Benutzer:EvaK/Betrachtungen zur Bildlizenzierung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Bildlizenzierung und kommerzielle Nutzung

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Im Rahmen der Auseinandersetzung um die Bildlizenzierung unter der GFDL, insbesondere der Lizenz GFDL „1.2 oder einer späteren Version“ (englisch: GFDL Version 1.2 or any later version) bzw. GFDL „ausschließlich in der Version 1.2“ (englisch: GFDL Version 1.2 only) wurde seitens der Gegner der GFDL stark auf Möglichkeit einer umfassenden kommerziellen Nachnutzung der Dateien durch Dritte Wert gelegt.

Ich habe irgendwann mal begonnen, Bilder für das Projekt zur Verfügung zu stellen, anfangs noch in der deutschsprachigen Wikipedia, dann auf Wikimedia Commons, weil ich zur Erstellung einer freien Enzyklopädie beitragen wollte. Das war zumindest Ende des Jahres 2005 noch der Hauptgedanke des Projektes. Daß die Beiträge einer kommerziellen Nachnutzung verfügbar sein sollten, war für mich ein Nebeneffekt, der aber für mich keine zentrale Bedeutung hatte und immer noch nicht hat.

Verfolge ich jedoch die o.g. Diskussion, so habe ich den Eindruck, daß in diesem Punkt innerhalb von drei Jahren ein drastischer Paradigmenwechsel stattgefunden hat. Der Hauptgedanke scheint zu sein, die Beiträge zu den Projekten haben einer möglichst umfangreichen und bequemen kommerziellen Nachnutzung verfügbar zu sein, dies sei die Hauptverantwortung der Beitragenden, insbesondere auch der Bildautoren. Da beschleicht mich das ungute Gefühl, das Projekt wurde auf Benutzerebene inzwischen mehr von Wirtschaftslobbyisten unterwandert, als es durch Werbeeinträge von außen je geschehen könnte.

Nach wie vor bin ich bereit, meine Fotografien zum Aufbau einer freien Enzyklopädie beizutragen, weshalb ich vor gut drei Jahren hergekommen bin. Ich bin auch weiterhin bereit, die Bilder unter den Bedingungen möglicher kommerzieller Nachnutzung zur Verfügung zu stellen. Das habe ich damals akzeptiert, und daran hat sich auch nichts geändert.

Aber aller wirtschaftlichen Lobbyarbeit entgegen sehe ich es nicht als meine Aufgabe an, den Ansprüchen einer hemmungslosen wirtschaftlichen Ausbeutung nachzukommen und meine Werke als kommerzielles Freiwild herzugeben. Wer Geld verdienen will, soll etwas dafür leisten, es gibt nichts geschenkt. Und wer mir sagen möchte, ich habe da etwas falsch verstanden und sei hier fehl am Platz, dem kann ich nur mitteilen, daß es wohl eher umgekehrt der Fall ist. Die freien Lizenzen sind geschaffen worden, um geistiges Eigentum vor dem hemmungslosen wirtschaftlichen Zugriff zu schützen und es allen zugänglich zu machen. Aber sie sind nicht dazu da, genau dieser Ausbeutung durch einige wenige wieder Tür und Tor zu öffnen, auf Kosten der Schaffenden.

Diese Aspekte betreffen letzten Endes die gesamte Wikipedia und die Idee freien Wissens. Mit steigender Bekanntheit, Popularität und Nutzung der Angebote erkennt die Medienindustrie deren wirtschaftliche sowie politische Aspekte, möchte von ihnen profitieren, wenn nicht gar sie unter ihre Kontrolle bringen. Die Bilder sind nur ein Aspekt dessen, wenn auch der wirtschaftlich interessanteste. Ein Bildarchiv wie die Wikimedia-Commons, das derzeit – Jan. 2009 – über 3,7 Millionen Dateien aufweist, die von kostenlos arbeitenden Benutzern zur freien Verfügung gestellt werden, ist ein kaum zu schätzendes Vermögen. Dieser Wert wird durch die Erschließung der Bestände öffentlicher Archive wie dem Bundesarchiv noch erheblich gesteigert. Daß die Medienkonzerne, gegen deren Betrebungen zur Wissens-Oligopolisierung sich das Wikimedia-Projekt mit der Idee freien Wissens richtet, ein erhebliches Interesse daran haben, diesen Fundus für sich zu nutzen und die Kontrolle darüber zu erlangen, halte ich für keinen abwegigen Gedanken.

