Benutzer:HardDisk/Tanztherapie

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Die Tanztherapie ist eine psychotherapeutische Disziplin aus dem Bereich der künstlerischen Therapien. Der frei improvisierte Tanz dient dem individuellen Ausdrücken, Verstehen und Verarbeiten von Gefühlen und Beziehungen. Der Tanz, als jede Art von Bewegung mit kreativem Ausdruck und Kommunikation, ist der Kernbestandteil der Tanztherapie, die sich in den 40er Jahren in den USA entwickelte. Marian Chace, Trudi Schoop, Lilian Espenak und Mary Whitehouse sind die wichtigsten Begründerinnen verschiedener tanztherapeutischer Richtungen.

Tanztherapie steigert nach Angaben der Anbieter Körper- und Selbstwahrnehmung, führt zu einer Erweiterung des Bewegungsrepertoires und fördert den authentischen Ausdruck durch die Integration des Unbewussten. Sie versteht sich als „die psychotherapeutische Verwendung von Tanz und Bewegung zur Integration von körperlichen, emotionalen und kognitiven Prozessen des Menschen.“[1] Die Grundannahmen der Tanztherapie berücksichtigen Einflüsse aus der Tiefenpsychologie und der humanistischen Psychologie.

Der Berufsverband der TanztherapeutInnen Deutschlands e.V. (BTD) definiert Tanztherapie wie folgt: "Tanztherpie versteht sich als die psychotherapeutische Verwendung von Tanz und Bewegung zur Integration von körperlichen, emotionalen und kognitiven Prozessen des Menschen." Die American Dance Therapie Association (ADTA) definiert Tanztherapie als "die psychotherapeutische Verwendung von Bewegung als Prozess, der die emotionale und physische Integration des Individuums zum Ziel hat."

Die Geschichte der Tanztherapie

Der Beginn der Entwicklung der Tanztherapie lag in den 1920er Jahren in Deutschland. Eine Pionierrolle spielte dabei Rudolf von Laban (1879–1958). Eine Schülerin von Labans war die deutsche Tänzerin Mary Wigman (Karoline Sofie Marie Wiegmann 1886–1973), die in ihrem Buch „Die Sprache des Tanzes“ den Ausdruckstanz und ihr Erleben als Tänzerin beschreibt und somit wichtige Impulse zur Entwicklung der Tanztherapie gibt. Weitere Schülerinnen von Rudolf von Laban und Mary Wigmann waren Irmgard Batenieff, Franziska Boas, Liljan Espenak und Mary Whitehouse. Als Emigrantinnen verfolgten sie in den USA die theoretischen und praktischen Gedanken ihrer Lehrer weiter und entwickelten selber neue daraus. Durch ihre Arbeit mit Behinderten und psychisch kranken Menschen entdeckten sie kontinuierlich neue therapeutische Möglichkeiten des Tanzes. Die Bühnentänzerinnen Trudi Schoop und Marian Chace trugen ebenfalls zur Entwicklung der Tanztherapie bei. Sie erprobten ab etwa 1950 die positive Wirkung von Tanz bei psychisch schwer gestörten Menschen. Heute werden Franziska Boas, Marian Chace, Liljan Espenak, Mary Whitehouse und Trudi Schoop als „die Mütter der Tanztherapie“ bezeichnet. Sie alle wuchsen in der Zeit des Ausdruckstanzes auf und hatten bereits viele Erfahrungen im Tanz als künstlerisches Ausdrucksmittel gemacht. Durch Erlebnisse in ihren Tanzstudios und Kontakten zu tiefenpsychologischen Therapeuten wurde die Tanztherapie von ihnen wiederentdeckt. Zunächst war aber keine von ihnen Klinikerin, Psychologin oder Psychotherapeutin.

Die Pionierinnen der Tanztherapie

Franziska Boas versuchte schon 1941 zusammen mit einer Fachärztin für Kinderpsychiatrie in einer Klinik mit psychisch kranken Kindern im Alter von 12 Jahren tänzerisch zu arbeiten.

Liljan Espenak (1905–1988) hatte an der Hochschule für Leibeserziehung in Berlin studiert und ließ sich nach ihrer Ausbildung bei Mary Wigman am Alfred-Adler-Institut in Individualtherapie ausbilden. Sie versuchte für jeden ihrer Patienten und Schüler Bewegungsfreiheit zu erzielen, indem sie durch die bewusste Koordination von Körperteilen und rhythmischen Improvisationen Veränderungen im Lebensstil des Tanzenden anstrebte. Diesen Vorgang vollzog Liljan Espenak mit jedem Patienten einzeln als Vorbereitung für die Gruppentherapie. In der Gruppenarbeit wurden Rollenspiele gemacht, die den Patienten helfen sollten, zu lernen, mit verschiedenen Situationen klarzukommen. Außerdem wurden Dehn- und Kräftigungsübungen durchgeführt um einen größtmöglichen Bewegungsausdruck zu ermöglichen. Liljan Espenak nutzte Musik, um Emotionen zu unterstreichen oder hervorzulocken.Espenaks erste Patientengruppe bestand aus geistig behinderten Kindern. Später arbeitete sie auch mit neurotischen und psychosomatischen Menschen in Einzel- und Gruppentherapie. Sie hatte 1969 in New York den ersten Tanztherapiestudiengang gegründet.

Mary Whitehouse (1886–1973) entwickelte ihren Ansatz zur Tanztherapie aus ihrer tänzerischen Erziehung in Europa und Amerika und durch den Kontakt mit der Tiefenpsychologie Carl Gustav Jungs. Sie entwarf die Jungianische Tanztherapie, die heute in den USA weit verbreitet ist.

Trudi Schoop (1903–1999) war eine Bühnentänzerin und wanderte Anfang des Zweiten Weltkrieges aus der Schweiz nach Kalifornien aus. Dort begann sie ihre Tanztherapie für chronisch psychotische Menschen zu entwickeln.

Marian Chace (1896–1970) war die bekannteste und bisher einflussreichste Pionierin der Tanztherapie. Sie bezeichnete sich selbst nie als Psychotherapeutin, aber ihre Arbeit mit den Patienten kam der Psychoanalyse doch sehr nahe. Marian Chace legte großen Wert darauf, dass ihre Patienten lernten, ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen, um sie besser zu verarbeiten. Es gelang ihr, deren Bewegungen aufzugreifen und widerzuspiegeln, wodurch sie sich ihren Gefühlen leichter bewusst wurden. Heute ist Bewegungsspiegeln eine der Hauptmethoden der Tanztherapie. Marian Chace war der Meinung, dass Tanztraining in vielen Tanzformen für Tanztherapeuten wichtig sei, aber durch akademisches Wissen abgesichert werden müsse. Sie war die treibende Kraft, die 1965/66 maßgeblich zur Gründung der American Dance Therapy Association beitrug.

