Benutzer:DaLi0906/Otto Jung
Otto Jung (*28. März 1867 in Ostdorf bei Balingen; † 28. August 1935 in Stuttgart) war württembergischer Landschafts- und Porträtmaler. Er porträtierte eine grosse Anzahl Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kunst, Politik und Wirtschaft im Raum Stuttgart, Albstadt-Ebingen und Giessen. Bekannt wurde er vor allem als Maler der Stadt Stuttgart und der Schwäbischen Alb im Stil des «Schwäbischen Impressionismus». Er war verheiratet mit der Stuttgarter Kunstmalerin Bertha Malzacher-Jung.
Leben
Otto Jung wurde am 28. März 1867 in Ostdorf bei Balingen als zweites von neun Kindern des Bauwerkmeisters Johannes Jung (1833-1916) und seiner Gattin Johanna Herre-Jung (1841-1924) geboren.[1] Als er zwei Jahre alt war, zog die Familie nach Böhmen, wo Johannes Jung in der Region Prags Eisenbahnanlagen und -brücken baute. 1874 kehrten sie nach Stuttgart zurück.[2] Nach Abschluss des Realgymnasiums 1882 durchlief Jung an der Württembergischen Kunstgewerbeschule eine Lehre zum Holzschneider, der Vorlagen für Drucke und Illustrationen herstellt. 1889 wechselte er an die Königliche Kunstschule und begann gegen den Willen des Vaters seine Ausbildung zum Kunstmaler.[3] Jung stand unter grossem Druck des dominanten Vaters, der sich aus einfachen Verhältnissen hochgearbeitet hatte. Als Künstler musste er sich seinen Lebensunterhalt selbst sichern können.[4]
Brennpunkt des Kunstgeschehens war damals die Stadt München um den «Malerfürsten» Franz Lenbach. Nachdem der Genre- und Porträtmaler Caspar Ritter (1861-1923) von München an die Kunstakademie Karlsruhe berufen worden war, wechselte Otto Jung in die im Gegensatz zu Stuttgart deutlich freisinniger und humanistischer geprägte Stadt, um dort seine Ausbildung zu beenden.[5] Der Wechsel nach Karlsruhe geschah vermutlich auf Anraten seiner Mitstudentin Bertha Malzacher (1866-1935), die er Anfang 1891 an der Kunstschule kennengelernt hatte. Das Paar verlobte sich 1894 und teilte nach Otto Jungs Rückkehr nach Stuttgart ein Atelier an der Werastrasse. Neben dem Unterrichten privater Malklassen stellte Jung regelmässig im Württembergischen Kunstverein, 1896 und 1913 im Münchner Glaspalast aus.[6] 1898 heiratete er seine langjährige Verlobte Bertha Malzacher, die sich ebenfalls als Künstlerin in Stuttgart etabliert hatte.[7] In den Jahren 1899, 1901 und 1904 brachte sie drei Kinder zur Welt.
Otto Jung erhielt vermehrt Aufträge aus dem Umfeld seiner beiden wohlhabend verheirateten Schwestern, die in der aufstrebenden Industriestadt Albstadt-Ebingen wohnten. 1910 trat er der Freimaurerloge «Zur aufgehenden Sonne» bei.[8] Über neue Bekanntschaften in Humanisten- und Gelehrtenkreisen lernte er den hessischen Universitätsprofessor August Messer kennen. Die grossbürgerliche Gesellschaft der Universitätsstadt Giessen an der Lahn fand in den folgenden Jahren grossen Gefallen an Jungs Porträts und Landschaftsbildern. Er avancierte zum äusserst erfolgreichen Porträtisten,[9] liess aber die Familie oft mehrere Wochen alleine zurück, worunter die Ehe zunehmend litt.[10] Mit dem ersten Weltkrieg und der anschliessenden Wirtschaftskrise verschlechterten sich die Auftragslage und die finanzielle Situation der Familie Jung-Malzacher. Von seiner eigentlichen Passion, der Freiluftmalerei, liess er sich allerdings nicht abbringen und zog sich zunehmend aus dem familiären und gesellschaftlichen Leben zurück, um in der Natur zu malen. Er starb 1935 in Stuttgart im Alter von 68 Jahren.[11]
Werk
Otto Jungs Frühwerk zeigt Einflüsse seiner Karlsruher Professoren Gustav Schönleber (1851-1917), Claus Meyer (1856-1919) und Caspar Ritter (1861-1923). Jung erwies sich als begnadeter Zeichner und Porträtist. Von Casper Ritter lernte er, in der Manier Franz von Lenbachs, Bildnisse nach Fotografien zu malen. Die Technik ermöglichte mehr Lebensnähe und ein gezielteres Hervorheben individueller Eigenschaften. Damit traf er einen Nerv der Zeit, denn solch «fotografische Porträts» in Öl erfreuten sich bei der gehobenen Kundschaft grosser Beliebtheit.[12]
In den Jahren um die Jahrhundertwende lockerte Jung seine Malweise unter dem Eindruck der französischen Impressionisten und integriert Elemente des Jugendstils. Er durchmischte seinen in der Regel eher nüchternen Stil vermehrt mit symbolistisch unterlegten Motiven. Zu derselben Zeit entstanden zahlreiche städtische Ansichten aus Stuttgart, die mit ihren «schmutzigen» Ockertönen an die Werke der sogenannten «Schwäbischen Impressionisten» Hermann Pleuer (1863-1911) und Otto Reiniger (1863-1909) erinnern. In der Freiluftmalerei entdeckte Jung schliesslich seine grosse Passion, und er malte immer häufiger in der freien Natur. In den 1910er Jahren fand er zu einer stark reduzierten, grosszügigen Pinselführung, die in Richtung der fast expressiven Malauffassung eines Felix Hollenberg (1868-1945) führte.
