Benutzer:Elektrofisch/Karl Moravek
Karl Moravek, (* 5. Januar 1911 in Fiume + 1943) war ein österreichischer Diplomingenieur und Rassenkundler der für die Rassenhygienische Forschungsstelle arbeitete. Moravek war schon in seiner Schulzeit in völkischen und deutschnationalen Organisationen aktiv und trat 1933 illegal der NSDAP (Mitgliedsnummer 6287037) und 1938 der SS bei.
Elternhaus, Schulzeit und Studium
Karl Moravek wurde am 5. Januar 1911 in Fiume als Sohn eines Postbeamten und Oberstleutnant der Reserve geboren.[1] Sein Vater Karl Moravek fiel 1913 im zweiten Balkankrieg 1913.[2] Seine aus Wien stammende Mutter Giesela Moravek zog mit ihrem Sohn nach Wien, dort besucht Karl die Volksschule, danach eine Realschule.[3] Nach 1926 wird er im Deutschen Mittelschülerbund und der Pennäler-Burschenschaft der Ostmark aktiv sowie zweitweilig Anhänger der Tannenbergbund-Bewegung.[4]
Aus dem rechtsextremen "Deutschen Mittelschülerbund" ging später der NS-Schülerbund in Österreich hervor.[5][6] In Deutschland war der NS-Schülerbund, der Vorläufer der Hitlerjugend.[7] Auch die Pennäler-Burschenschaft der Ostmark ist politisch ähnlich einzuordnen.[8] Der Tannenbergbund ist eine der Vorläuferorganisationen des völkischen Bund für Deutsche Gotterkenntnis.[9]
1929 schließt er die Realschule erfolgreich ab. Seinem Wunsch Anthropologie und Urgeschichte zu studieren kann er sich aufgrund des Vetos seines reichen Großvaters nicht erfüllen, er studiert statt dessen Vermessungswesen an der Technischen Hochschule Wien.[10] 1933 tritt er unmittelbar nach dem Verbot in die nun in Österreich illegale NSDAP ein.[11] Das Studium schließt er mit Diplom 1934 ab und schlägt sich mit Hilfsarbeiten und Nebentätigkeiten durch.[12]
Hertha Bail, seine spätere Verlobte und überzeugte Nationalsozialistin lernt er 1934 kennen. Sie wird später auch eine "unschätzbare Hilfe" (Moravek) bei seinen rassenkundlichen Arbeiten. Bail ist 9 Jahre älter als er.[13]
Sein selbst finanzierten Studium der Anthropologie, Psychologie und Urgeschichte an der Universität Wien kann er 1935 aufnehmen.[14] Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) förderte 1937 sein Vorhaben "bevölkerungspolitische und rassenkundliche Aufnahme eines Landesbezirks in Österreich", vermutlich sind dieses schon Vorarbeiten für seine spätere Dissertation.[15] Aus ökonomischen Gründen muss er das Studium unterbrechen, er wird ständiger freier Mitarbeiter des Deutschen Kurzwellensenders in Berlin.[16][17]
Er setzt auch sein Studium in Berlin fort.[18] Nach der "Befreiung der Ostmark" (Moravek) im März 1938 gibt er zwar noch im April 1938 an in Berlin 1939 die Doktorprüfung abzulegen, doch kehrt er im Sommer 1938 nach Wien zurück.[19] Am 30. März 1938 tritt er der SS bei.[20] Es folgt der Austritt aus der katholischen Kirche.[21] Der Kirchenaustritt bei Mitgliedschaft in der SS wurde nachdrücklich gefordert. Beim für Ehegenehmigungen für Angehörige der SS zuständigen Rasse- und Siedlungshauptamt der SS ist sein Ehegesuch vom August 1939 erhalten, seine Verlobte gibt die Religionszugehörigkeit "gottgläubig" an.[22] Ende Juni 1939 meldet er sich zur Doktorprüfung mit den Fächern Anthropologie und Urgeschichte in Wien an und legt die Dissertation "Zur Rassenkunde der burgenländischen Zigeuner" vor.[23]
