Benutzer:IP194.94.134.99/Segall

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Herkunft und Ausbildung

Lasar Segall wurde vermutlich am 8. Juli 1889/ 21. Juli 1891 in Wilna als sechster Sohn des Thora-Schreibers Abel Segall und seiner Frau Ester Goedes Glaser Segall geboren. "Obwohl der am 8. Juli 1889 in Wilna geborene Künstler schon seit etwa 1908 tätig ist, - er war 1905 nach Berlin gekommen, lebte anschließend einige Jahre in Dresden und begann 1912 ein Wanderleben, das ihn besonders nach Holland und Brasilien, ferner nach Paris und neuerdings wieder nach Brasilien führte, - sah man ihn sehr selten in Ausstellungen oder in der Öffentlichkeit." Brattkoven (1927), S. 87)

-> Förderung durch Autokolski oder Antokolski Mark Matwejewitsch Antokolski (beide Varianten in der Literatur)

Berlin

1905 oder 1906 geht Segall nach Berlin (15-Jährig) (div. Quellen)

Berliner Kaiserliche Akademie für Schöne Künste. Eingeschrieben am 18. Mai 1907 nach bestandener Aufnahmeprüfung. Leitung: Anton von Werner; wurde dort wegen Insubordination ermahnt ("accused of insubordination") und verließ danach die Akademie (vgl. Bardi (1959), S. 11), schloss sich bereits hier der Sezession von Liebermann und Corinth an und stellte dort aus (kein Nachweis im Katalog; Das Bild "Interieur" als Bild Nr 217. stammt von Arthur Segal; Beleg: Katalog der achtzehnten Ausstellung der Berliner Secession Berlin 1909. 2. Auflage Paul Cassierer, Berlin 1909, S. 35; im Katalog von 1910 fehlt Segal). Gewann dabei den Liebermann-Preis (Bardi (1959), S. 11); Segall beginnt bereits während des Studiums, den Bereich der akademischen Malerei zu verlassen und experimentiert mit freieren Formen. (Beispiel Mutter und Kind, andere Titel auch "Witwe und Sohn" oder "Vaterlos"; Kt. Nr: 2 und 133)

Dresden

1910 geht Segall nach Dresden und wird dort Meisterschüler bei Gotthardt Kuehl in der Meisterklasse der dortigen Akademie. Die Atmosphäre in Dresden schien ihm freier und somit geeigneter, seine eigene künstlerische Sprache zu entwickeln. Hier beginn Segall 1911/12 mit farbigen Glastücken zu experimentieren. Er betrachtet die vertraute Landschaft durch sie. In der Selbstbetrachtung wägt er dabei die unterschiedlichen Gefühlsregungen bei der farblichen Veränderung ab. " (...) my transformation of the world into form and color." (Bardi (1959), S. 27). Freundschaft mit Dix und Grosz Segall:

"Die Jahre von 1909 bis 1912 waren für mich eine Zeit großer künstlerischer Unruhe, Gärung und Veränderung." (zitiert in: Horn (1990). S. 21)
Schon damals fühlte ich, was in der Kunst das wesentliche ist: die mit allen Fachkenntnissen seines Berufes ausgestattete Künstler müssen all ihre Anstrengungen darauf verwenden, die Zeitprobleme gründlich zu erfassen, um ihnen dann die entsprechende künstlerische Form zu geben. Sie müssen sich am Entstehen einer lebendigen Kunst beteiligen, also dem, was wir moderne Kunst nennen." (Zitiert bei Horn (1990), S. 22)

Hier kristallisiert sich bereits sein großes Thema heraus: das transzendentale Leiden (Horn (1990), S. 23) 1912: erstes Gemälde, das kubistische Formen aufnimmt: "Russisches Dorf" (ca. 1912)

Erste Reise nach Brasilien und Rückkehr nach Deutschland

1912 verlässt Segall Dresden und reist über Holland (Arbeiten im Amsterdamer Armenhaus) und Hamburg nach Brasilien, wo seine Schwester Luba lebt, das er gegen Ende des Jahres 1912 erreicht. Den Aufenthalt in Amsterdam nutzt er zu Studein im dortigen Armenhaus. Hier entsteht unter andrem das Gemälde - Ausstellungen mit mitgebrachten Werken in Sao Paolo und Campinas (Organisator: Senator Freitas-Valle; evtl. Vater von Cyro de Freitas-Valle? ->prüfen); erste Konfrontation des brasilianischen Publikums mit der Kunstentwicklung in Europa (Horn (1990). S. 24) Nach acht Monaten kehrt er nach Europa zurück. Er wird beim Ausbruch des zweiten Weltkrieges als Russe (Angehöriger einer Feindmacht) in Weimar interniert, jedoch setzt Kühl sich sehr für ihn ein, so dass er 1916 nach Dresden zurückkehren kann, wo er 1918 seine erste Frau Margarete Quack heiratet. 1917 bereist er Wilna, aus den Arbeiten entsteht das Album "Erinnerungen an Wilna" mit 5 Radierungen. Nach der Brasilienreise scheint Segall kurz überlegt zu haben, sich in Berlin niederzulassen, wo mittlerweile die expressionistische Bewegung stärker vertreten war (Angebot von Schmitt-Rottluff in einem Brief vom 12.3.1914, sich gemeinsam ein Atelier in der Winterfeldtaße 26 zu nutzen, dass Segall jedoch nicht annimmt) (Horn (1990), S. 25)

