Benutzer:Brun Candidus/Brun Candidus von Fulda

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Brun (auch Bruun) Candidus (*ca. 770-780, † 845), Maler und Schriftsteller, war Priestermönch im Kloster Fulda, wo er als Urkundenschreiber 811-813 mehrfach belegt ist. Er ist zum einen Verfasser zweier Abtsbiographien, der verlorenen Vita Abt Baugulfs von Fulda und der erhaltenen Vita Abt Eigils von Fulda, die er seinem Mitbruder Reccheo Modestus widmete.

Werk

Die Vita Abt Eigils

Die Vita Abt Eigils ist ein literarisches Monument von erheblicher historischer und literaturgeschichtlicher Bedeutung. Sie ist zum einen eine der wichtigsten Quellen zur Geschichte Fuldas im Zeitalter der sogenannten anianischen Reform, die im Auftrag Kaiser Ludwigs des Frommen von Benedikt von Aniane mit dem Ziel der reichsweiten Vereinheitlichung der Mönchsregeln und monastischen Consuetudines, den ergänzenden Bestimmungen, vorangetrieben wurde. Zum anderen ist sie ein hochinteressantes literarisches Monument der karolingischen Renaissance, das höchsten formalen und stilistischen Anforderungen genügen sollte. Formgeschichtlich handelt es sich um ein sogenanntes Opus geminum, d. h. ein Werk, das denselben Stoff doppelt, einmal in Prosa einmal in Versen, abhandelt. Darüber hinaus hat Brun Candidus das zweite, in Hexametern verfasste Buch der Vita Aegil abbatis Fuldensis mit einem Bildzyklus ausgestattet. Damit ist sie die älteste bekannte illustrierte Biographie. Dieses allein erhaltene Werk stellt noch in manch anderer Hinsicht ein Formexperiment dar, denn es integriert zwei Kaiserreden, eine Erzbischofsrede (Buch I), Weihenotizen in Prosa sowie Altartituli und Epitaphien in Distichen (Buch II). Widmungsbrief, Kapitelverzeichnis und ein Widmungsgedicht in dem erlesenen Versmaß des Terentianeus markieren den Anspruch des Autors, der sich auf kein geringeres Vorbild als den Figurengedichtzyklus zum Lob des heiligen Kreuzes De laudibus sanctae crucis des Hrabanus Maurus beruft, das wohl ambitioniertese Werk der ganzen Epoche, das ebenfalls in Prosa und Vers abgefasst ist und bei dem Zahlensymbolik und biblische Allegorien eine ähnlich wichtige Rolle spielen, wenn auch die Vita Eigils nicht als Figurengedicht angelegt ist, sondern sich mit textbegleitender Illustration begnügt. Von architekturhistorischem Interesse ist eines der ersten bekannten Beispiele für die Auslegung der Bausymbolik einer Kirche, der Michaelskirche zu Fulda in Fulda, das sich in Buch I findet. Von historischem Interesse ist der in Buch I ausführlich und lebendig dargestellte Streit um die Wahl des Nachfolgers des gestürzten Abtes Ratger. Brun Candidus zeigt zum einen ein durch die Reformgeschichte geschärftes Bewusstsein für historische Veränderungen, zum anderen eine in dieser Zeit ungewöhnliche Selbstreflexivität von hohem Niveau. Leider ist die einzige Handschrift bei der Zerstörung der Fuldaer Bibliothek im dreissigjährigen Krieg vernichtet worden, so dass nur der Erstdruck der Vita durch den Jesuiten Christoph Brouwer in seinen Sidera illustrium virorum von 1616 den Text vor dem Untergang bewahrt hat. Brouwer hat auch in seinen Antiquitatum Fuldensium libri IV von 1612 drei der Abbildungen durch Kupferstichreproduktionen überliefert.

malerisches Werk

Brun Candidus war zur Vervollkommunung seiner Ausbildung von Abt Ratger einst zu dem Biographen Karls des Grossen Einhart gesandt worden, der als Leiter der kaiserlichen Werkstätten auch in künstlerischen Belangen über grosse Kompetenz verfügte. Nach eigenem Zeugnis hatte Brun Candidus auch die Westapsis der 819 geweihten Ratgar-Basilika ausgemalt. Er muß daher der oder einer der Hauptmeister der Fuldaer Malschule gewesen sein, die durch hervorragende Werke der Buchmalerei bezeugt wird. Er gehört daher zu den wenigen namentlich bekannten Künstlerpersönlichkeiten des Frühmittelalters.