Die Doktorarbeit: "Zur Rassenkunde der burgenländischen Zigeuner"
Die 1939 vorgelegte Dissertation Zur Rassenkunde der burgenländischen Zigeuner umfasst 90 Textseiten sowie einen Anhang mit Tabellen und 19 Bildtafeln.[24] Sie ist eine Teilauswertung seiner im Sommer 1937 sowie Herbst und Winter 1938 in der südburgenländischen Ortschaft Oberwart (Gau Steiermark) durchgeführten Erhebung.[25] Moravek sammelte anthropometrische Daten von rund 2000 Personen der "bodenständigen Bevölkerung" und verglich diese mit den Daten von 460 Roma.[26] Bei einem Großteil der untersuchten Roma meint er eine starke Vermischung mit anderen Rassen feststellen zu können, etwa 10% der Untersuchten würden stark "nordische Merkmalsausprägungen" zeigen.[27][28] Aus seiner Untersuchung und der von ihm behaupteten Rassenmischung folgert er:
„Vom rassenhygienischen Standpunkt aus müssen wir es sehr bedauern, daß es zu den vorhin geschilderten Zuständen gekommen ist. Vor allem wird die Behandlung des Zigeunerproblems dadurch erschwert. Es bleibt zu hoffen, daß die in Ausarbeitzung befindlichen Zigeunergesetze diesen Umständen Rechnung tragen und alle nötigen Vorkehrungen treffen, daß jede weitere Vermischung mit den Zigeunern unterbunden wird.“
Die Förderer der Dissertation verweisen auf ein Geflecht aus Rassenhygienikern das bis zu den regionalen Anhängern und Funktionären der zunächst illiegalen NSDAP reicht. Neben der bereits genannten DFG förderten der zum Verein für das Deutschtum im Ausland (VDA) gehörende Deutscher Schulverein - Südmark,[30], die Burgenländische Landeshauptmanschaft[31], der Reichsnährstand Südmark,[32] NSDAP-Politiker: so der zunächst illegale NSDAP Gaupropagandaleiter Hans Goger und dem seit 1935 illegalen Kreisleiter NSDAP von Oberwart Eduard Nicka die Dissertation.[33] Hans Goger war ein persönlicher Freund[34] des zunächst illegalen NSDAP-Gauleiter des südlichen Burgenlands Tobias Portschy[35], der ab den späten 30er Jahren zur Zentralfigur der nationalsozialistischen "Zigeunerverfolgung" im Burgenland wird. Im August 1938, kurz nach dem Anschluss Österreichs, legt der nunmalige Landeshauptmann Portschy eine "Denkschrift" "Die Zigeunerfrage" vor, in der auch die "Zigeunerpolitik" der illegalen NSDAP beschreibt und auf rassenpolitischer Basis eine "Lösung der Zigeunerfrage" fordert.[36] Zu den Unterstützern der Arbeit gehörten auch die mit der illegalen NSDAP symatisiernde Lehrerschaft des Untersuchungsgebietes.[37]
Auch an den Gutachtern der Dissertation zeigt sich die Einbindung der Untersuchung in das ideologische Umfeld der NSDAP. Die Gutachter sind der Dozent Eberhardt Geyer (Erstgutachten) und der Professor Josef Weninger (Zweitgutachter)[38] Geyer spielte eine bedeutende Rolle bei der Einführung der NS-Rassenhygiene an der Wiener Universität.[39] Beide Gutachter stehen für eine extrem politisierte Rassenhygiene, Horst Seidler bezeichnet Weninger als überzeugten Nationalsozialisten.[40] Geyer wertet so:
„Die als Dissertation vorgelegte Arbeit 'ein Beitrag zur Rassenkunde der Burgenländischen Zigeuner' behandelt ein Problem, welchem gerade in der heutigen Zeit besondere Bedeutung zukommt, nämlich die Frage nach der rassischen Zusammensetzung der Zigeuner. Das Material wurde vom Verfasser aus eigener Initiative, nach eigenen Plänen und unter großen persönlichen Opfern selbst gesammelt. Schon allein diese Umstände sind ein Beweis dafür, daß hier wirklich mit wissenschaftlichem Ernst an die Sache herangegangen wurde. Auch die Ausarbeitung der Arbeit selbst, die mit bemerkenswerter Sorgfalt und Genauigkeit ausgeführt worden ist, bestätigt die Gesinnung des Verfassers. Trotz der Sprödigkeit des Materials, das in allererster Linie statistisch erschlossen werden musste, hat sich der Verfasser vom eigendlichen Ziel der Arbeit, ein richtiges Bild vom rassischen Aufbau der burgenländischen Zigeuner zu entwerfen, nicht ablenken lassen und bewiesen, daß die Voraussetzung für die Zulassung zu den strengen Prüfungen durchaus erfüllt.“
Die Sachmittel in Form von Messinstrumenten stellte das Anthropologisches Institut der Universität Wien, die vollständige Kameraausrüstung die deutsche Firma Leitz.[42]
Joachim S. Hohmann bewertet diese Doktorarbeit und die Übergabe des von ihm gesammelten Datenbestandes an die Rassenhygienische Forschungsstelle als Mitschuld an der Verfolgung und Vernichtung der burgenländischen Roma.[43]
Arbeit für die Rassenhygienische Forschungsstelle (RHF), Tod
Moravek gehörte zu den „Fliegenden Arbeitsgruppenn“ der Rassenhygienischen Forschungsstelle (RHF).[44] Unter anderem leitete 1940 die Erfassung von Roma in Leipzig und Halle an der Saale.[45]
In der Parteiunterlagen über Moravek ist er als 1943 verstorben gekennzeichnet, was auch den Aussagen seiner Kollegen entspricht. Hohmann vermutet aufgrund eines als Zeichen genutzen Eisernen Kreuzes, dass Moravek bei einer militärischen Aktion gestorben ist. Ein Datum ist nicht vermerkt.[46]
Literatur
- Joachim S. Hohmann: Robert Ritter und die Erben der Kriminalbiologie. "Zigeunerforschung" im Nationalsozialismus. P. Lang, Frankfurt am Main 1991.
- Benno Müller-Hill: Tödliche Wissenschaft. Die Aussonderung von Juden, Zigeunern und Geisteskranken 1933-1945 Rororo aktuell Reinbek bei Hamburg, 1988.
Einzelnachweise
- ↑ Hohmann 1991, S. 271
- ↑ Hohmann 1991, S. 271
- ↑ Hohmann 1991, S. 271
- ↑ Hohmann 1991, S. 271f.
- ↑ Hans-Christian Harten, Uwe Neirich, Matthias Schwerendt: Rassenhygiene als Erziehungsideologie des Dritten Reichs: bio-bibliographisches Handbuch. Akademie Verlag, 2006 S. 262
- ↑ Ingo Haar, Michael Fahlbusch: German scholars and ethnic cleansing, 1919-1945. Berghahn Books 2006, S. 41
- ↑ www.museenkoeln.de
- ↑ Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes belegt bei einzelnen Verbindungen des noch existierenden Penälerringes neonazistische Tendenzen. Bericht des DÖW von 2002 Neues von ganz rechts - März 2002
- ↑ Infos aus dem Artikel Bund für Deutsche Gotterkenntnis
- ↑ Hohmann 1991, S. 272.
- ↑ Hohmann 1991, S. 272.
- ↑ Hohmann 1991, S. 272.
- ↑ Hohmann 1991, S. 272f.
- ↑ Hohmann 1991, S. 272.
- ↑ Hohmann 1991, S. 272.
- ↑ Hohmann 1991, S. 272.
- ↑ Zur auch als Auslandspropaganda des Deutscher Kurzwellensender 1936 siehe hier: [1] Rundfunk wurde 1933 vom Innenministerium in das Propagandaministerium überführt. Josef Wulf: Kultur im Dritten Reich. Bd. 1. Presse und Funk. Ullstein 1989, S. 300
- ↑ Hohmann 1991, S. 272.
