Benutzer:Heinrich Kämpchen/Kuhhirtendenkmal Entwurf

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Blick von der Vöde auf das ländliche Bochum, zwischen 1830 und 1845
Bochum als Industriestadt, das Stahlwerk Bochumer Verein, 1875
Das erste Denkmal um 1930
Kuhhirtendenkmal an der Bongardstraße

Das Kuhhirtendenkmal wurde 1908 am damaligen Markt errichtet. Es sollt an die beschaulichen Zeiten Bochum als kleines Landstädtchen erinnern. Die Errichtung kann man als eine Reaktion auf die umwälzenden Ereignisse der voran gegangen Jahrzehnte in der Stadt sehen. Im allgemeinen wird der Kuhhirte Fritz Kortebusch mit dem Denkmal in Verbindung gebracht.

Vom Landstädtchen zur Industriestadt

Noch zum Beginn des 19. Jahrhundert besaß fast jede Familie noch eine Ziege, ein Schwein oder eine Kuh zur Selbstversorgung. Diese wurden von Hirten in städtischen Diensten jeden Tag zur Tränke an der Trankgasse und dem Schwanenmarkt geführt und dann den Tag über auf der Vöde gehütet. Im Jahr 1841 gab es noch 194 Kühe, 238 Ziegen und Schweine.[1] Für diese Arbeit hatte die Stadt mehrere Kuh- und Schweinehirten angestellt, dieses sind schon im Mittelalter erwähnt.[2] Der Beruf gehörte zu den niederen Tätigkeiten, so ist 1737 erwähnt das die beiden Kuhhirten und der Schweinehirt nicht des Schreibens mächtig waren um ihr Lohn zu quitieren.[3] Für das Jahr 1844 werden vier Kuhhirten und ein Schweinehirte genannt.[4] Die Gemeindeweiden, unterteilt in Große und Kleine Vöde, zog sich von der heutigen Schmechtingswiese bis zu der heutigen Bundesbahnstrecke an der Harpener Straße.[1]

Das Ruhrgebiet erlebten seit den 1860er Jahren ein explosionsartiges Wachstum. Auf ehemaliger Ackerfläche entstanden Zechen, Stahlwerke und Eisenbahnstrecken. Dadurch entstand ein großer Bedarf an Arbeitskräfte. Aus allen Teilen der deutschen Länder zogen Menschen in das werdende Industriegebiet, darunter auch die sogenannten Ruhrpolen aus den preußischen Ostgebieten. Bochum und die umliegenden Gemeinden das Amtes Bochum, die heute zum Stadtgebiet gehören, wuchsen um über das 20fache (1818: 11.781, 1858: 32.189, 1905: 283.000 Einwohner), die alte Stadt Bochum sogar um über das 30fache (1818: 2.107, 1858: 8.797, 1904: 75.228 Einwohner).[5]

In der entstehenden Großstadt behinderte der Viehtrieb nun eher den Tagesablauf. Das tagtäglich Schauspiel, das zweimal am Tag 150 Kühe durch die engen Gassen Bochums mit den wachsenden Häusermeer getrieben worden, muss schon ein besonderes Bild gewesen sein:

„Bis in das 6. Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts hinein trieben die Bochumer ihr Vieh auf die Vöhde, und es war nicht immer ein angenehmes Bild, welches sich dann in den engen Straßen der Stadt zeigte. Wenig an genehm war es auch, wenn der Hirt in der Morgenfrühe kräftig in’s Horn stieß, und manche Verwünschung mag der blasende Heerdenführer sich wohl von Denjenigen auf’s Haupt geladen haben, die gern noch länger auf weichem Lager die harten Sorgen und Arbeiten des Lebens verträumt hätten.“

Max Seippel (1850-1913)[6]

Auch gab es nicht mehr so viele Besitzer von Tieren. Der Viehtrieb ist um 1870 / 1871 eingestellt worden. Die ehemalige Vöde diente als Bauland für das Gefängnis, die Sportplätze und später das Ruhrstadion an der Castroper Straße, und das neue Villenviertel. Auf seiner Fläche entstand auch ab 1876[7] der Stadtpark Bochum, als zweiter kommunaler Park im Ruhrgebiet.

