Benutzer:GerhardSchuhmacher/Hausbesetzung (Berlin)

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== Hintergrund == Im Rahmen der „[[Flächensanierung#Westdeutschland und West-Berlin|Flächensanierung]]“, die ab 1964 als Konzept der Stadtentwicklung in Berlin den Abriss der Altbau-Stadtquartiere zugunsten von Neubauvierteln und einem innerstädtischen Autobahnbau vorantrieb, kam es nach eher deklamatorischem Widerstand Mitte der 70er Jahre ab 1979 zu vereinzelten „Instandbesetzungen“, die ab Frühjahr 1981 in eine Welle von Hausbesetzungen vor allem in Kreuzberg und Schöneberg mündeten. Der Versuch der Senatspolitik, mit Polizeieinsätzen diese ‚Sanierungshemmnisse‘ zu beseitigen, scheiterte nicht nur an der ausdauernden Konfliktbereitschaft der meist jugendlichen Besetzer, sondern auch an der Unterstützung in der Bevölkerung. Hinzu kam Widerstand gegen die „Kaputtsanierung“ auch in untergeordneten Behörden und unter Stadtplanern und Architekten, die dann die Einrichtungen der [[Internationale Bauausstellung 1987|Internationalen Bauausstellung]] (IBA) nutzen konnten, um mit dem Konzept einer „Behutsamen Stadterneuerung“ ein auch in der Politik schließlich mehrheitsfähiges Konzept zu erstellen, das ab 1982 zu einer Umorientierung in der Stadterneuerung führte. Umfassend siehe: [[Stadterneuerung Berlin#1970er Jahre|Hintergrund der Konflikte der 1980er Jahre]] Faktisch wurde die Flächensanierung durch die in der ersten Jahreshälfte 1981 zahlreichen Hausbesetzungen gestoppt, die juristisch jedoch als Rechtsbruch gewertet, den Innensenator [[Heinrich Lummer]] zu massiven Gegenmaßnahmen veranlassten. Räumungen führten dann zu Straßenkämpfen, die sich zu ‚bürgerkriegsähnlichen Unruhen‘ steigerten. '''1981'''<br /> === Hintergrund 2 === Im Rahmen der „[[Flächensanierung]]“, die ab 1964 als Konzept der Stadtentwicklung in Berlin den Abriss der Altbau-Stadtquartiere zugunsten von Neubauten vorantrieb, kam es nach eher deklamatorischem Widerstand ab 1979 zu ersten „Instandbesetzungen“, die ab Frühjahr 1981 in eine Welle von Hausbesetzungen vor allem in Kreuzberg und Schöneberg mündeten. Der Versuch der Senatspolitik, mit Polizeieinsätzen diese ‚Sanierungshemmnisse‘ zu beseitigen, scheiterte nicht nur an der andauernden Konfliktbereitschaft der meist jugendlichen Besetzer, sondern auch an der Unterstützung in der Bevölkerung. Hinzu kam Widerstand gegen die „Kaputtsanierung“ in untergeordneten Behörden und unter Stadtplanern und Architekten, die dann die Einrichtungen der [[Internationale Bauausstellung|Internationalen Bauausstellung]] (IBA) nutzten, um mit dem Konzept einer „[[12 Grundsätze der Stadterneuerung|Behutsamen Stadterneuerung]]“ ein auch in der Politik schließlich mehrheitsfähiges Konzept zu erstellen, das ab 1982 zu einer Umorientierung in der [[Stadterneuerung Berlin#Internationale Bauausstellung (IBA)|Stadterneuerung]] führte. In der Fortdauer auch des politischen Verständigungsprozesses zwischen den verschiedenen Seiten ab 1982, mussten Verhandlungslösungen auch an juristische Strukturen angepasst werden – vor allem die auf den sozialen und politischen Druck hin mögliche Legalisierung besetzter Häuser musste geregelt werden. Dieser Prozess wurde bis 1986 weitgehend zum Abschluss gebracht. == Politische und gesellschaftliche Auswirkungen == '''Proteste'''<br /> Am Sonntag, den 27. September [1981] zogen rund 25.000 Demonstranten vom [[Fehrbelliner Platz]] zum Dennewitzplatz unweit des Vorfallsortes. {{"|Die meisten Spruchbänder forderten in unterschiedlichen Variationen den Rücktritt Lummers.