Der ersten Generation der „Mütter der Tanztherapie“ folgte die zweite Generation, die „Töchter“. Die „Töchter“ waren Frauen mit Tanzausbildung und z. T. auch mit Bühnenerfahrung, die sich in der theoretischen Begründung der Tanztherapie an psychotherapeutischen Konzepten orientierten. Sie ließen ihren Tanzausbildungen psychotherapeutische Ausbildungen folgen. Repräsentativ für die Arbeit dieser Generation sind die Beiträge von Erma Dosamantes-Alperson, Penny Lewis-Bernstein und Elaine von Siegel.

Der Stand der Tanztherapie heute

Die Ansätze der Pionierinnen der Tanztherapie wurden von nachfolgenden Akteuren und Akteurinnen meist eigenständig weiterentwickelt. Deswegen gibt es heute viele unterschiedlich konzipierte Formen der Tanztherapien.

Anfang der 1980er Jahre wurde in den USA das 2-jährige Studium für einen Master-Abschluss in Tanztherapie mit vorgegebenen Standards etabliert. Andere Formen der Ausbildung wurden vom ADTA nicht mehr anerkannt. In Europa zeigt sich eine unterschiedliche Entwicklung. In einigen Ländern (England, Spanien, Niederlande) sind die Ausbildungen ebenfalls an den Universitäten etabliert. In allen anderen Ländern werden sie durch private Ausbildungsinstitute angeboten. In Deutschland wurde 1995 der Berufsverband der TanztherapeutInnen Deutschlands gegründet, der Standards für die vierjährige berufsbegleitende Ausbildung zur Tanztherapeutin vorgibt. Pionierinnen der Tanztherapie in Deutschland wie Susanne Bender, Marianne Eberhard-Kaechele, Petra Klein, Sabine Trautmann-Voigt und Elke Willke hatten in jahrelanger Vorbereitung die Grundlagen für die Standards entwickelt. Diese Standards garantieren eine fundierte Ausbildung, so dass die Absolventen einen sicheren Umgang mit den psychotherapeutischen Interventionen der Tanztherapie erlangen. Ausbildungsinstitute müssen für die Anerkennung durch den Berufsverband die Ausbildungsstandards erfüllen, vertreten aber durchaus unterschiedliche theoretische Ausrichtungen (psychoanalytische, systemische, Gestalt-Grundlagen), die Schwerpunkte erlauben ohne die grundsätzlichen Kenntnisse und Fertigkeiten zu vernachlässigen. Das Niveau der Standards orientiert sich an anderen psychotherapeutischen Ausbildungen und den entsprechenden nationalen und internationalen Entwicklungen. Da der Begriff „Tanztherapie“ als Berufsbezeichnung nicht geschützt ist, werden auch Fortbildungen von kürzerer Dauer angeboten, die nicht nur unzureichend qualifizieren, sondern häufig auch in ihren Methoden nicht dem international gängigen Verständnis der Tanztherapie entsprechen. Derzeit wird an der Etablierung eines europäischen Tanztherapieverbandes gearbeitet, der die berufspolitischen Interessen innerhalb Europas vertreten kann.

Theorie

Tanztherapie nutzt Tanz und Bewegung in psychotherapeutischer Weise zur Integration von körperlichen, emotionalen und kognitiven Prozessen sowie als Medium zu Persönlichkeitserweiterung des Menschen. Sie ist zum einen eine Form der künstlerischen Therapie, zum anderen eine Form der Körperpsychotherapie mit einem besonderen Focus auf der Symbolik der Bewegung. Seit den 80er Jahren im Gesundheitswesen etabliert, integriert sie Erkenntnisse aus Psychologie, Psychotherapieforschung (z. B.Psychotraumatologie, nonverbaler Kommunikationsforschung, Kreativitätsforschung und den Körperpsychotherapien). Seit den 90er Jahren werden zunehmend evidenzbasierte Studien durchgeführt (Koch & Bräuninger, 2006).

Tanztherapeutische Interventionen basieren auf der Überzeugung, dass psychophysische Gesundheit von der Integration der Körper-Seele-Geist-Einheit abhängt. Bewegung und psychische Entwicklung laufen parallel und können nicht getrennt von einander betrachtet werden. So lernt z.B. ein Kind genau dann krabbeln, wenn es auch kognitiv in der Lage ist, sich eigenständig räumlich zu entfernen ohne das innere Bild der Mutter zu verlieren. Ist diese fein abgestimmte Einheit unterbrochen, ist Wachstum und Kommunikation gefährdet oder gestört. Tanztherapie nutzt Tanz und Bewegung in psychotherapeutischer Weise zur Integration abgespaltener körperlicher, emotionaler und kognitiver Anteile sowie als Medium zur Persönlichkeitsentfaltung des Menschen. Ausgehend von der Tatsache - die von aktuellen neurobiologischen Studien gestützt wird -, dass ein Mensch sich nicht auf Grund von kognitiven Erfahrungen verändert, sondern er nur durch neue körperlich-emotionale Erfahrungen alte krankmachende Muster durchbrechen kann (Bauer,2005), werden diese Muster in der Tanztherapie angeboten, erprobt und in den Alltag integriert. Auch wenn einige dem Tier ebenfalls tänzerische Bewegungen zuschreiben, so gilt es hier doch zu unterscheiden, dass letztendlich kein Tier in dem Sinne tanzt, dass es sich selbst zuwenden kann. Das Zuwenden zur eigenen Person setzt ein Bewusstsein seiner selbst voraus. Tanzähnliche Bewegungen (der Tanz der Mücken u.a.) entstammen einer funkionalen und instinktmäßig gebundenen und gerichtetetn Getriebenheit und Gelenktheit. Nur der Mensch kann sich seinem körperlichen Sein zuwenden, in seiner Gestaltungs- und Bewegungsfreiheit wahrnehmen und erfassen und zu sich Stellung nehmen. Es ist somit nicht entscheidend, welche Bewegungen ein Mensch macht, damit es ein Tanz wird, sondern ob er durch die Bewegung zu sich Stellung nimmt. Somit könnte man sagen ist jede Bewegung des Alltags, die diese Stellungsnahme beinhaltet, ein Tanz. Diese Fähigkeit des Menschen, sich im Körper selbst zu erfassen und sich ganzheitlich zu repoduzieren werden in der Tanztherapie genutzt. Es geht also nicht um das Erlernen von bestimmten Tänzen, sondern um die Suche nach dem authentischen Ausdruck und letztendlich der authentischen Lebensgestaltung.

Ziele der Tanztherapie sind:

  • - die Integration vorsprachlicher Erlebnisse durch Einbeziehung der Körpersprache und des Körpergedächtnisses
  • - Förderung der Körperwahrnehmung
  • - Entwicklung eines realistischen Körperbildes
  • - Förderung des persönlichen Bewegungsausdrucks und der authentischen Bewegung
  • - Förderung der Eigen- und Fremdwahrnehmung
  • - Bearbeitung emotionaler Erlebnisinhalte
  • - Bearbeitung intra-/interpsychischer Konflikte
  • - Erwerb neuer Möglichkeiten von Beziehungsgestaltung / Handlungskompetenzen
  • - sprachliche Aufarbeitung und Reflexion des Bewegungsgeschehens
  • - Bewusstwerdung und Integration des Erlebten.

