Benutzer:Elektrofisch/Jaja Sattler

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Jaja Sattler in der englischsprachigen Literatur auch Jaija Sattler (*2. Oktober 1902, † 19. Juli 1943 im KZ Auschwitz-Birkenau) war ein deutscher Lovari und "Zigeunermissionar" der Berliner Stadtmission. Er übersetzte als Muttersprachler das Evangelium nach Johannes ins Romanes was als Pioniertat gilt.

Leben

Jaja Sattler wird 1902 als viertes von sieben Kindern der Eheleute Musurka und Berbek Sattler geboren. Die Familie lebt zusammen mit Berliner Pferdehändlerfamilien der Lovari.[1] 1906 ist er mit seinen Eltern in England..[2] 1910 lernt John Miskows ihn bei seinem Besuch der Berliner Roma für Sprachstudien als etwa 9 jährigen, wissensbegierigen Jungen kennen.[3] Sattler gehört zu einer Romagruppe die, die Berliner Stadtmission missioniert.[4][5]

Er schließt die Schule mit Abitur ab. Danach arbeitet er als Jockey für einen Privatmann.[6] In Marburg, vermutlich ab etwa 1925, studiert Sattler etwa 2 Jahre Medizin.[7] Von Juli bis September 1927 verweilt er im Brüderhaus Tabor in Marburg.[8] 1928 fällt Miskow der Name Jaja Sattler in einem Missionsrundbrief auf, der die Aufnahme Sattlers in eine Missionsschule in Bukowinie (Schlesien)[9] vermerkt ist. Er nimmt brieflichen Kontakt auf.[10]

  • Die Missionsschule gehört der Mission für Südosteuropa (MSOE)

Dorothea Hoba, die Tochter eines Seminarkollegen Sattlers an der Missionsschule erinnert sich daran, dass ihr Vater von Sattler erzählt habe.[11]





1930 ist er Missionar der Berliner Zigeunermission

In seiner Missionarszeit übersetzt er mit Hilfe von Frieda Zeller-Plinzner für die British and Foreign Bible Society das Evangelium nach Johannes ins Romanes. Die Übersetzung wird 1930 veröffentlicht, er verwendet sie auch zur eigenen Missionsarbeit.[12]

Die Übersetzung des Johannesevangelium

Jaja Sattler übersetzte mit Hilfe von ZP auf Grundlage der Lutherbibel das Johannesevangelium in das Romanes der "norddeutschen Zigeuner". Die Übersetzung erscheint 1930 bei der in Berlin ansässigen, 1804[13] gegründeten Britischen und ausländischen Bibelgesellschaft.

Der anglikanische Pfarrer und Romanes Linguist Frederick George Ackerley[14][15] rezensierte 1931 die Übersetzung umfangreich für das Journal of the Gypsy Lore Society, dass in der gleichen Ausgabe einen längeren vor allem biographischen Artikel über Jaja Sattler von Johan Miskow bringt. Ackerley findet die Übersetzung gelungen und beglückwünscht den Verlag für seinen Glücksgriff beim Übersetzer. Er betont die hohe Qualität und die lebendige Sprache, verweist auf gelungene Neubildungen von Wörtern. Die Übersetzung durch einen Muttersprachler habe gegenüber früheren Übersetzungen von Texten ins Romanes durch fremdsprachige Autoren zahlreiche Vorteile besonders was den Umfang des Wortschatzes und sprachliche Feinheiten betrifft. Nach seinem Eindruck gibt es nur eine Stelle in der Übersetzung, wo Sattler und ZP denn Sinn des Ursprungstextes nicht richtig verstanden haben, an anderen Stellen werde die volle Breite der Bedeutungen nicht ganz getroffen. Neben dem großen Lob besteht das Review aus zahlreichen Anmerkungen die vor allem das Lektorat des Textes durch den Verlag betreffen. Eine Rückfrage bei den Experten im Umfeld der Gypsy Lore Society, hätte viele dieser formalen Probleme lösen können. Romanes war damals nicht verschriftlicht. Sattler hatte also neben der Übersetzung auch die Schreibweise dieser Sprache entwickeln müssen, er wählte eine lautschriftliche Umschreibung, angelehnt an das Deutsche. Diese neue Schriftsprache wurde in der Übersetzung bei einzelnen Wörtern nicht einheitlich verwendet, weiterhin sei nicht immer logisch, welche Laute wie verschriftlicht wurden. Der letzte Teil des Review bilden sprachwissenschaftliche Einordnung des Romanesdialektes von Sattler im Vergleich zu anderen Dialekten.