Mein Fazit: Ich werde auch zukünftig bei meiner bisherigen Lizenzierung bleiben und mich nicht der geistigen Strömung unbegrenzter wirtschaftlicher Ausschlachtung von Ressourcen unterwerfen.

Überlegungen zur Umlizenzierung von GFDL nach CC

Nach Aussage von Erik Möller (Eloquence) wurde die „von uns geplante Umstellung sowohl von unserem Rechtsanwalt, Mike Godwin, als auch von der Creative Commons Anwaeltin Diane Peters geprueft. Die FDL 1.3 wiederum wurde ebenfalls durch Anwaelte auf allen Seiten und auch durch externe Experten geprueft.“

Auf die Thematik nationaler rechtlicher Fragen wurde bei der Umlizenzierung mit keinem Wort eingegangen. Es ist schön, daß die Foundation angeblich zwei Juristen gefragt hat. Aber wie sieht es um deren Unabhängigkeit einerseits aus, und wie ist es um deren Kenntnis von urheberrechtlichen Regelungen in der EU beispielsweise bestellt. Es steht zu befürchten, die beiden Anwälte haben sich bestenfalls zur Vorgehensweise nach US-Recht geäußert, da mag das ja funktionieren. In Deutschland spielt das aber keine Rolle, für hier publizierte Werke ist US-Recht nicht verbindlich. Entsprechend bleibt nach wie vor das Thema Knebelvertrag und Entrechtung der Autoren offen.

Erik Möller weist darauf hin, „dass eine wesentliche Motivation fuer die Verwendung von CC-BY-SA die Kompatibilitaet mit entsprechend lizenzierten Materialien ist. Unzaehlige Projekte, auch enzyklopaedische Projekte oder Lernprojekte wie Citizendium, WikiEducator, Encyclopedia of Earth, Encyclopedia of Life, usw. verwenden die Lizenz und koennen folglich Wiki-Inhalte nicht nutzen und umgekehrt.“

Was die Kompatibilität des verwendeten Materials und den Informationsfluß zwischen einzelnen unter freien Lizenzen stehenden Initiativen und Projekten betrifft, so besteht durchaus ein Handlungsbedarf. Aber es tut sich auch ein Faß ohne Boden auf, denn wenn letztlich der kleinste gemeinsame Nenner freier Lizenzierung das Ziel ist, so läuft das irgendwann doch auf die bereits angedeutete Umstellung auf PD und damit die komplette Entrechtung der Autoren heraus. Die Stimmen, die laut eine komplette Abschaffung jeglicher Form von Urheberrecht fordern, sind wohl zu hören. Das ist sicher nicht das Ende jeglicher Kreativität, aber Kreativität wird auf ein Hobbyniveau herabsinken, weil jeder sich beliebig an den Werken der anderen bedienen kann. Da wird – mit lediglich Schielen auf die Praktiken der Musik- und Softwareindustrie – das Kind mit dem Bade ausgeschüttet und eine habgierige Verwertungsindustrie durch eine habgierige Masse ersetzt, die sich an kreativer Leistung bedienen will, aber nichts dafür bietet. Doch Ausbeutung bleibt Ausbeutung, egal von welcher Seite. Zudem räumt sich die Foundation großzügig ein Recht ein, daß sie den einzelnen Benutzern lt. Policy untersagt: Lizenzänderung und Widerruf der Lizenz. Benutzer werden in einem solchen Fall merklich sanktioniert, die Foundation erheischt sich dafür hingegen Zustimmung und Beifall. Dieses Vorgehen ist nichts als ein klares Zeichen für die zukünftige Politik der Foundation: Enteignung aller bisherigen Lizenzgeber. Damit wäre auch der Zweck der Foundation, die Förderung und Verbreitung freien Wissens, ad absurdum geführt, denn PD dient nicht der Verbreitung, sondern behindert sie – ganz im Gegensatz zu freien Lizenzen, die dieses gewährleisten.

