Benutzer:Handtmann01/Handtmannspirallader
Ein Handtmannspirallader (HSLn[1]) gehört zur Bauart der Spiralverdichter und kann somit als eine Weiterentwicklung des G-Laders angesehen werden. Dank dem technologischen Fortschritt und der Materialweiterentwicklung konnte das Spirallader Prinzip wieder aufgegriffen und die ehemalige Anfälligkeit eliminiert werden. Als Zielsetzung hat ein Spirallader die Leistungssteigerung eines Motors bei gleichem Hubvolumen oder alternativ Verbrauchsreduzierung bei Downsizing.
Geschichte
Das Prinzip dieser Gruppe der Verdrängungslader wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von Léon Creux erfunden und in Frankreich und den USA patentiert. Die praktische Anwendung scheiterte jedoch an der komplizierten Fertigung und den Materialanforderungen. Erst in den 1970er Jahren wurde die Idee von Volkswagen wieder aufgegriffen und nach Tests und Detailänderungen Mitte der 1980er Jahre in größeren Stückzahlen verwendet. Unter der Bezeichnung G-Lader kam die Technik im VW Polo G40 sowie im Golf G60, Passat G60 und Corrado zum Einsatz. Der Name leitet sich davon ab, dass das geöffnete Gehäuse an den Großbuchstaben G erinnert. Wegen der schwierigen Herstellung und den hohen Reparatur- und Austauschkosten konnte der Spirallader sich nicht durchsetzen, so dass VW die Fertigung Anfang der 1990er einstellte. Dadurch, dass der Spirallader bis auf die Welle nur oszillierende Teile beinhaltet, ist das Massenträgheitsmoment sehr niedrig und eignet sich ideal zum ein- und auskuppeln bei modernen doppeltaufgeladenen Motoren. Somit ist eine hohe Fahrdynamik möglich, die einem vergleichbaren Saugmotor in nichts nachsteht. Wegen dieser und weiteren positiven Eigenschaften des Spiralladers, beschäftigt sich seit 2009 der Autozulieferer Handtmann mit dessen Weiterentwicklung.[2].
Die in bisherigen Systemen bekannte erhebliche Reibung und der Verschleiß der aufwändigen Dichtelemente und Federn, die zwischen den Stirnseiten von Verdränger und Gehäuse angeordnet sind, wurden im Wesentlichen mit neuartigen Werkstoffen und Hochleistungsbeschichtungen deutlich reduziert. Das Verschleißverhalten wurde einem üblichen Motorlebenszyklus angeglichen. Die durch moderne Motoren einhergehende Ladedruckerhöhung wurde durch spezielle Hochleistungslegierungen sowie mit einem überarbeiteten Wellensystem berücksichtigt. Mit modernen Fertigungszentren ist eine wirtschaftliche industrielle Produktion des Spiralladers möglich [3].
Funktionsweise
Die elementarste Veränderung des HSLn im Vergleich zum bisherigen G-Lader-Konzept ist der Verdränger. Die jetzt einspiralige Ausführung – vormals zweispiralig – reduziert den Bearbeitungsaufwand bedeutend. Durch eine spezielle Dichtkontur (Dichthaken) entfällt beim HSLn die äußere Lauffläche. Die Baugröße bleibt bei gleichem Hubvolumen trotz einspiraliger Auslegung nahezu identisch. Eine Aluminium-Druckgusslegierung für den Verdränger verbessert die mechanischen Eigenschaften wesentlich. Ergänzend dazu sind alle gleitenden Bauteile, wie Dichtleisten und Dichtflächen, mit gleit- und verschleißoptimierten Werkstoffen und Tribologiebeschichtungen ausgeführt [4].
