Benutzer:EAG-FPI/Integrative Kunst- und Kreativitätstherapie

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Integrative Kunst- und Kreativitätstherapie

Die „Integrative Kunst- und Kreativitätstherapie“ (IKT) wurde von Johanna Sieper, Hilarion G. Petzold und Ilse Orth als ein intermedialer und stimulierungstheoretisch fundierter Ansatz der „Entwicklungsförderung in der Lebensspanne“ begründet und entwickelt und ist eine Methode der künstlerischen Therapieformen bzw. der Kunsttherapie, die sich zugleich aber auch als eine kreativitätsorientierte Psychotherapie versteht. Die IKT richtet sich als Methode am Verfahren der Integrativen Therapie aus (wie z. B. die tiefenpsychologische Kunsttherapie am Verfahren der Tiefenpsychologie) und bezieht sich auf die antiken Traditionen des Heilens, insbesondere auf den multiästhetischen und multiexpressiven, alle Sinne und Ausdrucksvermögen ansprechenden Therapieansatz der Asklepios Tempel und auf frühe multisensorisch orientierte, „kreative Heilmittel“ verwendende Therapieansätze in der Psychiatrie der Romantik z.B. bei Johann Christian Reil (1759 -1813). Weitere Quellen sind kreative Ansätze der Psychotherapie wie Morenos Psychodrama, das Therapeutische Theater Iljines, Imaginationsmethoden wie sie Pierre Janet entwickelt hatte und aus der „aktiven Technik“ S. Ferenczis und der Erlebnisaktivierung von F. S. Perls. Damit wird einerseits die kunst-psycho-therapeutische Ausrichtung der IKT deutlich, anderseits auch die integrative Orientierung, die mit einer eigenen, ausgearbeiteten Integrationstheorie diese Vielfalt konsistent in einen übergeordneten Rahmen bringt . Es kamen aber auch Einflüsse in den sechziger Jahren aus der innovativen Kunst- und Theaterszene, den Multimediaansätzen der Aktionskunst, aus Fluxus und Happening (J. Beuys, W. Vostell) für die IKT zum Tragen und aus der Andragogik, in der lebenslanges Lernen, éducation permanente , und Erwachsenenbildung als Lebenshilfe als Themen aktuell wurden. Das Besondere und Originelle an der IKT ist ihr „leiborientierter“ und „intermedialer Ansatz“ (Petzold, Orth 1990), d. h. die theoriegeleitete Verbindung verschiedener Medien und Methoden (Farben, Ton, Bewegung, Imagination, Drama, Poesie, Gartengestaltung) im konsequenten Bezug auf die phänomenologische Leibtheorie (M. Merleau-Ponty, H. Schmitz), die empirische Entwicklungspsychologie (H. Wallon,L. S. Vygotskij u.a.), die neuropsychologische Stimulierungstheorie (A. R. Lurija u.a.) und auf eine phänomenologisch-hermeneutisch begründete „Anthropologie des schöpferischen Menschen“ .