Als Einzel- bzw. Gruppentherapie findet sie durch ihre Methodenvielfalt bei allen Altersgruppen Anwendung. Ausdrucks-, Anpassungs- und Kommunikationsverhalten sind in Muskelspannung, Atmung, Rhythmen, Formen, Haltung und Bewegungsdynamik beobachtbar und durch tanztherapeutische Interventionen beeinflussbar. (Infoblatt Berufsverband der TanztherapeutInnen Deutschlands e.V., Koch & Bräuninger,04/2008)

Die Anwendungsbereiche der Tanztherapie

Die Einsatzbereiche der Tanztherapie sind vielfältig. Im folgenden seien die wichtigsten genannt : Psychiatrie,Tageskliniken, psychosomatische Einrichtungen, Psychotherapie, sonderpädagogische Einrichtungen, ambulante Praxen für Tanztherapie (nach HPG, z. B. neurotische und psychosomatische Klienten), Onkologie, Neurologie, Rehabilitation, Suchteinrichtungen, Krisenintervention bei Klienten mit starken körperlichen Veränderungen (z. B. nach Unfällen,Krebserkrankungen etc.), Prävention-, Paar- und Familientherapie, Beratungsstellen.

Die Diagnose

Mit der Bewegungsanalyse versucht der Therapeut durch Körperhaltung, Gesten, Mimik, Rhythmus, Tempo, Beziehung zum Raum und Atemmuster des Patienten mehr über dessen Probleme zu erfahren. Um mehr über diese einzelnen Themenbereiche zu erfahren, arbeiten die Therapeuten vor allem zu Beginn der Therapie mit speziell für den betreffenden Bereich geeigneten Diagnosetests.

Bewegungsanalytische Diagnoseverfahren

Neben den allgemeinen Diagnosekriterien, mit denen eine qualifizierte Tanztherapeutin vertraut ist, nutzt die Tanztherapie die Bewegungsananlyse als differenziertes Diagnoseinstrument. Hierbei ist weltweit die Laban Bewegungsanalyse und das Kestenberg Movement Profile am häufigsten in der Tanztherapie verankert und ermöglicht einen professionellen Austausch über die Grenzen hinweg. Die Laban Bewegungsananlyse hat sich aus der Beobachtung von Erwachsenen entwickelt und setzt sich aus vier Grundstrukturen zusammen:

  1. . den Antrieben (Wie mache ich eine Bewegung?)
  2. . der Formgebung (Was mache ich?)
  3. . der Raumnutzung (Wie nutze ich den Raum in der Bewegung?)
  4. . und dem Einsatz des Körpers. (Welche Körperteile sind bei einer Bewegung involviert?)

Die Laban Bewegungsananlyse bietet gegenüber anderen Bewegungsanalyseinstrumenten, die in der psychiatrischen oder psychosomatischen Forschung eingesetzt werden den Vorteil, dass sie rein diskriptiv und hypothesenungebunden ist. Das gesamte Bewegungsverhalten einschließlich qualitativer Aspekte erfasst und bei klinischen Fragestellungen eine hohe Sensibilität zeigt. (Bender 2007)

Das Kestenberg Movement Profile baut auf der Laban Bewegungsanalyse auf und entwickelte sich aus der Beobachtung von Säuglingen und Kindern. Dies führte zu einer Differenzierung in einigen Bereichen, da es stärker die Entwicklung von Bewegung berücksichtigt und psychische Korrelate setzt. Eine Interpretation der Bewegung ist sowohl auf der Entwicklungs- als auch auf der psychologischen Ebene möglich, wobei diese nicht scharf voneinander zu trennen sind. Das Kestenberg Movement Profile setzt sich aus verschiedenen Kategorien zusammen, die noch jeweils Unterkategorien haben:

  1. . Spannungsflussrhythmen: Wie reguliert der Körper die psychische Energie?
  2. . Spannungsflusseigenschaften: Wie reguliert das Temperament Gefühle?
  3. . Vorantriebe: Wie versuche ich eine Bewegung zu machen? Wie sind meine Lernstrategien?
  4. . Antriebe (wie bei der Laban Bewegungsanalyse): Wie ist meine innere Beteiligung?
  5. . Bipolarer Formfluss: Wie reguliere ich meine allgemeine Bedürftigkeit?
  6. . Unipolarer Formfluss: Wie reguliere ich meine gerichtetet Bedürftigkeit?
  7. . Richtungsbewegungen (wie bei der Laban Bewegungslehre): Welche Verbindungen zur Umwelt stelle ich her?

Daraus ergeben sich mehr als 70 Bewegungselemente, die miteinander kombiniert werden können. Durch diese Vielfältigkeit ist die Tanztherapeutin in der Lage, die Individualität und ressourcen der Person zu erkennen und zu fördern. (Laban, 1988; Kestenberg et al., 1999; Bender, 2007) Martha Davis, eine Tanztherapeutin der 2. Generation, entwicklete eine Bewegungsinstrumentarium, das MOvement Psychodiagnostic Inventory (MPI), mit dem man Bewegungsmuster erkennen kann, die typisch für Erkrankungen des schizophrenen Formenkreises, der Persönlichkeitsstörungen und anderer psychischer Erkrankungen sind. (Davis, 1991) (Quellen: Bender, Susanne (2007): Die psychophysische Bedeutung der Bewegung. Ein Handbuch der Laban Bewegungsanalyse und des Kestenberg Movement Pofiles. Logos Verlag, Berlin; Davis, Martha (1991): Guide to Movement Analysis Methods Part 2: Movement Psychodiagnotic Inventory, available through the author; Kestenberg Amighi, Janet; Lewis, Penny; Loman, Susan, Sossin, Mark (1999): The meaning of Movement - Developmental and Clinical Perspectives of the Kestenberg Movement Profile. Gordon and Breach, Amsterdam; Laban, Rodolph von (1988): Die Kunst der Bewegung, Florian Noetzel Verlag, Wilhelmshaven.)

Die Methoden der Tanztherapie

Weit verbreitete Instrumente der Tanztherapie sind die Laban-Bewegungsanalyse (LMA), das Movement Psychodiagnostic Inventory (MPI) und das Kestenberg-Bewegungsprofil (KMP) sowie deren Weiterentwicklung zum phänomenologischen Bewegungsbeobachtungsinstrumentarium RES (rhythmisch-energetische Struktur sichtbarer und unsichtbarer Bewegung), die sowohl für Assessment und Diagnostik als auch für Interventionen und Therapieevaluation eingesetzt werden. [2] Methodische Hauptelemente der Tanztherapie sind die Tanztechnik, Nachahmung, Improvisation und die Gestaltung. Diese Bereiche bauen aufeinander auf und ergänzen sich: Durch die Arbeit mit der Tanztechnik wird ein gewisses Repertoire an Bewegung gelernt, das für die Improvisation nötig ist. In der Gestaltung werden Elemente aus den beiden Bereichen miteinander verbunden.

Desweiteren stehen der Tanztherapie bestimmte Grundtechniken, bzw. tanztherapeutische Basismethoden zur Verfügung. Sehr häufig in der Therapie eingesetzte Methoden sind (u.a.): die Chace-Technik, die Authentische Bewegung.

