Regie Schauspiel" zum deutschen Theaterpreis Faust 2013 nominiert. Ebenfalls schrieb er gemeinsam mit Voges das Stück "Das Goldene Zeitalter - 100 Wege, dem Schicksal die Show zu stehlen" (2013), welches zum Heidelberger Stückemarkt 2014 eingeladen wurde. Für die Inszenierung "Elektra", die 2015 in der Regie von Paolo Magelli Premiere feiert, schrieb er eine eigene, neue Version des Elektra-Stoffes nach Euripides.

Im November 2014 erhielt Kerlin von der nordrhein-westfälischen Landesministerin Ute Schäfer den Förderpreis des Landes NRW für junge Künstlerinnen und Künstler. Die Jury schrieb in ihrer Laudatio, dass "seine Arbeit an den Schnittstellen von Theater und bildender Kunst, Computerwelten, Film – überhaupt von Kunst und Realität – wird noch viele an- und aufregende Ergebnisse bringen" werde.Kerlin kuratiere Reihen, nehme Impulse der Stadtgesellschaft auf und entwerfe in enger Zusammenarbeit mit Kay Voges neue Theaterformen. [1]

Alexander Kerlin lebt mit seiner Frau und zwei Töchtern in Dortmund.

Positionen

Kerlin arbeitet bevorzugt an experimentellen Stückentwicklungen, ausgefallen literarischen Vorlagen und ungewöhnlichen Formaten im Grenzbereich zur Performance, zur Bildenden Kunst und zum Film. So nahm das Stück "Das Goldene Zeitalter" beispielsweise Ästhetiken des Mashups und Samplings auf. In seinem nachtkritik.de-Essay "Der Bauschutt der Moderne" schreibt Kerlin:

„Theatermacher müssen klug und kontrastreich "Fremdtexte" in ihre Textlandschaften hineinstellen können, sich an Techniken des Mash-Up, Looping und Remix aus Musik und Bildender Kunst bedienen. Sie müssen genauso gut von hinten nach vorne erzählen können wie von vorne nach hinten, oder aus der Mitte heraus. Sie müssen Längen riskieren und ausufernde Wiederholungen. Sie müssen den Einsatz von Technik mitdenken, als dem Text ebenbürtig.“

Alexander Kerlin: Der Bauschutt der Moderne[2]

Die kanonischen Klassiker des Bildungsbürgertums seien im digitalen Zeitalter nicht mehr ohne Umwege darstellbar. Sie müssen sich aus der Deutungshoheit der Bildungsbürger und Germanisten, Verleger und Dramaturgen lösen. Anstatt in devoter Ehrfurcht vor dem Gesamtwerk zu erstarren, müssten sich gegenwärtige Theatermacher vielmehr die zentralen Gedanken aus den Stückvorlagen greifen anstatt sie mit vorgeschobenen Aktualisierungen auf die Bühne zu bringen:

„Der Zugriff auf die "Klassiker", über den Epochenbruch hinweg, wird tendenziell ein Vorgang des Zitierens werden und weniger des vollständigen Aneignens. [...] Wir werden Becketts brillante Gedanken zitieren, im Rahmen und unter den Vorgaben des Zitatrechts, in unseren Collagen, als Miniaturen. Sie gehören uns allen. Sie sich zu nehmen und neu zu verorten ist Teil der kommenden Kunstfreiheit, die längst angebrochen ist.“

Alexander Kerlin: Der Bauschutt der Moderne[3]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://blog.schauspieldortmund.de/neues/die-aufforderung-weiterzumachen/ Die Aufforderung, weiterzumachen im Blog des Schauspiels Dortmund
  2. Der Bauschutt der Moderne. nachtkritik.de. 16. Oktober 2014, abgerufen am 18. Dezember 2014.
  3. Der Bauschutt der Moderne. nachtkritik.de. 16. Oktober 2014, abgerufen am 18. Dezember 2014.