}}<ref>taz, 28. September 1981, S. 16.</ref> Am Montag, den 28. September lehnte das Berliner Abgeordnetenhaus den Misstrauensantrag der Alternativen Liste (AL) gegen Innensenator Lummer mit der Mehrheit der regierenden Parteien CDU und FDP ab: {{"|Die SPD hatte sich wegen innerparteilicher Zwistigkeiten nur zur Stimmenthaltung durchringen können, […] drei SPD’ler stimmten mit der AL.}}<ref>taz, 29. September 1981, S. 4.</ref> Auch eine Minderheit in der Regierungspartei FDP enthielt sich der Stimme. '''Verhandlungsprozess'''<br /> Verbürgt ist, dass schon unmittelbar nach dem Tod von Rattay der [[Richard von Weizsäcker|Regierende Oberbürgermeister von Weizsäcker]] mit dem Berliner evangelischen Bischof [[Martin Kruse]] Kontakt aufnahm<ref>Briefe, Rundschreiben und Protokolle in: ''Stattbau informiert II.'' Hrsg. Gerd Behrens, Stattbau Stadtentwicklungs GmbH, Berlin 1986, S. 113. ISBN 3-924536-01-6. Band 1 enthält für den Städtebau relevante Gesetzestext und amtliche Veröffentlichungen, Stattbau II die Chronik (1981 bis 1986).</ref> und mit dessen Fürsprache und tatkräftiger Unterstützung am 26. September 1981 einen Gesprächskreis einberief.<ref>Sogar die [[B.Z.]] titelte: „Morgen 10 Uhr! Das neue große Datum in der Berliner Geschichte.“, B.Z., 25. September 1981, S. 1.</ref> Da dieser Kreis nur mit Vertretern der traditionellen Parteien und Verbände besetzt erschien, traf er zuerst auf Vorbehalte der Gegenseite: „Der Kreuzberger Baustadtrat [[Werner Orlowsky|Orlowsky]] teilte Weizsäcker schriftlich mit, daß er nicht an dem Gespräch teilnehmen könne, weil wieder einmal ‚nur über jene, um die es doch geht‘, gesprochen werde, ‚statt mit ihnen‘.“<ref>Die tageszeitung (taz): ''Diepgen als einziger Vertreter der Jugend?'', 28. September 1981, S. 16.</ref> Die Versammlung vertagte sich auf den 7. Oktober. Eine „Gegenveranstaltung“ der Hausbesetzer fand mit 1.500 Teilnehmern am 29. September im [[Tempodrom#Geschichte der Spielstätte|Tempodrom]] statt. Dabei ging es um Selbstverständigung, denn die Notwendigkeit von Verhandlungen war einerseits nicht mehr abzuweisen, zum anderen erschienen eigene Prinzipien in Frage gestellt.<ref>taz-Titel: „Ein Dia-Abend der Bewegung“, 1. Oktober 1981, S. 16.</ref> Obwohl der „Gesprächskreis“ in der ursprünglichen Form keinen Bestand hatte, war das Eis gebrochen – es ging nun um die Voraussetzungen akzeptabler Lösungen: {{"|Wir sind nach wie vor für eine Gesamtlösung und gegen eine Spaltung in ‚Gut und Böse‘}} schrieben die Besetzer, während {{"|SPD und FDP fast gleichlautend von einer ‚ernsthaften Bereitschaft des Senats zu einem umfassenden Dialog‘ sprachen}}.<ref>taz, ''Nix genaues weiß man nicht'', 1. Oktober 1981, S. 16.</ref> Der [[Senat Weizsäcker|Minderheitssenat]] unter [[Richard von Weizsäcker]] bemühte sich um Verhandlungslösungen. Eine zunehmend gewichtige Rolle spielte nun die Evangelische Kirche, deren Gemeinden auf Bezirksebene häufig in Kontakt mit besetzten Häusern standen. === Legalisierung und Sanierung === In den Mittelpunkt geriet immer stärker die Frage, wie eine Legalisierung der Häuser juristisch vorgenommen werden könne und vor allem, auf welchen organisatorischen und rechtlichen Grundlagen, die zwar improvisiert instandgesetzten, doch baurechtlich und -technisch teilweise sich weiter in katastrophalem Zustand befindlichen Häuser saniert werden könnten.