Die Chace-Technik

Die Chace-Technik ist heute fester Bestandteil in der tanztherapeutischen Arbeit vor allem mit psychisch kranken Menschen. Im Kreis vereint und durch die Tanztherapeutin in ihren Bewegungen respektvoll gespiegelt, erfahren die Patienten den Ausdruck ihrer Emotionen ohne notwendigerweise darüber sprechen zu müssen. An ihren Schülern ihrer Tanzschule fiel Marian Chace immer wieder auf, dass sehr viele Gefühle der Einsamkeit, Ungeschicklichkeit, Scheu und Aggressivität ausgedrückt wurden, so dass sie das Ziel ihres Unterrichts änderte. Sie begann ihr Tanztraining nicht mehr als einen Unterricht in einer Kunstform, sondern als ein Medium der Kommunikation und Körperwahrnehmung einzusetzen (Chaiklin, 1975). Marian Chace wurde am St. Elisabeths's Hospital in Washington D.C. zur Arbeit mit psychisch Kranken gebeten. Später arbeitete sie zusätzlich in Chestnut Lodge, einer Abteilung, die berühmt war für ihre fortschrittlichen Therapeuten und ihre innovativen Ansätze in der Psychiatrie. Die Situation, der Chace sich in der damaligen Klinik gegenüber sah, war gekennzeichnet durch große Stationen und viele Patienten, die - im Gegensatz zu heute - keine Medikamente bekamen. Sie erlebte also die Patienten in ihrem vollen Krankheitsbild (ohne Einfluss sedierender Medikamente) mit all ihren seelischen Nöten und dem spezifischen Bewegungsverhalten. Sie konzentrierte sich auf die Arbeit mit averbalen Schizophrenen. Wie es Chace Definition als dance for communication schon deutlich macht, ging es ihr vor allem darum, über den Tanz Kontakt zu ihren Patienten zu bekommen und diesen auch innerhalb der Gruppe herzustellen. Sie erlebte bei den psychotischen Patienten die Desintegration des Körpers, ein häufig unrealistisches Körperbild und entfremdete Körperwahrnehmung. Chace setzte den Tanz ein, um den Patientinnen ihre Körperlichkeit wieder bewusster zu machen. Diagnosen waren für sie nicht wichtig, sie begnete den Menschen so, wie sie waren und die Kommunikation fand meist nonverbal statt. Die dem Tanz innewohnende expressive Kraft machte es möglich, für Gefühle den Ausdruck zu finden, der auf der verbalen Ebene nicht möglich war. Auf dieser tänzerisch-symbolischen Ebene war es ihr möglich, auf die Gefühle einzugehen und mit ihnen zu arbeiten. Die therapeutische Beziehung stellte Chace vor allem über die Technik, des Spiegelns her, der ursprünglichen Beziehungsdynamik von Mutter und Kind, die heute durch die Entdeckung der Spiegelneurone (Bauer, 2005) neurobiologische Bestätigung erfährt: Eine Bewegung des Patienten wird aufgegriffen, strukturiert und für alle in der Gruppe zugänglich gemacht. Damit schuf Chace, genau wie jede Mutter bei ihrem Kind, eine Basis des Vertrauens und Gesehen-Werdens. Chace spürte zunächst die momentane Atmosphäre im Raum auf. Dieser Atmosphäre begegnete sie mit einer entsprechenden Musik. War die Stimmung laut und unruhig, wählte sie eine schnelle und laute Musik, war die Stimmung depressiv, wählte sie eine sanfte Musik, jedoch immer gekennzeichnet durch einen klaren Rhythmus, der den Patienten viel Halt und Sicherheit gab. Der Rhythmus der Musik diente dazu, die Gruppe zusammenzubringen. Das Erleben einer gemeinsamen Bewegung stand im Vordergrund und nicht die Interpretation der Musik. Aus diesen Erfahrungen entwickelte Chace eine spezielle tanztherapeutische Technik, die Chace-Technik, die (meist) im Kreis stattfindet und die sich für die Arbeit mit psychisch kranken Menschen besonders gut eignet und zum Grundrepertoire einer jeden Tanztherapeutin gehören muss. Die Form des Kreises mit seiner klaren Struktur ermöglicht Gleichheit, Überblick, Sicherheit und Geborgenheit. Das Spiegeln als Methode zieht sich durch die gesamte Stunde. Chace orientierte sich ausschließlich an den Bewegungen der Patienten, die sie aufgriff und zu Gruppenbewegungen machte. Durch Vergrößerung und Intensivierung der Bewegungen oder Verdeutlichung eines Raumweges schuf sie die Möglichkeit, den emotionalen Gehalt einer Bewegung fühlbar zu machen. Aus einem zunächst leichten Knicken eines Fußes in die Kreismitte kann sich beispielsweise der Gefühlsausdruck Wut durch immer deutlicher werdenes Treten entwicklen. Diese intensive Bewegung wird von der ganzen Gruppe ausgeführt und erhält so etwas Rituelles und verliert ihre Bedrohung. Die Bewegung steigert sich bis zu dem Höhepunkt, den sie Gruppe, der Mut und die Kondition zulässt. Die Bewegungserfahrung wird durch das Benennen von Bildern, Assoziationen und Erinnerungen verstärkt und emotional integriert. Nach der Anstrengung erfolgt die Erschöpfung. Große Bewegungen werden kleiner, schnelle werden langsamer. So machen die Patienten die Erfahrung, dass kein Gefühlsausdruck für "ewig" bleibt, sondern zeitlich begrenzt ist. Dies nimmt einen großen Teil der Bedrohlichkeit innerer Bilder und gibt eine Kontrolliertheit vom körperlichen Gefühlsausdruck. (Chaklin, 1975; Bender, 2009)