Ackerley nutzt die Übersetzung 1932 für seine Arbeit A Louvari Vocabulary.[16] Der polnische Tsigannologe und Linguist Tadeusz Pobożniak[17] lobt 1964 die die Übersetzung von Sattler als Pionierarbeit.[18]

Im November 1931 erscheint in der kalifornischen Tageszeitung Corona Daily Independent eine Notiz über Sattlers Missionstätigkeit.[19]

Jaja Sattler verwendete die Übersetzung bei seiner eigenen Missionsarbeit.[20]

Deportation

Sattler wird am 5. März 1943 nach Auschwitz deportiert und kommt dort im "Zigeunerlager" um.[21] Der 5. März 1943 ist ein extrem früher Zeitpunkt für Deportationen ins "Zigeunerlager", der erste Transport war nur wenige Tage zuvor am 26. Februar 1943 erfolgt. Die größeren Transporte aus Berlin, d.h. dem „Berlin-Marzahn Rastplatz“ etwa der, mit dem Otto Rosenberg deportiert wurde, datieren auf den April 1943. Ewald Hanstein wurde aus Marzahn erst im Mai deportiert.[22] Damit war das Berliner Lager geräumt.[23]

Fundstücke

  • "Mein Vater, ein Missionar dieser Mission, hatte uns immer davon erzählt. Der erste bekannte Sinti-Missionar, der selbst ein Sinto war, war Friedrich (Jaija) Sattler, ein Klassenbruder meines Vaters im Theologischen Seminar der MSOE in Bokowine. Daneben war er auch von Juli bis September 1927 im Brüderhaus Tabor in Marburg. Er soll 1930 das Johannes-Evangelium in die Mundart der norddeutschen Sinti übersetzt haben. Daneben war er auch von Juli bis September 1927 im Brüderhaus Tabor in Marburg. Er soll 1930 das Johannes-Evangelium in die Mundart der norddeutschen Sinti übersetzt haben. Als Mitarbeiterin der MSOE war ich auch vier Jahre in der Mission unter Sinti tätig. Aber nun: „Die Sinti sollen die Bibel in ihrer Sprache haben!" Romanes, die Muttersprache der Sinti, war bisher nur eine gesprochene Sprache. Erst Daniel Holzinger entwickelte in seiner Promotion eine Schriftsprache. Durch einen gemeinsamen Dienst in Kämten war ich Daniels Eltern sehr verbunden. Daniels Verbindung mit „Wycliff“ ermöglichte uns öfter kurze Begegnungen. Er blieb nicht der einzige „kompetente" Mensch, für den ich betete. Unser Gott hatte den Sinto Reilo Weiß bekehrt, dem das Anliegen wichtig wurde, seinem Volk das Wort Gottes in seiner Muttersprache zu geben. Darüber sprach er mit seinem Freund Matthias Dams, der ihm mit seinen theologischen und altsprachlichen Kenntnisse helfen konnte. Dazu konnte ich dann Daniel vermitteln, der kurz vor dem Abschluss seines Linguistik-Studiums stand. Aus der Bitte um einen „kompetenten" Menschen war eine Dreiergruppe entstanden, die diese Bezeichnung verdient. Dann heiratete Matthias eine Sinti-Missionarin, die Nichte von Sr. Luise. Ihrer Arbeit folgte die Gründung des Vereins. Wieder beschenkte uns Gott mit „kompetenten" Menschen, dem Ehepaar Peter. Armin Peter ist Theologe und Ethnologe, Ursula Peter ist Linguistin. Als unser erster Vorsitzender Heinz Riemer um seine Ablösung bar, wurde Peter Grön als Nachfolger zu uns geführt. So ist Gott! Er begabt Menschen und rüstet sie aus zu Werkzeugen am Bau seines Reiches und führt sie dahin, wo er sie haben will. Schwester Dorothea Hoba" http://webcache.googleusercontent.com/search?q=cache:hhfAvxvyD5sJ:www.romanes-arbeit-marburg.de/grundlage/so-ist-gott/index.html+&cd=2&hl=de&ct=clnk&gl=de
  • Eine Diss in der er vorkommt: http://www.elmar-spohn.de/dissertation.html 3.8 Jaija Sattler (MSOE): Biographische Aspekte im Kontext nationalsozialistischer Verfolgung 3.8.1 Missionarische Motive und Mentalitäten 3.8.2 Jaija Sattler und die „Zigeuner-Mission“ 3.8.3 Vertrauensseligkeit und Fehleinschätzung 3.8.4 Verhaftung und Deportation 3.8.5 Die „Lolischä-Verwechslung“ 3.8.6 Auswertung