<ref Group="Anm">So waren die 13 Häuser in Kreuzberg [[SO36]] in den beiden Blöcken 103 und [[Block 104 (Berlin)|104]] als Vorbereitung zum Flächenabriss durch ‚Bautrupps‘ von öffentlichen oder privaten Gesellschaften nachhaltig demoliert worden, um eine Neuverwendung unmöglich zu machen. Sie besaßen trotz den Instandsetzungsarbeiten der Besetzer einen hohen Sanierungsbedarf.</ref> In diesem Zusammenhang kamen zunehmend Aktivitäten in den Vordergrund, die bislang von den spektakulären Ereignissen verdrängt worden waren: Von aktiven Fachleuten waren im Zusammenhang des absehbaren Umbruchs in der [[Stadterneuerung Berlin#1980er Jahre|Stadterneuerung Berlins]] bereits in den frühen 1980er-Jahren aktive Arbeitskreise gegründet worden, die sich damit befassten, wie eine von den Hausbesetzern erreichte mögliche Legalisierung besetzter Häuser im Rahmen eines neuen Konzeptes von Stadtsanierung praktisch zu vollziehen wäre. Dabei handelte es sich um zwei ‚Fraktionen‘ – die aus der von der Alternativbewegung getragene Organisation ''Netzwerk'' mit ihrer Arbeitsgruppe ''Netzbau'', die nun die Firma Stattbau gründete, und die in der IBA bereits längere Zeit am Konzept der [[12 Grundsätze der Stadterneuerung|Behutsamen Stadterneuerung]] arbeitenden Architekten und Stadtplaner, die sich in der „Altbau-IBA“ (ab Januar 1986: S.T.E.R.N.) zusammenfanden. [[Datei:StB Block 103 Aufsichtsrat.jpg|mini|Der Aufsichtsrat von Stattbau tagt auf dem Gelände des Block 104]] Die Gründung von ''Stattbau'' erfolgte im Frühjahr 1983 und nach einer gemeinsam mit der IBA erreichten Vereinbarung mit dem Senat im September 1983 wurden im Kreis verschiedener Organisationen und mit der Bewohnerschaft der betroffenen Häuser Arbeitsstrukturen gegründet, um nicht nur den (juristischen) Legalisierungsprozess abzuwickeln, sondern auch – in Vereinbarung mit den nun kooperationsbereiten Institutionen – eine Sanierung durchzuführen.<ref>Siegfried Kleimeier: ''Stattbau: Ein Pilotprojekt mit Zukunft'' in: Stadterneuerung Berlin, Hrsg.: Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen, Oktober 1990, S. 161.</ref> „1983 wurde das besetzte Haus (im [[Block 104 (Berlin)|Block 104]]) legalisiert und in die Trägerschaft von ‚Stattbau‘ übernommen. […] Eine Überführung des Hauses in die Genossenschaft Luisenstadt erfolgte im April 1986.“<ref>Florian von Butlar/Stefanie Endlich: ''Lenné im Hinterhof. Die Geschichte eines Berliner Häuserblocks.'' Hrsg.: Deutscher Werkbund Berlin e.V. in Zusammenarbeit mit der S.T.E.R.N. Gesellschaft der behutsamen Stadterneuerung Berlin mbH, transit Buchverlag, Berlin 1989, S. 123.</ref> Schon bald waren in den nun legalisierten und sanierten ehemaligen besetzten Häusern auch Fragen der Verwaltung zu klären. Der Gesamtprozess zog sich bis in die 1990er Jahre hin: [[Andrej Holm]] schrieb, dass von 165 im Sommer 1981 in Berlin besetzten Häusern schließlich ca. 100 die Legalisierung durchsetzten konnten, während 60 als in der Hand von ‚Nichtverhandlern‘ oder aus anderen Gründen geräumt wurden. In Anbetracht der übrigen Literatur scheint die Zahl der legalisierten Häuser als zu hoch gegriffen, es dürfte sich um etwa 80 von 120 gehandelt haben. In der Zahl ‚165‘ sind zahlreiche kurz besetzte, auch bald wieder aufgegebene Häuser enthalten.