Benutzer:GerhardSchuhmacher/Flutung

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________________________________________________________________________________________________________________________________________ Basisartikel für Flutung (Ex-Treck Artikel bis 10.4.18) [Datei:B Standortfriedhof Lilienthalstraße.jpg|mini|Standortfriedhof Lilienthalstraße. Hier befindet sich ein Massengrab mit Opfern des 1. Mai 1945.]] Die '''Flutung des Nord-Süd-Tunnels''' der S-Bahn in der Endphase des [[Schlacht um Berlin|Kampfes um Berlin]] am 1. Mai 1945 wurde durch eine Sprengung der Tunneldecke in der Bahn-Unterfahrung exakt unter dem Landwehrkanal verursacht. „Im Kanalbett war nicht nur die gesamte Tunneldecke völlig zerstört, sondern auch die Eisenbetonmittelwand in ihrer ganzen Länge nach Westen zu umgelegt worden.“<ref>Rudolf Kerger: ''Der S-Bahn-Tunnel in Berlin zerstört und wieder aufgebaut.'' In: Der Verkehr, Heft 2, Juli-August 1947, S. 63.</ref> Der Flutung voran ging die Evakuierung des [[Anhalter Hochbunker Berlin#Evakuierung|Anhalter Hochbunkers]] – die 10.000 dort Schutzsuchenden wurden über unterirdische Zugänge in den S-Bahnhof Anhalter Bahnhof geführt und mit dem Ziel [[Stettiner Bahnhof]] bis zum Bahnhof Friedrichstraße geleitet. Die Stationen und Schächte der gesamten Bahnanlage waren bis zum [[Bahnhof Friedrichstraße#S-Bahnhof|S-Bahnhof Friedrichstraße]] von in den Untergrund geflüchteten Menschen überfüllt. Siehe: [[Treck durch den Nord-Süd-Tunnel]] Die Angaben zur Opferzahl durch die Flutung reichen von „Kein Mensch ist hier ertrunken“ bis zur Annahme von „10 bis zu 50.000 Ertrunkenen“. == Sprengung und Wassereinbruch == Die Verursachung der Sprengung, Umstände unter Hintergründe, sind gegenwärtig noch nicht zur Genüge erforscht. Skizziert ist der Vorgang im Kapitel [[Landwehrkanal#Sprengung|Sprengung im Landwehrkanal]]. === Wassereintritt in den Tunnel === Die unmittelbare Folge nach der Sprengung, die den Kanalboden aufriss und die Öffnung in der Tunneldecke freilegte, waren zwei durch den Druck bewirkte Wellen im Kanalbett von der Sprengstelle weg nach Westen und Osten. Diese Bewegung kam nach einer Weile zum Stillstand, kehrte sich um und die Wassermassen flossen von beiden Seiten wieder zurück zur Schadensstelle und brachen mit dem maximal möglichen Volumen in die Öffnung ein. Der Nord-Süd-Tunnel verläuft unter dem Landwehrkanal vierspurig. Da der Tunnel nach Norden zur Station Anhalter Bahnhof hin ein Gefälle besitzt, floss das eindringende Wasser fast vollständig zum Bahnhof hin, in die ansteigende Südrichtung hingegen erst später, gemäß dem Pegel der Auffüllung in den Tunnelabschnitten. Die Strecke von der Einbruchstelle bis zum Beginn der Räumlichkeit der S-Bahnstation Anhalter Bahnhof beträgt xy Meter. Der Bahnhof war nach Zeugendarstellungen auf den Bahnsteigen eng mit Menschen belegt. Der Tunnel- und Bahnhofsbereich befand sich hier in fast völliger Finsternis (Strom war schon seit Tagen ausgefallen), es gab allenfalls vereinzelt Kerzenlicht in dem vom Kampflärm überdröhnten unterirdischen Areal. Da keine wesentlichen Umbauten vorgenommen wurden, kann die Größenordnung einer möglichen Belegung auch heute noch eingeschätzt werden. Ähnlich im nächstfolgenden Bahnhof Potsdamer Platz, über den die Augenzeugin W. Süßmilch schrieb: „Die beige gekachelten Wände konnte man vor lauter Menschen kaum sehen. Überall auf dem Bahnsteig standen oder lagen Menschen und es herrschte dort ein größeres Gewusel als früher zur Hauptverkehrszeit.“<ref>Waltraut Süßmilch: ''Im Bunker.'' Ullstein Verlag, Berlin 2004, S. 194. Der Treck entlang den Geleisen war von Soldaten mit Fackeln und Laternen begleitet.</ref> === Volumen des eindringenden Wassers === Dem Wissensstand um den Vorgang gemäß gab und gibt es bislang keine Überlegungen zu Masse und Volumen des eindringenden Wassers. Insgesamt war das Tunnel/Stationen-System nach Erreichen des Wasserpegels der Spree mit 800.000 bis 1 Million Kubikmetern Wasser gefüllt. [Datei:Berlin Schoeneberger Hafen Lageplan BusB 1896.jpg|mini|Lageplan Schöneberger Hafen, 1896]] Im Gegensatz zum Landwehrkanal heute, war die Gesamtmasse des Wassers 1945 zwischen den beiden Spreeschleusen wesentlich höher, da der wirtschaftlich genutzte Urbahnhafen eine größere Ausdehnung besaß und es zudem einen weiteren Wirtschaftshafen (Schöneberger Hafen) unweit der Sprengstelle gab, der bis 1959/60 bestand und nach seiner Auffüllung den Raum des heutigen [[Mendelssohn-Bartholdy-Park]] (mit seiner nördlichen Begrenzung der Straße mit dem Namen „Hafenplatz“ einnimmt. === Wucht des eindringenden Wassers === Es sind keine Augenzeugen bekannt, die zum Wassereinbruch durch den Tunnel in den Bahnhof Aussagen gemacht haben – weder von außen noch von innen. Zur Wucht des eindringenden Wassers gibt es Darstellungen von Person(en), die nicht dabei gewesen waren, wie etwa dem Senatsdirektor Fritz Kraft, der damals für S- und U-Bahnen zuständig war und im Gespräch mit Erich Kuby behauptete, das Wasser sei zwar schwallartig eingedrungen, hätte sich aber rasch verlaufen, so dass kein Mensch ertrunken sei. Gegensätzlich die Aussage eines Tauchers, der schon Anfang Juni den noch vollgefüllten Potsdamer Bahnhof inspizieren konnte und feststellte, dass ... == Dokumente zum Vorgang == Literatur, Presseartikel, Dokumente, technische Berichte und Zeugenaussagen zum Verlauf des Wassereinflusses und seine Konsequenzen für die im Bahnen-Netz befindlichen Menschen sind hier soweit zugänglich protokolliert. Bekannt ist, dass „Akten“ zum Vorgang in Berliner Archiven inventarisiert, doch „nicht auffindbar“ bzw. „verschwunden“ sind.<ref Group="Anm">Laut schriftlichen Angaben im Berliner Landesarchiv (Anfragebeleg) und Angabe im Vorwort in Karen Meyer: ''Die Flutung'', S. xy. bzw. auf informellen Hinweis im Archiv des Technikmuseums.</ref> Dass es den Treck gab und wie er verlief, wurde über 60 Jahre lang nicht von der Geschichtsschreibung festgestellt, erst durch die auf originalen Protokollen (tagebuchartige Notizen) … Die Autorin maßt sich in ihrem Buch keine Angaben zur Opferzahl an. Sie befand sich mit Mutter und Bruder im Anfangsbereich des Trecks – das nachfolgende Wasser erreichte sie kurz vor dem Bahnhof Friedrichstraßen nur bis etwa einen Meter Höhe, sodass sie nicht unmittelbar mit Ertrinkenden konfrontiert war. == Verlauf der Flutung == Angenommen werden kann, dass das Wasser am 1. Mai 1945 seit 8 oder 9 Uhr vom Landwehrkanal aus in den Tunnel floss und etwa sieben Stunden später den Bahnhof Friedrichstraße erreicht hatte. Annäherungsweise kann ermittelt werden, wann der Wasserstand so hoch war, dass der Einfluss in das U-Bahnnetz möglich war. Nach der Autorin Waltraut Süßmilch, die damals im Tunnel eine Uhr ablesen konnte, hatte das Wasser gegen 15 Uhr am 1. Mai die Geleise im Bahnhof Friedrichstraße erreicht. In der provisorischen ‚BVG-Zentrale‘ am Kaiserdamm (vermutlich eine Privatwohnung) saß noch „vor der Kapitulation“ (?) eine Gruppe Fachkräfte zusammen und versuchte, eine Bilanz der Schadensstellen im U-Bahnnetz zu erstellten. Walter Schneider, nach dem Krieg BVG-Direktor, schreibt in seinen Erinnerungen, er habe am 2. Mai über Boten erfahren, dass Wasser dort von der S-Bahn in die U-Bahn überliefe. Alle äußeren Umstände geben Grund zur Annahme, dass diese Mitteilung nicht vor dem Vormittag des 2. Mai erfolgt sein dürfte. Überlegungen zum Überlauf in das U-Bahn-Netz bringen den Wasserspiegel der Spree in die Erörterung. Zumal sich in der Unterfahrung ebenfalls ein durch eine Sprengung bewirkter Wassereinbruch befand [Siehe: Ebertbrücke], der den Weiterfluss zum Stettiner S-Bahnhof hin gebremst hatte. Durch diesen Aufstau ist es denkbar, dass die Flut morgens am 2. Mai mit erhöhtem Druck in die U-Bahn floss. Nachdem die Kämpfe beendet waren, konnte die BVG-Runde dies auch rasch erfahren haben.