Die Gruppe 1919

Die ewigen Wanderer
Lasar Segall, 1919
Öl auf Leinwand
138 × 194 cm
Museo Lasar Segall

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Am 29.1.1919 gründet sich - vermutlich auf Bestreben von Conrad Felixmüller und Hugo Zehder - eine Künstlergruppe, die Dresdner Sezession Gruppe 1919. Zu den Gründungsmitgliedern gehören: Wilhelm Heckrott, Constantin von Mitschke-Collande, Otto Schubert, Otto Dix und Segall. Die Bildhauer Ludwig Godenschweng, Christoph Voll, Eugen Hoffmann und Gela Forster, die einzige Frau der Gruppe, schließen sich ihr an. Zum nahen Umfeld der Gruppe gehören auch der Kunsttheoretiker Will Grohmann und der damalige Direktor des Dresdner Stadtmuseums, Paul F. Schmidt. In ihrem Programm definiert die Gruppe Grundsätze: "Wahrheit - Brüderlichkeit - Kunst", sowie den Bruch mit der tradierten Malerei, und organisieren eine erste Ausstellung in der Galerie Richter im Frühling 1919, über die die Dresdner Volkszeitung schreibt:

"Sie [die Künstler] verzichten auf eine Wiedergabe der Natur und betonen, daß ihre Kunst nicht mit dem Maßstab der bisherigen Ästhetik zu messen sei. Sie gestalten das Erlebnis, in gewissem Sinne das ›Ding an sich‹. (...) Am radikalsten und auch am klarsten drückt sich das Wesen der neuen Richtung bei Segall aus, der mit den primitiven Mitteln inneren Schauer zu formen versucht. Was er an äußerer Karikatur gibt, ist eigentlich innere Karikatur, zu der der Mensch infolge einer krankhaften Kultur geworden ist." ("Bildende Kunst" in: "Dresdner Volkszeitung", Dresden, 23.5.1919, zitiert bei Horn (1990), S. 30)

Der Versuch allerdings, dieser künstlerischen Bestrebung auch eine politische Wendung zu geben, führt noch im selben Jahr zu ersten Auflösungserscheinungen. Während Conrad Felixmüller die Ansicht vertrat, dass eine Annäherung an die KPD notwendig sei, nahmen die meisten Mitglieder hiervon Abstand. Hugo Zehder verließ bereits im August 1919 die Gruppe, im nächsten Jahr folgen Peter August Böckstiegel, der der Gruppe nach der Gründung beigetreten war, Schubert und auch Felixmüller. Die Verbleibenden widmeten sich in der Regel gemeinsamen künstlerische Aktivitäten, also Ausstellungen oder der Teilnahme an Künstlerkongressen.

-> Abkehr vom expressionistischen Stil hin zu neuer Sachlichkeit und der "Hinwendung zu mehr Gegenständlichkeit (...) schlägt sich auch im Werk von Segall nieder" (Horn (1990), S. 32)
-> Das grafisch-illustrative Werk der Jahre vor 1923

Für Segall bringt das Jahr 1920 seine Einzelausstellung nach dem 1. Weltkrieg im Folkwangmuseum in Hagen in Westfalen. In dieser Zeit entsteht auch eines seiner wichtigsten Werke, die "Ewigen Wanderer", in dem die Transzendetale Obdachlosigkeit (Georg Lukács) in Verbindung mit der leidvollen Wanderungsgeschichte des jüdischen Volkes seinen Ausdruck findet. Dieses Wandern in Dunkelheit und Leid ist eines der Hauptmotive der Malerei Segall, das ihn über die Jahrzehnte begleitet.

->1921 Teilnahme an einer expressionistischen Austellung auf Einladung von Iwan Goll in Lyon.
->1922 Düsseldorf: "Union fortschrittlicher internationaler Künstler (29. - 31.5.1922) und "1. Internationale Kunstausstellung", anschließend Umzug nach Berlin (Atelier in der Fasanenstraße)
->1923 verlassen Segall und seine Frau Europa und gehen nach Brasilien
"Ich war einfach müde - müde von meinen Erlebnissen in den Kriegsjahren, als ich von einem Tag zum anderen lebte, müde von den unendlichen und fruchtlosen Argumenten und von den Polemiken in der Kunst, die wenig zu tun hatten mit der Kunst selbst und gewöhnlich ausarteten in Kunstpolitik, Programme und Theorien." (Horn (1990), S. 40; dort zitiert nach Bardi (1959), S. 32)