Die Authentische Bewegung

Alle tanztherapeutischen Interventionen dienen letztlich dem Ziel zu einer authentischen Bewegung, einer direkten und ehrlichen Kommunikation mit sich selbst und anderen zu kommen. Denn Authentizität ist nur dann möglich, wenn die eigenen Gefühle wahrgenommen werden und einen Ausdruck finden können. Eine authentische Bewegung ist die frei fließende, ungehinderte Bewegung, also ein unmittelbarer Ausdruck dessen, wie sich die Person in dem Augenblick fühlt. Eine authentische Bewegung wird nicht durch das Bewusstsein kontrolliert oder bewertet. Sie geschieht einfach. Das Bewusstsein kann sie zulassen und eventuell mit einer Geschichte füllen. Bei der Methode der Authentischen Bewegung geht es um das Vertrauen in den Körper, in die innewohnenden Kräfte, in die Gewissheit, dass er schon das Richtige tun wird. Das Ziel ist es, die negativen Schranken, die sich das Individuum entweder selbst errichtet hat oder durch die Umwelt erfährt, abzubauen. Authentizität kann nur wiederentdeckt werden, wenn der Mensch seinem Eigenpotential vertraut, so dass er seinen eigenen Lernweg und seine eigene Entwicklungsrichtung selbst bestimmen kann. Authentizität muss nicht erlernt, sondern wiedergefunden werden. Kein Säugling macht sich Gedanken um die Echtheit seiner Gefühlsausdrücke. Erst die Auseinandersetzung mit der Umwelt bringt das Verstecken der eigenen Impulse mit sich. Letztendlich ist es Ziel jeder tanztherapeutischen Intervention, eine Bewusstheit der eigenen Authentizität zu erlangen, so dass die innere Freiheit entsteht, zu entscheiden, wann diese gezeigt werden möchten und wann es ratsam ist, diese für sich zu behalten. Mary Whitehouse, die Begründerin der tanztherapeutischen Technik Authentische Bewegung hat bei Mary Wigman Ausdruckstanz studiert und anschließend Jung'sche Psychologie. Besonders Janet Adler und Joan Chodorow haben die Methoden nach Mary Whitehouse weiterentwicklet. Sie ist Bestandteil jeder tanztherapeutischen Ausbildung und stellt das Kernprinzip der Tanztherapie dar: Die Findung der eigenen, authentischen Bewegung (Bender, 2009) Authentische Bewegung eigent sich für innerlich überstrukturierte Menschen. Zielgruppen sind insbesondere alle diejenigen, die ihr Körpergefühl wiedergewinnen wollen. In der Authentischen Bewegung gibt es immer eine ganz klare Unterscheidung zwischen der Person, die sich bewegt (mover) und dem Zeugen (witness). ALs Zeuge steht immer der Tanztherapeut zu Verfügung und in manchen Formen der Authentischen Bewegung auch die anderen TeilnehmerInnen. Authentische Bewegung ist ganzheitlich nicht nur für den einzelnen Menschen, sondern im Sinne Jungs wirkt auch das kollektive Unbewusste. Die Bewegenden beeinflussen sich gegenseitig, und die Zeugin der Bewegung wird von diesen Bewegern beeinflusst und beeinflusst mit ihrer inneren Haltung wiederrum die Beweger. Mit der Authentischen Bewegung gehen wir dorthin, wohin der Körper uns führt: In die Vergangenheit, in Konflikte, in Freude, in Lust, in Themen, die mit dem Individuellen zu tun haben und in Themen, die mit dem Kollektiven zu tun haben. Es kann sein, dass eine Bewegung immer wieder kommt und somit der persönlichen Aufarbeitung eines bestimmten Themas dient. Der Körper wieß, wann er dieses Thema integriert hat. Die Gefühle drängen uns dann nicht mehr zur Veräußerlichung. Manche Bewegungen können mit einem Erlebnis in Verbindung stehen, manche auch nicht. Es gilt das vertrauen aufzubauen, dass der Körper weiß, welche Bewegung auf Ausdruck drängt. Die Authentische Bewegung ist ursprünglich nicht als Therapie, sondern als Selbstexploration geschaffen worden. Die Zeugin übernimmt die Ich-Funktion der äußeren Realitätskontrolle, z.B. auch das Aufpassen, dass sich die Bewegenden nicht verletzen. Die Tanztherapeutin hat ein hohes Vertrauen in das Eigenpotential und in die inneren Wachstumskräfte des Menschen. Janet Adler (1978) spricht vom personal growth. Dieser Begriff betont die Eigenverantwortung der TeilnehmerInnen. (Adler, Janet (1987) Who is the witness? A Description of Authentic Mobement. In: Contact Quarterly, Winter)

Grundform und Circel Dance

In der am häufigsten verwendeten Grundform bewegt sich eine Person oder eine Gruppe und die Tanztherapeutin ist die Zeugin. Damit innerlich alles möglich ist, ist der äußere Rahmen festgelegt und bietet den notwendigen Schutz:

  1. Nach einer kurzen Aufwärmanweisung schließen die TeilnehmerInnen die Augen, so dass mit wenig Außeneinfluss wie möglich eigene innere Bewegung, Musik, Stimme gefunden werden kann. Zur Unterstützung der inneren Bewegtheit wird auch keine Musik eingesetzt, weil dies schon eine äußere Beeinflussung wäre. Lediglich bei schnellen und heftigen Bewegungen öffnen die TeilnehmerInnen die Augen, um nicht sich und andere zu verletzen.
  2. Nach jeder Einheit gibt es eine Gesprächsrunde. Auch diese Form ist ganz frei. Die Tanztherapeutin stellt keine leitenden Fragen, so dass die TeilnehmerInnen frei entscheiden können, was sie mit der Gruppe und der Therapeutin verbal teilen möchten.

Die Zeugin deshalb Zeugin genannt, weil sie keine Beobachterin ist, sondern sehr offen und wahsam für das, was bei den TeilnehmerInnen passiert, aber auch bei sich selbst. Sie muss ganz da sein, mit allen Sinnen präsent sein, um das was sie sieht, körperlich-sinnlich und gefühlsmäßig erfassen zu können. Dabei achtet sie auf die eigenen aufkommenden Bilder, Assoziationen, Körpergefühle, usw. Das Gesehene wird nicht gewertet und interpretiert, es wird auch nicht forciert oder beeinflusst. Da Janet Adler nach Jahren der Ausformung der Authentischen Bewegung das Gefühl bekam, dass sie die vielen Emotionen der TeilnehmerInnen nicht mehr alleine halten könnte, entwickelte sie den Circel Dance. In dieser Form sitzen die Therapeutin und die ganze Gruppe in einem Kreis und es wird die Dauer der Bewegungseinheit vereinbart. Jede Person (außer der Tanztherapeutin) kann sowohl Bewegende als auch Zeugin sein. Wenn eine Person den Impuls verspürt, sich zu bewegne, geht sie in den Kreis und wird wieder Zeugin. Grundsätzlich bezeugen alle Zeugen alle Bewegenden. Es ist jedoch auch möglich sich als Zeugin zeitweise auf einen Beweger zu konzentrieren. Für die anschließende Reflektion setzen sich alle Teilnehmer wieder in einen Kreis zusammen. Die Teilnehmer, die sich bewegt haben, äußern sich immer zuerst. Die Zeugen äußern sich in der anschließenden Form eines Angebots, in dm sie ihre Bilder, Gefühle, Assozoationen der/dem Bewegenden mitteilen. (Adler, Janet (1987): Wo is the Witness? A Description of Athentic Movement. In: Contact Quarterly, Winter)