Das erste Kuhhirten-Denkmal

In den Zeiten dieses heute kaum vorstellbaren Umbruch ist es nachvollziehbar das die eingesessenen Bochumer sich etwas wünschten das an das nicht mehr existieren, beschauliche Landstädtchen erinnern sollte. Dies kam auch in anderen Städten vor, Beispiele dafür sind das Kiepenkerl-Denkmal in Münster oder der Bläserbrunnen in Dortmund. Durch die Initiative des Kaufmann und Stadtverordneten August Hackert, Spross einer seit langen in Bochum beheimateten Familie, wurde in kleinem Kreise am 27. Oktober 1906 über die Errichtung eines Kuhhirten-Denkmals beraten.[8] Nachdem genug Spenden gesammelt worden waren gab der Magistrat der Stadt Bochum für das Denkmal den Auftrag als Reminiszenz an das verloren gegangene alte Bochum.

„Im Treugedenken an vergang’ne Zeit, / Die lange schon da hingeschwunden ist.“

Max Seippel (1850-1913)[9]

Das erste Kuhhirtendenkmal mit einer Reliefplatten entstand nach den Entwürfen von August Schmiemann aus Münster, welcher oben erwähnten Kiepenkerl geschaffen hatte. Der Kuhhirte fand seinen Platz auf dem Marktplatz, unweit der Propsteikirche. Die Enthüllung erfolgte am 29. Mai 1908.[10] Die Statue stellt einen Kuhhirten mit seinem Hirtenhund dar. Die Größe der Figur ohne Sockel war 2,20 Meter. Das Material war Bronze und sehr genau im Detail modelliert.[11] Die Reliefplatte war ebenfalls Bronze. Man konnte eine Hirte vor der Altstadtkulisse sehen der seine Herde durch die Stadt treibt.[12] Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Statue, wahrscheinlich 1940, wie auch das Denkmal für Kaiser Wilhelm I., die Staute des Grafen Engelbert und andere Kunstwerke für die Rüstungsproduktion eingeschmolzen.[11]

Das zweite Kuhhirten-Denkmal

Eine Nachgestaltung des Kuhhirten-Denkmals schuf 1961 der Bochumer Bildhauer Walter Kruse. Als Vorlage diente einer alten Gipsfigur aus dem Münsterland, die ungefähr dem ursprünglichen Denkmal entsprach. Die Statue wurde danach neu geformt und wie vorhergehende Kuhhirte in Bronze gegossen. Im Gegensatz zum Original war sie ca. 10 cm kleiner. Die Ausgestaltung geschah nicht so detailreich, so fehlte unter anderen eine charakteristische Tasche mit Pfeife.[13] Unter großer Beteiligung der Bevölkerung weihte am 13. Januar 1962 Oberbürgermeister Heinemann das neue Denkmal ein. Der Standort liegt ein paar Meter von der Stelle des alten Denkmal entfernt. Bei der Planung, Errichtung und Einweihung des zweiten Denkmal hat man sich unisono auf Fritz Kortebusch bezogen, was aber nicht den historischen Tatsachen entspricht.[12][14] Am 04. März 1993 widmete man die Bezeichung "Alter Markt" in "Platz am Kuhhirten" um.[15] Das Denkmal ist vielen Bochumern bekannt, bei einer Leser-Umfrage der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung kam das Denkmal auf Platz eins.[16]

Die Legende "Kuhhirte Fritz Kortebusch"

Das erste Denkmal sollte keine spezielle Person darstellen. In den ersten schriftlichen Quellen zu dem Denkmal gab es keine Angabe eines Namen. Aber schon bald setzte sich die allgemeine Meinung durch, das es der langjährige Kuhhirte Fritz Kortebusch sei. Heimatliteraten übernahmen die Ansicht. Spätestens mit der Errichtung des zweiten Kuhhirten war es fest in das allgemeine Gedächtnis der Stadt das die Statue der letzte Kuhhirte Kortebusch sein. Dieser Kuhhirte hieß allerdings Diederich Henrich Kortebusch. Und er starb 1866, ca. vier Jahre vor dem letzten Viehtrieb. Außerdem konnten sich in den 1930er noch ein alter Bochumer an seinen Nachfolger Röber erinnern.[17] Da Geschichte auch von Geschichten lebt findet man in Bochum viele Hinweise wo denn Kortebusch angeblich seinen Klaren kippte [18] und andere Anekdoten. Die Details zu der quasi urbanen Legende wurden in den Bochumer Zeitpunkten Nr. 40 von Hansi und Heiko Hungerige untersucht.