Die Jahre in Brasilien

Einzelausstellungen

  • Galerie Gurlitt, Dresden 1910
  • Folkwangmuseum, Hagen 1920
  • Galerie Chammes, Frankfurt/Main 1921
  • Museum Leipzig (Grafisches Werk) 1923
  • Galerie Neumann-Nierendorf, Berlin 1926
  • Galerie Fides, Dresden 1926
  • Kunstkabinett, Stuttgart 1926
  • Sao Paulo: 1912, 1924 und 1927 (Georges, um 1923)
  • Rio de Janairo, 1928
  • Galerie Vignon, Paris 1931
  • Galerie Renou et Colle, Paris
  • Galerie Neumann-Willard, New York 1940
  • Kunstmuseum (Museo Nacional de Belas Artes), Rio de Janeiro 1943
  • Associated American Artists, Newv York 1948
  • Pan-American Union, Washington 1948
  • Museo de Arte, Sao Paolo 1951

Mappen

  • 5 Aquarelle "Erinnerungen an Wilna" Edition Schilling, Dresden 1919

Illustrationen

  • Album mit 5 Lithographien zu "Die Sanfte" von Dostojewski, Edition Schilling, Dresden 1918
  • Illustrationen zu David Bergelsohns "Maasse-Bichl", Edition Wostock 1921
  • Album mit 8 Lithographien zu "Bübü" von Montparnasse Galerie Garvenberg, Hannover 1922

Literatur

  • Pietro Maria Bardi: "Lasar Segall. Painter, Engraver, Sculptor. Sao Paulo Museum of Art, Brazil. Edizione del Milione, Mailand 1959. Übers: John Drummond. 2. erw. Auflage
  • Otto Brattskoven: "Lasar Segall". In: Alexander Koch (Hrsg.): Deutsche Kunst und Dekoration. Band 60. April - Septemver 1927. Seite 87 - 90
  • Theodor Däubler: „Lasar Segall“. Erschien als Band 20 der Jüdischen Bücherei. Herausgeber: Karl Schwarz. Verlag für jüdische Kunst und Kultur - Franz Gurlitt, Berlin 1920
  • "Lasar Segall Katalog. Mit Beiträgen von Theodor Däubler und Dr. Will Grohmann. Anläßlich der Ausstellung im Folkwang-Museum Hagen i.W." Wostok (der Osten) Verlag, Dresden 1920
  • Waldemar George: "Lasar Segall". Editions Le Triangle, Paris um 1923
  • Fannina Halle: "Lasar Segall Illustration zu David Bergelsohns "Maasse-Bichl". In: Menorah. Jüdisches Familienblatt für Wissenschaft, Kunst und Literatur. Habrith-Verlag, Wien. 1924, Heft 6, S. 13 - 14
  • Gabriele Horn, Monika Hoffmann (Red.) und Regelindis Westphal (Kataloggestaltung): "Lasar Segall. 1891 - 1957. Malerei, Zeichnungen, Druckrgrafik, Skulptur. Staatliche Kunsthalle Berlin." Berlin 1990.
  • Dieter Ruckhaberle, Gabriele Horn: "Vorwort". In: Horn/Hoffmann/Westphal (1990), S. 13f.
  • Gabriele Horn: "Segall und Deutschland". In: Horn/Hoffmann/Westphal (1990), S. 19ff.
  • Vera d'hort Beccari: "Lasar Segall - Der Ritus der Malerei". In: Horn/Hoffmann/Westphal (1990), S. 46 ff.

Weblinks

Material

"1919 schrieb Lasar Segall für die Dresdner Arbeiter-Kunst-Gemeinschaft folgende Worte:

Der Grundgedanke für den Unterricht in der Zeichenschule muß sein: jeder soll das Äußerlich-Wahre (das Interessante) überwinden zugunsten des Notwendigen (des Innerlich-Wahren). Interessant ist der Schein, das Vorübergehende, alles Sinnlich-Reizende, alles im üblichen Sinne Schöne. Das Gegenteil wäre das Wahre, das Notwendige, Bleibende, ganz langsam sich Erschließende. Alles technische Raffinement ist verwerflich. Es kommt nicht darauf an, in Farbe und Linie technische Hilfsmittel zu lehren, sondern jeden mit einfachsten Mitteln sich aussprechen zu lassen. Nicht Ästehtik zu treiben, sondern zur menschlichen Kunst anzuleiten. Es wäre verwerflich, Grundsätze aufzustellen, nach denen gearbeitet werden soll. Jeder darf nur angeregt werden, von sich aus das Wesentliche zu begreifen und in der persönlich notwendigen Form auszudrücken.

Lasar Segall." (Zitiert nach: Ausstellungskatalog Dresden 1920; S. 4 [unpag.])

"Dabei ist es bezeichnend, daß nur der Mensch oder vielmehr einige menschliche Gestalten dargestellt werden und daß durchweg eine thematische Begrenzung stattfindet, die ihrerseits schon durch die Titel (...) festgelegt sind. Schon in diesen Gemälden zeigt sich eine Entwicklung, die formal bis an die Grenze absoluter Vereinfachung reicht." (Brattkoven (1927), S. 88)

Die bestimmende Farben in der Palette: violett und grau beginen nach Brasilien einer helleren Farbwahl zu weichen (Brattkoven (1927), S. 88)

Vorlage

Die ewigen Wanderer
Lasar Segall, 1919
Öl auf Leinwand
138 × 194 cm
Museo Lasar Segall

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