<ref Group="Anm">Die Vorstellung, die Hausbesetzerbewegung wäre gescheitert, wurde von verschiedenen Kreisen erklärt, doch wurde dabei die Bedeutung von Räumungen vor dem Hintergrund der Wende in der Stadtsanierung und dem sich durchsetzenden Vorbild- und Wirkungscharakter der legalisierten Häuser weit überzogen. Der Autor [[Andrej Holm]], der zur Hausbesetzerzeit [[SED]]-Politiker war und ideologiegemäß wenig Sympathien für spontane Bewegungen haben konnte, verkürzte noch längere Zeit seine Wertung von ‚Niederlage‘ auf das Konfliktende in der Stadt. (Andrej Holm, Armin Kuhn: Häuserkampf und Stadterneuerung. [[Blätter für deutsche und internationale Politik]] 3/2010, S. 108).</ref> Die Räumungen vom 22. September 1981 und der Tod von Klaus-Jürgen Rattay sind im Zusammenhang der vom Innensenator [[Heinrich Lummer]] und seinen Kreisen geplanten Zerschlagung der Hausbesetzerbewegung in West-Berlin zu sehen. Der Schock, den der Todesfall Rattay bewirkte, veranlasste eine Besinnung, in der sich die Verständigungsbereitschaft auf allen Seiten gegen ‚hardliner‘ durchsetzte. Auch wurde ein knappes Jahr später, am 11. Juni 1982 bei der Demonstration gegen den [[Deutschlandbesuch des US-Präsidenten 1982]] deutlich, dass die Bewegung noch handlungsfähig war. Aber auch dieser Ausbruch von Gewalt unterbrach den Legalisierungsprozess und den durch den Umschwung in der Sanierungspolitik gelungenen Erhalt traditioneller Stadtstrukturen in Westberlin nur vorübergehend. Nach dem Mauerfall war die Behutsame Stadtsanierung endgültig durchgesetzt und die Erneuerung Ostberliner Stadtviertel wie Friedrichshain, Mitte und Prenzlauer Berg wurde unter diesen Voraussetzungen durchgeführt. STATTBAU und S.T.E.R.N. entwickelten sich dabei zu maßgeblichen, professionell vorgehenden [[Sanierungsträger]]n. Die heute erkennbare und akzeptierte ‚Rettung des Stadtbildes‘ von Berlin mit seinen lebendigen Altbauvierteln durch die Hausbesetzer konnte von diesen nicht ohne das ‚alternative Estabhlisment‘ wie es IBA und Stattbau verkörperten und ‚klassischen‘ Institutionen wie die Evangelische Kirche bewerkstelligt werden – ebenso wenig wie es jenen gelungen wäre, ohne die Jugendlichen, die Gesundheit und Freiheit riskierten, die Behutsame Stadterneuerung durchzusetzen. Der Tod Rattays war der Anlass, eine Lösung der Konfrontationen zusammen mit den liberalen Kreisen in Politik und Gesellschaft – auch quer durch die Parteien – zu finden. == Anmerkungen == <references group="Anm" /> == Einzelnachweise == <references /> == Überarbeitung West-Berlin == ___________________________________________________________________________________________________________________________________ == Überarbeitung SO 36 == [[Datei:KarteSO36.png|mini|hochkant=1.5|Karte von SO 36 (aus [[OpenStreetMap]])]] [[Datei:Lage Kreuzberg SO 36 in Berlin.png|mini|Lage Kreuzberg SO 36 in Berlin]] [[Datei:Kotti Berlin.JPG|mini|Straßenbild am [[Kottbusser Tor]], Neues Zentrum Kreuzberg]] [[Datei:Berlin kreuzberg post-office so-36 20050309 p1010388.jpg|mini|Postamt in der Skalitzer Straße in Kreuzberg]] '''Berlin SO 36''' (kurz '''SO 36''' oder nur '''36''', auch '''Kreuzberg 36''') ist die alte Bezeichnung des [[Berliner Postbezirke (ab 1862)|Berliner