Benutzer:BahnKai/Ottensener Industriebahn

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Die Ottensener Industriebahn ist eine ehemalige schmalspurige Eisenbahnanlage (Spurweite 1000mm) in Hamburg. Sie diente ausschließlich dem Güterverkehr in den innerstädtischen Industriegebieten der Stadtteile Bahrenfeld und Ottensen. Die Übergabe der Wagen auf die Staatsbahn erfolgte in den Bahnhöfen Borselstraße I (für den Südbezirk), Borselstraße II (für den Nordbezirk). Im Jahre 1923 übernahm der Übergabebahnhof Ruhrstraße die Bedienung des Nordbezirks.

Gründe für den Bau

Im 19. Jahrhundert wurde Ottensen immer mehr zu einem Industriestandort. Trotz der teilweise sehr eng bebauten Bereiche siedelten sich in der Zeit der Industrialisierung zahlreiche Betriebe an. Diese mussten zum einen mit großen Mengen an Rohstoffen versorgt werden und zum anderen brauchten die Fertigprodukte einen günstigen Transportweg zu den Märkten weltweit.

Die verwinkelte Straßenführung in Ottensen ließ nur eine schmalspurige Eisenbahn zu. Das umständliche aufbocken der Normalspurwagen auf die Rollböcke musste daher in Kauf genommen werden, war dies doch immer noch günstiger als ein umladen auf Pferdefuhrwerke oder Lastkraftwagen.

Betrieb

Gleisreste in einer Hofeinfahrt (Borselstraße 7)

Nach der Eröffnung 1898 wurden die aufgebockten Güterwagen zunächst mit Pferdegespannen bewegt, ab Sommer [1904] wurde der Motorlok-Betrieb mit einer Maschine von Deutz aufgenommen. Ab 1910 gab es auch eine stärkere Dampflok. Ab Mitte der 50er-Jahre kamen Straßenzugmaschinen (u.a. von Kaelble) zum Einsatz.

Mit Betriebsbeginn wurde nur der Bereich südlich der Vorortbahn (Südbezirk) an die Industriebahn angeschlossen, im Verlauf der Jahres 1904 wurde auch der Bereich nördlich der Vorortbahn versorgt (Nordbezirk, in Richtung des heutigen Langenfelde). Dort konnte das Industriegebiet aber auf "der grünen Wiese" geplant und errichtet werden. Die Streckenführung war dadurch gradliniger und konnte teilweise auch neben der Straße angelegt werden. Ab 1923 wurde der Nordbezirk durch den neuen Anschlussbahnhof in der Ruhrstraße bedient.

Einige der Anschließer erlangten überregionale Bedeutung und sind zum Teil heute noch bekannt. So zum Beispiel der Schiffsschraubenhersteller Zeise oder der Baumaschinenhersteller Menck & Hambrock. Letztere sorgten für spektakuläre Situationen, wenn diese Großbagger auf aufgebockten Drehgestellwagen (auf vier Rollböcken) durch die engen Straßen abtransportieren ließen.

In den besten Jahren wurden weit über 10.000 Waggons jährlich befördert (Bestwert 16.906[1] in den Jahren 1917/1918), was eine tägliche Leistung von über 40 Waggons bedeutet). Zum Ende reduzierte sich die Zahl der Wagen auf rund 1.400 Stück (entspricht ca. 4 täglich). Die letzten Anschließer waren Rommenhöller in der Barnerstraße (hinter der Fabrik) und Gutmann in der Völkerstraße.

Die Betriebsführung oblag in den letzten Jahren bis zur Stilllegung 1978 der AKN.

Ende

Der zunehmende Individualverkehr sorgte für immer mehr Konflikte, oft versperrten auf oder dicht an den Schienen abgestellte PKW der Bahn den Weg, auch wurde der Gütertransport mittels LKW immer beliebter. Einige der Industriebetriebe schlossen ganz oder verlegten ihren Standort (Meck & Hambrock zog vor die Tore Hamburgs nach Ellerau in Schleswig-Holstein). Durch Sielbaumaßnahmen wurden bereits 1977 Teile des Netzes abgeschnitten und waren somit per Schiene nicht mehr erreichbar. Um einige der dadurch abgetrennten Anschlüsse bedienen zu können, war im Übergabebahnhof Borselstraße ein Straßenroller stationiert. Zudem plante die Stadt Hamburg den Stadtteil umfassend zu sanieren, damit wurde - insbesondere im Südbezirk – durch Wegfall der größeren Industriebetriebe der Bahn ihre Existenzberechtigung entzogen. Die Stilllegung erfolgte zum 30. September 1981. Die meisten Anlagen wurden in den darauffolgenden Jahren zurückgebaut.

Relikte

Spuren im Pflaster der Borselstraße

Noch heute (2015) lassen sich an vielen Stellen Reste der Ottensener Industriebahn finden. Schienen lassen sich hauptsächlich in renovierten Gewerbehöfen finden, wo diese auch oft in das architektonische Konzept integriert sind (so z.B. in den Zeisehallen) oder im Borselhof). Auf einigen Straßen lässt durch Prägungen und Muster im Kopfsteinpflaster der Gleisverlauf erkennen.

Einige Rollböcke sind museal erhalten und im VVM-Museumsbahnhof Schönberger Strand zu besichtigen.

Besonderheiten

Die Bahnhöfe Borselstraße I und Borselstraße II (in der Nähe des Bahnhofs Bahrenfeld, an der S-Bahn-Strecke von Altona nach Blankenese) waren bis zur Eröffnung des Bahnhofs Ruhrstraße durch eine kurze Strecke verbunden. Diese unterquerte im Straßenverlauf der heutigen Daimlerstraße die S-Bahn. Aufgrund der begrenzten Durchfahrtshöhe durfte dieser Teil jedoch nur von den Lokomotiven und leeren Rollböcken befahren werden. Die Streckenführung lässt sich heute (2015) noch erkennen, da auf der ehemaligen Trasse Rad- und Fußwege angelegt sind.

Eine im Borselhof abgestellte Dampflok hat mit der Ottensener Industriebahn nichts zu tun (abweichende Spurweite von 900mm), sie ist daher lediglich als gestalterisches Element zu sehen.

Literatur

  • Dirk Oetzmann: Die Hamburger Schmalspurbahnen. Verkehrshistorische Reihe: Hamburger Nahverkehrsmittel Nr. 27, Seiten 45 ff. (2010).
  • Philipp Reis: "Relikte von Industrie und Industriebahnen in ihrer Bedeutung für urbane Aufwertungsprozesse – Das Beispiel Hamburg-Ottensen –" (2010)
  • Carl-Boie Salchow: "Die Ottensener Industriebahn und die anderen städtischen Bahnanlagen in Altona"; Freunde der Eisenbahn e.V., (1978)

Weblinks

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  1. Dirk Oetzmann: Die Hamburger Schmalspurbahnen. Verkehrshistorische Reihe: Hamburger Nahverkehrsmittel Nr. 27, Statistik Seite 67