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Sozialberater:innen

Die betriebliche Sozialberatung der PTT galt seit den 1950er Jahren als unabhängige Anlaufstelle für Mitarbeitende sowohl bei beruflichen als auch privaten Schwierigkeiten. Im vielseitigen, anspruchsvollen und oftmals sehr belastenden Beruf der Sozialberaterin arbeiteten von Beginn an überwiegend Frauen. Sie genossen innerhalb der PTT eine gewisse Unabhängigkeit und waren für eine Vielzahl von Betreuungs- und Unterstützungsfunktionen verantwortlich.

Entwicklung der Sozialberatung innerhalb der PTT

Die betriebliche Sozialberatung (BSA) bei den PTT nahm ab 1944 Form an. Zuvor existierte bereits einige Jahre ein sogenannter Fürsorgedienst, der an die Generaldirektion angeschlossen war und an den sich Mitarbeiter:innen insbesondere für finanzielle Unterstützung wenden konnten. Nachdem die Mitarbeiter:innen 1944 in einem Schreiben auf den Fürsorgedienst aufmerksam gemacht worden waren, gingen so viele Hilfegesuche ein, dass die Generaldirektion im Jahr darauf beschloss, in jeder Kreispost- und Telefondirektion einen Beamten (ausschliesslich Männer) mit Aufgaben des Fürsorgewesens zu beauftragen.[1] Fünf Jahre später, 1950, nahm die erste ausgebildete Sozialberaterin (zu Beginn noch Fürsorgerin und danach teils auch Sozialassistentin genannt) ihre Arbeit bei den PTT auf.[2] Mit dieser neuen Stelle reagierte die Generaldirektion ursprünglich auf den gestiegenen Anteil an weiblichen Angestellten des Betriebs (1950 arbeiteten etwas über 6'000 Frauen bei den PTT). Die Mitarbeiterinnen, so die Überlegung, benötigen eine Anlaufstelle, deren Kompetenzen über die materielle Hilfeleistung hinausgehen und sie bei "persönlichen Anliegen" beraten kann. Darunter fielen Themen wie "Familienfürsorge", "Hilfe bei der Zimmersuche", "Betreuung bei Erkrankung" und "Betreuung bei ausserehelicher Schwangerschaft".[3][4]

Bald darauf erschien jedoch ein in dieser Art abgegrenzter Aufgabenbereich nicht mehr sinnvoll und die Sozialberatung konnte von allen Angestellten der PTT und deren Familien beansprucht werden, weshalb weitere Stellen geschaffen wurden.[5] 1972 arbeiteten acht Sozialberater:innen bei den PTT und 1975 wurden von der Generaldirektion 18,5 Stellen für Sozialberater:innen festgelegt, 7 davon waren direkt an die Generaldirektion angegliedert, 11,5 Stellen wurden auf Aussenposten geschaffen. Dieser Bestand blieb aufgrund eines Personalanstellungsverbots trotz einer stark ansteigenden Nutzung der Sozialberatung und einem Ausbau des Aufgabenbereichs während Jahren konstant.[5] Erst nachdem die Sozialberater:innen wiederholt auf ihr teils nicht mehr zu bewältigendes Ausmass an Arbeit und die starke psychische Belastung hingewiesen haben, wurden ab Mitte der 80er Jahre wieder neue Stellen geschaffen. 1991 arbeiteten bei den PTT 37 Sozialberater:innen, wobei der Frauenanteil bei etwas mehr als zwei Dritteln lag.[6]

Aufgaben und Ziele der Sozialberatung der PTT

Informationsblatt des Sozialdienstes der PTT
Datei:Inserat für Mütterferien.jpg
Inserat für Mütterferien

Wurden während ihrer Einführung grösstenteils materielle Anliegen an die Sozialberater:innen herangetragen, nahm mit der Zeit auch die Bedeutung der immateriellen Betreuung zu, etwa bei Problemen am Arbeitsplatz, in der Ehe, bei Krankheit oder Sucht.[5] Die betrieblichen Sozialberatungsstellen der PTT arbeiteten nach den Grundsätzen der Vertraulichkeit und der Freiwilligkeit. Informationen aus den Beratungsgesprächen durften demnach nicht weitergegeben werden und die Inanspruchnahme der Sozialberatung war für alle Mitarbeitenden freiwillig.[5][7]