<ref>Quelle</ref> In allen Publikationen und Veröffentlichungen zur Kriegszeit seitens der BVG und Fachhistorikern herrscht die Auffassung, dass es in der U-Bahn durch Einwirkung der Flutung keine Opfer gegeben habe. Dies steht im Widerspruch zu zeitnahen Artikeln – so in der Berliner Zeitung, die dem Geschehen hier einen ausführlicheren Bericht widmete: ___________________________________ Siehe: Flutung der U-Bahnen 1945 Die Wasserkatastrophe war im Zusammenhang des Endkampfes nur Nebensache, da in der Nacht vom 1. Mai auf den 2. Mai 1945 aus dem Bereich der Friedrichstraße mehrere organisierte Ausbruchsversuche unternommen wurden, zum Teil mit Panzern. Bei jeder Analyse ist zu bedenken, dass auch dieser Bahnhof völlig mit Menschen überfüllt war und das Wasser am Abend verhältnismäßig rasch anzusteigen begann. Da sich die militärischen Kräfte im ganzen Umfeld noch in Befehlsstrukturen befanden, könnte dies dazu geführt haben, dass es keine Berichte über Paniken im Bahnhof gibt und nach gegenwärtigem Kenntnisstand sind auch sowjetische Einheiten dort nicht vor dem frühen Morgen des 2. Mai anzunehmen. ____________________________________ == Opfer der Flutung == Die widersprüchlichen Angaben in der Literatur sind dem Umstand verschuldet, dass beim späteren Auspumpen und nach der Trockenlegung des Nord-Süd-Tunnels im Februar 1946 – nach zehn Monaten – noch etwa 100 Leichen gefunden worden waren. Seitdem kursiert die Zahl (bei Karen Meyer mit ‚Spielraum‘ auf 200) als definitive Angabe der tatsächlich Ertrunkenen. (Dabei wird nicht beachtet, dass Ertrunkene im Wasser treiben und in Bahnzugängen angeschwemmt werden.) Dazu gibt es zahlreiche, in der Literatur jedoch letztlich unbeachtet gebliebene Zeugenaussageprotokolle. Die Autorin Karen Meyer, 1992, hat insgesamt 24 Aussagen gesammelt, doch da eine einheitliche Darstellung wie die von Waltraut Süßmilch, 2004 fehlte, sind die Zeugen unzureichend interpretiert. Zudem hat sie nur 23 der 24 Protokolle veröffentlicht. Eine Ausnahme bildet die offiziell titulierte Berlingeschichte<ref>AdresseZitat</ref>, die zwar das Datum ebenfalls falsch wiedergibt, doch sich in der Opferzahl weit von der Literatur entfernt: hier ist von 1.000 Ertrunkenen die Sprache, darunter vielen verwundeten Soldaten. Es gibt zahlreiche Angaben zur Zahl der Opfer der Flutung == Erste Zeitphase nach der Flutung == Die erste Zeitphase wird mit vier bis sechs Wochen nach der Flutung am 1. Mai 1945 festgesetzt. Kriterien dafür sind der Befehl des sowjetischen Stadtkommandeurs Bersarin am 25. Mai 1945, mit dem er – vermutlich wegen der drohenden Seuchengefahr – das Auspumpen des Nord-Süd-Tunnels anordnete, und die Mitteilung von Ruth Andreas-Friedrich in ihrem Tagebuch unter ''11. Juni 1945'': „Von den zuständigen Stellen ist der Befehl ergangen, alle provisorisch beerdigten Leichen auszugraben und ordnungsgemäß auf Friedhöfen zu bestatten.“ Damit könnte ein auch bürokratisch organisierter Prozess in Gang gebracht worden sein, zu dem schriftliche Unterlagen angefertigt worden sein sollten. Die weitere Beschreibung im Tagebuch lässt jedoch Zweifel zu. Das Auspumpen konnte zudem nicht unmittelbar nach dem Befehl vom 25. Mai erfolgen, da es den Umständen gemäß anfangs problematisch war, die dazu erforderlichen technischen Mittel aufzubringen, sodass dieser Arbeitsprozess auch erst im Juni beginnen konnte. Nachdem das Auspumpen begonnen hatte, kann damit gerechnet werden, dass aufgefundene Leichen dabei ebenfalls – zumindest der Anzahl nach – registriert wurden Die erste Zeitphase, in der aufgrund der Not und dem Fehlen jeder technischen und organisatorischen Mittel die Toten nur geborgen und vergraben werden konnten, ist in der Beobachtung von Zeitzeugen nach Schauplätzen – den Bahnhöfen des Nord-Süd-Tunnels – aufgeführt. '''Anhalter Bahnhof, Hafenplatz'''<br /> * '''Zeugin Frau H.''': „Die Leute aus der Gegend mußten nach dem Krieg helfen, die Leichen aus dem Tunnel am Anhalter Bahnhof zu begraben. Die Männer hätten so um den 20. Mai am Hafenplatz, Nähe Pumpwerk und Feuerwache, Gräber geschaufelt, die Frauen hätten karrenweise die Leichen herangefahren. Die Russen hätten die Leichen mit Chlorkalk überschüttet. Es seien etwa 100 Tote gewesen.“<ref group="Anm">(KM, 49) Hier – wie auch bei anderen Einzelbeobachtungen – ist nicht gemeint, dass nur an diesem Tag und damit am Hafenplatz nur 100 Tote begraben worden wären, sondern dass diese Umstände den Tag der Beobachtung der Zeugin betreffen. Der Vorgang erfolgte täglich, offensichtlich mindestens bis „um den 20. Mai“ 1945.</ref> ------------ Die Darstellung der Zeugin lässt offen, ob es sich um einen einmaligen Vorgang „nach dem Krieg“ handelte oder ob sich das beschriebene Geschehen Tag für Tag „um den 20. Mai“ wiederholt hat. Die Gesprächsführerin hat dies offensichtlich nicht geklärt – sie hat auch nicht nachgefragt, wie lange die Beobachtung der Zeugin andauerte – eine Stunde, den ganzen Tag – gewertet hat sie in ihrer ‚Opferbilanz‘ einmalig „100 Tote“ als Gesamtzahl der aufgefundenen Leichen bis zum Beginn der Leichenzählung nach dem Auspumpen des Tunnels ab Dezember? 1945. ------------ Das Geschehen am Hafenplatz wird auch von '''Anthony Beevor''' angeführt: „Viele Berliner sind überzeugt, die neuen sowjetischen Behörden hätten die Toten zu dem kleinen Kanalhafen beim Anhalter Bahnhof<ref group="Anm">Der ‚kleine Kanalhafen beim Anhalter Bahnhof‘ war eine Ausbuchtung, die bis xy bestand und nach dem Krieg als Trümmersammel-, Sortierung- und Verteilung(Verschiffung)splatz fungierte. Heute befindet sich dort der Mendelssohn-Bartholdy-Platz. Über eine spätere Exhumierung und Verbringen auf Friedhöfe ist derzeit nichts bekannt.</ref> bringen und dort unter Trümmern begraben lassen.“<ref>Anthony Beevor: ''Berlin 1945. Das Ende.'', Goldmann Verlag, Berlin 2005, S. 404. Originalausgaben: Random House GmbH, London 2002 und Bertelsmann, München 2002. Beevor hat viele Menschen aus der Bevölkerung befragt, Unterlagen sind derzeit nicht zugänglich.</ref> Die Darstellung von Anthony Beevor – die ‚Überzeugung vieler Berliner‘ – spricht dafür, dass es sich bei dem von der '''Zeugin Frau H.''' benannten Vorgang um den 20. Mai nicht um eine einmalige Episode, sondern um einen kontinuierlichen und auch länger andauernden Vorgang gehandelt haben wird, der tausende von Leichen betroffen haben könnte. Auch eine weitere Aussage kann sich auf den Vorgang am in diesem Gebiet – er bot sich auch ‚vom Gelände her‘ beim Anhalter Bahnhof an, bezogen haben: „'''Zeugin Frau Kl.''' war seit April 45 im Reichsbahnbunker am Landwehrkanal (am Zentralamt). Erst am 6. Mai habe sie den Bunker verlassen können. Die Bunkerinsassen wären dann dazu kommandiert worden, die vielen Leichen am Anhalter Bahnhof ‚aufzuräumen‘.“ <ref Group="Anm">(KM, 55) Beim „Reichsbahnbunker am Landwehrkanal (Zentralamt)“ handelte es sich um den [[BASA-Bunker]].</ref> Karen Meyer hat somit für den Zeitraum von Mai bis Dezember 1945 diese 100 Toten in ihre Statistik eingesetzt und dazu dann die ca. 100 (genau: 92) während der Trockenlegung Leichen gefundenen gezählt und somit für die Opferzahl insgesamt 200 Ertrunkene bilanziert, von denen viele bereits zuvor im Tunnel als Tote abgelegt worden seien. Diese Rechenweise kann vor dem Hintergrund ihrer Informationen als nicht nachvollziehbar betrachtet werden. Die Frage könnte naheliegen, ob es sich hier um eine absichtlich Falschangabe oder um eine dilletierende Denkweise gehandelt hat. Dazu kommt, dass die Autorin die Aussage einer ihrer Zeitzeuginnen nicht veröffentlicht hat – genauer: Karen Meyer hat von den 24 befragten Zeugen (die sich aufgrund der Zeitungsaufrufe vor Erstellung ihres Buches gemeldet hatten), 23 abgedruckt. Es fehlt die Zeugin '''Frau Ri.''', die das obige Rechenexempel gegenstandslos gemacht hätte. * „'''Zeugin Frau Ri.''' wohnte am Tempelhofer Ufer. Von dort aus sah sie Leichen im Landwehrkanal schwimmen, es seien mindestens 1000 insgesamt gewesen. Die Strömung habe sie vom Gleisdreieck weggetrieben. Von der S-Bahn-Sprengung hat sie nichts mitbekommen, sie sei erst am 8. Mai aus dem Luftschutzkeller gekommen. An der Sprengungstelle habe sich ein Wassersog der Art gebildet, daß die Leichen aus dem Tunnel in den Landwehrkanal gezogen worden wären.