Benutzer:INM/Partiten

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Die Sechs Partiten sind Suiten, also Folgen von stilisierten Tanzsätzen, die Johann Sebastian Bach 1731 als ersten Teil des Zyklus Clavierübung veröffentlichte.

Entstehung

Bach hatte bereits seit 1726 etwa jährlich eines dieser Werke im Druck herausgegeben; im Frühjahr 1731 fasste er die sechs Kompositionen zu einem Zyklus zusammen und veröffentlichte sie unter Verwendung der Originaldruckplatten noch einmal gemeinsam als sein Opus 1. Bach war zu diesem Zeitpunkt 46 Jahre alt und ein allseits anerkannter Komponist; das Wort Opus bezeichnete damals nur gedruckte Werke.

Der Originaltitel Clavier-Übung greift einen Titel von Bachs Amtsvorgänger Johann Kuhnau auf – dieser hatte zwei Bände mit jeweils sieben Suiten für Tasteninstrumente unter dem Titel Neue Clavierübung veröffentlicht. In den Folgejahren ließ Bach unter denm gleichen Titel weitere Werke für andere Tasteninstrumente folgen. Der Originaltitel dieses ersten Bandes lautet:

„Clavir-Übung / bestehend in / Praeludien, Allemanden, Couranten, Sarabanden, Giguen, / Menuetten, und anderen Galanterien ; / Denen Liebhabern zur Gemüths Ergoetzung verfertiget / von / Johann Sebastian Bach / Hochfürstl: Sächsisch Weisenfelsischen würcklichen Capellmeistern / und / Directore Chori Musici Lipsiensis. / OPUS 1 / In Verlegung des Autoris / 1731.“

Alle Partiten folgen grundsätzlich der von Johann Jakob Froberger initiierten Satzfolge (AllemandeCouranteSarabandeGigue), fügen aber meist zusätzliche Tänze vor der Gigue oder der Sarabande ein, oder ersetzen diese durch andere Tänze. Die ersten beiden Suiten sind ein wenig kürzer; sie enthalten nur fünf Tanzsätze, die anderen sechs. Besonders auffällig ist die große Bandbereite der Einleitungssätze: Alle gängigen Typen kommen in dem 73-seitigen Band vor, von Präludium über Fantasie, Französische Ouvertüre bis hin zur Toccata. Die Einzelsätze stehen ausnahmslos in der Grundtonart des jeweiligen Werks.

Es ist heute noch nicht vollständig geklärt, ob die Instrumentenangabe Clavier im Titel ein einmanualiges Cembalo meint oder ein Clavichord und geht im Allgemeinen davon aus, dass Bach das Instrument dem Spieler freistellt.

In Anlehnung an die Französischen und Englischen Suiten nannte Albert Schweizer sie „Deutsche Suiten“; diese Bezeichnung hat sich nicht durchgesetzt. Die Forschung ist sich weitgehend einig, dass Bach hier eine Art Integration der beiden vorherrschenden musikalischen Stile unternahm – des französischen und italienischen Stils.

Eine Leipziger Zeitungsankündigung der 5. Partita vom 1. Mai 1730 kündigt an, dass noch zwei weitere Partiten folgen sollten[1]. Wenn dies nicht einfach ein Irrtum des Schreibers war, scheint Bach zu diesem Zeitpunkt demnach noch einen Zyklus aus sieben Partiten geplant zu haben, ähnlich wie die beiden Bände Kuhnaus.

Die einzelnen Partiten

Partita I B-Dur BWV 825

Sätze
  • Praeludium c
  • Allemande c
  • Courante 3/4
  • Sarabande 3/4
  • Menuett I – II – I 3/4
  • Gigue c
Entstehung

Das Werk wurde im Herbst 1726 von Bach als erste Komposition der Serie im Druck veröffentlicht – zuvor war nur seine Mülheimer Ratswechselkantate Gott ist mein König gedruckt worden. Bach widmete diese Partita dem am 12. September geborenen Erbprinzen Emanuel Ludwig von Anhalt Köthen (der früh sterben sollte).

