Benutzer:Bsteinmann/Stasi 2.0

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Stasi 2.0 ist ein netzkultureller Begriff unter dem Teile des politischen Protestes gegen die Bedrohung vor allem digitaler Bürgerrechte durch die "Politik 1.0" firmieren. [1] [2]Der Begriff entstand im Rahmen der netzpolitischen Konferenz "re:publica 07 – Leben im Netz" in Berlin vom 11. bis 13. April 2007 und verbreitete sich über die Bloggerszene bis in den konventionellen Medien wie Tagesschau ("Kreative Überwachungsgegner im Netz) [3] und Süddeutscher Zeitung. Stasi 2.0 dient dabei als Protest-Tagging, um die "Opposition gegen die umfassende Datenspeicherung" fortzuführen. Im Mittelpunkt des Protestes stehen die innenpolitischen Forderungen des Politikers Wolfgang Schäuble. Als Logo dieser Protestbewegung dient die sogenannte "Schäuble-Schablone". [4]

Allgemeines

Der Begriff Stasi 2.0 ist ein politisches Schlagwort, das sich Anfang 2007 zunächst im Internet innerhalb der Blogosphäre entwickelte und in Bezug auf das sogenannte Web 2.0, unter Verwendung heutiger technischer Möglichkeiten, auf eine Wiederauflage eines staatlichen Überwachungsapparates anspielt, wie ihn das ehemalige Ministerium für Staatssicherheit in der DDR darstellte. [5]

Protest gegen die Sicherheitspolitik des Innenministeriums

Der Begriff bezieht sich vor allem auf die der deutschen Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und seinem Vorgänger Otto Schily (SPD) vertretene Sicherheitspolitik – insbesondere auf die diskutierten und teilweise bereits praktizierten Überwachungsmaßnahmen Onlinedurchsuchungen und Vorratsdatenspeicherung, aber auch auf nicht technisch bedingte Maßnahmen wie zum Beispiel die bereits zuvor von der Staatssicherheit der DDR bekannte Sammlung von Körpergeruchsproben und dem Unterbindungsgewahrsam von Globalisierungskritikern vor und während dem G8-Gipfel in Heiligendamm. [6]

Kurz nachdem der Begriff entstanden war, äußerten sich Aktivisten vor dem Berliner Reichstagsgebäude im Rahmen einer Kunstaktion unter dem Motto Stasi 2.0 – Der Staat weiß jetzt alles[7] besorgt und kritisch, während das Kabinett des Bundestages am 18. April 2007 den Entwurf zur Vorratsdatenspeicherung beschloss. Mittels großformatiger Schilder wurden dabei symbolisch sensible Informationen der Bürger preisgegeben und auf mögliche Folgen der Vorratsdatenspeicherung aufmerksam gemacht.[8]

Symbol der Protestbewegung

Ein von dem Weblog dataloo veröffentlichtes Motiv in Form einer Sprühschablone mit dem Begriff Stasi 2.0 und dem Konterfei von Wolfgang Schäuble entwickelte sich unter dem Namen „Schäublone“ zum Logo der Protestbewegung. Mittlerweile existiert auch ein entsprechendes als „Platterone“ bezeichnetes Motiv mit dem Innenminister Österreichs Günther Platter. Außerdem wurden 19 weitere Politikerportraits veröffentlicht.[9] Dieses Logo wird bei fast jeder Demonstration gegen staatliche Überwachungsmaßnahmen eingesetzt, wie beispielsweise bei den politischen Kunstaktionen des Chaos Computer Club[10] einem Aktionstag anläßlich des Besuches von Herrn Schäuble in Bremen[11], oder einer Protestaktion auf der Internationalen Funkausstellung Berlin, 2007, vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung[12]. Das Motiv findet zunehmende Verbreitung als gesprühte Schablonenkunst (Stencil) oder Aufkleber (Sticker) im öffentlichen Raum zahlreicher Städte (Streetart).[13] und existiert dort auch in mehreren weiterentwickelten Varianten[14].