“ Das Protokoll zur ''Zeugin Frau Ri.'', das im Buch fehlt, befindet sich zusammen mit den anderen 23 Protokollen in der Akte zur Buchveröffentlichung ''Die Flutung'' unter der Bezeichnung xy im Archiv des FHXB. Unter diesen Umständen erscheint es erlaubt, die Opferbilanz von Karen Meyer nicht weiter in die Ermittlungen der Gesamtzahl einzubeziehen, sondern die von der Autorin befragten Zeitzeugen und weitere, im Buch ''Flutung'', 1992, angeführten Dokumente in den Rahmen einer neutralen Betrachtung einzubeziehen. '''Potsdamer Platz'''<br /> '''Strecke Potsdamer Platz – Unter den Linden'''<br /> * Bericht Reichsbahner '''Unter den Linden'''<br /> „'''Zeugin Frau Kr.''' hat nach dem Krieg das Wasser in den Bahnhöfen (Unter den Linden) stehen sehen. Ihrer Erinnerung zur Folge war seinerzeit von 56 Toten die Rede. Sie glaubt, daß keine Sprengung, sondern ein sowjetisches Artillerie-Geschoß die Tunneldecke zerstört habe. Das sei seinerzeit auch die vorherrschende Auffassung in der Bevölkerung gewesen, daß die Flutung auf die Russen zurückfiele.“<ref group="Anm">(KM, 55) Das Protokoll lässt nicht erkennen, ob sich die Zahlenangabe auf den Bahnhof Unter den Linden bzw. auf einen bestimmten Zeitraum bezieht.</ref> ==== Oranienburger Straße ==== * „'''Erlebnisbericht einer Frau''', die sich in der unterirdischen S-Bahnstation Oranienburger Straße aufhielt: […] Als dann die Oranienburger Straße von Kämpfen frei war, sahen wir dort, daß das Furchtbare doch noch geschehen war (nämlich vom Landwehrkanal her). Wir fanden die S-Bahnstation bis oben hin an die Straßendecke mit Wasser vollgefüllt. Koffer, Kisten und Leichen schwammen hier hoch. Die Leichen wurden ständig von den Menschen geborgen und auf den Friedhof in der Hamburger Straße in Massengräber gebracht ...“ (Folge 4 in ‚Heim und Welt‘, 16. März 1952). * '''Zeuge L.''', damals 14 Jahre alt: „Im August 1945 habe er […] zugeschaut, wie an der Oranienburger Straße Leichen aus dem Tunnel-Schacht gezogen worden sind. Er hat etwa 40 Leichen gesehen und ist dann wegen des bestialischen Gestanks weggegangen.“<ref group="Anm>(KM, 55) Auch hier ist davon auszugehen, dass dies Geschehen – noch im August – nicht nur an diesem Tage stattfand.</ref> Die Vorstellung fällt nicht schwer, dass auch im Zeitraum zwischen den beiden Beobachtungen – Beendung von Kämpfen (spätestens am 2. Mai) und August 1945 – „andauernd Leichen aus dem Tunnel-Schacht gezogen worden sind.“ === Tote in der U-Bahn === '''Kochstraße'''<br /> * Waltraut Weise: „... wenige Tage nachdem wir dem Schacht entkommen waren, wurden wir zu einem U-Bahn-Eingang geschickt, wo bereits andere dabei waren, die Treppe von Schutt zu befreien. Ich glaube, es war die Kochstraße. […] Andere waren damit beschäftigt, mithilfe einer langen Stange, die vorn einen gebogenen Haken hatte, Leichen aus dem Wasser zu fischen, das fast Straßenniveau erreicht hatte.“ (WS, 251). * Berliner Zeitung === Tote im Landwehrkanal === Es handelt sich hier um die Zeugenaussage, die von Karen Meyer in: ''Die Flutung'' ausgelassen wurde: „'''Zeugin Frau Ri.''' wohnte am Tempelhofer Ufer. Von dort aus sah sie Leichen im Landwehrkanal schwimmen, es seien mindestens 1000 insgesamt gewesen. Die Strömung habe sie vom Gleisdreieck weggetrieben. Von der S-Bahn-Sprengung hat sie nichts mitbekommen, sie sei erst am 8. Mai aus dem Luftschutzkeller gekommen. An der Sprengungsstelle habe sich ein Wassersog der Art gebildet, daß die Leichen aus dem Tunnel in den Landwehrkanal gezogen worden wären.“ === Seuchengefahr === Tagebuch Ruth Andreas-Friedrich: * „11. Juni 1945. […] Junihitze glüht über der Stadt, brütet auf ihren zahlreichen, frisch aufgeworfenen Gräbern. […] Wie eine Giftwolke hängt der Geruch des Sterbens in der Luft. Vom Landwehrkanal steigt ein so unerträglicher Dunst, daß jeder, der vorübergeht, sein Taschentuch gegen die Nase drückt. […] Schon sind die wenigen noch verbliebenen Spitäler mit Ruhr- und Typhuskranken überfüllt. XY [Name im Tagebuch genannt] arbeitet auf der Intensivstation. Wer ihn besuchen will, muß sich in drei Meter Abstand von ihm halten. Scheu mustern wir das rote Seuchenkreuz auf seinem Ärmel. Von den zuständigen Stellen ist der Befehl ergangen, alle provisorisch beerdigten Leichen auszugraben und ordnungsgemäß auf Friedhöfen zu bestatten. Tausende von Leichen sind provisorisch beerdigt worden. Am Straßenrand oder in Vorgärten, auf Plätzen und Wegen, zwischen Ruinen und Torbogen. Die Kulis von Berlin arbeiten mit Überstunden. Wenn sie ihre traurige Fracht durch die Straßen fahren, blickt man beklommen beiseite. Der Mensch soll nicht zuschauen, wenn sein Mitmensch verfault. Auf Handkarren und Leiterwagen ziehen sie die Toten zu Grabe. Nur spärlich verhüllt, so wie sie ausgeschaufelt wurden. Es gibt keine Särge in Berlin. Es gibt keine Tragbahren, keine Leichenwagen, kein Beerdigungspersonal. Und vor allem keinen Platz auf dem Friedhof.“ Auf dem „Bergfriedhof [in xy ...] hat man, quer über ein ganzes Feld, zwei Meter breite Schächte ausgehoben. Anderthalb Meter tief – wie Schützengräben.”<ref>Ruth Andreas-Friedrich: ''Schauplatz Berlin. Ein Tagebuch aufgezeichnet 1938–1945.'' Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 1964, S. 202.</ref> == Zweite Zeitphase nach der Flutung == Die in der ersten Zeitphase zum größten Teil mit Sicherheit undokumentierten, in den Zugängen angetriebenen Leichen wurden ‚weggeschafft’, so nah wie möglich vergraben und dies möglicherweise über drei Monate lang; von Anfang Mai bis in den August 1945. Die Zweite Zeitphase datiert ab den ersten derzeit nachweisbaren Schreiben von Behörden im August/September 1945. * Daten der Nachfragen an die Bestattungsämter. * Den Beginn einer Registratur von Opfern im Tunnel dokumentiert ein Schreiben der Deutschen Reichsbahn an das Bestattungsamt Kreuzberg. Der Vorstand des Reichsbahn-Neubauamtes 1/5 teilte am 3. August 1945 mit: „Die Vorarbeiten zum Absaugen der Wassermengen aus dem S-Bahn-Tunnelabschnitt Landwehrkanal-Friedrichstraße sind im Gange. In etwa 8-10 Tagen kann mit dem Beginn der Absaugung gerechnet werden.“<ref>Schreiben mit Absende-Adresse: Hallesches Ufer 72, Berlin SW 11: „Betr.:Leichenbeseitigung im Gebiet der S-Bahn. Bezug: Vorbesprechung Sachbearbeiter, RB-Ang. Sagert mit Sachbearbeiter , Bestattungsamt, Hrn. Walther am 18.7.1945.“ Dokument in Landesarchiv. Veröffentlichung in KM, 1992, Abbildung 13.</ref> Weiter wurde mitgeteilt, dass „alsdann fortschreitende Absenkung“ erfolgt, die Bergung im Umfeld des Askanischen Platzes beginnen und eine ungefähre „Feststellung der Anzahl [der Toten] nach Befahrung“ vorgenommen werden sollte. Die Reichsbahn wies darauf hin, dass sie „Lampen, Wasserfahrzeug (Prahm), Arbeitskräfte“ stellen würde und dass dies ein „freiwilliger Beitrag zur Bergung“ wäre. Man werde „Unterrichtung wenn Befahrung“ möglich sei, vornehmen. Bei der „Befahrung“ handelte es sich um (mindestens) zwei ‚offizielle‘ Fahrten mit Pontonbooten, bei denen Journalisten zugegen waren. * '''Jüdischer Friedhof, Große Hamburger Straße'''<br /> „Mitteilung des Bestattungsamtes Berlin-Mitte an die Hauptgartenverwaltung der Stadt Berlin vom 3. September 1945: Betr.: Umbettung der aus der S-Bahn geborgenen Leichen. Die Bergung erfolgt durch die beim Bestattungsamt Mitte befindliche Einsatztruppe. Die Beisetzung erfolgt auf dem alten [[Jüdischer Friedhof Berlin-Mitte|Jüdischen Fried­hof, Große Hamburger Straße 25]], in Massengräbern.“ (Landesarchiv, Rep. 110, Akte 169, Bl. 9). (Karen Meyer, Anm. 100, S. 42): „Auf diesem Friedhof wurden 1945/46 eine große Anzahl 'Opfer des Krieges' beigesetzt. In einer Familienanzeige (erschienen im Tagesspiegel vom 30.4.91) gedenkt eine Frau ihrem Vater‚ sowie den 2427 Kriegstoten, die 1945 mit ihm auf dem ältesten jüdischen Friedhof‘ beerdigt wurden. Auf Nachfrage gab sie an, die Zahl vom Volksbund der Kriegsgräberfürsorge erhalten zu haben. Die Abteilung Gesundheitswesen des Magistrats von Berlin spricht am 7.12.51 von ‚ca. 50 Gräbern auf dem Gelände, die als Opfer des Krieges dort beigesetzt wurden‘, wobei unklar bleibt, wieviel Tote auf je ein Grab kamen. In einem Schreiben der Abt. Aufbau des Mag. v. 26.4.51 ist von einer ‚Anzahl von Opfern des Krieges‘ die Rede, ohne daß sie genauer bestimmt würde. (Stadtarchiv Berlin Rep. 118, Nr. 1069).“ * '''Schreiben des Polizeipräsidenten''', 6. September 1945. An: ''Zentralverwaltung für Verkehrswesen.'' Betreff: „wg. Angehörigen der franz./belg./holl./lux. Nation“: „Bekanntlich sind während der Kampftage in den Eisenbahnunterführungen zwischen Anhalter und Potsdamer Bahnhof Tausende von Einwohnern Gross-Berlins umgekommen, unter denen sich auch in erheblichem Masse Angehörige der oben erwähnten Nationen befinden.