Benutzer:Igna2106/Spielwiese
Verlan ist dem Inresolekt zuzuordnen; dieser setzt sich aus den Begriffen Inversion und Resolekt zusammen.
Inversion + Resolekt → Inresolekt
Die Bedeutung des Wortes lässt sich wie folgt erklären:
Inversion bezieht sich auf die linguistische Komponente der Silben oder Buchstabenverdrehung, die das Grundprinzip des Verlan darstellt (l’envers → Verlan). Diese findet in unterschiedlichen Variationen statt, ein-, zwei- und dreisilbige Wörter können an diesem Prozess partizipieren. Es kann auch zu Zwei- und Dreifachinversionen kommen, wie es beim Veul üblich ist.
Die Bezeichnung Resolekt, ein von Thierry Panier (Panier, Thierry. 2003. D’une théorisation de l’espace linguistique des „cités“ à l’analyse lexicologique des dénominations de la femme. In: Marges Linguistique, Nr.6.) eingeführter Terminus, wurde von mir adaptiert und kennzeichnet das Feld des Sprechers, ist demgemäß das klar definierte Kommunikationsnetz und somit die soziolinguistische Komponente.
Resolekt muss man sich hier wie ein Ortungssystem vorstellen. Je weiter sich der Verlan-Sprecher von seinem eigentlichen Umfeld entfernt, umso artifizieller, vulgärer und inadäquater wird die Verwendung. Sowohl Schüler als auch Lehrer empfinden Verlan in seinem Kontext – bis auf ein paar Ausnahmen– mittlerweile weitestgehend adäquat, wohingegen das Verlassen dieses Kreises selbst bei jugendlichen Sprechern meinungs- bzw einstellungsverändernd wirkt. Verlan wird vulgär und zeugt von wenig Respekt.
Quellen:
- Angela Kundegraber: VERLAN 2007 – Untersuchungen zur französischen Jugendsprache. Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2008, ISBN 978-3-8300-3652-4.
Das Feld muss für den Verlan-Sprecher gewisse Merkmale aufweisen, um authentisch zu wirken. Die Grundlage bilden folgende vier Faktoren:
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1.Soziales Alter/Adoleszenz
Aufgrund der unterschiedlichen Definitionen von Jugend werde ich mich an jene der Shell Jugendstudie 2006 halten, die Jugendliche als Altersgruppe zwischen 12 und 25 Jahren definieren. Längere Ausbildungsdauer, der generell eingetretene Jugendwahn und der daraus resultierende Altersrassismus führen zu einer frappanten Verschiebung sozialer und biologischer Adoleszenz und u. a. alltäglichen Sprechgewohnheiten. Der Beginn der Adoleszenz ist durch biologische Merkmale gekennzeichnet, wohingegen das Ende der Adoleszenz durch soziale Merkmale bestimmt ist. Soziale Adoleszenz endet meist mit dem Einstieg in ein „geordnetes“ Berufsleben, was mitunter nicht vor 30 Jahren geschehen muss. Wird der Sprecher also noch als jugendlich verstanden, ist die Verwendung im Kontext unproblematisch, wohingegen ein „unangebrachtes“ Alter bzw. Status Verwirrung auslöst, Imitation vermuten lässt und gegebenenfalls spöttische Kommentare nach sich zieht.
« et si un prof, il te parlait en verlan, ça te ferait quoi (?) S : ça me ferait bizarre (Lachen) parce que, fin avec les profs on parle pas pareil, on parle normalement, ça me ferait bizarre si il me parlait comme ça I : et si un adulte il parlait verlan (?) S : ça dépend du contexte, si ma mère ou mon père ils me parlent comme ça, ça me ferait bizarre aussi »
Oder erinnern wir uns an die Aussage der damaligen Gesundheitsministerin Maria Rauch Kallat, die Anfang 2004 mit einem „mega-affen-titten-geilen“ Gesundheitspass sehr unglücklich versuchte, Jugendliche anzusprechen. Problematisch waren hier nicht nur ihr Alter, sondern auch der Kontext und das verwendete Vokabular.
2.Quantität und Qualität der Äußerung
Quantität:
Prinzipiell wird nie ein ganzer Satz verlanisiert, Vivienne Mela spricht sogar nur von 10 Prozent, wobei es hier um Schlüsselwörter handelt.