Von daher wäre es der bessere Weg, nicht den kleinsten gemeinsamen Nenner geringstmöglicher Lizenzierung allenthalben anzustreben, sondern andere Projekte zu ermutigen, weitere als frei definierte Lizenzmodelle einzuführen. Oder die Projekte setzen sich mal mit den Lizenzmachern und ein paar mit internationalen Urheberrechtsfragen beschlagenen Juristen an einen Tisch, um wasserdichte Lizenzmodelle ohne Fallstricke für Lizenzgeber und Weiternutzer zu entwickeln, die auch einen adäquaten Urheberschutz beinhalten. Denn die ach so favorisierten CC-Lizenzen scheinen das ja nicht unbedingt zu leisten, um den Argumenten einiger Kritiker der CC zu folgen. Das braucht natürlich ein wenig mehr Zeit, statt dessen spielt ihr auf Zeitdruck und brecht Entscheidungen per zweifelhafter Abstimmung übers Knie.

Erik Möller (Eloquence) ist weiter der Meinung, daß es darum gehe „was eine Lizenz als zwingende Forderung an Weiternutzer stellen muss. Und da finde ich es hoechst fraglich, dass die Weitergabe des vollstaendigen Lizenztextes eine zwingende Forderung sein muss. Das erschwert gerade kleinere Nutzungsarten (bei Bilddateien noch mehr als bei Texten), und grundsaetzlich tragen solche Forderungen zu einer groesseren Zahl von Lizenzverletzungen bei. Das wiederum schafft Spielraum fuer Abmahnaktionen und aehnlichen Unfug.“

Was das Thema „Spielraum für Abmahnungsaktionen“ betrifft, so ist das kein wirkliches Argument. Wer Inhalte unter eine freie Lizenz stellt, tut dies genau aus dem Grund, kostenlose Inhalte gegen eine geringe immaterielle Gegenleistung verfügbar zu machen, und nicht deshalb, um nachher per juristischer Fallstricke den Lebensunterhalt zu verdienen. Daß hier insbesondere auf Bilddateien abgezielt wird, ist schon klar, weil hier einzelne Urheber im Vordergrund stehen. Da liegt nämlich auch der eigentliche Marktwert des Wikimedia-Projekts, denn die Bilder lassen sich direkt mit einem monetären Wert beziffern, während das bei den Texten nicht der Fall ist. Die Bilder sind nämlich zumindest für Pressezwecke in vielen Fällen ad hoc verwendbar, aber wer druckt schon einen WP-Artikel mal so als ausführliche Erläuterung ab? Da werden bestenfalls Auszüge verwendet, oder ein Autor benutzt das Textmaterial als Informationsquelle und schreibt es für eigene Zwecke einfach um. Damit ist aber nicht mal mehr eine Bezugnahme auf den ursprünglichen WP-Artikel erforderlich.