“<ref group="Anm">Der Verfasser des Schreibens formuliert zwar keine exakte Ortsbeschreibung – womöglich sieht er ihn im Zusammenhang von Eisenbahn –, doch ist dadurch die Beschreibung zu den Opfern nicht widerlegt.</ref> (Mit einer Anweisung an das „Comite Francais de Repatriment […] zu Bergung, Identifizierung und Überführung auf den Hasenheiden-Berg-Friedhof in Döberitz.“).<ref>C Rep 309, 3885) Landesarchiv Berlin.</ref> === Beginn der ‚offiziellen Bergung‘ === * Städtischer Friedhof, Baumschulenweg, Treptow: „Anfang August konnte im Bereich der S-Bahn mit der Beseitigung der Leichen begonnen werden. […] Ein Beerdigungsinstitut übernahm die Beisetzung der im Umfeld des Askanischen Platzes am S-Bahnhof ‚Anhalter Bahnhof‘ gefundenen Leichen auf dem städtischen Friedhof Baumschulenweg in Treptow.“<ref>Heinz Knobloch: ''Geisterbahnhöfe. Westlinien unter Ostberlin'', Ch. Links Verlag, Berlin 1992, S. 84. ISBN 3-86153-0341.</ref> * Anforderung von Särgen. === Bestattungsorte === Friedhöfe mit Bestattungen von Leichen aus dem Nord-Süd-Tunnel. * „Standortfriedhof Lilienthalstraße“: [„Einzel (E)- und Massengräber (M)“] Notiz: Best.amt Krzbg: 27.10.45 Anh. Bhf: 14 Tote (Beschr.). (Q.: C Rep 309, 3885). * Gottlieb-Dunkel-Straße (Neukölln): * Hasenheiden-Berg-Friedhof in Döberitz: (Ausländer, siehe Schreiben des Polizeipräsidenten v. 6. September 1945). Im Dezember 1945 wurden die nun immer noch aufgefundenen Leichen ordnungsgemäß registriert, „so eine Statistik, 83 Leichen reg., 30 beim Bestattungsamt Kreuzberg, 53 Mitte. Drei Tote wurden aus dem Landwehrkanal geborgen, 27 Station Anh., 17 Potsdam. Platz, 20 Bhf. Friedrichstraße, 16 im Stettin. Bhf.” (Knobloch, 84). == Die Opferzahl in der Nachkriegsbetrachtung == Es erscheint bei Berücksichtung der überlieferten Fakten und auch der (physikalischen) Logik des Ablaufs unverständlich – auch wenn eine Vielzahl späterer Autoren die Angaben offensichtlich ungeprüft übernommen hat –, dass es möglich wurde, die Anzahl der ab fünf Monate später vom Absenken des Wasserstandes im September bis zur völligen Trockenlegung im Februar 1946 noch vorgefundenen Leichen zur Gesamtzahl der Opfer zu erklären. Es fällt heute schwer, dies nicht als Manipulation zu werten, die offensichtlich dann gleichzeitig auch mit einer ‚Verlegung‘ des Datums von Sprengung und Flutung vom 1. Mai 1945 auf den 2. Mai 1945 ‚Hand-in-Hand‘ ging. Zudem wurde gleichsam als Feststellung verbreitet, dass die Sprengung von der SS vorgenommen wurde. Davon ist zeitnah zum Vorgang nirgendwo die Rede. Festgestellt werden kann als ursprünglicher ‚Verbreiter‘ der „Neuinterpretation“ der Bauabteilungsleiter der Reichsbahn, Rudolf Kerger, der speziell für die Presse organisierte Pontonbootsfahrten im September und Oktober 1945 durchführte und moderierte. Dessen Aussagen wurden dann in Zeitungen und auch im Rundfunk weiter verbreitet. Unverständlich auch, dass die erste Bootsfahrt am anderen Ende des Tunnels, an der S-Bahnstation Stettiner Bahnhof angesetzt wurde und über diese nicht hinauskam – dort war das Wasser erst spät am 2. Mai und langsam eingetroffen, so dass es hier keine Opfer gab. Diese Fahrt – 11 Kilometer von der Sprengstelle entfernt und gleichsam noch von dem Wassereinbruch in der Unterfahrung der Spree ‚abgeschottet‘, musste als Beweis dafür herhalten, dass es kaum Ertrunkene gegeben hätte. Denn die Presse berichtete danach, es habe überhaupt keine Opfer gegeben und wenn, dann wären es bereits vor der Flutung im Tunnel abgelegte Tote gewesen. Vielleicht lässt sich dieses eigenartige journalistische Verhalten neben der offensichtlichen Überzeugungskraft Kergers damit erklären, dass die Reporter – soweit bekannt – erst längere Zeit nach Kriegsende nach Berlin gekommen waren (die Namen sind zumeist bekannt) und dass ein allgemeines, großes Bedürfnis nach positiven Nachrichten, nach Verdrängung des Negativen oder bei Möglichkeit einer Neigung zur Beschönigung bestand. Schwer erklärbar und nur mit mangelnder Recherche zu erklären ist, dass spätere Autoren – in der populären Literatur zuletzt Joachim Fest – ebenfalls dieser Fälschung verfielen: „Noch am 2. Mai sprengte eine dieser Einheiten [SS] den Tunnel unter dem Landwehrkanal, in dem sich ungezählte Verwundete und Schutz suchende Zivilisten geflüchtet hatten. Doch die große Katastrophe blieb aus, weil die Wassermassen sich rasch verliefen: Selbst die Natur sei des ewigen Mordens müde, sagten die Leute.“ (Joachim Fest: Der Untergang. Berlin, 2002, S. 176.). Dem Wortlaut gemäß (‚Wassermassen rasch verlaufen)‘ stammt die Formulierung vom Senatsdirektor Fritz Kraft, zuständig für S- und U-Bahn; Leute, die von einer ‚müden Natur‘ gesprochen hätten, sind nirgendwo bekannt. === Bootsbefahrungen === Eine erste Befahrung mit Ponton-Booten fand am xy September, die zweite am xy Oktober 1945 statt. ==== Erste Pontonfahrt ==== * Der Berliner: (B) "Ponton", (dB,13.9.45): "Sprengung" ohne weitere Angaben (keine "SS") / "Dienstag" / Oberbauleiter Kerger / Schutzsuchenden & Verwundeten vor Einbruch des Wassers draussen / "jetzt aufgefundene Tote" / Stelle der Tunnelbreite: Barrikade / wieder Sperre / kajo (sachlich ok) * Bericht von Kajo Reutlinger im Buch „und dennoch leben wir“, 1997 ==== Zweite Pontonfahrt ==== Die zweite Fahrt, die im Oktober an der Schadensstelle selbst angesetzt wurde, führte bereits zu einem eher realistischen Eindruck, doch galt nun bereits als gesetzt, dass die gesamte Opferzahl zumindest in der Größenordnung mit den nun und bis zur vollständigen Trockenlegung aufgefundenen Leichen übereinstimmen würde. * Die Freie Gewerkschaft: (A) "Die Katastrophe", (FG, 9.10.45(?)): "kürzlich Sonderbesichtigung der Schadensstelle für den Rundfunk" / bisher 56 Leichen geborgen / erneut 6 Leichen gesichtet / Näherung an Potsdamer Platz Wasser zu hoch, Rückfahrt / Eingang zum Tunnel beim Bhf Unter den Linden, Kollege Kotzur sichert Unterstützung durch die Gewerkschaften zu. * „'''Zeuge Herr R.''' ist im Herbst 1945 als Journalist mit dem Pontonboot durch den Tunnel gefahren. Er hat für Berliner Zeitung und Telegraph geschrieben. Er sagt, daß es keine Ertrunkenen gegeben habe, sondern man habe als Leichen lediglich solche geborgen, die schon vorher als Tote oder Verletzte im Tunnel gelegen hätten. Der Wassereinbruch sei so langsam erfolgt, daß die Menschen sich retten konnten. Im Tunnel habe es dumpf gerochen, aber keinesfalls gestunken.“ (KM, 55). Mit Rudolf Kerger beanspruchte die Reichsbahn nun nicht nur die Deutungshoheit über das Ereignis, sondern setzte diese auch durch. --------------------------------------------- == Informationslage nach Kriegsende == === Literatur === Der Treck ist als organisiertes Ereignis in der Berlingeschichte, der Kriegs- als auch der Fachliteratur ebenso wie die unmittelbar vorangegangene Evakuierung des Anhalter Hochbunkers bis 2004 nicht festgestellt oder gar beschrieben worden. * '''Buchband „Die Flutung des Berliner S-Bahn-Tunnels“, 1992''' 1991 wurde die wissenschaftlicher Mitarbeiterin der xy, Karen Meyer, von der Abgeordnetenversammlung des Bezirks Kreuzberg beauftragt, den Gesamtvorgang von Sprengung und Flutung zu untersuchen und schrieb: „Bei den vielen Menschen, die im Laufe des 1. Mai 1945 durch den S-Bahn-Tunnel nach Norden gelaufen sind, handelte es sich zum großen Teil um Alte, Frauen und Kinder aus den naheliegenden Wohngebieten, die zuvor im Hochbunker am Anhalter Bahnhof gehaust hatten. Am 1. Mai 1945 (einige Berichte sprechen vom 30.4.) ließ die SS den Bunker von ZivilistInnen und Verletzten räumen und erklärte ihn zum ‚Kampfbunker‘.“<ref>Karen Meyer: ''Die Flutung des Berliner S-Bahn-Tunnels.'' Hrsg.: Kunstamt Kreuzberg, GVE, Berlin 1992, S. 24.</ref> Die Autorin bekommt Probleme mit ihrer Darstellung, da sie bemüht ist, den Vorgang zeitlich vor der Sprengung des Landwehrkanals anzusiedeln. Das geht soweit, dass sie Zeitzeugen unterstellt, sie wären durch Wasserpfützen gelaufen und hätten deswegen gemeint, bei der Flutung dabei gewesen zu sein. * '''Buchveröffentlichung „Im Bunker“, 2004''' [[File:Stromaggregat im Anhalter Hochbunker.png|mini|Stromaggregat des Hochbunkers (Aufnahme 2014)]] Von Anfang bis Ende detailliert beschrieben wurden Bunkerräumung und Treck von Waltraur Süßmilch, einer der damals Beteiligten, in ihrem 2004 veröffentlichten Buch ''Im Bunker''<ref>Waltraut Süßmilch: ''Im Bunker.'' Ullstein Verlag, Berlin 2004.