Benutzer:Fingalo/Geschichte des norwegischen Theaters
Geschichte
Das Theater war in Christiania am Ende des 18. Jahrhunderts der wichtigste soziale Raum für das Bürger- und Kleinbürgertum. Hier konnten Ideen bildhaft unter das Volk gebracht werden.[1]
Die Theaterkultur in Christiania begann mit den privaten Dramengesellschaften seit den 60er Jahren des 18. Jahrhunderts. 1825 erhielt der Schauspieler Johan Peter Strömberg das königliche Privileg, in der Stadt ein Theater zu errichten.[2] Sein Theater öffnete am 30. Januar 1827 im nördlichen Außenbezirk der Stadt unterhalb von Hammersborg und hatte Platz für 700-1000 Zuschauer. Die Schauspieler waren zuerst norwegische Schauspielschüler. Die Qualität war unbefriedigend, so dass Strömberg dänische Berufsschauspieler angagierte. Nach 1828 wurde das Theater von verschiedenen dänischen Schauspielern geleitet. Es wurden viele Stücke von August von Kotzebue in Übersetzung und von Johan Ludvig Heiberg aufgeführt, aber auch Schillers Kabale og Kjærlighed (Kabale und Liebe, 1829), Røverne (Die Räuber, 1830) und Lessings Emilia Galotti (1830). Es handelte sich in der Mehrzahl um Übernahmen vom Theater in Kopenhagen. Henrik Arnold Wergeland wandte sich dezidiert gegen die Abhängigkeit vom dänischen Theater. Insbesondere waren es Stücke aus der frühnorwegischen Geschichte, zum Beispiel Bjerregaards Magnus Barfods Sønner (1833), in denen die die Könige das kopenhagener Dänisch sprachen, die ihn veranlassten, eine Theaterreform gegen die Danomaniezu verlangen. Im November 1835 brannte das Theater ab.
1837 wurde das vom Architekten Christian Heinrich Grosch Christiania Theater am Bankplassen erbaut und erst unmittelbar vor der Eröffnung des Nationaltheatret geschlossen. Aufgrund der über 400 Jahre währenden kulturellen Abhängigkeit Norwegens von Dänemark (1380–1814) galt die norwegische Sprache bei manchen Gebildeten zunächst noch als unfein und ungehobelt. Vereinzelte Versuche, Norwegisch als Bühnensprache zu etablieren, stießen auf breite Ablehnung der Kreise um Welhaven, die sich von dem so bezeichneten „Rinnstein“-Idiom distanzierten. Gleichwohl wurde in dem Wettbewerb um das Eröffnungsstück für das neue Theater die norwegische Sprache vorgeschrieben. Das Eröffnungsstück war Andreas Munchs Kong Sverres Ungdom (Die Jugend König Sverres), das erste ausgesprochen historisch-nationale Drama in norwegischer Sprache. Im Laufe der ersten Saison wurde auch Wergelands Campbellerne aufgeführt. Hier wurden erstmalig ein spezifisch norwegisches Denken und spezifisch norwegische Lebensformen in norwegischer Sprache auf die Bühne von Christiania gebracht.[3] Beide wurden als ziemlich langweilig kritisiert. Die zweite Aufführung von Campbellerne am 28. Januar 1838 wurde von den Gegnern Wergelands ausgepfiffen, und der sich entwickelnde größte Tumult der norwegischen Theatergeschichte ging als „Theaterslaget“ in die Literaturgeschichte ein. Das Theater kehrte zu dänischsprachigen Stücken zurück, vor allem deshalb, weil es noch keine norwegisch sprechenden ausgebildeten Schauspieler gab. Das änderte sich erst, als 1852 in Christiania eine „Norwegische Theaterschule“ eingerichtet wurde.[4]
Folglich waren in den ersten Jahrzehnten überwiegend dänische Schauspieler am Christiania Theater beschäftigt, die mehrheitlich dänische Dramen und Vaudevilles zur Aufführung brachten.
Erst ab den 1860er Jahren, nachdem die Bühne eine Fusion mit dem Kristiania Norske Theater eingegangen war, hielt die norwegische Sprache allmählich Einzug auf der Bühne und es wurden immer häufiger norwegische Stücke inszeniert. Der Trend vollzog sich parallel zur Genese eines neuen patriotischen Bewusstseins, das in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts den Wunsch nach voller Unabhängigkeit entstehen ließ und die Personalunion mit Schweden (1814–1905) zunehmend in Frage stellte.
Überall in Europa wurden Theater vom Staat unterstützt, nicht so in Norwegen. Deshalb ging das „Kristiania norske Theater“ 1862 in Konkurs. Man machte weiter im „Christiania-Theater“. Erst 1899 wurde das neue Nationaltheater mit Hilfe von Spenden fertig. Ibsen war über den Konkurs, den er der Gleichgültigkeit der norwegischen Gesellschaft gegenüber der Kunst zuschrieb, dass er Norwegen verließ.
- Odd Arvid Storsveen: En bedre vår. Henrik Wergeland og norsk nasjonalitet. 2. Bde. Oslo 2004.
- Heinz Kindermann: Theatergeschichte Europas. 6. Band: Europa. Salzburg 1964.