Intermediale Arbeit

Für viele Menschen ist der unmittelbare Körperausdruck zu bedrohlich. Sie haben nicht das Vertrauen in ihren individuellen Bewegungsausdruck, fühlen sich in nOrmen gefangen und sind so wiet vonihren Impulsen entfernt, dass ihnen keine Bewegungideen kommen. Hier kann die intermediale Arbeit den Einstieg in die Tanztherapie erleichtern. Mit verschiedenen Medien, wie Tüchern, Bällen, Stäben, Seilen ect. fokussieren sich die Patienten erst einmal auf das Medium und können so leichter Kontakt zur eigenen Bewegung und zu anderen Menschen erlangen. Die Symbolik jedes Mediums wird dabei von der Tanztherapeutin berücksichtigt. So kann z.B. ein großes, breotes Gummiband eine Gruppe zusammenhalten, indem alle das Band festhalten oder sich in das Band hineinlehnen und die Übertragung der Bewegung der anderen durch das Band erfahren. Verweigern Menschen jede Art des Körperkontakts, kann das festhalten am Gummiband oder an einem Fallschirm trotzdem den Gruppenzusammenhalt sichern. Der Luftballon kann die Leichtigkeit vormachen, die ien Mensch mit einer Depression nicht spüren kann, aber durch seine Bewegung mit dem Luftballon selbst erzeugt. Mit dem Tuch Kontakt zu einem anderen Menschen aufzunehmen ist westenlich leichter, als ihn direkt anzublicken und anzufassen. Mit einem Seil eine Grenze zu anderen Menschen zu ziehen ist für viele die Vorstufe, um zu Abgrenzungsbewegungen zu kommen und somit vor Übergriffen geschützt zu sein. In der Arbeit mit Kindern liefern die verschiedenen Medien eine Unterstützung für die Gestaltung der Phantasienewelten der Kinder, mit denen sie die Tanztherapeutin in ihre innerpsychische Welt einladen.

Die Tanztechnik

In der Tanztherapie werden nicht, wie oft missverständlich angenommen, nur bestimmte Tanzstile getanzt. Einfache Bewegungen wie Gesten, kleine Bewegungsspiele und einfache Drehungen gehören ebenso zur Tanztherapie wie die verbale Verarbeitung des Erlebten. Festgelegte Bewegungsmuster helfen Hemmungen zu überwinden: Die meisten Menschen haben Angst, beim Tanzen nicht dem Schönheits- und Bewegungsideal zu entsprechen. In dieser Situation kann die Tanztechnik durch ihre eindeutige Struktur Klarheit und Halt schaffen, was Unsicherheiten vermindert.
Das Ziel der Tanztechnik ist es, die Bewegungen mit innerer Beteiligung nachzuvollziehen, die eigenen körperlichen Empfindungen besser wahrzunehmen, das Bewegungsrepertoire zu erweitern und auf die Verbindung von Stimmung und Bewegung aufmerksam zu werden.
Die Wahl des Tanzstils wird vorrangig von der Stimmung und Gesamtsituation des Patienten abhängig gemacht, da verschiedene Tanzstile unterschiedliche Stimmungen hervorrufen.

Die Nachahmung

Imitation der Bewegungsform anderer Menschen führt zur eigenen Bewegungsform und damit zur Persönlichkeitsentwicklung. Der Gedanke, durch das Tanzen von Gefühlen, Zuständen und Rollen eines anderen sich selbst näher zu kommen erscheint zunächst merkwürdig, aber durch die Imitation von anderen und den Vergleich zu anderen oder auch durch die Ablehnung und den Widerstand gegen eine andere Person erhalten wir Information und Rückmeldung über uns selbst. Deswegen kann es oft therapeutisch sinnvoll sein, den Patienten aufzufordern bestimmte Bewegungen nachzuahmen. Auch bei der Nachahmung ist es aber sehr wichtig, dass sich die Bewegung nicht nur auf das Physische konzentriert und die Psyche miteinbezogen wird.
In Fällen, in denen die Therapeutin spürt, dass der Patient ein bestimmtes tiefgehendes Gefühl hat, es aber nicht ausdrücken kann oder nicht weiß, wie er damit umgehen soll, kann die Therapeutin auf die Nachahmung zurückgreifen. Sie kann ihm eine bestimmte, auf seine Gefühle abgestimmte Bewegung zeigen und ihm damit helfen sich auszudrücken.

Die Improvisation

Charakteristisch für die Improvisation ist es, das Unvorhergesehene, Nichtvorgeplante geschehen zu lassen. Sie dient dazu, die Bewegung unkontrolliert aus Impulsen heraus entstehen zu lassen, das entstehen zu lassen, was entstehen will und sich ganz dem Ausdruck der Bewegung hinzugeben. In der Improvisation existieren formale Bewegungsvorgaben nicht, sie ist eine beliebige Kombination und Anordnung von Körper, Raum, Zeit, Kraft und Rhythmus. In der Improvisation gibt es keine Leistung im Sinne einer Erfüllung bestimmter Standards, der Tänzer kann dadurch seinem Empfinden, Erleben und Begreifen in der Bewegung Ausdruck geben.
Der Anfang der Improvisation in der Therapie ist für den Klienten meist schwierig und erschreckend. Er fühlt sich durch seine plötzliche Freiheit im Handeln und Bewegen unsicher und weiß nicht, was er tun soll. Im Moment der Improvisation sind alle von außen kommenden Zwänge, Schranken und Verhaltensvorgaben aufgehoben und trotzdem fühlt sich der Patient zunächst nicht „frei“. Dieses Erleben bringt oft schon die erste Einsicht mit sich, nämlich die, dass wir uns die Beschränkungen und Grenzen im Alltag häufig selbst setzen.
Eine weitere Schwierigkeit der Improvisation ist das Abschalten der Selbstkontrolle, also auch des Intellekts. Nur dadurch kann ein Zugang zum Unterbewussten geschaffen werden und das ist nötig, um vergessene, unterdrückte, verdrängte Gefühle, Szenen, Erinnerungen und emotionale Bewegungen wieder an die Oberfläche zu holen um sie zu „verkörpern“. Je länger der Intellekt ausgeschaltet werden kann, um so eher kann Vergessenes und Verborgenes aufsteigen. Manchmal kommt es dann zu Gefühls- und Bewegungsausbrüchen im Sinne einer Katharsis.
Die Arbeit mit dem Unbewussten in der Improvisation ist für Patienten angemessen, die im Alltag zwar gut funktionieren, aber dennoch von Gefühlen der Leere und Sinnlosigkeit beherrscht werden. Mit psychotischen Menschen wird nicht am Unbewussten gearbeitet, sondern sehr bestimmt in der äußeren, realen Welt, um eine klare und stabile Ich-Struktur aufzubauen.

Die Gestaltung

Die Gestaltung kann als eine Kombination von Tanztechnik und Improvisation angesehen werden.
In der Tanztechnik wird versucht, über eine bestimmte Bewegung Zugang zum entsprechenden Gefühl zu finden, während man in der Improvisation Gefühle und Stimmung durch unkontrollierte Bewegungen und Impulse zum Ausdruck bringt. Die Gestaltung soll einen Ausgleich zwischen den beiden Extremen schaffen. Die in der Tanztechnik erlernte Kontrolle der eigenen Bewegung und das Ausdrücken der eigenen Gefühle, wie in der Improvisation, werden verbunden.
Bei der Gestaltung drückt der Patient Gefühle, Stimmungen und Emotionen durch beherrschte, kontrollierte Bewegungen aus, die er im Rhythmus zu einer passenden Musik durchführt. Er behält dabei die Entscheidungsfreiheit, welches Gefühl er zum Ausdruck bringen will. Er wählt aus, kontrolliert und verändert. Dadurch entsteht die für den Patienten notwendige Distanzierung, er hat nicht das Gefühl, seinem Innenleben hilflos ausgesetzt zu sein und sich darin zu verlieren, wie es bei der Improvisation der Fall ist. Dadurch bekommt er eine Möglichkeit sich jeder Zeit im Tanz auszudrücken.