Geschichte Die IKT wird seit 1965 von Johanna Sieper , Hilarion G. Petzold und ihren MitarbeiterInnen entwickelt. Ab 1974 kam Ilse Orth als wesentliche Mitgestalterin hinzu. In dieser frühen Entwicklungsphase der IKT haben Petzold und Sieper während ihres Studiums (Philosophie, Psychologie, Theologie in Paris 1963-1971) und Ilse Orth (1956 – 1961, Philosophie, Germanistik, Pädagogik, Schwerpunkt Rhetorik, Drama in Bonn, Heidelberg, Wien, Paris) in der Projektarbeit mit verhaltensauffälligen Schülern, mit gerontopsychiatrischen Heimbewohnern und mit Problemfamilien, ab 1967 auch mit drogenabhängigen Jugendlichen , die Erfahrung gemacht, dass eine rein verbale Vorgehensweise diese Zielgruppen nur schlecht erreicht. Traditionelle, rein verbal orientierte Konzepte griffen bei diesen Gruppen nicht und so begannen sie, aus der Erfahrungen im eigenen künstlerisch ausgerichteten Elternhaus und eigener künstlerischer Tätigkeit schöpfend in der therapeutischen, agogischen und psychosozialen Arbeit Farben, Poesie, Klänge, Imagination, Masken, Puppen, Collagen usw. einzusetzen . 1965 inaugurierten sie die Konzepte „Kreativen Medien“, „Konflux“, „intermediale Arbeit“ . Ausgerüstet hierfür waren sie durch das Erststudium von Sieper (Kunst, Graphik, Design 1958-1962, Düsseldorf) und durch eigene experimentelle Theaterarbeit 1962 – 1967 in Paris in der Gruppe Théatre Thérapeutique (Vladimir Iljine, Petzold, Sieper u.a.) , die mit psychiatrischen und geriatrischen PatientInnen arbeitete und auf multiexpressive Leib- und Bewegungsarbeit zentrierte. Zugleich wirkten sie in Düsseldorf in der Truppe „Glück-Schicksals-Theater“ (Gunther Lagarde, Susanne Jordan, Hans-Joachim Oeltze, Johanna Sieper u.a.) mit, die Film, Bühnencollagen, Musik/Geräusch, Pantomime, Duftkaskaden etc. verwandte, das Publikum involvierte. In Düsseldorf wirkte diese Gruppe mit zahlreichen multimedialen Aktionen, u. a. im Ausstellungs- und Aktionsraum von Daniel Spoerri, ganz im Zeitgeist von Fluxus, Aktionskunst usw. Ilse Orth arbeitete zur gleichen Zeit in studentischen Theatergruppen in Wien und seit 1962 auch an der Existenzialpsychologischen Bildungsstätte Todtmoos Rütte bei Graf Dürckheim, wo sie das „prozesshafte Schreiben“, „meditative Bewegungsarbeit“ und intermediales, naturtherapeutisches Arbeiten mit „Leib und Sprache“ entwickelte. Das inspirierte die IKT-Begründer, kreative Methoden zunehmend auch in der therapeutischen Arbeit einzusetzen: Farben, Ton, Collagen, Puppen, Masken, Poesie, Bewegung, Tanz, dramatisches Spiel. Diese Arbeit fand bei PatientInnen aller Altergruppen große Resonanz. 1970 nach Deutschland zurückgekehrt, führten sie als Leiter der Volkshochschulen Büderich/Meerbusch (Petzold) und Dormagen (Sieper) ihre Arbeit mit „künstlerischer Therapie“ und „kreativen Medien“ in der agogischen und psychosozialen Arbeit fort und gehörten damit zu den Pionieren der kreativitäts- und gesundheitsfördernden und persönlichkeitsbildenden Erwachsenenbildung in Deutschland. Gleichzeitig richteten sie kinder- und familientherapeutische Programme und Angebote für alte Menschen mit kreativen Medien ein . Auch in der aufkommenden Drogentherapie wurde die integrative kreativ-multi- und intermediale Arbeit eingesetzt und hat sich bis heute weit verbreitet. Seit 1972 wird IKT als Methode in dem von Petzold und Sieper begründeten „Fritz Perls Institut für Integrative Therapie, Gestalttherapie und Kreativitätsförderung“ (FPI) in einem eigenen Ausbildungcurriculum „Integrative Kunsttherapie und Arbeit mit kreativen Medien“ gelehrt, seit 1982 dann an der „Europäischen Akademie für biopsychosoziale Gesundheit und Kreativitätsförderung“, staatlich anerkannte Einrichtung der beruflichen Bildung (EAG) in Hückeswagen am Beversee.

Theoretische Grundannahmen Die „Anthropologie des Schöpferischen Menschen“ von Petzold, Orth, Sieper in der IKT sieht den Menschen aufgrund seiner „Leiblichkeit“ als multisensorisches und multiexpressives Wesen. Jedem Sinnesvermögen werden Ausdrucksvermögen zugeordnet. Deshalb muss künstlerische Therapie auch intermedial alle künstlerischen Möglichkeiten einbeziehen. Neurozerebral sind alle sensorischen und motorischen Funktionen verschränkt und ermöglichen die in der IKT angenommenen Grundantriebe „explorativer Neugier“, „poietischen Gestaltungsstrebens“, „sozialer Kooperation“ , die dann auch in der Praxis durch die Arbeit mit dem „totalen Sinnesorgan des Leibes“ und dem Aufforderungscharakter (affordance, Gibson) der Umwelt zum Tragen kommen . Die Selbstregulationskräfte des Leib-Subjektes und seine Fähigkeit zur Gestaltung einer schöpferischen Interaktion mit Anderen, für die Petzold, Iljine und Sieper den Term „Kokreativität“ prägten , bilden in der IKT die Basis für die Erhaltung und Entwicklung von Gesundheit, Wohlergehen, Sinnerleben und die Ausbildung einer „persönlichen Lebenskunst“, in der das „Selbst zugleich Künstler und Kunstwerk“ ist und Beiträge zum Gemeinwesen leistet. IKT versteht sich deshalb auch als eine Form der Kulturarbeit .

Klinisch-Therapeutische Positionen Im Sinne der Krankheits-/Gesundheitslehre der Integrativen Therapie wird in der IKT „multiple Entfremdung“ und „pathogene Stimulierung“ als krankheitsauslösend und „konviviale Zugehörigkeit“ sowie „protektive und salutogen Stimulierung“ als gesundheitsfördernd angesehen .