Benutzer:Bernd Schwabe in Hannover/Marstall am Hohen Ufer
Achtung: Obertitel Marställe in Hannover: Ein erstes fürstliches Wagenhaus bestand vielleicht schon 1577 in der Calenberger Neustadt, Auf dem Brande.
Von den Gebäuden der Hofmarställe am Hohen Ufer in der Altstadt von Hannover sind der Alte Marstall am Hohen Ufer erhalten und die Wagenremise in der Goethestraße nahe dem Steintorplatz. Die Entwicklung der weitläufigen Marstallanlagen (im Verlauf des heutigen Hohen Ufers und dem Platz Am Marstall) vor der Nordostecke der ehemaligen Stadtmauer ist bis heute nicht ganz geklärt.
Geschichte
= Offene Renn- oder Reitbahn
Die Hofmarställe am Hohen Ufer entstanden als Folgebauten des Leineschlosses: Nach der Residenznahme im Dreißigjährigen Krieg entstand am Beginnenturm 1643 zunächst das Zeughaus (dessen Aussenmauer heute Teil des Historisches Museum am Hohen Ufer ist) an der Leine. Etwas weiter flußabwärts war schon 1666 eine offene Renn- oder Reitbahn in Betrieb genommen worden.
Alter Marstall
Auf dem Gelände der offenen Renn- oder Reitbahn wurde 1682 oder 1687 ein Herrenstall gebaut, der später Alter Marstall genannt wurde.
Neuer Marstall
Der französische Architekt Louis Remy de la Fosse lieferte die Pläne für eine dreiflügelige Erweiterung des Marstalls. Angeblich sollte die Anlage einen von Gottfried Wilhelm Leibniz entworfenen Reitplatz umschließen.
Nachdem die alte Festungslinie hinausgeschoben worden war, konnte nördlich des Alten Marstalls mit dem Bau begonnen werden. Es wurden allerdings nur zwei Flügeln gebaut:
- Ein Flügel, Reitstall oder auch Neuer Pferdestall genannt, wurde 1712 gebaut und verlief parallel zur Leine.
- Dem Reitstall wurde 1714, nach Osten abknickend, das Reithaus angebaut. Das Gebäude war eine langestreckte Halle mit Zuschauertribünen an den Stirnseiten.
Bis 1715 entstanden dadurch - zusätzlich zum erst Reit- oder Ballhaus - auf dem Reitwall' an der nördlichen Stadtmauer Werkstätten und Dienstwohnungen in zwei parallelen Reihen.
Ein weiterer Reitplatz wurde 1783 auf der Bastion nördlich des Reithauses angelegt. An Stelle der Bastion errichtete der Architekt Christian Heinrich Tramm 1857 bis 1861 die Wagenremise entlang der geplanten Goethestraße als Abschluß der weitläufigen Marstallanlagen. Die Remise wurde zweigeschossig zwischen höheren Eckpavillons gebaut und bog mit einen Seitenflügel zum Reithaus ab. Der Hof war anfangs mit Glas überdeckt.
Nach der Annexion des Königreich Hannovers durch Preußen wurde schon im Oktober 1866[1] die preussische Militär-Reit-Schule von Schwedt an der Oder in die hannoverschen Marstallanlagen verlegt.
Der Alte Marstall wurde nach 1866 jedoch gewerblich genutzt. Nach der Reichsgründung wurde die Militär-Reit-Schule 1872 in zwei voneinander unabhängige Abteilungen aufgespalten: Nun belegte die Offizier-Reitschule den Marstall am Hohen Ufer; die Kavallerie-Unteroffizierschule wurde in der Artilleriekaserne am Steintor untergebracht. Beide Teile wurden jedoch schon vier Jahre später 1876 in das neugebaute Militär-Reit-Institut nach Vahrenwald (heute Vahrenwalder Straße, Vahrenwalder Park) verlegt: Der Bauunternehmer und Architekt Ferdinand Wallbrecht hatte die neuen Gebäude in Vahrenwald gegen Teile der alten Marstallanlagen getauscht! Nun konnte Wallbrecht die Gebäude in der Altstadt anderen Zwecken zuführen. Er teilte zunächst das Reithaus und baute dieses 1877/78 um: Im Ostteil (Reuterstraße) entstand das Stadttheater, im Westteil (Am Hohen Ufer) das Konzerthaus. Anschließend baute Wallbrecht die Wagenremise zu einem Geschäftshaus um (von denen in der Goethestraße 17/19 die mittleren vier Achsen erhalten sind).
Im selben Jahr wurde 1878 der schon zuvor gewerblich genutzte Alte Marstall zum Depot für die Pferdebahn umfunktioniert (bis 1888). Die Wagenremise baute Otto Goetze 1881 um zum Konzertlokal Palmengarten.
Um 1890 wurde der Alte Marstall in zwei Hälften geteilt: Die südliche Hälfte wurde 1891 von dem Architekten Albrecht Haupt für den Arbeiterverein Verein für Fortbildung umgebaut zum Neuen Hannoverschen Festsaal. Die nördliche (erhaltene) wurde nach einem Brand 1906 um ein drittes Geschoss erhöht und seitdem als Geschäftshaus genutzt.
Am 9. November 1938, dem Tag der sogenannten "Reichskristallnacht", nutzten hannoversche SS-Verbände das Konzerthaus am Hohen Ufer erst für eine Kundgebung, um anschließend zur Absperrung des Platzes rund um die brennende Synagoge auf der anderen Leineseite eingesetzt zu werden.
Durch die bald darauf folgenden Luftangriffe auf Hannover im Zweiten Weltkrieg gingen auch viele Teile des ehemaligen Marstall-Komplexes unter. Die Ruinen des ehemaligen Neuen Marstalls wurden nach 1945 abgebrochen, an seiner Stelle ist heute ein Parkplatz. Erhalten blieb das Mittelportal des Neuen Marstalls aus der Verlängerung der Burgstraße, das 1967 mit dem Staatswappen von Georg II. als Marstalltor nördlich des Historischen Museums in der Rossmühle aufgestellt wurde.
Im erhaltenen Teil des Alten Marstalls am Hohen Ufer wurde zeitweilig die Diskothek Flohzirkus betrieben.
Und im erhaltenen Teil der Wagenremise wurde 1988 Büros und und ein Vortragssaal der ÜSTRA eingerichtet.
Einzelnachweise
- ↑ Widerspruch zwischen dieser Aussage ("1866") und zu der des gleichen Autors zum Stichwort Kavallerieschule ("1867"): Helmut Knocke: Kavallerieschule, in: Stadtlexikon Hannover, S. 343