Der wahre Markt- und Finanzwert (sic!) liegt in mehreren Millionen Dateien, allein in Commons, en-WP und de-WP derzeit (Stand Ende Juli 2009) gut 5,8 Millionen, Tendenz kontinuierlich steigend. Viele dieser Inhalte sind aus Gründen jenseits des Urheberrechts kommerziell nicht verwertbar, da spielen Markenrecht und oft schlicht mangelnde Qualität eine Rolle. Dennoch bleibt ein großer Bestand nutzbarer Bildern, teilweise sogar einmalige und unwiederholbare Bilddokumente, der Wikimedia mit der Zeit zu einem der größten Bilderhoster der Welt macht – alles von einem Heer von unbezahlten Freiwilligen kostenlos zur Verfügung gestellt, schön in Kategorien einsortiert, zu Bildseiten zusammengestellt, mit geringem Suchaufwand schnell gefunden und kostenlos nutzbar. Richtig interessant wurde es seit den letzten Monaten, als sich bekannte Archive öffneten und sich eine wahre Flut zeitgeschichtlicher Bilddokumente nach Commons ergoß, wiederum von einem Heer kostenloser Freiwilliger aufbereitet. Für ein enzyklopädisches Projekt, das an der Not einer zeitgeschichtlichen Bilderlücke leidet, sicher ein wahrer Segen. Aber die Enzyklopädie spielt dabei nur am Rande eine Rolle, denn interessant ist auch hier der Marktwert des Materials, für das kommerzielle Verwerter den Archiven und den z.T. noch lebenden Bildautoren entsprechend Nutzungshonorar hätten zahlen müssen. Für diese Verwerter hat Wikimedia die Kastanien auf dem Feuer geholt, vor welchem Hintergrund auch immer.

Allein die Deals mit Spiegel und Bertelsmann lassen dabei aufhorchen und haben Mißtrauen in der Community geschürt. Weitere solche Vereinbarungen werden kommen. Und auch der Hintergrund ist mit ein wenig Aufmerksamkeit leicht zu erkennen. Die Foundation ist, bei aller vordergründigen Gemeinnützigkeit, ein Wirtschaftsbetrieb mit bezahlten Angestellten und einer kostenintensiven Infrastruktur, die ständig wächst und dauerhafter Betreuung bedarf. Die Finanzierung durch Spenden reicht bei dem exorbitanten Wachstum und Erfolg, den Wikimedia in den letzten Jahren zu verzeichnen hatte, schon lange nicht mehr aus. Die Foundation ist ständig klamm, da bietet sich ein Joint Venture mit einem Großverlag schon an: Ihr öffnet die Archive, wir zahlen dafür ein kräftiges Sümmchen. Gleichzeitig freut sich ein Heer freiwilliger Hobby-Archivare auf Sonderschichten am heimischen PC, ohne die wäre nämlich die Sache für die Katz. Ein Arbeitgeber würde sich über soviele entlohnungsunwillige Arbeitskräfte freuen und sich die Hände reiben. Deutschland war dafür das Testszenario, und Jimbo hat der de-WP dafür ja auch lobende Worte ausgesprochen. Natürlich ist das nur die hirnrissige Verschwörungstheorie aus der Provinz. Oder ist es einfach nur die Darstellung eines ganz gewöhnlichen Geschäftsvorganges zwischen gemeinnützigen Vereinen mit verwertbarem immateriellem Vermögen und interessierten Wirtschaftsunternehmen?

Wenn es so ist, stört daran die Unehrlichkeit. Die WMF spielt auf Gemeinnützigkeit, und ihre deutschen Vertreter – auch die in den USA – wissen zu genau, wie das z.B. in Deutschland verstanden wird. Kommerzielle Nutzung und Gemeinnützigkeit passen hierzulande zusammen wie Teufel und Weihwasser. Hättet die WMF von Anfang an die Karten auf den Tisch gelegt, wäre ein Sturm der Entrüstung losgebrochen, und niemand hätte das Bildmaterial auch nur angerührt. Wahrscheinlich wären dann auch einige urheberrechtliche Fragen öffentlich auf den Tisch gekommen, die WP-intern mit ein paar Beruhigungspillen und ansonsten Totschweigen abgebügelt wurden. Und genau in dem Sinne erfolgt die anstehende Lizenzänderung in den WM-Projekten: Das Level des Urheberschutzes der freien Lizenzen gegenüber massiver kommerzieller Weiternutzung immer weiter absenken, bis zuletzt nichts mehr übrig bleibt. Immerhin steht dafür ein Heer von Freiwilligen zur Verfügung, die qualitativ hochwertige Inhalte tatsächlich „für umsonst“ liefern. Und all diese Leute werden hinters Licht geführt.