Leben

Innerhalb der Klosterhierarchie zählte Brun Candidus als einer der Gebildetsten und Einhartschüler zur engsten Führungsschicht, denn er nennt sich magister, was eine Rangbezeichnung zu sein scheint,die nicht notwendig eine Lehrtätigkeit einschließt, und leitete zuletzt eines der sogenannten officia, d. h. ein Zentrum der Wirtschaftsverwaltung ausserhalb des Hauptklosters. Ausserdem verfügte er nach eigenen Angaben über enge persönliche Kontakte zu Eigil und Hrabanus Maurus, von dem er zur Abfassung der Vita Abt Eigils angeregt worden war. In der Kriesensituation von 817, die zum Sturz Abt Ratgers führte, scheint er es gewesen sein, der die aus dem Kloster geflohenen Brüder zur Rückkehr veranlasste. Möglicherweise spekulierte er auf die Nachfolge seines Abtes Hrabanus Maurus, dessen Stellung durch seine Parteinahme im Streit zwischen den Söhnen Ludwigs des Frommen zugunsten des erstgeborenen Kaiser Lothar I. und gegen Ludwig den Deutschen, in dessen Machtbereich das Kloster Fulda lag, immer unhaltbarer wurde. Doch unterlag er Abt Hatto. Zu 845 erscheint sein Name in den Fuldaer Totenannalen.

Literatur

  • Gereon Becht-Jördens: Die Vita Aegil abbatis Fuldensis des Brun Candidus. Ein Opus geminum aus dem Zeitalter der anianischen Reform in biblisch-figuralem Hintergrundstil (Fuldaer Hochschulschriften 17). Josef Knecht, Frankfurt am Main 1992.
  • Gereon Becht-Jördens: Die Vita Aegil des Brun Candidus als Quelle zu Fragen aus der Geschichte Fuldas im Zeitalter der anianischen Reform. In: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 42, 1992, S. 19-48.
  • Gereon Becht-Jördens: Text, Bild und Architektur als Träger einer ekklesiologischen konzeption von Klostergeschichte. Die karolingische Vita Aegil des Brun Candidus von Fulda (ca. 840). In: Gottfried Kerscher (Hrsg.): Hagiographie und Kunst. Der Heiligenkult in Schrift, Bild und Architektur. Dietrich Reimer, Berlin 1993, S. 75-106.
  • Gereon Becht-Jördens: Vita Aegil abbatis Fuldensis a Candido ad Modestum edita proasa et versibus. Ein Opus geminum des IX. Jahrhunderts. Einleitung und kritische Edition. Selbstverlag, Marburg 1994.
  • Gereon Becht-Jördens: Litterae illuminatae. Zur Geschichte eines literarischen Formtyps in Fulda. In: Gangolf Schrimpf (Hrsg.): Kloster Fulda in der Welt der Karolinger und Ottonen (Fuldaer Studien 7). Josef Knecht, Frankfurt am Main 1996, S. 325-364.
  • Christine Ineichen-Eder: Künstlerische und literarische Tätigkeit des Brun Candidus von Fulda. In: Fuldaer Geschichtsblätter 56, 1980, S. 201-217; auch in: Winfried Böhne (Hrsg.): Hrabanus Maurus und seine Schule. Festschrift der Rabanus-Maurus-Schule 1980. Selbstverlag, Fulda 1980 (ohne Anmerkungen, aber mit Bildmaterial).