Nach der Geburt der Kinder fand Otto Jung seine Motive häufiger im Familienkreis. Neben Auftragsporträts von Gelehrten, Politikern und Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Kultur hatte Jung grossen Erfolg mit Kinder- und Familienbildnissen, die allerdings stark vom damaligen Zeitgeschmack geprägt sind.[13] Jung entstammte selbst keinem vermögenden Umfeld und blieb aufgrund seiner familiären Situation immer von Auftragsarbeiten abhängig. Die gewaltige Anzahl teilweise fast fotorealistischer Bildnisse des süddeutschen Grossbürgertums liefern ein einzigartiges Abbild der damaligen Gesellschaft.
In seinem Spätwerk verfolgte Otto Jung seine frühen expressionistischen Ansätze nicht mehr weiter. Allerdings konzentrierte er sich wieder verstärkt auf eine radikal «entschlackte» Landschaftsmalerei, die in ihrer monochromen Stille seinen unverwechselbaren Malstil prägte.
Literatur
- Walter Schnerring: Der Stuttgarter Maler aus Balingen – Otto Jung: Ein schwäbischer Lenbach?. Aufsatz. Erschienen in: Heimatkundliche Blätter Balingen. Nr. 38, 1991.
- Gert K. Nagel: Schwäbisches Künstlerlexikon. Vom Barock bis zur Gegenwart. Kunst und Antiquitäten, München 1986, ISBN: 3921811368 / 3-921811-36-8.
- Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 19: Ingouville–Kauffungen. E.A. Seemann, Leipzig 1926.
- Paula Messer-Platz: Otto Jung. in: Westermanns Monatshefte. Sonderabdruck aus dem 61. Jahrgang (September 1916 bis August 1917). Verlag Georg Westermann, Braunschweig 1916.
- Julius Baum (Hrsg.): Die Stuttgarter Kunst der Gegenwart. In Gemeinschaft mit Max Diez, Eugen Gradmann, Gustav Keysser, Gustav E. Pazanrek, Heinrich Weizäcker. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1913.
Weblinks
- Otto Jung, artnet: http://www.artnet.de/künstler/otto-jung/
- Otto Jung, artprice.com: https://de.artprice.com/artist/14994/otto-jung
- Otto Jung in der Sammlung des Kunstmuseums Stuttgart: www.kunstmuseum-stuttgart.de
Einzelnachweise
- ↑ Walter Schnerring: Der Stuttgarter Maler aus Balingen – Otto Jung: Ein schwäbischer Lenbach?. Aufsatz. Erschienen in: Heimatkundliche Blätter Balingen. Nr. 38, 1991.
- ↑ Die Geschichte der Familie Jung. Artikel. Erschienen in: Zollern-Alb-Kurier. 3.7. 1985.
- ↑ Aus den Hauptbüchern der Kgl. Kunstschule Stuttgart: Verzeichnisse der Studierenden vom SS 1881 bis zum WS 1912/13. Staatsarchiv Ludwigsburg, StAL E226/231. Paula Messer-Platz: Otto Jung. in: Westermanns Monatshefte. Sonderabdruck aus dem 61. Jahrgang (September 1916 bis August 1917). Verlag Georg Westermann, Braunschweig 1916.
- ↑ Heilanstalt Kennenburg: Krankenakte Bertha Jung, 1925-26. Staatsarchiv Ludwigsburg, StAL PL 423 I_BA.
- ↑ Walter Schnerring: Der Stuttgarter Maler aus Balingen – Otto Jung: Ein schwäbischer Lenbach?. Aufsatz. Erschienen in: Heimatkundliche Blätter Balingen. Nr. 38, 1991.
- ↑ Münchner Jahresausstrellung von Kunstwerken Aller Nationen im königl. Glaspalaste 1896: officieller Katalog. München 1896. In: bavarikon.de Illustrierter Katalog der XI. Internationalen Kunstausstellung im Kgl. Glaspalast zu München 1913: 1. Juni bis Ende Oktober. München 1913. In: bavarikon.de
- ↑ Beibringungs-Inventar vom 20. Nov. 1889, Nachlass in Privatbesitz Stuttgart
- ↑ Walter Schnerring: Der Stuttgarter Maler aus Balingen – Otto Jung: Ein schwäbischer Lenbach?. Aufsatz. Erschienen in: Heimatkundliche Blätter Balingen. Nr. 38, 1991.
- ↑ Paula Messer-Platz: Otto Jung. in: Westermanns Monatshefte. Sonderabdruck aus dem 61. Jahrgang (September 1916 bis August 1917). Verlag Georg Westermann, Braunschweig 1916.
- ↑ Heilanstalt Kennenburg: Krankenakte Bertha Jung, 1925-26. Staatsarchiv Ludwigsburg, StAL PL 423 I_BA
- ↑ Walter Schnerring: Der Stuttgarter Maler aus Balingen – Otto Jung: Ein schwäbischer Lenbach?. Aufsatz. Erschienen in: Heimatkundliche Blätter Balingen. Nr. 38, 1991
- ↑ Paula Messer-Platz: Otto Jung. in: Westermanns Monatshefte. Sonderabdruck aus dem 61. Jahrgang (September 1916 bis August 1917). Verlag Georg Westermann, Braunschweig 1916.
- ↑ Paula Messer-Platz: Otto Jung. in: Westermanns Monatshefte. Sonderabdruck aus dem 61. Jahrgang (September 1916 bis August 1917). Verlag Georg Westermann, Braunschweig 1916.