Benutzer:Gwp/OECD Leitsätze für multinationale Unternehmen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen sind ein Verhaltenskodex für weltweit verantwortliches Handeln von Unternehmen und stellen Empfehlungen von Regierungen an die Wirtschaft dar. Sie sind Teil der Erklärung über internationale Investitionen und multinationale Unternehmen der OECD, die darüber hinaus Fragen zum Investitionsklima und zur Förderung von Auslandsinvestitionen behandelt.

In zehn Kapiteln geben die Leitsätze Empfehlungen für verantwortliches Unternehmerverhalten bezüglich Transparenz, Arbeitsbeziehungen, Umwelt, Korruption, Verbraucherschutz, Technologietransfer, Wettbewerb und Steuern. Sie beziehen sich auf internationale Vereinbarungen wie die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und die ILO-Kernarbeitsnormen und betonen das Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung sowie das Vorsorgeprinzip.

Die OECD verabschiedete die Leitsätze erstmals im Jahre 1976, nach den 1998 gescheiterten Verhandlungen über ein multilaterales Investitionsabkommen (MAI) wurden sie unter Beteiligung von Unternehmensverbänden, Gewerkschaften und NGOs umfangreich überarbeitet und ausgeweitet. Die Leitsätze sind weltweit gültig und richten sich an alle transnationalen Konzerne, deren Hauptsitz in einem Unterzeichnerstaat liegt. Bislang wurden die Richtlinien von den 30 OECD-Ländern und darüber hinaus von Argentinien, Brasilien, Chile, Estland, Israel, Lettland, Litauen, Slowenien sowie von Rumänien unterschrieben.

Mit der Unterzeichnung der Leitsätze verpflichtet sich jede Regierung zur Einrichtung einer Nationalen Kontaktstelle (NKS). Die Kontaktstellen sollen die Umsetzung der Leitsätze fördern und sind vor allem für die Information über die Leitsätze sowie für die Bearbeitung von Beschwerdefällen zuständig. Verstößt ein Konzern gegen die Leitsätze, kann bei der jeweiligen Kontaktstelle eine Beschwerde vorgebracht werden. Diese prüft das Anliegen und leitet bei Annahme der Beschwerde ein Vermittlungsverfahren ein. Falls dieses scheitert, muss die Kontaktstelle offiziell bekannt geben, dass das Unternehmen gegen die Leitsätze verstoßen hat. Wenn erforderlich, muss die NKS Empfehlungen zur Anwendung der Leitsätze aussprechen. Darüber hinaus gehende Sanktionsmechanismen gibt es nicht.

Die Kontaktstelle ist bei einer Regierungsinstanz anzusiedeln, in der Praxis meist eine Abteilung im Wirtschaftsministerium. Die verfahrenstechnischen Anleitungen fordern die Integration aller interessierten Gruppen und ermöglichen bei der Zusammensetzung der Kontaktstelle, „Vertreter der Wirtschaft, der Arbeitnehmerorganisationen und anderer interessierter Parteien in diese Organe einzubeziehen“.[1] Sie legen außerdem vier Schlüsselkriterien für die Arbeit der Kontaktstellen fest: Sichtbarkeit, Zugänglichkeit, Transparenz und Rechenschaftspflicht.

Die Kontaktstelle muss jährlich über ihre Arbeit an den Investitionsausschuss bei der OECD, das Investment Committee (IC) , berichten. Das IC setzt sich aus den Beauftragten für Investitionspolitik der OECD-Mitgliedsländern zusammen und kommt viermal jährlich in Paris zusammen. Neben Fragen zur Investitionspolitik werden strittige Punkte bezüglich der OECD-Leitsätze erörtert, während der Juni-Sitzung findet das Jahrestreffen der Nationalen Kontaktstellen statt. Im Rahmen der Konsultationen während der Sitzungen des IC werden auch Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften und NGOs beteiligt. Die Unternehmen sind durch den Business and Industry Advisory Council (BIAC) bei der OECD vertreten, die Gewerkschaften haben sich zum Trade Union Advisory Council (TUAC) zusammengeschlossen. Um sich international besser auszutauschen und auf OECD-Ebene mehr Einfluss zu gewinnen, haben NGOs im März 2003 das internationale Netzwerk OECD-Watch gegründet.

Weltweit gab es seit der Überarbeitung der Leitsätze bislang mehr als 80 Beschwerdefälle, die von Gewerkschaften und NGOs vorgebracht wurden. Gewerkschaften thematisierten dabei zunächst vor allem Konflikte in Arbeitsbeziehungen, inzwischen mehrheitlich Arbeitsrechtsverletzungen in Nicht-OECD-Staaten. Die NGO-Beschwerden betreffen zumeist Menschenrechtsverletzungen, Gewerkschaftsthemen und Umweltvergehen von Unternehmen in Entwicklungsländern und beziehen sich häufig auf Zulieferbeziehungen.[2]

  1. BMWi, OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, Neufassung 2000, Verfahrenstechnische Anleitungen, S. 33.
  2. Cornelia Heydenreich:"Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen – Ein wirksames Instrument zur Unternehmensregulierung?"