Eine zu hohe Verwendungsfrequenz von Verlan im Rahmen einer Unterhaltung stößt auf Ablehnung und Unverständnis. Letzteres kann allerdings auch manchmal Telos der Unterhaltung sein, wenn die Kodierung der Nachricht im Vordergrund steht (vgl. kryptische Funktion). Eine Schülerin antwortete mir auf die Frage, welchen Effekt die übermäßige Verwendung von Verlan-Wörter habe, wie folgt:
« […] il y en a qui tombent quand même dans l’extrême c’est-à-dire ils parlent continuellement en verlan et ils parlent vite donc on comprend rien donc c’est .. au bout d’un moment ça devient un peu fatigant donc on écoute comme ça, on essaie de comprendre, de remettre tous les mots dans le bon sens et en fait au bout d’un moment on voit qu’on y arrive pas »
Qualität:
Es gilt zwischen Pseudo-Verlan und Verlan zu unterscheiden. Natürlich kann man alles verlanisieren, nur macht man es de facto nicht. Verlanisiert werden eben vorwiegend Wortfelder, die in hoher Frequenz verwendet werden (abhängig vom Sprecherkreis), umgangssprachlicher oder partiell delinquenter Natur sind und auch Sinn in ihrer Verwendung machen, m. a. W. der persönlichen sprachlichen Realität entsprechen.
Ein gutes Beispiel dafür ist tromé. Sehr häufig wurde mir in meinen Interviews die Kenntnis um das Wort tromé bejaht, allerdings sofort angeführt, dass es zu keiner Verwendung kommt, da dieses Verkehrsmittel in Montpellier nicht existiert.
« I : Tromé(?) S : ah non, j’utilise pas, il y en a pas […], métro, mais j’utilise pas »
Was letztendlich tatsächlich verlanisiert wird, ist jedoch dem Sprechern vorbehalten, die Aufgabe der Linguisten kann sich hier in erster Linie nur auf das Abstecken von Wortfeldern beschränken.
3.Kontext
Der Kontext spielt, wie der Terminus Resolekt das Netz des Sprechers impliziert, eine außerordentlich wichtige Rolle. Sowohl Schüler als auch Lehrer können Verlan im richtigen Kontext als mögliche Sprachform verstehen. Verlässt man allerdings diesen Rahmen, kommt es zu enormen Einstellungsveränderungen.
Beispiel dafür sei ein Interview mit einer Lehrerin:
« L : […] un élève est venu chercher un cahier de texte qui était resté dans ma salle et il m’a dit ‘cimer’ I : Ah oui, mais tu l’as compris toute de suite (?) L : bah j’ai compris mais, ah, .. parce que je lui ai demandé quelques formules de politesse, bonjour, s’il vous plait, merci, au revoir .. donc .. il me répond ‘cimer’ […] j’ai dit non merci I : Et, l’impression, elle était comment […] ça t’a choqué (?) L : oui, ça m’a choqué, […] c’était pour moi une provocation … […], même si c’était facile à comprendre, cette façon de s’adresser au professeur est pour moi une provocation I : Et tu crois que lui aussi, il a fait exprès (?) S : mhm, oui, .. il le prend peut-être comme un jeu, … on n’a pas les même jeux, on va dire (Lachen) » . « ça dépend des élèves […] ça dépend du contexte en fait plus que des élevés..quand ils viennent me parler comme ça, discuter de leurs problèmes etc. bon si ils ont envie de parler en verlan, après tout … ça fait avancer la conversation, c’est bon quoi, mais après quand on leur demande de faire des choses bien précises, de s’expliquer correctement et tout, si ils commencent à parler en verlan, non ça va plus quoi […] on est quand même dans une établissement scolaire (Lachen) ou ils sont censés utiliser une certaine forme de langage ».
Auch Schülern ist bewusst, das Verlan in einen bestimmten Kontext eingebettet sein muss, um adäquat zu bleiben.
« I : Utilises-tu le verlan pour parler à tes profs ? S : non, non, parce que pour eux, c’est pas […] une forme de respect du tout, je pense, .. non c’est très familier, il faut pas s’en servir avec n’importe qui » .
Verlan kann natürlich auch innerhalb des Netzes einen pejorativen Charakter erhalten, wenn dem Ausgangswort als auch der Intonation eine dementsprechende Funktion zugeschrieben werden.
Fazit:
Ist der Kontext inadäquat, führt dies teilweise zur Annahme einer bewussten Provokation bzw. zu einem Affront. Wird er jedoch im richtigen Rahmen angewendet, ist seine Verwendung weitgehend unproblematisch.
4.Inversion
Inversion (vom lateinischen inversio, die Umkehrung) impliziert die linguistische Komponente, das Prinzip der Silben- und Buchstabenverdrehung