Benutzer:Gordian Epimach/Posttraummatisches Wachstum

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Viele Menschen geraten im Laufe ihres Lebens in eine traumatisierende Situation (siehe Trauma (Psychologie)). Diese kann bei der traumabetroffenen Person zu posttraumatischen Störungen oder zu posttraumatischem Wachstum führen.

Das traumatische Ereignis hat existenzielle Grundannahmen zerstört. Die Lebenssituation hat sich grundlegend verändert. Diese Situation kann zwar nicht verändert werden, jedoch die eigene Sichtweise. Statt an dieser Situation zu zerbrechen, schaffen es Menschen, daran zu wachsen.

Terminologie

Der Begriff „posttraumatisches Wachstum“ (engl. posttraumatic growth) stammt von Tedeschi und Calhoun.[1] Während sich die Klinische Psychologie traditionellerweise mit der Erforschung psychischer Störungen beschäftigt (Posttraumatische Belastungsstörung, Posttraumatische Verbitterungsstörung), steigt seit den 1990er Jahren das Interesse der Traumforschung an positiven Traumafolgen, auf die bereits 1963 Viktor Frankl hingewiesen hat.[2]

Andere in der Literatur gebräuchliche Termini sind Finding Benefits (Affleck und Tennen 1996), Stress-related Growth (Park et al. 1996), Thriving (O’Leary et al. 1995), Positive psychological Changes (Yalom und Liebermann 1991), Transformational Coping (Aldwin 1994).[2]

Bereiche des traumatischen Wachstums

Der Psychologe Richard G. Tedeschi, der als Professor an der UNC Charlotte, North Carolina, USA lehrt, hat zusammen mit seinem Team 5 Bereiche des posttraumatischen Wachstums herausgearbeitet:[3] [2]

1. Intensivierung der Wertschätzung des Lebens

Der durch das traumatische Erlebnis ausgelöste Reifungsprozess führt zu einer Veränderung der Prioritäten. Die Bedeutung der kleinen, alltäglichen Dinge nimmt zu. Materielle Dinge verlieren an Wert, persönliche Beziehungen gewinnen an Wert.

2. Intensivierung der persönlichen Beziehungen

Das traumatische Ereignis hat einen Teil der alten Beziehungen zerstört. Die überlebenden Beziehungen („in der Not erkennt man die wahren Freunde“) werden intensiviert. Gleichzeitig nimmt die Fähigkeit zur Empathie zu. Traumabetroffene Personen empfinden ein erhöhtes Mitgefühl mit anderen, vor allem mit notleidenden Menschen.

3. Bewusstwerdung der eigenen Stärken

Gerade durch das Bewusstwerden der eigenen Verletzlichkeit wächst auch das Gefühl der inneren Stärke. Man weiß nun, dass zwar die Sicherheit im Leben jederzeit angreifbar ist, aber auch, dass man die Folgen schlimmer Ereignisse meistern kann.

4. Entdeckung von neuen Möglichkeiten im Leben

Nachdem alte Ziele zerbrochen bzw. entwertet wurden, sucht man nun nach neuen Zielen und Aufgaben. Dies kann mit einem Berufswechsel oder mit intensivem sozialen Engagement verbunden sein.

5. Intensivierung des spirituellen Bewusstseins

Das durch das traumatische Ereignis herbeigeführte Grenzerlebnis, wirft existenzielle Fragen auf. Die daraus resultierenden Reflexionen über den Lebenssinn und / oder über Gott können zu einer größeren spirituellen Erkenntnis und zu größerer inneren Zufriedenheit führen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass aus einem Verlust ein Gewinn entsteht. Die Traumabetroffen erkennen die im Leben angelegten Paradoxien (z. B. Verletzlichkeit und Stärke). Diese führen zu dialektischem Denken und damit zu einem Zugewinn an Reife und Weisheit.

Phasen des traumatischen Wachstums

[2]

1. Erleben eines Traumas

Dabei werden vorhandene Bewältigungsmöglichkeiten überschritten und Grundannahmen über sich und die Welt zerstört. Dies ist mit massiven psychischen und emotionalem Leid verbunden.

2. Kognitive Bewältigung

2.1 Häufiges automatisches Ruminieren (kognitiver Verarbeitungsprozess)

2.2 Reduktion von emotionalem Distress

2.3 Verabschiedung von unerreichbaren Zielen

2.4 Reflektierendes Ruminieren

2.5 Veränderung der Grundannahmen (engl. schema change)

3. Posttraumatisches Wachstum

Abgrenzung gegenüber verwandten Konzepten

Resilienz (engl. Resilience)

Hardiness

Optimismus

Kohärenzsinn

Coping

Positive Psychologie

Quellenverzeichnis

Richard G. Tedeschi und Lawrence G. Calhoun (1995). Trauma and transformation: Growing in the aftermath of suffering. Newbury Park, Sage Publications Ltd.

Richard G. Tedeschi und Lawrence G. Calhoun (1996). The posttrautraumatic growth inventory: Measuring the positive legacy of trauma. Journal of Traumatic Stress 9, S. 455 - 471.

Tanja Zöllner, Lawrence G. Calhourn und Richard G. Tedeschi: Trauma und persönliches Wachstum (2006), S. 36 – 45. In: Andreas Maercker und Rita Rosner (Hrsg.): Psychotherapie der posttraumatischen Belastungsstörungen, Stuttgart: Thieme Verlag.

Einzelnachweise

  1. Richard G. Tedeschi und Lawrence G. Calhoun (1995). Trauma and transformation: Growing in the aftermath of suffering. Newbury Park, Sage Publications Ltd.
  2. a b c d Tanja Zöllner, Lawrence G. Calhourn und Richard G. Tedeschi: Trauma und persönliches Wachstum (2006), S. 36 – 45. In: Andreas Maercker und Rita Rosner (Hrsg.): Psychotherapie der posttraumatischen Belastungsstörungen, Stuttgart: Thieme Verlag.
  3. Richard G. Tedeschi und Lawrence G. Calhoun (1996). The posttrautraumatic growth inventory: Measuring the positive legacy of trauma. Journal of Traumatic Stress 9, S. 455 - 471.