Die psychoanalytische Tanz- und Bewegungstherapie

In den 60er und 70er Jahren integrierten besonders Elaine von Siegel und Zoe Avstreih psychoanalytische Konzepte in ihre Arbeit. Elaine von Siegel hat für ihre Arbeit folgende Leitlinien entwickelt:

  1. Die Wiederaufnahme einer harmonischen Leib-Seele-Einheit muss durch sorgfältige Bewegungsarbeit erfolgen, die neben den motorischen Fähigkeiten den Aufbau eines adäquaten Körperbilds fördert.
  2. Katharsis wird als ein Weg zur Rückerinnerung dramatischer Ereignisse erkannt.
  3. Die durch eigene Tätigkeit und Selbstbeobachtung gewonnene Ansicht muss auch verbal durchgearbeitet werden.
  4. Von den Patienten bevorzugte Bewegungsmuster werden als Ausgangspunkt speziell choreografierter Tänze und Bewegungen benutzt.
  5. Selbstständigkeit wird durch Improvisation gefördert
  6. Muskuläre Hemmungen und Verkrampfungen werden als unbewusster Versuch angesehen, Aggressionen auszudrücken und gleichzeitig zu unterdrücken.

Durch die Entwicklung der psychoanalytischen Tanz- und Bewegungstherapie wurden zwei Therapieformen miteinander verbunden, die ihre Grundlagen in gänzlich unterschiedlichen Medien haben: Einmal die Psychoanalyse mit ihrem sprachlichen Ausdruck als Medium und zum anderen die Tanztherapie mit ihrem Ausdruck durch Bewegung. Dabei werden auch verschiedene Entwicklungsmodelle der Ich-Psychologie und der Laban’schen Bewegungskategorie in theoretische Annahmen der psychoanalytischen Tanz- und Bewegungstherapie eingebunden.


Therapeutische Ansätze in der Tanztherapie

Ressourcenorientierter Ansatz Ein ressourcenorientierter Ansatz wird entweder bei Menschen angewandt, die stark destabilisiert und strukturell geschwächt sind oder in klinischen und ambulanten Settings, die keine lange Behandlungsdauer zulassen. es ist auch eine grundsätzliche therapeutische Haltung in der Systemischen Therapie. Die Tanztherapeutin achtet dabei in der Bewegungsanalyse nicht so sehr auf die Anteile, die dem Patienten fehlen, sondern stärkt die bereits vorhandenen Anteild, erforscht sie kreativ mit dem Patienten und hilft ihnen,die Ressourcen in deisem Bewegungsverhalten zu erkennen. Somit wird eine positive Erfahrung des Selbst sowie das ERleben und Stärken von ressourcen und Sicherheit möglich.

Konfliktorientierter Ansatz Bei diesem Ansatz werden die Themen, die der Patient vorbringt, durch den kreativen Einsatz der Bewegung verstärkt, so dass sich daraus Veränderungsansätze ergeben. Dieser Ansatz ist häufiger bei Tanztherapeutinnen anzutreffen, die ein psychoanalytisches Therapiemodell haben. Verleugnete, abgespaltene Selbstanteile werden erfahrbar gemacht, um negative biografische Erfahrungen zum Zweck der korrigierenden Neuerfahrung aufzudecken. So macht z.B. ein Patient mit einer Abgrenzungsproblematik nur sehr kraftlos abwehrende Bewegungen. Die Therapeutin übertritt mit ihren Bewegungen die persönliche Grenze des Patienten, um zu sehen, ob sich seine Bewegungsqualitäten ändern. Für diesen Ansatz benötigen Patienten eine gewisse psychische Stabilität und eine stabile, vertrauensvolle Therapeut-Patient-Beziehung, so dass der Patient für die herausfordernde, zutrauende Absicht der Tanztherapeutin erkennbar ist. Bei längeren therapeutischen Prozessen kann sich ein Wechsel vom ressourcenorientierten zum konfliktorientierten Ansatz gewinnbringen auswirken.

Aufdeckender Ansatz Besonders im psychosomatischen Kontext kann es hilfreich sein und wird es meist auch von den Patienten gewünscht, dass die Ursachen einer Erkrankung ergründet werden. Die "Sprache" der körperlichen Symptome werden tanztherapeutisch erforscht. So beschreibt ein Patient mit einem Magengeschwür beispielsweise die Schmerzen als zusammenziehend, so dass zusammenziehende Bewegungen des ganzen Körpers erforscht werden. Der Patient geht in Positionen, die ihn vielleicht an etwas erinnern, so dass ein Zusammenhang zwischen biografischen Daten und Symptomen hergestellt werden kann.

Erlebnisorientierter Ansatz In einem eigenverantwortlichen, eher selbsterfahrungsorientierten Ansatz bietet die Tanztherapie eine Fülle von Erfahrungen, die zum persönlichen Wachstunm anregen. Dies kann ein Kreistanz zum Erleben des Gemeinschaftsgefühls sein, genauso wie die Erprobung der verschiedenen Bewegungsqualitäten unter Anleitung der Therapeutin, um für sich zu entdecken, welche Qualitäten einem liegen und welche noch entwicklungsfähig sind. Manchmal kann es nach schweren Erkrankungen wie z.B. einem Schlaganfall, Herzinfarkt oder Krebs dür die Patienten hilfreich sein, erst einmal wieder positive, lustvolle Erfahrungen zu machen, um sich für den neuen Lebensweg zu rüsten.

Wissenschaftliche Studien zur Tanztherapie

Die Wirksamkeit von Tanztherapie wurde bereits bei unterschiedlichen Störungsbildern, wie z. B. Schizophrenie, Onkologie (Mammakarzinom), Schmerz, Depression, Demenz, Posttraumatische Belastungsstörung und Essstörungen erforscht. Bräuninger konnte nachweisen, dass durch Tanztherapie in der ambulanten Versorgung die Verbesserung der Lebensqualität und Stressbewältigung erreicht werden kann[3]. Lier-Schehl erkannte mit der Analyse des Kestenberg Movement Profiles die Bewegungsmuster bei Beziehungsstörungen postpartal erkrankter Frauen und ihrer Säuglinge in einer stationären psychiatrischen Mutter-Kind-Station [4]. Im Bereich der Onkologie konnte eine Studie deutliche Verbesserungen in den Bereichen Lebensqualität, Krankheitsverarbeitung und Selbstwert feststellen [5]). Immer mehr Tanztherapeuten liefern durch Promotionsarbeiten Beiträge zur wissenschaftlichen Unterstützung der Tanztherapie. Seit den 1990er Jahren werden zunehmend evidenzbasierte Studien durchgeführt [6].