Postzustellbezirks]] ''Südost 36'', der neben dem [[Berlin-Kreuzberg|Kreuzberger]] Teil noch einen Teil von [[Berlin-Mitte|Mitte]] und [[Berlin-Alt-Treptow|Alt-Treptow]] umfasste. Nach Einführung der bis zu vierstelligen [[Postleitzahl (Deutschland)|Postleitzahlen]] in der [[Bundesrepublik Deutschland]] und [[West-Berlin]] im Jahr 1962 und bis zur Einführung der [[Postleitzahl (Deutschland)#Das fünfstellige System|fünfstelligen Postleitzahlen]] im [[Deutsche Wiedervereinigung|wiedervereinigten Deutschland]] 1993 hatte SO 36 die Anschrift „1 Berlin 36“ bzw. ab den 1970er Jahren „1000 Berlin 36“. Der andere Teil von Kreuzberg wurde mit „1000 Berlin 61“ nummeriert. Seit 1993 führt das ehemalige Berlin 36 die Postleitzahlen 10997 und 10999, während das ehemalige ''[[Kreuzberg 61]]'' an den Zahlen 10961 bis 10969 zu erkennen ist. == Hintergründe und Geschichte == SO 36 bezeichnet auch heute noch im [[Sprachgebrauch]] diesen kleineren Teil [[Berlin-Kreuzberg|Kreuzbergs]], der als Ortslage im Westen vom inzwischen zugeschütteten [[Luisenstädtischer Kanal|Luisenstädtischen Kanal]] und im Süden vom [[Landwehrkanal]] begrenzt wird. Beide Teile Kreuzbergs untergliedern sich traditionsgemäß in mehrere [[Kiez]]e. SO 36 gilt als ärmer, und man kann von einem kulturellen Unterschied zu SW 61 sprechen, das insgesamt bürgerlicher ist („36 brennt, 61 pennt“). Entsprechend war seit Ende der 1980er Jahre bei den jährlichen [[Erster Mai in Kreuzberg|Ausschreitungen am 1. Mai]] hauptsächlich SO 36 Schauplatz von [[Straßenschlacht]]en. Von 1961 bis 1990 wurde SO 36 durch die [[Berliner Mauer]] von den damaligen Stadtbezirken [[Berlin-Mitte|Mitte]], [[Berlin-Friedrichshain|Friedrichshain]] und [[Bezirk Treptow|Treptow]] getrennt. An der [[Oberbaumbrücke]] befand sich eine [[Grenzübergang]]sstelle. Durch die [[Berliner Mauer|Mauer]] entwickelte sich hier eine gewisse [[Idylle]] – die Mauer begrenzte SO 36 im Norden, im Osten floss die Spree, im Süden lag der Landwehrkanal. In der Zeit von 1966 bis 1977 war es offizielle Berliner Stadtplanung, SO 36 großflächig abzureißen, um Platz für eine neue [[Bundesautobahn 103|Autobahntrasse]] zu schaffen. Infolgedessen wurden viele Häuser entmietet und dem Verfall preisgegeben; zugleich wurde gerne an [[Gastarbeiter]] vermietet, von denen man annahm, dass sie sich nur vorübergehend im Land aufhalten, es also bis zum Beginn des Autobahnbaus wieder verlassen haben würden. Der Niedergang des Viertels zog allgemein einkommensschwache Bevölkerungsgruppen an – Erwerbslose, Studenten und Künstler. Dies ließ eine soziale Mischung entstehen, die bis heute prägend für den Stadtteil ist. Nach den [[Westdeutsche Studentenbewegung der 1960er Jahre|Studentenprotesten 1968]] wurde SO 36 – auch aufgrund seiner grenznahen Randlage – zunehmend das Zentrum der [[Alternativbewegung|Alternativszene]] und Schauplatz von [[Hausbesetzung]]en. So kam es hier am 12. Dezember 1980 in der „[[Schlacht am Fraenkelufer]]“ zu den ersten schweren Straßenschlachten zwischen Hausbesetzern und der Polizei. Der Zustellbezirk gab dem Club [[SO36]] seinen Namen. Die Zuwanderung aus dem In- und Ausland hat den Ortsteil seit Beginn der 1960er Jahre stark verändert. Für Leute aus den alten Bundesländern mit unbürgerlichen Lebensvorstellungen und alternativen politischen Positionen war Kreuzberg in der Zeit der Teilung ein beliebter Zufluchtsort. Die Alternativszene prägte und prägt bis heute die Kultur des Quartiers ebenso wie die [[Migrant]]en überwiegend [[Türken in Berlin|türkischer]] Herkunft. Wenn sie es sich leisten konnten, zogen viele alteingesessene Kreuzberger weg. Heute gilt SO 36 als [[sozialer Brennpunkt]]. Die Kriminalität steigt.