Präludium

Ein Tonleiterthema mit einem charakteristischen Pralltriller eröffnet über einer sehr durchsichtigen Begleitung nach und nach den Tonleiterraum. Es wird mehrfach von den Außenstimmen vorgetragen und bietet mit seiner sequenzierenden zweiten Hälfte reiche Möglichkeit zur Modulation. So ist nach dreieinhalb Takten die Dominante erreicht (hier beginnt die linke Hand mit dem Thema), dann wird das Thema durchführungsartig weitergesponnen. Dieser Satz ist das kürzeste Präludium des gesamten Zyklus’.

Tanzsätze

Die Allemande ist über weite Strecken nur einstimmig mit wenigen Stütztönen im Bass und durchmisst mit großen Akkordbrechungen den gesamten Tonumfang des Instruments. Diese Satzweise spielt ein wenig an Musik für Laute oder Harfe an. Vierstimmige Abschlüsse verdeutlichen die Kadenzen. Die Courante setzt sich durch durchgehende Triolenbewegung davon ab, gestützt von einem unauffälligen, punktiert notierten Rhythmus. Es folgt eine lyrische, durch einen Orgelpunkt in den ersten Takten sehr gravitätisch wirkende Sarabande.

Das Menuett etabliert eine rhythmisch gleichmäßige Achtelbewegung, die in der Thematik auf den Eingangssatz zurückgeht; ein kontrastierendes Menuett 2 XXXXX. Abschließend folgt eine stark stilisierte Gigue, die weder den typischen punktierten Rhythmus herausstellt noch diesen in gleichmäßige Sechzehntelketten auflöst, sondern über eine bewegte Mittelstimme ein virtuoses Frage- und Antwortspiel der Außenstimmen etabliert, bei dem die Hände ständig übergreifen müssen. Diese sehr klavieristische Technik hat einen Einfluss Domenico Scarlattis vermuten lassen, mit dem Bach bekannt war, der allerdings seine bekannten virtuosen Cembalosonaten erst Jahre später schrieb.

Im ganzen ist der Charakter der Suite sehr durchsichtig und lebendig. Frühling, Neubeginn.

Partita II c-Moll BWV 826

Sätze
  • Sinfonia: Grave Adagio c – Andante c – 3/4
  • Allemande ¢
  • Courante 3/2
  • Sarabande 3/4
  • Rondeau 3/8
  • Capriccio 2/4
Entstehung

Das Werk wurde 1727 von Bach gedruckt. Eine andere Fassung ist nicht erhalten.

Sinfonia

Der Eingangssatz spielt deutlich auf die stilisierte Form der französischen Ouverture an und beginnt (Grave. Adagio) mit ungewöhnlich dissonanten, schweren Akkorden; es folgt aber nicht das zu erwartende Fugato, sondern eine dramatische italienische Arie für die rechte Hand, nur gestützt von durchlaufenden Achteln der Linken. Der Abschnitt lebt aus dem Kontrast zwischen dem ruhigen, gleichmäßig singenden Bass (der heutige Hörer unwillkürlich an Jazz denken lässt) und der ausdrucksvollen Solostimme mit ihren großen Intervallen, ihren Seufzermotiven und Synkopen. Der Hörer erwartet nun eine Reprise der Eingangsakkorde; stattdessen folgt eine der wenigen zweistimigen Fugen Bachs, ein virtuoses Kabinettstückchen.

Tanzsätze

Die Allemande, eher im Legato-Charakter, fein im allabreve halbtaktig schwingend, spritzige Courante nahezu ohne Pedal aus und ist in ihrer Wirkung durchaus non legato anzulegen, im Tempo eher rasch, in der Artikulation sehr durchsichtig. Die in beiden Händen vorkommenden Mehrstimmigkeiten sind in ihrer polyphonen Wirkung durch verschiedene Dynamik und Klangfarbe zu erreichen und deutlich zu gestalten.