Kritik

Kritiker betrachten die Bezeichnung als unangemessene Überspitzung und unzulässige Verharmlosung des Ursprungsbegriffs „Stasi“, auch in Hinsicht auf die Opfer, weshalb er im offiziellen Sprachgebrauch einiger Gegner staatlicher Überwachung wie z. B. Datenschutz- und Bürgerrechtsorganisationen nicht verwendet wird. Des Weiteren drohe die Verharmlosung verfassungsfeindlicher Ideologien, wie politischen und religiösen Extremismen, die sich selbst als „Opfer“ der Verfassungsschutzes darstellten und sich so das Image unterdrückter „Widerstandskämpfer“ gäben.

Andere Kritiker betrachten die zunehmenden Überwachungsmaßnahmen zwar als Bedrohung für eine vielfältige Gesellschaft, vertreten jedoch die Meinung die Proteste im Rahmen der Stasi 2.0-Bewegung würden sich an die falschen Akteure richten, da es nicht die Absicht der Politiker sei erneut einen Überwachungsstaat aufzubauen, sondern diese lediglich der "Blockwart"-Mentalität der Bundesbürger nachkämen.[15]

Trotz Bedenken seiner Rechtsabteilung gegen das Motiv übernahm der Leipziger Onlineservice Spreadshirt Produktion und Versand von T-Shirts mit dem Motiv der sogenannten „Schäublone“.[16]

Quellen

  1. Konferenz über das Leben im Netz, heise online 27.3.07 [1]
  2. Vgl. auch den Begriff "Online-Protest" in: Kreative Überwachungsgegner im Netz, Tageschau.de Tiete Stegers v. 3.7.2007 [2]
  3. Kreative Überwachungsgegner im Netz, Tageschau.de Tiete Stegers v. 3.7.2007 [3]
  4. re:publica: Vom Kalklagern zum Sprengen, heise online 13.4.07
  5. Kreative Überwachungsgegner im Netz, Tageschau.de Tiete Stegers v. 3.7.2007 [4]
  6. Schäuble und die Schnüffelpolizei, heise online Florian Rötzer 23.05.2007 [5]
  7. Bericht und Pressemitteilung der Kunstaktion „Stasi 2.0 – Der Staat weiß jetzt alles“
  8. Filmbeitrag der Märkischen Allgemeinen
  9. agitprop-font
  10. STASI 2.0 Aktion am Brill
  11. Aktionstag anläßlich des Besuches von Bundesinnenminister W. Schäuble in Bremen
  12. Anti-Schäuble Aktion auf der IFA
  13. Stasi 2.0 - Schäuble-Portrait in der Streetart
  14. Verschiedene Stasi 2.0-Stencils
  15. Daniel Kulla: Volk 1.0. In: 36/2007 Thema. Jungle World. 6. September 2007. Abgerufen am 7. September 2007: „Stasi 2.0? Nein, ganz einfach Volk 1.0, Standardausgabe. Wer in der Zeitung über seine Nachbarn lesen will, was sie für sexuelle Gepflogenheiten haben oder wie gemeinschaftsfeindlich sie sich der unkorrekten Mülltrennung schuldig machen, der hat wenig Skrupel, was einen starken, schützenden Staat angeht.“
  16. Spreadshirt: Die Vorwahl der anderen - Spreadshirt spendet Datenschützern. In: Pressemeldungen. 16. Juli 2007. Abgerufen am 7. September 2007: „Das ‚Stasi 2.0‘ Motiv hat eine bewegte Geschichte. Adler, Initiator der Aktion ‚Überwach!‘, wollte mit dem Motiv auf die Gefahren durch staatliche Kontrolle aufmerksam machen – und zwar in möglichst drastischer Weise. Etwas zu drastisch, befand die Spreadshirt Rechtsabteilung, die das Motiv zunächst ablehnte. Doch Spreadshirt-Gründer und CEO Lukasz Gadowski setzte sich nachhaltig für den Druck ein: ‚Ich respektiere Schäuble und habe Verständis für die sensible Sicherheitslage. Aber mit Satire müssen Politiker einfach rechnen.‘“

Weblinks

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