</ref>, die auf eigene Aufzeichnungen zurückgreifen und diese auch mit Uhrzeitangaben versehen konnte. Am Tag vor der Räumung fiel das Stromaggregat im Anhalter Hochbunker nach dem Verbrauch des letzten Treibstoffvorats aus – und damit nicht nur die Beleuchtung, sondern vor allem die Lüftung. Die Temperatur im Bunker stieg kontinuierlich an. Die Bunkerinsassen wurden nach der folgenden Nacht um 4 Uhr früh von Lautsprecherdurchsagen geweckt und erhielten die Anweisungen zur Räumung. Etwa zwei Stunden später setzte sich der Menschenzug durch Gänge zur S-Bahnstation Anhalter Bahnhof in Bewegung. Die Zeitzeugin, die sich nach eigener Einschätzung relativ weit vorn im Treck befand (sie befand sich vor der Evakuierung bereits auf einer Treppe zum Ausgang hin), versah ihre Notizen auch im weiteren Verlauf mit Uhrzeitangaben. Das genaue Datum war ihr nicht bekannt. Dieses Protokoll gleichsam aus dem ‚Inneren des Marsches‘ beschreibt zahlreiche Einzelheiten, die als wichtige Informationen für Ortsverhältnisse und den Ablauf hier verzeichnet sind. > Hauptartikel: [Anhalter Hochbunker Berlin#Evakuierung des Bunkers|Evakuierung des Bunkers]] == Datierungsproblem der Nachbetrachtung == Problematisch war bis in die Gegenwart, dass ein als unangefochtene Autorität und damit als zuverlässig gewerteter Autor – Rudolf Kerger, Bauabteilungsleiter der Reichsbahn (NbA/Neubau) und zuständig für die Wiederherstellung von Kanalboden und Tunnel – den Sprengungsvorgang auf den 2. Mai 1945 datierte und mit der minutengenauen Angabe – „7.55 Uhr" – eine ebenso nur behauptete Angabe machte.<ref group="Anm">Walter Schneider, zu diesem Zeitpunkt maßgeblich aktiv und kurz darauf Direktor der BVG, schrieb, dass er am 2. Mai erfuhr, dass das Wasser vom S-Bahntunnel im Bahnhof Friedrichstraße in die U-Bahn übergelaufen sei. Seine weitere Ausführung, dies sei auf die Sprengung am 2. Mai zurückzuführen, klingt in der Diktion folgsam. So als wollte er dazu noch ein weiteres Zeichen setzen, schrieb er, die Sprengung sei „7.45 Uhr“ erfolgt. Ein Untersuchungsinteresse sollte sich hier auf sein eigenes Erleben richten: dass das die Flut offensichtlich schon relativ früh am Tage, dem 2. Mai, in das U-Bahnsystem übergelaufen ist, was trotz der gewaltigen Wassermassen nur bei einer Sprengung am 1. Mai möglich gewesen sein kann.</ref> Der 2. Mai ist als Datum nicht belegt und wurde ursprünglich nur von einem Autor in der Nachkriegsliteratur behauptet. Der Autor – Rudolf Kerger – war zu diesem Zeitpunkt nicht in Berlin. (siehe: Abschnitt Datierungsproblem) Eingebracht sind hier insgesamt xy Darstellungen, die zweifelsfrei den 1. Mai 1945 für den Zeitpunkt des Trecks. Alle anderen Daten sind auszuschließen. == Fazit == Die Beweislage zum Treck im Nord-Süd-Tunnel lässt mit Sicherheit die Aussage zu, dass der Vorgang am 1. Mai 1945 stattfand. Es ist in Literatur und zeitnahen Presse-Darstellungen auch kein Versuch einer anderen Datierung festzustellen. Allerdings ist das Wissen (der Bevölkerung) über die Evakuierung des Anhalter Hochbunkers und zum Treck von Publizisten und Historikern nicht aufgegriffen worden. Da es zudem gesichert ist, dass beide Geschehnisse im Zusammenhang standen und der Flutung des Tunnels kurzfristig vorausgingen, ist es logisch, dass die [Sprengung im Landwehrkanal]] ebenfalls am 1. Mai 1945 stattfand. Dazu muss jedoch ergänzend eine eigene Nachweisführung stattfinden. Auch eine hohe Opferzahl ist in Folge der Beweislage gesichert. Der Versuch, die Anzahl der bei der Flutung umgekommen Menschen auf die nach fast einem Jahr im trocken gelegten Tunnel aufgefundenen Leichen zu beschränken, erscheint als eine ‚Bagatellisierung’. Bekanntlich schwimmen tote Körper und diese wurden Zeugenaussagen zufolge in hoher Zahl in den S-Bahnhofzugänge angeschwemmt. Auch die große Zahl der Schutzsuchenden im S-Bahn-System und die Gewalt des Wassereinbruchs ist verbürgt. Worin ein Interesse an einer „Vertuschung” des gesamten Vorgangs gelegen haben kann, ist jedoch nur im Zusammenhang einer Untersuchung zu der Verursachung möglich. == Anmerkungen == <references group="Anm" /> == Forschungsgeschichte == Eine wissenschaftlich fundierte oder gar kompetent geleitete, institutionelle Forschung zum Vorgang ist nicht erfolgt. In den 1950er Jahren fand sich ein Kreis von Journalisten zusammen, der eine Artikelserie sicherte, sich aber schon bald wieder auflöste.(Q) 1992 wurde vom Bezirksamt Kreuzberg eine Broschüre beauftragt, in der literarische Erwähnungen, verschiedene Quellen und 24 Augenzeugenprotokolle zusammengestellt sind. In der Auswertung war die Autorin überfordert. Sie stellte jedoch fest, dass offensichtlich wichtige Akten als „nicht auffindbar” gelten und auch systematisch erscheinende Lücken in Archiven und Bibliotheken existieren.(Q) Eine früher im Archiv des Technikmuseums befindliche Akte sei entwendet worden.(Q) == Quellenlage == Ursprung der Unsicherheit in der Überlieferung ist der Ingenieur und Leiter des Neubauamtes (NbA) der Deutschen Reichsbahn, Rudolf Kerger, der ab Juni 1945 (?) mit der Wiederherstellung der Schadensstelle im Landwehrkanal und dem Auspumpen des Tunnels beauftragt war. Kerger, der ab Oktober 1945 nach der Teilabsenkung des Wasserspiegels „Pontonbootsfahrten” für Offizielle und Journalisten moderierte(Q) und 1947/1948 ausführliche Berichte in zwei Fachzeitschriften(Q) verfasste, galt von Anbeginn seiner Tätigkeit als Reichsbahnangestellter an als zuverlässig auch in seiner Darstellung der Sprengung selbst und ihrer Verursachung, obwohl „er seine Quellen nicht nennt”.(Q) Kerger bedient sich dabei auch rhetorischer Mittel: so beschreibt er die Detonation, als habe er sie selbst gesehen und merkt erst später an, dass seine Darstellung von (ungenannten) „Augenzeugen” stamme. Mittlerweile unhaltbar ist seine Angabe, die Sprengung sei „am 2. Mai um 7 Uhr 55” erfolgt. Aus der Präzision der Uhrzeitangabe wurde auch auf die Korrektheit der Datumsangabe geschlossen. „SS-Einheiten” als Verursacher erschienen Zeitgenossen und Historikern plausibel, so dass diese Benennung ebenfalls unhinterfragt verbreitet wurde. Auf die Frage nach der Anzahl der Opfer geht er in seinen Fachartikeln nicht ein, die Zeitungsartikel nach den Pontonboot-Erkundungen lassen rückschließen, dass Kerger als ‚Fahrtleiter’ die Anzahl der bei und nach dem Abpumpen noch vorgefundenen Leichen als Gesamtzahl der Opfer der Tunnelflutung ausgegeben hatte. Dabei wird auch häufig interpretiert, dass diese Leichen schon „vorher im Tunnel als Tote abgelegt” worden seien. Der für das Berliner Verkehrswesen zuständige „Senatsdirektor Fritz Kraft” konnte wenige Jahre später sogar behaupten, es sei „niemand ertrunken”. Rudolf Kerger sei nach dem Abschluss seiner Tätigkeit ‚nirgendwo mehr aufgetaucht’.(Q) Es gilt als nicht erlaubt, eine Quelle nur in Bezugnahme auf die Urheberschaft der Überlieferung (Herkunft) als falsch oder ‚unzuverlässig’ – oder als (besonders) zuverlässig – zu werten und damit ungeprüft auszuschließen oder zu bevorzugen: „Der informative Kern, der in einer Quelle enthalten ist, darf nicht angenommen oder verworfen werden allein aufgrund des Stammbaums.”<ref>Carandini: ''Zur Methode'' in: ''Die Geburt Roms'', 2002, S. 50.