Sehr lyrisch und langsam die Sarabande. Bei dieser Sarabande sind die Mehrstimmigkeiten zentrales Gestaltungselement. So müssen z.B. am Beginn in der rechten Hand die aus den Viertelnoten bestehenden Hauptstimmen sehr deutlich herausgearbeitet werden. Klangliche Notwendigkeiten rechtfertigen einen für Bach relativ üppigen Pedalgebrauch, der allerdings nie dazu führen darf, dass mehr Stimmen als notiert zu hören sind.
Technisch sind sicher das Rondeaux und das Capriccio bei weitem am Anspruchsvollsten. Daher TIPP: Am besten beim Studium mit Rondeaux und Capriccio beginnen.
Das Rondeaux ist sehr, sehr schnell und sehr, sehr leicht und überaus durchsichtig, dann kommt seine Wirkung voll zur Geltung.  Trotz des hohen Tempos sollten die Verzierungen brillant bleiben und müssen auch verständlich sein.
Das Capriccio, das an die Stelle der sonst üblichen Gigue tritt, sollte nicht zu schwer sein und das Hauptaugenmerk liegt beim Hörbarmachen der Polyphonie. Die großen Dezimsprünge sollten ihrer Intervallstruktur entsprechend deutlich getrennt sein und wirklich den Eindruck großer Sprünge vermitteln.

Partita III a-Moll BWV 827

Sätze
  • Fantasia 3/8
  • Allemande c
  • Courante 3/4
  • Sarabande 3/4
  • Burlesca 3/4
  • Scherzo 2/4
  • Gigue 12/8
Entstehung

Die Komposition war bereits im Zweiten Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach (1725) in Bachs Handschrift enthalten – allerdings ohne das Scherzo; der Druck der Endfassung erschien noch 1727.

Fantasia

Anders als die romantischen Bedeutung, die mancher heutige Hörer bei diesem Titel assoziieren würde, enthält dieser Satz nicht etwa plötzlichen Brüche und schnellen Stimmungswechsel. Es handelt sich vielmehr um eine durchgängige zweistimmige Invention. Was hingegen ständig wechselt und wohl zu der Satzüberschrift geführt hat, ist das virtuose Spiel mit sich verschiebenden Betonungen durch ständige Synkopen. Bach verwendet den schnellen Dreiachteltakt immer als Basis zum Verschieben von Akzenten, dem latenten Etablieren neuer Taktarten, deren sofortigem Umstoßen und einem polyrhythmischen Überlagern verschiedener Taktarten in den beiden Händen.

Der Satz ist auf pausenlose, atemlose Überraschung ohne deutliche Zäsuren und auffällige Binnenkadenzen angelegt. Er changiert zwischen virtuoser Kontrapunktik, die streckenweise immer wieder zum strengen Kanon gerinnt und kurzen homophonen Passagen.

Tanzsätze

Eine zweimal achttaktige, reich verzierte Allemande leitet das Werk ein. Es folgt eine Courante XXXX Die Sarabande ist ungewöhnlicherweise kaum verziert, so dass ihr Grundrhythmus deutlich wahrnehmbar bleibt; die erste Hälfte moduliert zur parallelen Durtonart.

Burlesca ist eine bei Bach sonst kaum anzutreffende Satzüberschrift: ein stilisierter Bauerntanz, der dennoch nicht auf kontrapunktische Andeutungen verzichtet. Scherzo erinnert von ferne an die bekannte Badinerie der h-Moll-Suite; unerwarteterweise beschließt sie das Werk aber noch nicht – es folgt der klassische Suiten-Schlusssatz, eine Gigue, die Bach in seiner Musik für Tasteninstrumente eigentlich immer als dreistimmiges Fugato anlegt, mit Umkehrung des Themas in der zweiten Hälfte.