Wird mehr Leistung benötigt - wie zum Beispiel bei einem Überholmanöver - und das Gaspedal gedrückt, kuppelt sich der Lader automatisch ein, baut Druck auf und erhöht somit die zur Verfügung stehende Leistung. Durch den bereits bei niedrigsten Drehzahlen erzeugbaren hohen Ladedruck wird eine hohe Elastizität des Verbrennungsmotors generiert, wodurch ein Schaltvorgang in einen niedrigeren Gang nicht mehr notwendig ist. Im Vergleich zu Saugmotoren bzw. einfach aufgeladenen Motoren verringert sich bei gleicher Motorleistung der Kraftstoffverbrauch als auch der CO2-Ausstoß. Um mechanische Verluste zu reduzieren kann bei nahezu konstanter Geschwindigkeit bzw. geringer Leistungsabnahme bei Bedarf der Lader abgeschaltet werden. Falls die nötige extra Leistung wieder benötigt wird schaltet sich der Lader automatisch dazu.
Einsatzmöglichkeiten
Als alleiniges Aufladesystem eignet sich der HSLn für kleinvolumige Downsizing-Ottomotoren, bei denen der ungünstigere Wirkungsgrad des Abgasturboladers bei niedrigen Drehzahlen mit einer geringen Abgasenthalpie zusammentrifft. Hier bietet der HSLn ein deutlich besseres Low-End-Torque-Verhalten und die Möglichkeit einer drehzahl- und somit verbrauchssenkenden Getriebeauslegung. Dank der guten Wirkungsgrad-Charakteristik eignet sich der HSLn optimal als Booster für zweistufige Aufladesysteme in Kombination mit einem Abgasturbolader. In dieser Konfiguration ist er für Motoren mit bis zu zwei Liter Hubraum geeignet. Dabei sorgt der HSLn, im Vergleich zu einem mechanischen Schraubenlader, bei niedrigen Drehzahlen für ein besseres Leistungs- und Drehmomentverhalten bei deutlich geringerem Kraftstoffverbrauch. Dagegen ist mit einem Abgasturbolader (ATL) aufgrund des vergleichsweise breiteren Verdichterkennfeldes eine höhere Endleistung realisierbar.
Ein weiteres Einsatzgebiet des HSLn sind emissionsoptimierte kleinvolumige Dieselmotoren. Kombiniert mit einer Niederdruck-AGR-Strecke wurde nachgewiesen, dass der HSLn schon bei geringen Drehzahlen hohe Druckverhältnisse in Kombination mit einer hohen Abgasrückführrate darstellen kann. Durch den Entfall der Hochdruck-AGR-Strecke kann die Abgasstrecke konsequent weiter entdrosselt werden. Im Vergleich zu einem mittels Abgasturbolader aufgeladenen Dieselmotor sind bei niedrigen Drehzahlen letztlich deutlich geringere Emissionswerte der Stickoxide und Partikel, insbesondere bei den Beschleunigungsphasen, möglich. Wie bei Ottomotoren erreicht der HSLn bei Dieselmotoren ein besseres Low-End-Torque-Verhalten, wodurch längere und verbrauchsoptimale Getriebeübersetzungen ermöglicht werden.
Praxiseigenschaften
Im Vergleich zu einem mechanischen Schraubenlader oder einem Abgasturbolader (ATL) ermöglicht der HSLn dem Verbrennungsmotor bereits ab Leerlaufdrehzahl, ein maximales Drehmoment (Low-End-Torque) darzustellen, ohne dass in höheren Kennfeldpunkten Nachteile entstehen. Die daraus resultierende hohe Dynamik steigert das Fahrerlebnis deutlich. Dies liegt im Wesentlichen an dem insgesamt besseren volumetrischen Wirkungsgrad sowie einem sehr hohen Gesamtwirkungsgrad. Dieser beträgt beim aktuellen Entwicklungsstand über einen breiten Kennfeldbereich mehr als 70 Prozent und liegt somit etwa zehn Prozentpunkte über dem Gesamtwirkungsgrad bisher bekannter Spiralladerkonzepte. Im normalen Fahrbetrieb wird der HSLn zu großen Teilen in dessen optimalem Wirkungsgradbereich betrieben. Daraus resultieren messbare Kraftstoffverbrauchsvorteile. Zusätzliches Potenzial ist in Kombination mit einer längeren Getriebeübersetzung durch das sogenannte Downspeeding bei dennoch guter Fahrperformance gegeben. Zur Minimierung der mechanischen Reibleistungsverluste des Verbrennungsmotors kann der HSLn optional mit einer elektromagnetischen Kupplung ausgestattet werden. Dadurch erfolgt bei nahezu konstanter Fahrzeuggeschwindigkeit beziehungsweise geringer Motorlast eine bedarfsgerechte Steuerung der HSLn-Antriebsleistung. Das geringe Massenträgheitsmoment des HSLn sorgt dabei für weitgehend unmerkliche Schaltvorgänge und spontane Reaktionen auf veränderten Leistungsbedarf.