</ref> Es existiert keine von Kerger unabhängige Quelle, die den „2. Mai 1945” als Datum oder „SS(-Einheiten” als Verursacher benennt. Von Kerger unabhängige Quellen können insbesondere Darstellungen sein, die vor der Aufnahme seiner Deutungsaktivität – als Leiter der Pontonbootsfahrten – stammen oder Aussagen und Darstellungen liefern, die seinen Angaben widersprechen. Nur in diesem Zusammenhang ist eine seriöse, d.h. historisch-wissenschaftlich korrekte Prüfung des gesamten Vorganges akzeptabel. An diese Regel hat sich keine der bekannten Darstellungen oder Untersuchungen gehalten. ------------------------------------------------------------------------------------------------------------- === Fundus === Recherchen zufolge existierten '''Akten''' zur Sprengung im Landwehrkanal (mit der Folge der Tunnelflutung) im Archiv der Reichsbahn, doch wurden diese 1992 einer Autorin laut ihrem Vorwort (ZITAT) nicht zur Verfügung gestellt. Nach der Auflösung des Archivs 1995 (es befand ich im Gebäude der [Reichsbahndirektion Berlin|Reichsbahndirektion]] in der Schöneberger Straße, das nach inoffiziellen Angaben ‚zwischen dem [Landesarchiv Berlin]] und der [Deutsche Bahn|Deutschen Bahn]] (DB) aufgeteilt wurde’, teilte das Archiv der Deutschen Bahn mit, dass eine diesbezügliche Akte nicht vorläge. Zwei Akten im Landesarchiv, die sich auf den Vorgang beziehen könnten, sind dort zwar registriert, waren bei Anforderung jedoch nicht auffindbar. (ZITAT). Auch im Verkehrsmuseum habe sich - nach Auskunft der Archivleitung - eine Akte zum Vorgang befunden (ob in anderer Form oder als Kopie, war nicht festzustellen), doch wäre diese irgendwann ‚verschwunden’. Diese Akten – falls sie noch existieren – wären als „Primärquellen” zu werten. Da nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, das die „Akten” auch Informationen über die Flutung als Folgeereignis der Sprengung und damit auch zum Treck durch den Tunnel enthalten würden, muss eine Recherche grundsätzlich unabhängig davon angelegt werden. === Erwähnung des Trecks === Die Problematik der '''Primärquellen''' besteht darin, dass diese entweder nicht zugänglich sind oder – mit sehr wenigen Ausnahmen – in folge der Umstände der Kämpfe der Endphase nicht entstehen konnten. '''Sekundärquellen''', die einer zeitnahen journalistischen Berichterstattung zugeordnet werden können, existieren nicht, da unmittelbar im Zusammenhang mit den Kriegsendeereignissen in Berlin keine Medien mehr existierten, d.h., es fand keine Berichterstattung mehr statt. Es können somit allenfalls nachträglich – nach den Neu- bzw. Wiedergründungen – und damit Wochen später Berichte aufzufinden sein. '''Chronik der Presse-Gründungen''' nach der Kapitulation: * Die erste Zeitung erschien zwei Wochen nach dem Vorfall: Ab dem 15. Mai 1945 die „Tägliche Rundschau“ (TR) als 4-seitiges Mitteilungsblatt der sowjetischen Administration (SMAD). Nach anderer Quelle erschien die Zeitung schon ab dem 8. Mai 1945.<ref>Peter Kruse (Hrsg.): ''Bomben, Trümmer, Lucky Strikes'', 2004, S. 28(?).</ref> (Erwähnung des Trecks am 11. Juni 1945 im Artikel ''Wettlauf mit dem Tod'') * Ab 21. Mai 1945 erschien die „Berliner Zeitung“ (BZ) ebenfalls mit SMAD-Lizenz und mit 4 Seiten. Die BZ berichtete am 18. Juni 1945 erstmals zum Vorfall der Sprengung und Flutung des Landwehrkanals, der Treck wird dabei nicht erwähnt. * Ab 12. Juni 1945 erschien die Deutsche VolksZeitung (DVZ) als Organ der KPD, die Freie Deutsche Gewerkschaftszeitung des FDGB * Nach Einrichtung der Westzonen ab Juli 1945 wurden lizensiert: „Das Volk“ (DV), SPD, ab 7. Juli 1945; die „Neue Zeit“ (NZ), CDU ab 22. Juli 1945 und „Der Morgen“ (DM), LDP, ab 8. August 1945; alle durchwegs mit 4 Seiten. Sowie: * Die US-Heeresgruppenzeitung (HZ) als „Allgemeine Zeitung“ ab 8. August 1945, ab 18. Oktober 1945 als Offizielles Organ der amerikanischen Besatzungsmach die „Neue Zeitung“ (NZG). Die derzeit einzige schriftliche Primärquelle, die den Treck definitiv als einen von außen organisierten Vorgang benennt, ist ein Leserbrief vom 1. Mai 1946. * Der Tagesspiegel (TS) ab 27. September 1945 mit Lizenz der amerikanischen Militärregierung. * „Der Berliner“ (DB) (?). Die neu erschienenen Zeitungen<ref>Dieter Felbick: ''Schlagwörter der Nachkriegszeit'', Walter de Gruyter, Berlin, New York 2003. Ergänzt durch Streuinformationen.</ref> konzentrierten sich in erster Linie auf das Auswirkungen des militärischen und politischen Kriegsgeschehen (Besatzungsanordnungen / die Festnahme von Kriegsverbrechern) sowie auf alltägliche Probleme, insbesondere die Versorgungslage. Die Katastrophe im Nord-Süd-Tunnel rangierte unter Verkehrsprobleme, konkretes zum Vorgang schien mehr oder weniger als ‚bekannt‘ vorausgesetzt zu werden. Das ‚Grauen des Krieges’ und unmittelbare Folgen (z.b. Vergewaltigungen) wird in den ersten Monaten nicht thematisiert oder gar dokumentiert. Hinzu kam, dass das Zeitungspersonal offensichtlich nicht aus Berlin stammte und auch während der Endkämpfe und in den ersten Folgewochen nicht in der Stadt bzw. ‚vor Ort’ war. Es handelte sich durchwegs um junge Männer, die als Reporter oder in den Redaktionen Anstellung fanden und meist erst Wochen oder Monate später nach Berlin gekommen waren. Das führte dazu, dass die Presse erst im Zusammenhang mit der Wiederherstellung der Schadensstelle im Landwehrkanal und dem Auspumpen der Bahntunnels auf dieses Geschehen aufmerksam wurden: Die Reporter folgten Einladungen der Reichsbahn, etwa zu Pontonbootfahrten im Nord-Süd-Tunnel, die von dem zuständigen Leiter der Schadensbehebung, Rudolf Kerger, der ebenfalls erst nach Kriegsende nach Berlin kam, moderiert wurden. Artikel, die unter dem Einfluss der Moderationen Rudolf Kergers entstanden (ab September 1945), der von den Zeitungsleuten faktisch als „Primärquelle“ aufgefasst wurde, werden hier somit unter „Sekundärquellen“ geführt. Das gilt auch für erste Radiosendungen. In Bezug auf den Treck spielt dies jedoch keine Rolle, denn der Vorgang selbst scheint auch Kerger nicht bekannt gewesen zu sein (Andeutungen?) – es ging in seinen Äußerungen nur um die Opfer der Flutung, die geborgen wurden, nachdem der Tunnel wieder zugänglich war. Die Sprengung selbst beschreibt Kerger zwar so, als habe er sie selbst gesehen, doch flicht er später ein, dass sie von Augenzeugen stammen würden, auf die er jedoch keine Hinweise gibt. Hier ist er somit allenfalls als ‚Sekundärquelle’ zu werten. === Primärquellen === Als Primärquellen sind somit nur Berichte zu werten, die vor der Deutungsübernahme durch die Reichsbahn in Person von R. Kerger entstanden sind bzw. später ohne seine Einflussnahme geschrieben wurden: Bekannt ist hier ein Leserbrief vom 1. Mai 1946 in der Freien Deutschen Gewerkschaftszeitung (Siehe im Kapitel Datierung). Wichtig sind somit vor allem Zeitungsartikel, die „vor Kerger“ (vor September 1945) entstanden. Entscheidend für die Rekonstruktion des Geschehens sind neben späterer Literatur in erster Linie Zeitzeugenberichte, auf die in einem der folgenden Abschnitte gesondert eingegangen wird. === Sekundärquellen === Die Sekundärquellen ab September 1945 in der damaligen ‚Berliner Presselandschaft‘ fliessen unter den jeweiligen Sachkapiteln in die Darstellung ein. Eine, im Pressewesen der Nachkriegszeit einzigartige Darstellung zum Thema folgte 1952 in der Beitragsserie des Wochenmagazins ''Heim & Welt'', die sich auf die Darstellung eines (ungenannten) „Reichsbahners“ bezog. Zwar scheint auch hier dem Erzähler der Treck als organisierter Vorgang nicht bewusst geworden zu sein, doch erlebte er den Vorfall im Vorfeld und seinen Auswirkungen unmittelbar. An der Datierung in den letzten Teilen sind jedoch redaktionelle Manipulationen festzustellen, die offensichtlich Widersprüche zur Reichsbahn-Version vertuschen sollen. Die Darstellungen zur Katastrophe im Tunnel selbst berührt dies jedoch nicht. * '''Artikelserie in „Heim & Welt“, 1952''' Die Artikelserie (sechs Teile an sechs aufeinander folgenden Sonntagen im Februar und März 1952) wurde auf Grund ihrer Aufmachung (!) im allgemeinen nicht in Untersuchungen einbezogen. Eine Kopie der Artikelserie befindet sich im Landesarchiv Berlin. Dieser Bericht ist ein Beispiel für einen persönlich wertenden Umgang mit Quellen, denn er wurde als „reißerisch aufgemachter Boulevard-Bericht“ (Michael Braun: ''Nord-Süd-S-Bahn Berlin'', GVE 2008, S. 193) oder als „sensationsheischend“ (Karen Meyer, 1992) aus der Beweisführung so gut wie ausgeschlossen und nicht zu einer Verifizierung herangezogen und somit geprüft, sondern letztlich ignoriert. Dabei bezog sich eine ‚spektakuläre‘ Darstellung allenfalls auf den Titel und einige Teilüberschriften, der Bericht selbst ist sachlich (wobei Persönliches hier nicht wiedergegeben zu werden braucht) und wertvoll, da der Erzähler Reichsbahner im Tunnel war und viele (somit auch überprüfbare) Angaben macht und sich durch Detailkenntnisse als zuverlässig ausweist.