Benutzer:Carsten89

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Ich studiere Physik in Freiburg (Schwerpunkt Hochenergiephysik am LHC), betreibe in meiner Freizeit Rollenspiel und kenne mich ein wenig aus mit Programmierung und künstlicher Intelligenz.

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Infinite Momentum Frame

Das Infinite Momentum Frame ist ein spezielles Bezugssystem, das besonders in der Theorie der starken Wechselwirkung verwendet wird. Es zeichnet sich dadurch aus, dass der Gesamtimpuls des betrachteten Systems praktisch unendlich ist.

Anschauliche Erklärung

Zur expliziten mathematischen Beschreibung physikalischer Systeme muss immer ein Bezugssystem gewählt werden. Durch geschickte Wahl eines solchen Bezugssystems kann die zu lösende Aufgabe bereits stark vereinfacht werden. Bei vielen physikalischen Problemen ist beispielsweise die Wahl des Schwerpunktsystems als Bezugssystem von Vorteil, in dem der Gesamtimpuls des betrachteten physikalischen Systems gerade verschwindet.

Das Infinite Momentum Frame (deutsch etwa Bezugssystem mit unendlichem Impuls) zeichnet sich im Gegensatz dazu dadurch aus, dass der Gesamtimpuls des physikalischen Systems praktisch unendlich ist - es bewegt sich relativ zum Bezugssystem mit (nahezu) Lichtgeschwindigkeit. Diese Wahl des Bezugssystems ist für die meisten Anwendungen eher ungünstig, da sie voraussetzt, dass alle Rechnungen relativistisch ausgeführt werden - selbst dann, wenn die Natur des Problems eine klassische Betrachtung erlauben würde. Sie bringt jedoch auch gewisse Vorteile: Insbesondere können im Infinite Momentum Frame alle Transversalimpulse (Bewegungen senkrecht zur Bewegungsrichtung des Gesamtsystems) vernachlässigt werden.

Daher findet das Infinite Momentum Frame vor allem in der Hochenergie- und Beschleunigerphysik für Hadronen eine Anwendung, da die hier auftretenden Geschwindigkeiten entlang des Teilchenstrahls typischerweise sehr viel größer als alle Bewegungen in andere Richtungen sind. Die Protonen in der Strahlröhre des LHC bewegen sich etwa mit einem Impuls von 3,5 TeV/c in Richtung der Strahlachse, während der Transversalimpuls der Konstituentenquarks bedingt durch die Unschärferelation wenigstens von der Größenordnung neV/c ist und keinesfalls mehr als 1 GeV/c (das Äquivalent zur Protonmasse) betragen kann.

Stromalgebra

Stromalgebra ist ein mathematisches Konstrukt der Quantenfeldtheorie, bei dem die Felder den Vertauschungsrelationen einer Lie-Algebra gehorchen. Aus heutiger Sicht stellt ihre Entwicklung einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Quantenchromodynamik dar[1].

Geschichte

Als nach dem zweiten Weltkrieg zahlreiche neue Hadronen entdeckt wurden, bestand große Unsicherheit über deren Natur (ob es sich um elementare oder zusammengesetzte Teilchen handelte). Der Versuch, die Konzepte der Quantenelektrodynamik auf Wechselwirkungen zwischen Hadronen zu übertragen, gestaltete sich äußerst schwierig,[2] da - wir wir heute wissen - Hadronen zusammengesetzte Systeme sind, deren Wechselwirkung miteinander nur im Rahmen der Wechselwirkung ihrer Konstituenten (Quarks) verstanden werden kann.

In den 1960er Jahren wurde unter anderem die S-Matrix-Theorie als mögliche Alternative zur (bereits in den 1940ern entwickelten) konventionellen Quantenfeldtheorie diskutiert. Man hoffte, ein Theoriegebäude zu entwickeln, das eine konsistente Beschreibung der beobachteten Wechselwirkungen liefert. Ausgehend von der großen Zahl an Hadronen war dies aber problematisch, denn jede Theorie musste festlegen, welche der vielen entdeckten Hadronen als elementar und welche als zusammengesetzt angenommen werden sollten.[3]

Ausgehend von dieser Situation entwickelte Gell-Mann Ansätze, anstelle der in der Quantenfeldtheorie üblichen Felder direkt mit Strömen von elektromagnetischer und schwacher Ladung (bzw. schwachem Isospin) sowie Flavour (damals noch starker Isospin) als algebraischen Strukturen zu rechnen (Strom-Strom-Ansatz). Auf diese Weise vermied er das Dilemma, sich auf bestimmte Teilchen als elementar festlegen zu müssen und die auftretenden Ströme dann aus den zugehörigen Feldern abzuleiten.

Da die zugrundeliegenden Vertauschungsrelationen aber nicht relativistisch kovariant formuliert waren, war für stromalgebraische Rechnungen die Wahl eines Bezugssystems zwingend. Das zunächst verwendete Ruhesystem führte jedoch zum Auftreten von Unendlichkeiten in Berechnungen - genau wie in der damals noch stark dafür kritisierten Quantenfeldtheorie. Sergio Fubini gelang es schließlich, diese Unendlichkeiten durch Wahl des Infinite Momentum Frame als Bezugssystem zu beseitigen.[3]

Ein weiteres Problem der frühen Theorie war, dass der Quotient aus Vektor- und Axialvektorkopplung nicht aus der Theorie berechnet werden konnte. Den Durchbruch brachte hier erst die Findung der Adler-Weißenberger'schen Summenregel, welche es erlaubte, die Axial-Vektor-Kopplungskonstante in Abhängigkeit des Wirkungsquerschnitts der Pion-Proton-Streuung auszudrücken.[1][3]

Ausgehend von Gell-Manns Eightfold Way postuliert dieser 1964 auch die Existenz von Quarks. Diese Strom-Quarks dienten zunächst nur als eine anschauliche Rechtfertigung der Stromalgebra. In den folgenden Jahren kehrte sich dieses Verhältnis jedoch um, und die Stromalgebra wurde zum probaten Mittel, die Eigenschaften der Strom-Quarks zu untersuchen. Diese Entwicklung gipfelte Anfang der 1970er Jahre mit der Entdeckung und Einführung der modernen Quantenchromodynamik.

Quellen

  1. a b [1] Stephen L. Adler: Remarks on the History of Quantum Chromodynamics
  2. Tian Yu Cao: From Current Algebra to Quantum Chromodynamics: A Case for Structural Realism. Cambridge University Press, 22 November 2010, ISBN 978-0-521-88933-9, S. 1–41 (Abgerufen am 10 February 2012).
  3. a b c [2] Herbert Pietschmann: On the Early History of Current Algebra