Schriften

  • mit Frieda Zeller-Plinzner: O Woyako-hiro katar o Jesuskasko Christuskasko banasgimmo ä Johannestar. Evangelium Johannes in Zigeunerisch Mundart norddeutscher Zigeuner. Berlin. Britische und ausländische Bibelgesellschaft, 1930.[24]

Literatur

Weblinks

ENs

  1. Miskow 1931, S. 86
  2. Miskow 1931, S. 86
  3. Miskow 1931, S. 86
  4. Festschrift 50, S. 83
  5. Miskow 1931, S. 86
  6. Miskow 1931, S. 86f.
  7. Miskow 1931, S. xx
  8. Dorothea Hoba Erinnerungen auf [1]
  9. hilfreich: http://www.gross-wartenberg.de/wikigw/index.php/Bukowine Miskow schreibt fälschlich Bukowinia in Schlesien, womit eine Verwechslung mit der im rumänisch-ukrainischen Grenzgebiet Bukowinia ausgeschlossen ist.
  10. Miskow 1931, S. 86
  11. Dorothea Hoba, die als Mitarbeiterin der MSOE vier Jahre in der Mission unter Sinti tätig war erinnert sich: [2]
  12. Miskow 1931, S. 8x
  13. https://www.dbg.de/meta/ueber-uns/geschichte.html
  14. Siehe: https://en.wikipedia.org/wiki/Frederick_Ackerley
  15. Veröffentlichungen von Frederick G. Ackerley zu Romanes siehe: Bibliography of Modern Romani Linguistics: Including a guide to Romani linguistics. John Benjamins Publishing 2003
  16. Frederick George Ackerley: A Louvari Vocabulary. In: Journal of the Gypsy Lore Society11 (Jan 1, 1932) S. 124-187
  17. Siehe: https://pl.wikipedia.org/wiki/Cyganologia
  18. Tadeusz Pobożniak (1964): Grammar of the Lovari dialect: Państwowe Wydawnictwo Maukowe S. 21. Nach dem Blog von Debbie Folaron, die außerordentliche Professorin im Bereich Übersetzungswissenschaft an der Concordia-Universität in Montreal (Kanada) ist: http://www.translationromani.net/de/debbiesblog/blog41
  19. Corona Daily Independent vom 23. Nov. 1931. online, Volltext kostenpflichtig
  20. M. M begleitete ihn und beschreibt die Tätigkeit von Sattler. xy
  21. Gedenkbuch S. 748, die Häftlingsnummer war Z 338. Der Eintrag ist weitgehend unleserlich, der Vorname fehlt, der Nachname ist nur mit einem t geschrieben, der Geburtsort ist unleserlich, ein Todesdatum fehlt. Dieser Eintrag ist der einzige Eintrag eines Mannes mit dem Nachnamen Sattler, der vom Geburtsjahr in Frage kommt, alle anderen Sattler besitzen andere Geburtsjahre und/oder falsche Vornamen. Der Name steht isoliert, Familienmitglieder sind von der Häftlingsnummer und Nachname nicht in der Nähe verzeichnet. Das ungefähre Geburtsjahr ergibt sich aus einer Altersangabe die Miskow für seine Begegnung 1910 macht.
  22. Gedenkbuch S. 1212 f. Z-8181, kein Einlieferungsdatum, nächstes vorhergehendes Datum ist der 14. Mai 1943 bei Lothar Weiss Z-8179, der am 11. Mai 1943 in Birkenau geboren wurde und das Lager nicht überlebt hat.
  23. Reimar Gilsenbach: Oh Django, sing deinen Zorn. Sinti und Roma unter den Deutschen. Berlin 1993, S. 145.
  24. Nachweis: http://www.worldcat.org/title/o-woyako-hiro-katar-o-jesuskasko-christuskasko-banasgimmo-a-johannestar/oclc/1940267