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Carbonāri

Carbonāri (ital., für Kohlenbrenner), geheime politische, um 1820 besonders im Königreich Neapel und von dort aus in ganz Italien, selbst in Frankreich verbreitete Gesellschaft (Carbonaria), angeblich von Maghella, einem genueser Polizeimeister der Ligurischen Republik, dann Neapels, 1810–15 ausgebildet. Die Carbonāri ahmten die Freimaurer nach und nahmen Bilder und Dekorationen der Logen vom Kohlenbrennen zum Vorbild; vielleicht hatte man den niedrigsten (Vorbereitungs-) Grad der französischen Freimaurer, die Charbonniers, im Sinne, so wie sie die Johannisgrade der Freimaurer und die höheren Grade der französischen Maurer mißbrauchten, um ihre Oberen und Absichten stufenweise zu verbergen. Der Versammlungsort hieß Baracca, deren Umgebung der Wald, das Innere (die Loge) Vendita (Verkauf); die Hütten waren provinzweise in Republiken vereint, die die alten Namen führten, wie OLucanien, WLucanien, Hirpinien, Daunien etc. Die Oberhütten (Alte vendite) zu Salerno und Neapel suchten vergebens eine Oberherrschaft zu gewinnen. Sie hatte vier Grade; doch sind nur die zwei ersten bekannt, von denen der zweite den Namen Pythagoräer führte, im ersten nannte man sich gute Vettern. Sie mischten viel Religiöses in das Ritual und verehrten St. Theobald als Schutzpatron. Ihr Erkennungszeichen war I. N. R. I., d.i. justum necare reges Italiae (d.h. es ist recht, die Könige Italiens zu tödten). Der geheime Zweck der Carbonāri war Religionsfreiheit und Vereinigung von ganz Italien unter einer Regierung; wenigstens wurde er dahin 1815 geändert, da er vorher nur Befreiung von fremder Gewalt (Symbol: Vertreibung der Wölfe aus den Wäldern) gewesen war. In letzterem Sinne hielten es die Carbonāri anfangs mit der zurückgekehrten alten neapolitanischen Regierung. Da diese aber keine repräsentative Verfassung annahm, so waren sie die Hauptursache der neapolitanischen Revolution 1820. Kurz zuvor und nachher mehrte sich die Zahl der Mitglieder sehr, wie denn im März 1820 650.000 neue Mitglieder aufgenommen wurden. Die kleinste Stadt hatte ihre Venditas und in Principato citra zählte man deren 182. Trotz der allgemeinen Teilnahme war doch, als es zum Schlagen kam, die Wirkung der Carbonāri, da Einheit u. Leitung fehlte, gering. Die österreichische Armee erklärte 1820 nach ihrem Einrücken nach Neapel alle Carbonāri für Hochverräter und löste sie gänzlich auf. Im Kirchenstaate und im nördlichen Italien wurden die Carbonāri noch strenger unterdrückt, zum Theil zum Tode verurtheilt, in Österreich aber begnadigt u. die Führer auf den Spielberg nach Brünn geschickt. In Frankreich bestand die Verbindung der Carbonāri als Charbonnerie noch fort, nachdem sie in Italien bereits unterdrückt war. Ihre Organisation war eine der italienischen ähnliche, nur daß eine Venta nicht mehr als 20 bons cousins umfaßte. Der Sitz der höchsten Venta war Paris, außerdem bestanden daselbst einige 100 untergeordnete Venten. Die Zahl sämmtlicher C. in Frankreich wird auf 60,000 angegeben, u. zu ihnen zählten viele angesehene Männer, welche zwar nicht direct an dem Sturze der bestehenden Gewalten arbeiteten, aber doch die Mißstimmung des Volkes gegen die Bourbonen unterhielten u. nährten, bis 1830 die Revolution eine veränderte Parteistellung hervorrief u. die Charbonnerie ihrer tüchtigsten Führer beraubt, allmählig ganz erlosch. Zwar lebte dieselbe als Charbonnerie démocratique unter der Leitung von Buonarotti, Teste u. d'Argenson mit republikanischen Tendenzen noch eine Zeit lang fort, ohne indeß ihr Dasein besonders bemerkbar zu machen. Eine letzte Spur der Charbonnerie wurde noch 1841 im südlichen Frankreich entdeckt.


(Originaltext aus Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 684. ziitiert aus http://www.zeno.org/Pierer-1857/A/Carbon%C4%81ri+%5B1%5D andere mgl. Quelle: Brockhaus-1837: Carbonari Herder-1854: Carbonari Meyers-1905: Carbonāri Pierer-1857: Carbonāri [2])