<ref group="Anm">Hier gilt ein Grundsatz der historischen Wissenschaft: Einzelne, in der Nachbetrachtung als „falsch“ gewertete Angaben denunzieren nicht die gesamte Quelle. Es kommt in der Nachbetrachtung nicht zuerst auf eine Wertung der „Zuverlässigkeit“ oder „Glaubwürdigkeit“ von Autoren oder Zeugen an (und dies dann als Selektionskriterium), sondern auf den informellen Gehalt von Darstellungen. Quellen werden geprüft (verifiziert), eine Einschätzung der überliefernden Person durch den Historiker bietet allenfalls Ergänzungen oder Hinweise auf Motivlagen.</ref> Der Bericht ist in seiner Datierung bis zum 29. April 1945 zuverlässig, danach ‚verwischt‘ er die zeitliche Abfolge und erscheint manipuliert. Bemerkenswert ist jedoch, dass sich im Fliesstext ein ‚Kasten‘ mit einer weiteren Zeugenaussage befindet, die im Widerspruch zum ‚Fliesstext‘ steht und in der sich korrigierende, verifizierbare Daten befinden. Zitiert werden in der Folge nur die verifizierbaren Darstellungen. Zweifel an genereller Glaubwürdigkeit sind nach Prüfung unberechtigt. === Literatur === Der Treck ist als organisiertes Ereignis in der Berlingeschichte, der Kriegs- als auch der Fachliteratur ebenso wie die unmittelbar vorangegangene Evakuierung des Anhalter Hochbunkers bis 2004 nicht festgestellt oder gar beschrieben worden. * '''Buchband „Die Flutung des Berliner S-Bahn-Tunnels“, 1992''' 1991 wurde die wissenschaftlicher Mitarbeiterin der xy, Karen Meyer, von der Abgeordnetenversammlung des Bezirks Kreuzberg beauftragt, den Gesamtvorgang von Sprengung und Flutung zu untersuchen und schrieb: „Bei den vielen Menschen, die im Laufe des 1. Mai 1945 durch den S-Bahn-Tunnel nach Norden gelaufen sind, handelte es sich zum großen Teil um Alte, Frauen und Kinder aus den naheliegenden Wohngebieten, die zuvor im Hochbunker am Anhalter Bahnhof gehaust hatten. Am 1. Mai 1945 (einige Berichte sprechen vom 30.4.) ließ die SS den Bunker von ZivilistInnen und Verletzten räumen und erklärte ihn zum ‚Kampfbunker‘.“<ref>Karen Meyer: ''Die Flutung des Berliner S-Bahn-Tunnels.'' Hrsg.: Kunstamt Kreuzberg, GVE, Berlin 1992, S. 24.</ref> Die Autorin bekommt Probleme mit ihrer Darstellung, da sie bemüht ist, den Vorgang zeitlich vor der Sprengung des Landwehrkanals anzusiedeln. Das geht soweit, dass sie Zeitzeugen unterstellt, sie wären durch Wasserpfützen gelaufen und hätten deswegen gemeint, bei der Flutung dabei gewesen zu sein. * '''Buchveröffentlichung „Im Bunker“, 2004''' [File:Stromaggregat im Anhalter Hochbunker.png|mini|Stromaggregat des Hochbunkers (Aufnahme 2014)]] Von Anfang bis Ende detailliert beschrieben wurden Bunkerräumung und Treck von Waltraur Süßmilch, einer der damals Beteiligten, in ihrem 2004 veröffentlichten Buch ''Im Bunker''<ref>Waltraut Süßmilch: ''Im Bunker.'' Ullstein Verlag, Berlin 2004.</ref>, die auf eigene Aufzeichnungen zurückgreifen und diese auch mit Uhrzeitangaben versehen konnte. Am Tag vor der Räumung fiel das Stromaggregat im Anhalter Hochbunker nach dem Verbrauch des letzten Treibstoffvorats aus – und damit nicht nur die Beleuchtung, sondern vor allem die Lüftung. Die Temperatur im Bunker stieg kontinuierlich an. Die Bunkerinsassen wurden nach der folgenden Nacht um 4 Uhr früh von Lautsprecherdurchsagen geweckt und erhielten die Anweisungen zur Räumung. Etwa zwei Stunden später setzte sich der Menschenzug durch Gänge zur S-Bahnstation Anhalter Bahnhof in Bewegung. Die Zeitzeugin, die sich nach eigener Einschätzung relativ weit vorn im Treck befand (sie befand sich vor der Evakuierung bereits auf einer Treppe zum Ausgang hin), versah ihre Notizen auch im weiteren Verlauf mit Uhrzeitangaben. Das genaue Datum war ihr nicht bekannt. Dieses Protokoll gleichsam aus dem ‚Inneren des Marsches‘ beschreibt zahlreiche Einzelheiten, die als wichtige Informationen für Ortsverhältnisse und den Ablauf hier verzeichnet sind. > Hauptartikel: [Anhalter Hochbunker Berlin#Evakuierung des Bunkers|Evakuierung des Bunkers]] === Zeitzeugenberichte === Die beiden ausführlichen Veröffentlichungen von Karen Meyer und Waltraut Süßmilch behandeln die Lage vor, während und nach dem Wassereinbruch in das S-Bahnsystem. Während Waltraut Süßmilch als Zeitzeugin veröffentlichte, die sich auf ihr damals geschriebenes Tagebuch als Primärquelle beziehen kann, wertete Karen Meyer Aussagen von 24 Zeugen aus, die sich über Artikel im ''Tagesspiegel'' und der ''Berliner Morgenpost'' meldeten Q. Die Aussagen liegen nicht im Wortlaut vor, sondern in von der Autorin zusammenfassend erstellten Protokollen.<ref group="Anm">Die Aussagen sind im Buchband als vollständige Protokolle abgedruckt (Seiten 47-55). Die Protokolle in Kopie der Urschrift befinden sich in der Akte ''Gedenktafeln in Kreuzberg, Sozialraum II, Kbg SW''. Veröffentlicht hat die Autorin lediglich 23 Aussagen, die nicht veröffentlichte Aussage befindet sich in der genannten Akte zur Buchproduktion im Friedrichshain-Kreuzberg-Museum (FHXB). Die fehlende Aussage ist hier im Beitrag veröffentlicht.</ref> In anderer Literatur verstreut existieren weitere Zeugenaussagen. Eine Vielzahl der Aussagen lassen sich über Beschreibungen besonderer Teilereignisse oder Aspekte ‚querverifizieren‘ und damit ließ sich häufig auch die Datierung ermitteln. Nicht alle der 23 in ''Die Flutung'' abgedruckten Zeugenaussagen sind hier wiedergegeben – nur diejenigen, die sich (im weitesten Sinne) auf den Treck und die Opfer der Flutung beziehen. Die xy hier nicht wiedergegebenen Aussagen beziehen sich auf ... Im Kapitel „Dokumentierung“ sind die übrigen Zeitzeugen-Protokolle (mit unbedeutenden Kürzungen) aufgeführt, die sich nicht auf den Treck oder die Opfer beziehen. Dies ist erforderlich, da im Band „Die Flutung“ (K. Meyer, 1992) ein Protokoll fehlt und es deshalb angezeigt ist, alle 24 Protokolle anzuführen, um die fehlende Aussage zu isolieren. Vollständig befinden sich alle 24 Protokolle in der genannten Akte im Friedrichshain-Kreuzberg-Museum (FHXB). == Dokumentation == * '''Zeugin 'Frau Kr.''': „Das sei seinerzeit auch die herrschende Auffassung unter der Bevölkerung gewesen, daß die Flutung auf die Russen zurückfiele.“<ref>(KM, 55). Zu dieser Auffassung lassen sich jedoch keine Anhaltspunkte finden. </ref> * „'''Zeugin Frau T.''' war Reichsbahnangestellte am Schöneberger Ufer. Später ist sie Oberinspektorin bei der Reichsbahn geworden. Sie kann sich daran erinnern, daß bei Besprechungen in der Reichsbahndirektion immer die Rede von der ‚Öffnung der Ventile‘, nie aber von einer Sprengung gewesen sei.“ (KM, 55). == Anmerkungen == <references group="Anm" /> == Literatur == * Waltraut Süßmilch: ''Im Bunker.'' Ullstein Verlag, Berlin 2004, SBN 3-548-25870-0. * Peter Kruse (Hrsg.): ''Bomben, Trümmer, Lucky Strikes. Die Stunde Null in bisher unbekannten Manuscripten.'' wjs verlag, Wolf Jobst Siedler, Berlin 2004, Bericht: Hans Mellin: ''Im Bunker''. SBN 3-937989-00-5. * Michael Braun: ''Die Berliner Nord-Süd-Bahn.'' Verlag Kenning, Nordhorn 1997. * Karen Meyer: ''Die Flutung des Berliner S-Bahn-Tunnels.'' Hrsg.: Kunstamt Kreuzberg, GVE, Berlin 1992. Zeugen-Protokolle vollständig in der Akte ''Gedenktafeln in Kreuzberg, Sozialraum II, Kbg SW'', Friedrichshain-Kreuzberg-Museum (FHXB). * [Peter Gosztony]] (Hrsg.): ''Der Kampf um Berlin in Augenzeugenberichten.'' dtv, 1985. SBN 3-423-02718-5. == Einzelnachweise == <references /> Kategorien xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx == Ergänzende Berichte und Aussagen == * '''Zeugin Frau Re.''' „hat die letzten 14 Tage im Bunker am Anhalter Bahnhof (in dem sich fast ausschließlich Frauen und Kinder befanden) verbracht. Sie war damals 35 Jahre alt. Sie erzählt, daß sie am Morgen der letzten Nacht, die sie dort waren, durch Gebrüll geweckt wurden. [...] über Lautsprecher ertönte die Anweisung, den Bunker zu räumen. [...] Auf dem Weg zum Tunnel war zunächst alles trocken. Auf der Höhe von Unter den Linden konnten sie einen Bombentrichter sehen, dort war auch Wasser im Schacht. Die begleitenden Soldaten befahlen, da durchzugehen und verhinderten, daß jemand den Schacht verließ, wegen des Wassers seien sie dann teilweise auf den Stromabnehmern balanciert. Dann seien sie auf eine Panzersperre gestoßen. In der Invalidenstraße bei der ‚Maikäferkaserne‘ haben sie den Tunnel verlassen. [Ab Bahnhof Friedrichstraße handelte es sich um den U-Bahnschacht, in den der Treck umgeleitet wurde] Dann sei sie zum Stettiner Bahnhof gegangen, wo ganz viele Menschen lagerten. Dort schlief sie noch eine Nacht. Am kommenden Morgen wurden sie von Soldaten aufgefordert herauszukommen, der Krieg sei vorbei. Frau Re. erinnert sich daran, daß Menschen, die erst nach ihnen den Tunnel durchquert hätten und mit denen sie am Stettiner Bahnhof gesprochen hätte, von einer großen Detonation erzählten.