- ↑ Hohmann 1991, S. 272., "Befreiung der Ostmark" ist eine zeitgenössische Bezeichnung. Beispiele: Oberkommando der Wehrmacht: Berichte deutscher Soldaten von der Befreiung der Ostmark und des Sudetenlandes. Zeitgeschichte-Verlag, 1939; Heinrich Hoffmann: Wie die Ostmark ihre Befreiung erlebte - Adolf Hitler und sein Weg zu Grossdeutschland. 1940
- ↑ Hohmann 1991, S. 272.
- ↑ Hohmann 1991, S. 272.
- ↑ Hohmann 1991, S. 273.
- ↑ Hohmann 1991, S. 273.
- ↑ Hohmann 1991, S. 273f.
- ↑ Hohmann 1991, S. 273.
- ↑ Hohmann 1991, S. 273.
- ↑ Hohmann 1991, S. 274.
- ↑ Moravek fand in einer Liste der Gemeinde einen Eintrag, der Roma in der Gemeinde schon 1645 nachweist (Quelle) ein Ergebnis das schlecht zum Vorwurf des Nomadisieren passt.
- ↑ nach Hohmann 1991, S. 274.
- ↑ Hohmann 1991, S. 273., VDA Zugehörigkeit nach Artikel Deutscher Schulverein.
- ↑ Hohmann 1991, S. 273.
- ↑ Hohmann 1991, S. 273.
- ↑ Hohmann 1991, S. 273. Länge der Parteifunktion Personenartikel Eduard Nicka
- ↑ Ursula Mindler: "Portschy ist Burgenländer, ich bin Steirer". Ein Burgenländer als Gauleiter-Stellvertreter von Steiermark. Das Wirken von Dr. Tobias Portschy im steirischen Raum. In: Blätter für Heimatkunde. Herausgegeben vom historischen Verein für Steiermark. 2006, Heft 4, S. 117-143 hier S. 118
- ↑ Ursula Mindler: "Portschy ist Burgenländer, ich bin Steirer". Ein Burgenländer als Gauleiter-Stellvertreter von Steiermark. Das Wirken von Dr. Tobias Portschy im steirischen Raum. In: Blätter für Heimatkunde. Herausgegeben vom historischen Verein für Steiermark. 2006, Heft 4, S. 117-143 hier S. 119
- ↑ Tobias Portschy: Die Zigeunerfrage Volltext pdf Eisenstadt 1938. Zur bewertung und Person Portschy in Bezug auf Porajmos siehe etwa Burgenländischen Landesregierung: Die Verfolgung der burgenländischen Roma oder rombase: Kriminalpolizeiliche und "rassenkundliche" Erfassung der "Zigeuner"
- ↑ Hohmann 1991, S. 273.
- ↑ Hohmann 1991, S. 274., Hohmann nennt den Vornamen von Geyer nicht. Peter Weingart, Jürgen Kroll und Kurt Bayertz: Rasse, Blut und Gene. Frankfurt a. M. 1992, S. 432 zitiert aber in einem anderen Zusammenhang den "Wiener Anthropologen" Eberhardt Geyer.
- ↑ Wolfgang Neugebauer: Universität Wien: Bekenntnis zur NS-Rassenhygiene. In: Gedenkdienst 2001-1
- ↑ Karl Pusman: Die "Wissenschaften vom Menschen" auf Wiener Boden(1870-1959): Die anthropologische Gesellschaft in Wien und die anthropologischen Disziplinen im Fokus von Wissenschaftsgeschichte, Wissenschafts- und Verdrängungspolitik. LIT Verlag Münster, 2008 - 326 Seiten Fundstellen Geyer Fundstellen Weninger Nachweis für Seidler S. 154
- ↑ nach Hohmann 1991, S. 274f.
- ↑ Hohmann 1991, S. 273.
- ↑ Hohmann 1991, S. 275.
- ↑ Müller-Hill 1988, S. 156f.
- ↑ "Auf dem Dienstwege ..." Dokumente zur Erfassung und Deportation der Leipziger Sinti und Roma im Nationalsozialismus. Eine Ausstellung des Bildungswerkes Weiterdenken in der Heinrich-Böll-Stiftung e.V. in Zusammenarbeit mit dem Kulturamt der Stadt Leipzig.
- ↑ Hohmann 1991, S. 275