Partita IV D-Dur BWV 828

Sätze
  • Ouverture ¢ – 9/8
  • Allemande c
  • Courante 3/2
  • Aria 2/4
  • Sarabande 3/4
  • Menuett 3/4
  • Gigue 9/16

Möglicherweise wurde die Aria nur aus Gründen der besseren Raumaufteilung (Vermeidung des Umblätterns) vor die Sarabande gesetzt. Sie wäre dann an ihrem traditionellen Platz hinter dieser zu spielen[2].

Entstehung

Das Werk erschien erstmals 1728 im Druck. Andere Fassungen sind nicht erhalten.

Ouverture

Eine Französische Overture leitet die zweite Hälfte des Zyklus ein. In der Orchestermusik des deutschen Hochbarock war diese Satzart der üblichste Beginn für eine repräsentative Folge von Tänzen: Eine Einleitung in punktierten Rhythmen, gefolgt von einem – hier dreistimmigen – Fugato.


Tanzsätze

XXXXX


Partita V G-Dur BWV 829

Sätze
  • Praeambulum 3/4
  • Allemande c
  • Courante 3/8
  • Sarabande 3/4
  • Tempo di Menuetto 3/4
  • Passepied 3/8
  • Gigue 6/8
Entstehung

Erstes Erscheinungsjahr im Druck war 1730.

Praeambulum

Der Titel bedeutet nur „Vorspiel“ und macht damit keine Andeutungen über den Charakter des Satzes. Für Bach eher ungewöhnlich, erinnert er ein wenig an die Charakterstücke François Couperins: Ein kurzer Vogelruf wird sogleich von trockenen Akkorden beantwortet. Schnell etabliert sich eine einstimmige Solfège-artige Linie, die in weiten Tonleitern den Tonumfang durchmisst. Erst nach einiger Zeit bringt eine kontrastierende Passage XXXXX

Obwohl die Themeneinsätze auf verschiedenen Tonstufen liegen, hat der Satz charakteristische Merkmale eines Rondos, da das Thema immer ganz unerwartet eintritt.

Tanzsätze

Allemande Courante Sarabande

Mit Tempo di Menuetto überschreibt Bach einen Satz, der sich so weit wie möglich von einem echten Menuett entfernt: Eine einstimmige Achtellinie, die deutlich einen Sechsachteltakt (!) etabliert, . Nur die zitatartigen Kadenzen, wie Refrains aus einer anderen Zeit.

Passepied Gigue

Partita VI e-Moll BWV 830

Sätze
  • Toccata ¢ – c
  • Allemande c
  • Courante 3/8
  • Air ¢
  • Sarabande 3/4
  • Tempo di Gavotta ¢
  • Gigue Ø (= 4/2)

(Möglicherweise ist auch hier die Air nach der Sarabande zu spielen, wie in der 4. Partita.)

Entstehung

Wie die dritte Partita war auch diese bereits 1725 im zweiten Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach in Bachs Handschrift erhalten, wobei in dieser Frühfassung noch das Air fehlt. Der Druck der Endfassung erschien dann 1730; ein Jahr später die Gesamtausgabe aller sechs Partiten.

Toccata

Eine Toccata besteht typischerweise aus einer fantasievollen, improvisiert wirkenden Abfolge möglichst vollgriffiger Akkorde und schneller Läufe, Bach fügt hier noch Passagen aus Sechzehnteln mit Achtelbegleitung hinzu. Unerwartet unterbricht Bach den Satz auf der Molldominante und beginnt eine dreistimmige Fuge, die den Anfang nachträglich ein wenig in die Nähe der französischen Ouvertüre rückt – vor allem, weil am Schluss eine deutliche Reprise auf die Hauptmotive des Anfangssatzes zurückgreift.

Tanzsätze

Allemande Courante Air

Sarabande Tempo di Gavotta Dreistimmige Gigue.

Einzelverweise

  1. Richard, Douglas Jones, Kritischer Bericht der Neuen Bach-Ausgabe, Serie V Band 1, 1978, S. 14
  2. Rampe, S.

Weblinks