Benutzer:Benatrevqre/Siegerjustiz nach dem Zweiten Weltkrieg

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Siegerjustiz nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg ergab sich durch die erzwungene bedingungslose Kapitulation der deutschen und japanischen Streitkräfte, einhergehend mit der Niederlage der Achsenmächte, die historisch einmalige Lage, dass es im Gegensatz zu vorherigen Kriegen keine Friedensvereinbarungen zwischen den Kriegsgegnern gab. Um die von Deutschland begangenen Kriegsverbrechen und die Urheber des Völkermordes bestrafen zu können, wurden die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse in Gang gesetzt.

Vorkommnisse in den Nürnberger Prozessen

Die Prozesse wurden jedoch vereinzelt durch mehrere schwerwiegende juristische Probleme überschattet, die zur Entstehung des Begriffes „Siegerjustiz“ beitrugen (siehe Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher, Kritik an den Prozessen, und Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse).

„Die Bundesregierung selber, die vom politischen Gewicht am bedeutendsten war, stellte die Legitimität der Nürnberger Verfahren bis auf wenige Ausnahmen in Frage. Die Bundesregierung vertrat in Gestalt ihres Staatssekretärs Strauß vom Bundesjustizministerium die Auffassung, dass nur zehn Prozent derer, die in den Nürnberger Prozessen, insbesondere den Nachfolgeprozesse, vor Gericht standen, zurecht verurteilt worden sind. Neunzig Prozent seien also zu Unrecht verurteilt worden. Dies war eine groteske Verzerrung der Realität, wenn man sich die Verbrechen der Einsatzgruppen, der Wehrmacht, der Justiz vergegenwärtigt, die Gegenstand der Verhandlungen der amerikanischen Gerichte waren.
Nicht nur in den Spitzen der Gesellschaft, sondern auch in der Bevölkerung nahm die Akzeptanz der Nürnberger Verfahren ab. Während die Nürnberger Verfahren kurz nach Kriegsende in weitem Maße, zu 70 Prozent, von der Bevölkerung akzeptiert wurden, nahmen 1950/51 nur noch zehn Prozent der Bevölkerung diese Haltung ein.“

Prof. Dr. Joachim Perels: Das juristische Erbe des „Dritten Reiches“. Beschädigungen der demokratischen Rechtsordnung, Niedersächsisches Justizministerium (PDF)

Rechtsradikale Positionen gehen dadurch teilweise so weit, dass sie eine Schuld sämtlicher Angeklagten abstreiten und die Prozesse als eine Farce bezeichnen.

Fallbeispiele

Als Beispiel für einen Fall von Siegerjustiz kann beispielsweise der Eck-Prozess angesehen werden, bei dem lediglich drei Tage zwischen Anklageerhebung und Prozessbeginn gelassen wurden. Die erst mit Anklageerhebung bestellten Verteidiger waren hierdurch in der Verteidigung erheblich behindert.

Auch die schnelle Verurteilung und Hinrichtung von Anton Dostler ist in vieler Hinsicht als Siegerjustiz zu sehen.

Bestandteil der Siegerjustiz ist auch die Nichtverfolgung von Kriegsverbrechen der Siegermacht oder -mächte.

Wegen belegten Problemen in der Rechtsprechung durch den „Internationalen Militärgerichtshof“ wurde 1998 der Internationale Strafgerichtshof als unabhängige Instanz geschaffen, dem inzwischen 100 Länder beigetreten sind.

Siehe auch

Krieg, Militärtribunal, Völkerstrafrecht, Verbrechen gegen die Menschlichkeit


Literatur

  • T. Taylor: Die Nürnberger Prozesse. Hintergründe, Analysen u. Erkenntnisse aus heutiger Sicht (aus dem Amerikanischen, 21996)
  • K. Kastner: Von den Siegern zur Rechenschaft gezogen. Die Nürnberger Prozesse (2001)