Rechtlicher Status der Tanztherapie

Nach dem Psychotherapeutengesetz darf Psychotherapie als Krankheitsbehandlung nur von Ärzten mit Psychotherapie-Weiterbildung (inklusive Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie), Psychologischen Psychotherapeuten oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten mit den gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden. Tanztherapie ist jedoch nicht abrechnungsfähig, da die Tanztherapie derzeit kein in den Psychotherapie-Richtlinien anerkanntes Verfahren ist. Approbierte Psychotherapeuten (Verhaltenstherapeuten, Tiefenpsychologen, Analytiker oder Gesprächspsychotherapeuten) mit entsprechender Ausbildung in Tanztherapie arbeiten jedoch manchmal mit Elementen der Tanztherapie. Personen mit Berechtigung zur Psychotherapie nach dem Heilpraktikergesetz (HPG, "Kleiner Heilpraktikerschein") können Tanztherapie als Therapiemethode anbieten, der Klient muss in der Regel allerdings privat zahlen. Nach dem geltenden Psychotherapeutengesetz dürfen sich diese Heilpraktiker jedoch nicht "Psychotherapeut/in" nennen.

Derzeit sind in Deutschland weder die Zulassung zur Ausbildung (Voraussetzungen) noch die Ausbildung (Inhalte), Abschlussverfahren (Prüfungen) oder die Zulassung zur Ausübung der Tätigkeiten in der Tanztherapie gesetzlich geregelt.

Die Ausbildung zur TanztherapeutIn findet in privatrechtlichen Aus- und Weiterbildungen statt. Diejenigen privaten Aus- und Weiterbildungsträger, die vom BTD anerkannt sind, erfüllen Standards für die Zulassung und Inhalte der Ausbildung, die mit anderen Ausbildungen der Künstlerischen Therapien, Körperpsychotherapien und anderer psychotherapeutischer Verfahren vergleichbar sind.


Literatur

  • Adler, Janet (1987): Who is the Witness? A Description of Authentic Movement. In: Contact Quarterly, Winter.
  • Bauer, Joachim (2006): Warum ich fühle, was du fühlst. Intuitive Kommunikation und das Geheimnis der Spiegelneurone. Hofmann und Campe Verlag, 5. Auflage, Hamburg. ISBN 978-3-453-61501-4.
  • Bender, Susanne (2007): Die psychophysische Bedeutung der Bewegung. Ein Handbuch der Laban Bewegungsanalyse und des Kestenberg Movement Profiles. Logos Verlag, Berlin.
  • Bräuninger, Iris (2006): Tanztherapie. Verbesserung der Lebensqualität und Stressbewältigung. Weinheim: Beltz PVU.
  • Chaiklin, Harris (Hrsg.) (1975): Marian Chace: Her Papers. American Dance Therapy Association.
  • Davis, Martha (1991): Guide to Movement Analysis Methods, Part 2: Movement Psychodiagnotic Inventory, available through the author.
  • Eberhard-Kaechele, Marianne (2001): Tanztherapie: Indikationsstellung, Wirkfaktoren, Ziele. Vortrag im Rahmen des Symposiums des Landschaftsverbandes Rheinland "Mit allen Sinnen: künstlerische Therapien im Rheinland" vom 15.-16. November 2001 im Horion-Haus des Landschaftsverbandes Rheinland, Köln. Zugriff am 22. September 2008
  • Espenak, Liljan (1985): Tanztherapie – durch kreativen Selbstausdruck zur Persönlichkeitsentwicklung. Sanduhr, Dortmund. ISBN 3-925508-01-5.
  • Flach, Stefan M. (2008): Berufs- und Leistungsrecht für künstlerische Therapien. Reinhardt, München. ISBN 978-3-497-01980-9.
  • Kestenberg Amighi, Janet; Lewis, Penny; Loman, Susan; Sossin, Mark (1999): The Meaning of Movement – Developmental and Clinical Perspectives of the Kestenberg Movement Profile. Gordon and Breach, Amsterdam.
  • Laban, Rudolf von (1988): Die Kunst der Bewegung. Florian Noetzel Verlag, Wilhelmshaven.
  • Lier-Schehl, Hannelore (2008): Bewegungsdialoge bei Mutter und Kind – Bewegungsmuster bei Beziehungsstörungen postpartal erkrankter Frauen und ihrer Säuglinge in einer stationären psychiatrischen Mutter-Kind-Station. Schriften zur Entwicklungspsychologie, Bd.19. Verlag Dr. Kovac, Hamburg, ISBN 978-3-8300-3732-3.
  • Mannheim, Elana; Weis, Joachim (2006: Dance/Movement therapy with cancer patients. Evaluation of process and outcome parameters. In: Koch, S.C. Bräuninger, I. (Hrsg.). Advances in Dance/Movement Therapy – Theoretical Perspectives and Empirical Findings. Logos Verlag, Berlin.
  • Siegel, Elaine (1986): Tanztherapie. Klett-Cotta, Stuttgart, ISBN 3-608-95404-X.
  • Siegel, Elaine; Trautmann-Voigt, Sabine; Voigt, Bernd (1999): Psychoanalytische Bewegungs- und Tanztherapie. Ernst Reinhardt, München, ISBN 3-497-01512-1.
  • Willke, Elke (Hrsg.) (1999): Tanztherapie - Theorie und Praxis. 3. Auflage. Junfermann, Paderborn, ISBN 978-3-87387-028-4.
  • Willke, Elke (2007): Tanztherapie. Theoretische Kontexte und Grundlagen der Intervention. Hans Huber, Bern, ISBN 3-456-84423-9.

Fachzeitschriften

Einzelnachweise

  1. Definition der Tanztherapie auf der Homepage des Berufsverbandes der TanztherapeutInnen Deutschlands (Zugriff am 11. November 2008)
  2. Koch & Bräuninger, 2007, Movement Analysis - Bewegungsanalyse. The Legacy of Laban, Bartenieff, Lamb and Kestenberg, und Hörmann, 2005, Tanzpsychologie und Bewegungsgestaltung.
  3. Bräuninger, Iris: Tanztherapie. Verbesse-rung der Lebensqualität und Stressbewältigung. Beltz PVU, Weinheim 2006.
  4. Lier-Schehl, Hannelore: Bewegungsdialoge bei Mutter und Kind – Bewegungsmuster bei Beziehungsstörungen postpartal erkrankter Frauen und ihrer Säuglinge in einer stationären psychiatrischen Mutter-Kind-Station. Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2008, ISBN 978-3-8300-3732-3 (Schriften zur Entwicklungspsychologie, Bd.19).
  5. Mannheim, Elana; Weis, Joachim : Dance/Movement therapy with cancer patients. Evaluation of process and outcome parameters. In: Koch, Sabine C. Bräuninger, Iris. (Hrsg.): Advances in Dance/Movement Therapy – Theoretical Perspectives and Empirical Findings. Logos Verlag, Berlin 2006. S. 61-72.
  6. Koch, Sabine C. Bräuninger, Iris. (Hrsg.): Advances in Dance/Movement Therapy – Theoretical Perspectives and Empirical Findings. Logos Verlag, Berlin 2006.

Siehe auch

Weblinks