Benutzer:Diversitas/Freiraum (Raumplanung)

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Neben der Landschaftsplanung findet auch in der Raumplanung der Begriff Freiraum Verwendung. Unter Freiraum wird hier ein großflächig unbebautes oder gering bebautes, naturnahes Gebiet verstanden, für das nach raumplanerischer Vorstellung keine Erhöhung der Siedlungstätigkeit vorgesehen ist und dessen Nutzung mit der ökologischen Grundfunktion verträglich ist. Freiraum ist damit das Gegenteil von Siedlungsraum [1].

Definition und Abgrenzung

Die Definition von Freiraum wird im Wesentlichen durch den Zweck bestimmt, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes zu sichern. Neben land- und forstwirtschaftlich dominierten Gebieten sowie locker bebauten ländlichen Gebieten, deren Nutzung die ökologischen Grundfunktionen des Naturraums nicht zu stark einschränken (zum Beispiel Landwirtschaft, Fischerei, Forstwirtschaft), eignen sich Naturräume mit hohem Ausgleichs- und Regenerationspotenzial als ökologisch leistungsfähige Freiräume. Damit orientiert sich der Begriff Freiraum in hohem Maße am Freiraumschutz [1]. Im Gegensatz zur Landschaftsplanung befasst sich die Raumplanung mit allen planerischen Vorgängen in einem geographischen Raum, nicht nur mit dem Teilgebiet der Landschaft. Der Freiraum in der Raumplanung ist demnach räumlich ebenso weiter zu fassen und beinhaltet neben allen Landwirtschaftsflächen (wie Äcker, Streuobstwiesen, Grün- und Gartenland außerhalb von Siedlungen oder Obst- und Weinbauflächen), jegliche Wald- und Forstflächen einschließlich Gehölz- sowie Wasserflächen auch unkultivierte Bodenflächen und Abbau- bzw. Haldenflächen. Auch von dem Begriff Freifläche ist der Freiraum abzugrenzen. Bei einer Freifläche handelt es sich in der Regel um ein kleinräumigeres, unverbautes und unversiegeltes Gebiet innerhalb des Siedlungsraums, das in seinem Zweck meist einem Gebäude untergeordnet ist, wie zum Beispiel ein Vorgarten, ein Spielplatz oder andere Grünflächen (Grünzüge/Grünzäsuren).

Bedeutung von Freiraum

Freiraumschutz

Der Begriff Freiraum definiert sich hauptsächlich über den Freiraumschutz. Beides sind Begriffe aus der Landesplanung, die im Zusammenhang mit der umweltpolitischen Neuorientierung der Raumordnung auftauchten [1]. Damit wird auch der Schutz des Freiraums, als der schonende und sparsame Umgang mit den freien Räumen, zu einer zentralen Aufgabe der Landes- und Regionalplanung. Regelungen zum Freiraumschutz, zum Beispiel im Baugesetzbuch, dem Bundesnaturschutzgesetz oder der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung, gehören damit zum wichtigsten Element in einer Politik der Nachhaltigen Raumentwicklung.

Freiraum unter Druck

Das Entwicklungsdiagramm zeigt, dass der Anteil der Freiräumfläche an der Gebietsfläche in Deutschland seit 1995 kontinuierlich sinkt.

Weltweit wird immer mehr Freiraum in Siedlungs- und Verkehrsflächen umgewandelt, was einerseits mit dem zunehmenden Bevölkerungswachstum zusammenhängt, andererseits aber auch durch Verhaltensänderungen insbesondere im Bereich des Mobilitätsverhaltens bedingt ist. Steigender (motorisierter) Individualverkehr, steigende Wohnfläche pro Kopf [2] und eine zunehmende Anzahl von Einpersonenhaushalten [3] sind hierfür beispielhaft zu nennen. Doch auch die Flächeninanspruchnahme durch den zunehmenden Energiebedarf und der Bedarf an anderen Rostoffen für die verarbeitende Industrie hat einen nicht zu unterschätzenden Anteil: Abbau fossiler Energieträger wie Kohle, Erdöl und Erdgas, Teersand oder Schiefergas; die Nutzung von Flächen für Solar- und Windenergie; die Förderung von mineralischen Rohstoffen wie Eisenerz, Aluminium, Silber, Kupfer, Zink, Cadmium, Indium, Zink oder Gold [4]. Merkmale und Ursachen des Freiraumverbrauchs, die die Funktionen von Freiräumen beeinträchtigen sind laut dem Handwörterbuch der Raumordnung [1]:

  • Bodenversiegelung/Bodenverunreinigung:

Durch bauliche Inanspruchnahme für Wohnen (z. B. permanente Zunahme der Wohnfläche pro Kopf der Bevölkerung), Arbeiten (stetige Erhöhung des Flächenbedarfs pro Beschäftigten), Verkehr (stetige Zunahme des Motorisierungsgrades, rollende Lagerhaltung), insgesamt durch disperse Siedlungsentwicklung; Ablagerung von Abfällen oder Abraum; Chemisierung des Bodens durch Industrie, Verkehr und Landwirtschaft.

  • Zerstörung von Biotopen und Reduzierung der Artenvielfalt in gewachsenen Ökosystemen:

Durch Besiedelung und Verkehrsbänder; Rodung von Wald; Trockenlegung von Feuchtgebieten; Campingplätze und Wochenendhausgebiete; Abgrabungen.

  • Klimabeeinträchtigungen:

Durch Verlust von Kaltluftentstehungsgebieten und Frischluftschneisen infolge Bebauung; Behinderung von Luftaustausch und Temperaturausgleich durch Hochbauten; Bildung von Wärmeinseln; Luftbelastungen aus Industrie, Wohnsiedlungen und Verkehr.

  • Beeinträchtigung des Wasserhaushalts:

Durch Versickerung von Schmutzwasser und Einleitung von Abwässern; Rückgang der Neubildungsrate von Grundwasser durch Versiegelungseffekte; bauliche Einwirkungen auf Dargebot und Fließrichtung von Grundwasser.

  • Durchschneidung und Verinselung (räumliche Isolierung) von Lebensräumen für Fauna und Flora:

Durch Straßen, Bahnlinien, Hochspannungsleitungen und Kanalsysteme mit ihren Zerstörungs- und Trennungseffekten; Begradigung und Betonierung von Wasserläufen.

  • Entwertung von Landschaftserlebnis und Naturgenuss:

Durch ausufernde Streubebauung und Auslagerung störender Anlagen in den Außenbereich; Verkehrsbänder mit Lärm und Abgasen; Reduzierung naturnaher Landschaftsbestandteile durch intensiven Erholungs- und Freizeitbetrieb.

Raumordnungspolitische Bedeutung

Das Vorhandensein von ausreichend freiem Raum ist essentielle Grundlage für die Funktionsfähigkeit des ökologischen Systems (Lebensraum für Pflanzen und Tiere (Arten- und Biotopschutz), Fruchtbarkeit des Bodens und Bodenschutz, Wasserreservoir und Wasserneubildung (Grundwassersicherung), Kalt- und Frischluftbildung, Landschaftsbild) und der anthropogenen Raumnutzungsfunktionen (Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Erholung, Gliederung der Siedlungsgebiete). Die Erhaltung der "unbebauten Bereiche" ist ein wichtiger Grundsatz im Bundesnaturschutzgesetz (§ 2 Abs. 1) [5]. Da der Begriff mehrere Ebenen und verschiedene Interessengruppen umfasst, sollte der Schutz des Freiraums und die Art der Bewirtschaftung überörtlich und fachübergreifend in Gesamtkonzepten der Flächenhaushaltspolitik gestaltet sein. Die (Nicht)Bewirtschaftung von Freiraum ist immer eine Abwägung der einzelnen Schutzgüter gegeneinander [1].