Vorteile des HSLn:
- Vom Abgasstrom unabhängige Regelbarkeit des Ladedrucks
- Nahezu schwingungsfreier Betrieb im Ladeluftstrom erübrigt kostenintensive Maßnahmen zur Geräuschreduzierung oder -dämmung
- Verbesserung des thermodynamischen Wirkungsgrads des Verbrennungsmotors durch positive Ladungswechselarbeit
- Hohe AGR-Verträglichkeit unterstützt innermotorische Optimierungsmaßnahmen
- Durch geringeren Abgasgegendruck sinkt der benötigte Ladedruck und verringert das Klopfneigungspotenzial mit der Möglichkeit zur Verdichtungsverhältniserhöhung
- ATL-Schutzmaßnahmen wie beispielsweise „Volllastanfettung“ entfallen
- Kombinierte Bauform und Wartungsfreiheit
Nachteile des HSLn:
- mechanischer Lader benötigt durch Kopplung mit der Kurbelwelle zusätzliche Energie
- Beschränkung des Luftdurchsatzes bzgl. Baugröße und Wirtschaftlichkeit
- Doppelte Aufladung mit mechanischem Lader und Abgasturbolader zieht deutliche Mehrkosten mit sich
- berührende innenliegende Dichtungen bedeuten Verschleiß über Lebensdauer
- bei niedrigen Drücken und hohen Luftdurchsätzen überwiegt die Reibleistung und senkt den Wirkungsgrad
Siehe auch
Literatur
- Günter P. Merker, Christian Schwarz, Rüdiger Teichmann (Hrsg.): Grundlagen Verbrennungsmotoren: Funktionsweise, Simulation, Messtechnik (= ATZ-MTZ-Fachbuch). 6. Auflage. Vieweg+Teubner Verlag, 2012, ISBN 978-3-8348-1393-0, S. 795.
- Gert Hack (Hrsg.): Turbo- und Kompressormotoren: Entwicklung und Technik: Entwicklung, Technik, Typen. 3. Auflage. Motorbuch Verlag, 2003, ISBN 978-3-613-01950-8, S. 352 Seiten.
- K. Zinner: Aufladung von Verbrennungsmotoren: Grundlagen - Berechnungen - Ausführungen. Hrsg.: W. Osten. 3. Auflage. Springer Berlin Heidelberg, 1985, ISBN 978-3-540-15902-5, S. 353 Seiten.
- Jürgen Licht, Stephan Wanner, Oliver Maiwald, Jens Keuler: Neue Spirallader-Generation - Mehr Leistung bei weniger Verbrauch. In: Wolfgang Siebenpfeiffer, Dr. Johannes Liebl (Hrsg.): MTZ - Motortechnische Zeitschrift Ausgabe: 10/2012. Springer Vieweg Verlag, 2012, ISSN 0024-8525 10814(?!).
Einzelnachweis
- ↑ "Wortmarke HSL" abgerufen am 18. Oktober 2012
- ↑ "Rückkehr des Spiralladers"abgerufen am 20. November 2012
- ↑ "Der neue Spirallader auf der IAA 2009" abgerufen am 3. August 2012
- ↑ "Handtmann Firmengruppe entwickelt neuen Spirallader: Handmann Spirallader HSL" abgerufen am 20. Oktober 2012
Weblinks
[[Kategorie:Verdichter]] [[Kategorie:Leistungssteigerung (Verbrennungsmotor)]] [[Kategorie:Abgasanlage (Verbrennungsmotor)]] [[Kategorie:Ansaugtrakt]] [[Kategorie:Kreiselpumpe]]