Literatur

  • Hansi Hungerige, Heiko Hungerige: Der Bochumer Kuhhirte Kortebusch - Dichtung und Wahrheit. In: Kortum-Gesellschaft Bochum (Hrsg.), Bochumer Zeitpunkte, Nr. 40, Bochum 2019 (online).
  • Jürgen Boebers-Süßmann: Fritz Kortebusch, der letzte Kuhhirte. In: Do kass di drop verloten. Geschichten und Dönekes aus Bochum. Gudensberg: Wartberg-Verlag. 2006. ISBN 3-8313-1703-8
  • Dietmar Bleidick: Bochums letzter Kuhhirte? In: Bochum für Klugscheißer. Populäre Irrtümer und andere Wahrheiten. Essen: Klartext-Verlag. 2020. ISBN 978-3-8375-2205-1
  • Historische Zeitungsartikel zum Bochumer Kuhhirten-Denkmal in der Roland-Datenbank (Genealogisch-Heraldische Arbeitsgemeinschaft Roland zu Dortmund e.V.) (online)

Weblinks

Commons: Kuhhirtendenkmal in Bochum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Höfken, Günther, Zur Geschichte der Bochumer Vöde, in: Kleff, Bernhard (Hg.) Vereinigung für Heimatkunde Bochum: Bochum – Ein Heimatbuch, Bochum 1930, Bd. 3, S. 5-19 (online)
  2. Franz Darpe: Geschichte der Stadt Bochum nebst Urkundenbuch, 6 Bände, 1888-1894. Wilhelm Stumpf, Bochum 1894, S. 89. (Digitalisat online)
  3. Franz Darpe: Geschichte der Stadt Bochum nebst Urkundenbuch, 6 Bände, 1888-1894. Wilhelm Stumpf, Bochum 1894, S. 365. (Digitalisat online)
  4. Franz Darpe: Geschichte der Stadt Bochum nebst Urkundenbuch, 6 Bände, 1888-1894. Wilhelm Stumpf, Bochum 1894, S. 579. (Digitalisat online)
  5. Jürgen Dodt und Alois Mayr, Zur Entwicklung und Struktur Bochums, in: Bochum im Luftbild - Festschrift zum 20jährigen Bestehen der Gesellschaft für Geografie und Geologie Bochum e.V., Verlag Schöningh, Paderborn, 1976, ISBN 3-506-71228-4
  6. Seippel, Max: Bochum einst und jetzt. Ein Rück- und Rundblick bei der Wende des Jahrhunderts. Rhein-westf. Verl. anst., Bochum 1901, ISBN 3-8196-0060-4, S. 161. (online}}
  7. Franz Darpe: Geschichte der Stadt Bochum nebst Urkundenbuch, 6 Bände, 1888-1894. Wilhelm Stumpf, Bochum 1894, S. 583. (Digitalisat online)
  8. Vgl. dazu den maschinengeschriebenen Text (4 S., ohne Jahr und Titel) zur Entstehung des ersten Kuhhirtendenkmals im Nachlass Küppers, Stadtarchiv Bochum N I / 12.
  9. „Zur Errichtung des Hirtendenkmals in Bochum“, in: Märkischer Sprecher Nr. 103 vom 2. Mai 1908.
  10. „Die Enthüllung des Kuhhirten-Denkmals“, in: Märkischer Sprecher Nr. 126 vom 30. Mai 1908.
  11. a b Assel, Marina von: Kunst auf Schritt und Tritt in Bochum: Ein Führer zu moderner Kunst auf öffentlichen Straßen und Plätzen. Studienverlag Brockmeyer, Bochum 1992, ISBN 3-8196-0060-4, S. 10.
  12. a b Hansi Hungerige, Heiko Hungerige: Der Bochumer Kuhhirte Kortebusch - Dichtung und Wahrheit. In: Kortum-Gesellschaft Bochum (Hrsg.), Bochumer Zeitpunkte, Nr. 40, Bochum 2019 (online)
  13. Assel, Marina von: Kunst auf Schritt und Tritt in Bochum: Ein Führer zu moderner Kunst auf öffentlichen Straßen und Plätzen. Studienverlag Brockmeyer, Bochum 1992, ISBN 3-8196-0060-4, S. 54.
  14. "Historiker rümen mit Bochumer Legende des Kuhhirten auf", WAZ vom 11. Juni 2019 (online)
  15. Stadt Bochum, Amt für Geoinformation, Liegenschaften und Kataster: Digitales Buch "Bochumer Straßennamen - Herkunft und Deutung, Stand 09/2014
  16. "WAZ-Leser haben den Kuhhirten am liebsten" WAZ vom 22. November 2011 (online)
  17. "Ein 84jähriger erzählt - ´Kortebusch war nicht der letzte Kuhhirte´" Bochumer Anzeiger vom 28. März 1939 (online)
  18. "Im Brauhaus Rietkötter kippte der Kuhhirte seinen Klaren", WAZ vom 26. Dezember 2012 (online)

Kategorie:Skulptur (Bochum)Kategorie:Denkmal in Bochum