Freiraum in der (umweltschonenden) Raumplanung

In der umweltschonenden Raumplanung spricht das Umweltbundesamt von Freiräumen und frei gehaltene Räume (Vorbehaltsflächen). Während die Planung von Freiräumen mit den Wunschvorstellungen und Ansprüche unterschiedlichster Zielgruppen hinsichtlich der Schaffung von Räumen, in denen man sich frei bewegen kann und (Frei)Raum für sich finden kann, konfrontiert ist, beschreiben Vorbehaltsflächen Räume, über deren Nutzung noch nicht entschieden ist. Ziel der Freiraumplanung ist es, Rückzugsorte zu schaffen, die für den Sport und die Erholung aber auch die Ökologie und die Ästhetik von Wert sind. Eine besondere Herausforderung ist die sinnvolle Berücksichtigung der Spontanvegetation, die oftmals seltene Pflanzen- und auch Tierarten hervorbringt, und der Spontannutzung durch Kinder und erholungssuchende Erwachsene, die sich auf den Vorbehaltsräumen entwickeln kann [6].Nicht nur das ökologische System, auch die Stadtbevölkerung profitiert durch eine höhere Lebens- und Wohnqualität von Freiräumen. Und nicht zuletzt hat eine flächen- und freiraumsparende Raumentwicklung auch ökonomische Gründe: Eine gegenüber der Bevölkerungsentwicklung überproportional wachsende Infrastruktur bei disperser Siedlungsentwicklung belastet den kommunalen Haushalt enorm.

Freiraum in der Stadt

Bis 2015, so die Einschätzung der Heinrich-Böll-Stiftung, werden weltweit etwa zwei Drittel der Bevölkerung in Städten leben[7]. Die Stadtplanung ist damit ein wichtiger Punkt, wenn es darum geht, die Lebensqualität der Menschen zu erhöhen. Freiräume in der Stadt sind wichtig für die Erholungsfunktion, die Versickerungsmöglichkeiten von Regenwasser sowie den (Kalt)Luftaustausch und den Temperaturausgleich. Die zunehmende Flächeninanspruchnahme insbesondere in urbanen Räume könnte bzw. müsste dann durch das Vorhandensein von Freiräumen ausgeglichen werden.

Situation in Deutschland

Die Freiraumflächen sind in Deutschland über das Bundegebiet hinweg unregelmäßig verteilt. Regionen mit hohen Freiraumanteilen an der Gebietsfläche befinden sich im Nordosten Deutschlands während die Ballungsgebiete die geringsten Anteile aufweisen.

Die Freiraumfläche in Deutschland ist über das Bundesgebiet hinweg unregelmäßig verteilt. Besonders hohe Anteile an Freiraumflächen erreichen gering besiedelte, agrarisch geprägte sowie wald- und seenreiche Regionen, wie zum Beispiel Mecklenburg-Vorpommern, die angrenzenden Gebiete von Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Niedersachsens sowie zahlreiche Gebiete in Schleswig-Holstein, weite Teile von Thüringen, Nordhessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern sowie der gesamten Alpenraum. In dichtbesiedelten Gebieten werden dementsprechend geringe Freiraumanteile erreicht. Besonders niedrige Werte treten generell in den Großstädten sowie in (altindustrialisierten) Agglomerationsräumen wie dem Rhein-Ruhr- oder dem Rhein-Main-Gebiet auf. Die kreisfreien Städte weisen erwartungsgemäß fast durchweg einen deutlich geringeren Anteil Freiraumfläche an ihrer administrativen Gebietsfläche auf als die sie umgebenden Landkreise. Auf Ebene der Bundesländer erreicht Berlin den geringsten Anteil Freiraumfläche an der der Gebietsfläche (30,2%; Stand 2015), Mecklenburg-Vorpommern weist mit 93,9% den höchsten Anteil auf. Auf Kreisebene steht Herne im Ruhrgebiet mit 24,6% dem Landkreis Garmisch-Patenkirchen (95,4%) gegenüber [8]. Der IÖR-Monitor zeigt auf, dass der Anteil der Freiraumfläche in Deutschland leicht rückläufig ist. In den meisten Fällen werden Freiraumgebiete in Siedlungs- und Verkehrsflächen umgewidmet.

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b c d e Siehe Ritter (Hrsg.) 2005, S. 336.
  2. [1] Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung. Abgerufen am 27.09.2016.
  3. [2] Statistisches Bundesamt Wiesbaden. Abgerufen am 27.09.2016.
  4. Heinrich Böll Stiftung 2015.
  5. Siehe Bundesamt für Naturschutz 2009.
  6. Siehe Umweltbundesamt 2015.
  7. Siehe Heinrich Böll Stiftung u.a. 2015.
  8. [3] IÖR-Monitor. Abgerufen am 27.09.2016.