“<ref group="Anm">Zur ''Zeugin Frau Re.'' (KM, 53): Die Beschreibung weckt den Eindruck, dass sich die Zeugin weit vorne am Anfang des Trecks befand. Benannt wird ein externer Wassereinbruch vor dem Bahnhof Unter den Linden. Die Erzählung ist lückenhaft – Bahnhof Friedrichstraße fehlt. Das anfliessende Wasser, von dem W. Süßmilch berichtet, hat sie vermutlich nicht erlebt. Man bedenke, dass der Treck aus 10.000 Menschen bestand, die ersten (vor Bahnhof Friedrichstraße) nicht mehr berührte und die letzten erfasste. W. Süßmilch berichtet, dass im Stettiner S-Bahnhof Nachzügler eintrafen, die berichteten, „sie hätten stellenweise schwimmen müssen“ (230).</ref> * Die ''Zeugin Frau Bo.'', Jahrgang 1911, befand sich „die letzten Kriegstage [...] im Keller vom Postamt (am Anhalter Bahnhof) [..] Sie erinnert sich daran, am 2. Mai den Keller verlassen zu haben, weil Wasser hineingelaufen ist.“ (Allmählicher Überlauf über einen Gang von der S-Bahnstation aus?). (KM, 48). * Die '''Zeugin Frau Bu.''', damals 24 Jahre alt, „berichtete, daß sie [..] in einen ‚Hängebunker‘ der in den S-Bahn-Schacht hineinragte, gegangen sei. Der Bunker habe sich etwa in der Mitte der Saarlandstraße [heute: Stresemannstraße] befunden, etwas näher an Anhalter Bahnhof als am Potsdamer Platz. [...] Am 2. Mai vormittags seien Russen in den Bunker gekommen und hätten zur Räumung des Bunkers aufgefordert.“ (KM, 49). * „'''Frau Br.''' war im Tunnel am Anhalter Bahnhof, dort wo ein totes Gleis ist<ref group="Anm">Gemeint ist hier „der begonnene Stollen für die geplante Linie zum Görlitzer Bahnhof. Es gibt ihn immer noch, abzweigend am Nordende des Bahnhofs.“ (Schreiben Dr. E. Münzel v. 13. November 1996 an die Autorin Karen Meyer, FHXB, Akte zum Buch).</ref>, drunter hat sich ein Werkstattraum von Siemens befunden, in dem sie mit Mann, Kind und Leuten von der Güterabfertigung war.“ Nach etwa 10 Tagen kamen Russen und forderten sie zum Herauskommen auf. „Bald darauf sei Wasser gekommen, das schnell hüfthoch anstieg. [...] Als sie den Tunnel verlassen hatten, war der Krieg zuende.“ (KM, 48 f.) * Die Situation kennzeichnet auch der '''Zeuge Herr K.''', der mit der Befragerin K. Meyer wegen Widersprüchlichkeiten zweimal im Gespräch war. Der Blick auf die Aussagen lässt den Schluss zu, dass er – da er das Flutungsgeschehen unbedingt auf den 2. Mai datieren wollte – vor allem deshalb mit seiner Erlebnischronik mehrfach in Verwirrung geriet. Da er jedoch „Reichsbahner im S-Bahn-Schacht [..., der] kurz vor dem 20. April 1945 einen provisorisch eingerichteten Arbeitsplatz im S-Bahntunnel Anhalter Bahnhof bezogen hatte“, war, müssen auch seine Aussagen auf Substanz geprüft werden: Er wäre „schon vor Kriegsende mit den Kollegen Richtung Norden durch den Schacht gegangen.“ Am Potsdamer Platz „wäre auch noch der Gefechtsstand einer Panzerdivision gewesen. [...] Später sei man zur Friedrichstraße gelaufen und dort zur Oberfläche gelangt.“ Von dort habe er den unmittelbaren Schauplatz des Gemetzels an der Weidendammer Brücke [Ausbruchsversuch in der Nacht vom 1. Mai auf den 2. Mai] gesehen. „Den vielen sowjetischen Soldaten hätten sie sich als Eisenbahner ausweisen und den Weg fortsetzen können.“ (KM, 51 f.). * Die '''Zeugin Frau J.''' (KM, 51), damals 26 Jahre alt, gab zu Protokoll, sie habe sich in einem S-Bahnzug zwischen Anhalter Bahnhof und Potsdamer Platz befunden: „Am 30. April seien an ihnen die Frauen und Kinder aus dem geräumten Bunker am Anhalter Bahnhof vorbeigelaufen. [...] Am 1. Mai habe sie gehört, daß Hitler tot sei. In der darauf folgenden Nacht seien sie durch den Tunnel nach Norden gelaufen. Am Bahnhof Unter den Linden habe knöcheltiefes Wasser gestanden, es sei sehr glitschig gewesen. Am Bahnhof Friedrichstraße habe sie erfahren, daß man nicht mehr weiter gehen könnte. Am Bahnhof und im Schacht waren noch ganz viele Menschen, Zivilisten, aber auch Volkssturm. Im Laufe des [nächsten] Vormittags bis etwa gegen Mittag hätten sie den Bahnhof verlassen können. Bis zur Mittagszeit habe es auch noch Beschuß gegeben, dann sei die Kapitulation da gewesen.“<ref group="Anm">(KM, 55). Die ‚vielen Menschen im Schacht‘ werden sich im U-Bahnschacht befunden haben. Die Befragerin K. Meyer hatte hier nicht ‚nachgehakt‘. Die Zeugin hat zu Beginn der Protokollierung eine offensichtlich falsche Datumsangabe gemacht – „Am 30. April seien an ihnen die Frauen und Kinder aus dem geräumten Bunker am Anhalter Bahnhof vorbeigelaufen.“ Wenn in ihren Angaben eine ‚Verschiebung‘ um einen Tag angenommen wird, lassen sich die Aussagen verifizieren.</ref> Merkwürdig ist die Darstellung eines Zeugen, der eine völlig andere ‚Geschichte‘ beschreibt, für die sich in anderen Quellen und der Literatur keine Anhaltspunkte finden lassen: (ungekürzt): „''' Zeuge Herr A.''' war damals 16 Jahre alt, aktiver Offiziersbewerber und diente als MG-Schütze in einer Kompanie, die aus Polizei, Arbeitsdienst und fronterfahrenen Soldaten bestand. Er erzählte, daß er sich Ende April 1945 im Anhalter Bahnhof aufhielt und durch einen Hüftschuß leicht verwundet war. In der nacht vom 1. zum 2. Mai kam ein Rückmarschbefehl zum Durchbruch nach Oranienburg zur Vereinigung mit der Armee Wenck. Der Abmarsch durch den Tunnel in Richtung Norden erfolgte sehr geordnet. vorweg gingen die Militärs, in der Mitte die Zivilisten und am Ende die Verwundeten. Einige Wagen mit Verletzten haben sie die Gleise entlang geschoben. Bis auf eine kleine Wassereinbruchstelle in der Mitte des Weges war der Tunnel trocken. Unter den Linden trafen Leute von der Reichskanzlei zu dem Troß und brachten die bis dahin bestehende Ordnung völlig durcheinander. Unterwegs wurde ihnen durch die Noteinstiege von oben durch Angehörige des NKFD (Nationalkomittee Freies Deutschland) immer wieder zugerufen, daß sie aufgeben sollten, da Berlin kapituliert habe. Im Tunnel hätten bisweilen ein paar Tote gelegen. Am Bahnhof Friedrichstraße verließen sie den Schacht. Weiter ging es nicht, da die Schotten der Spreeunterfahrung geschlossen waren. Friedrichstraße stiegen sie nach oben, wo sie von sowjetischen Soldaten gefangen genommen und sehr anständig behandelt wurden. Das war am Nachmittag des 2. Mai. Vor allem an der Weidendammer Brücke, wo sich eine Panzersperre befand, bot sich ihnen ein entsetzliches Bild von Erschossenen und Verbluteten, die dort lagen. A. zweifelt gänzlich an der Sprengung der Tunneldecke. Er begründete den Wassereinfluss mit kleineren Schadensstellen, durch die der Schacht sehr allmählich vollgelaufen sein könnte. Er konnte sich keinen militärischen Sinn einer Sprengung durch deutsche Kräfte vorstellen.“ (KM, 47 f.). „'''Zeuge Herr J.''' (KM, 52) war seinerzeit 15 Jahre alt und beim Volkssturm. Er hat die letzten Kriegstage in der ‚Zitadelle‘ verbracht [der innerste Verteidigungsbereich um Führerbunker und Reichstag im Spreebogen], unter anderem im [Hotel Adlon]] gehaust. In der Nacht vom 1. zum 2. Mai hat seine Einheit Befehl gehabt, sich unterirdisch im U-Bahn-Schacht gegen Norden durchzuschlagen, um sich mit der Armee Wenck vor Oranienburg zu vereinen. Am Morgen des 2. Mai habe eine so enorme Druckwelle den Tunnel erschüttert, daß die Menschen gedacht hätten, er stürze über ihnen ein. Am Nordbahnhof (Stadion der Weltjugend) [Stettiner Bahnhof] habe er den Tunnel verlassen und sei von den Sowjets gefangen genommen worden. Das sei am Morgen des 2. Mai um 9.30 Uhr gewesen.“<ref group="Anm">(KM, 51) yx </ref> '''Zeugin Frau W.''' (KM, 54) „war Schwesternhelferin. Ende April war sie im S-Bahn-Tunnel. Auf dem Weg vom Anhalter zum Stettiner Bahnhof (den sie nicht datieren kann), sah sie ein etwa 1,5 Meter großes Loch in der Tunneldecke, durch das Wasser einströmte. Als sie am Stettiner Bahnhof ankam, wurde sie von den Russen gefangen genommen. Später habe sie immer wieder gehört, daß der Tunnel absichtlich geflutet worden wäre.“ (Keine verifizierbaren Angaben). == Anmerkungen == <references group="Anm" /> xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx




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