<ref>Boris Herrmann, Verena Mayer, Thorsten Schmitz, Jens Scheider: ''Notruf.'' In: ''[[Süddeutsche Zeitung]]'', 7. April 2016, S. 3.</ref> Die Arbeitslosigkeit ist hoch. Am [[Kottbusser Tor]] hat sich seit Jahrzehnten eine größere [[Drogenszene]] etabliert. Auch der Görlitzer Park ist geprägt vom [[Drogenhandel]]. Zugleich zählt das Viertel inzwischen zu den Berliner Ausgehbezirken und beheimatet viele Studenten. Zu den wichtigsten Adressen im Nachtleben von Kreuzberg 36 zählen die [[Oranienstraße]] und die [[Wiener Straße (Berlin)|Wiener Straße]] sowie die Gegend um das [[Schlesisches Tor|Schlesische Tor]] (der sogenannte „[[Wrangelkiez]]“). Lange Abschnitte der Oranienstraße sind von Lokalen für junge Touristen dominiert. Das ursprüngliche Postamt für den damaligen Ortsteil stand 1907 am [[Görlitzer Bahnhof]] in der Wiener Straße 33a. 1927 wurde das aus [[Backstein]] erbaute größere Postamt an der [[U-Bahn Berlin|Hochbahn]] an der [[Skalitzer Straße]] zwischen den U-Bahnhöfen [[U-Bahnhof Görlitzer Bahnhof|Görlitzer Bahnhof]] und [[U-Bahnhof Schlesisches Tor|Schlesisches Tor]] erbaut. Wie alle noch bestehenden früheren Postämter firmierte es lange Zeit als „Finanzcenter“ der [[Postbank]].<ref>Steffen Buhr: ''[http://www.blocksignal.de/indexg.php?w=pan Berliner Postämter.]''</ref>, mittlerweile ist es geschlossen. == Siehe auch == * [[Liste der Straßen und Plätze in Berlin-Kreuzberg]] == Literatur == * Martin Düspohl: ''Kleine Kreuzberggeschichte.'' Kreuzberg Museum (Hrsg.) / [[Berlin Story Verlag]], Berlin 2009, ISBN 978-3-86855-000-9. * Peter Frischmuth: ''Berlin Kreuzberg SO 36.'' Berlin Story Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-929829-68-6. * Raimund Thörnig, Renate Freyer: ''… außer man tut es! Kreuzberg abgeschrieben – aufgestanden.'' Verein SO 36 e. V. (Hrsg.), Berlin 1989, ISBN 3-9800074-0-5. * Raimund Thörnig: ''… außer man tut es! Kreuzberg im Umbruch.'' Band 2. Verein SO 36 e. V. (Hrsg.), Verlag Grenzenlos, Berlin 1992, ISBN 3-9800074-1-3. == Weblinks == * {{LDLBerlin|09031243|Baudenkmal Postamt SO 36, 1925–1927}} * [http://www.berlin.de/special/immobilien-und-wohnen/stadtteile/881811-768874-kreuzbergso36.html ''Kreuzberg SO 36''] auf berlin.de * Historische [http://squat.net/archiv/berlin/12.12.80/1/IniSO36.html Presseerklärung der BI SO 36] zu den [[Instandbesetzung]]en in Kreuzberg * [http://www.berliner-zeitung.de/archiv/erneuerung-statt-totalabriss---ein-berliner-stadtviertel-wurde-zum-weltweiten-vorbild-kreuzbergs-retter,10810590,10514576.html ''Kreuzbergs Retter: Erneuerung statt Totalabriss – ein Berliner Stadtviertel wurde zum weltweiten Vorbild''.] In: ''[[Berliner Zeitung]]'' vom 27. Oktober 2007 * {{Der Spiegel|ID=40941796|Titel=SOS für SO 36|Jahr=1977|Nr=13}} == Einzelnachweise == <references /> {Coordinate |NS=52.500000 |EW=13.42 |region=DE-BE |type=landmark}} [Kategorie:Ort in Berlin|SO 36]] [Kategorie:Berlin-Kreuzberg]] ___________________________________________________________________________________________________________________________________