Das Ziel des Sozialberatungsdienstes der PTT lag darin, "(...) den Mitarbeitern die inneren und äusseren Lebensbedingungen schaffen, erhalten oder wiederherstellen zu helfen, unter denen sie sich wohl fühlen und sich entwickeln und entfalten können"[5]. Ein besonderer Fokus lag dabei auf der "Hilfe zur Selbsthilfe" mit dem Ziel, dass Hilfesuchende ihre Probleme zukünftig selbständig lösen können.[5]

Um diese Ziele zu erreichen, gehörte zu den Hauptaufgaben der Sozialberater:innen die immaterielle Hilfe in Form von Beratungsgesprächen bei Problemen im Beruf oder im Privatleben, genauso wie die Durchführung von Kursen und Gruppenarbeiten zur Lebenskunde oder zur Vorbereitung auf die Pensionierung.[8][6] Ebenfalls Teil des immateriellen Hilfsangebots waren Mütterferien, welche von Sozialberater:innen geleitet wurden. Sie dienten der Erholung von angestellten Frauen mit Kindern oder Ehefrauen von Angestellten.[9] Eine weitere Hauptaufgabe der Sozialberater:innen war die Vermittlung von finanziellen Hilfsangeboten der PTT an bedürftige Mitarbeitende. Dazu gehörte sowohl die Vergabe von Darlehen als auch eine Reihe von Beiträgen ohne Rückzahlungspflicht. Letztere wurden beispielsweise in Form von Zuschüssen an Krankheitskosten ausgezahlt, zur Finanzierung der Ausbildung von Kindern, oder zur Unterstützung von Witwen und Waisen.[8][6] Neben diesen beratenden und präventiven Tätigkeiten gehörte auch die Administration der Sozialberatungsstellen zum Aufgabenbereich der Sozialberater:innen.[8][10]

Die Stellung der Sozialberater:innen innerhalb der PTT-Unternehmensstruktur

Die Sozialberatung PTT ist innerhalb der Dienstgruppe Sozialdienst (auch Fachgruppe Sozialdienst[5] genannt) zu situieren, die ihrerseits gemeinsam mit weiteren Dienstgruppen (Dienstgruppe Kranken- und Unfalldienst, Dienstgruppe Eingliederung, EVK, Sekretariat, Dienst für Wohnraumbeschaffung) der Sektion Sozialwesen (PA 3) und damit der Personalabteilung unterstellt war.[11] Der sich mit Fragen der Vorsorge und der sozialen Betreuung der PTT-Belegschaft befassende Sozialdienst[8] verstand sich als betriebliches Dienstleistungsangebot, befand sich aber ausserhalb der Betriebshierarchie,[12] was Auswirkungen auf die Stellung der Sozialberater:innen innerhalb der PTT-Unternehmensstruktur hatte. Gemäss dem Kreisschreiben P Nr. 6 vom 12. Mai 1965 unterstanden die Sozialberater:innen administrativ und fachtechnisch der Generaldirektion, arbeitsmässig aber den Kreisdirektionen.[8] Damit und die Tatsache berücksichtigend, dass ihr Einzugsgebiet meist mehrere Kreisdirektionen umfasste und sie für ein Klientel von bis zu 5'800 PTT-Mitarbeiter:innen zuständig waren,[8] nahmen sie eine Sonderstellung innerhalb der PTT-Unternehmensstruktur ein.[13]

Um die Unabhängigkeit der unternehmenseigenen Sozialberatung und damit die Vertraulichkeit des Angebots zu gewährleisten, wurden entsprechende Vorkehrungen getroffen, die wiederum Auswirkungen auf die Stellung der Sozialberater:innen innerhalb der PTT-Unternehmensstruktur hatten. Die Sozialberatung der PTT unterstand keiner Aufsicht, und nebst einer Verschwiegenheitspflicht wurden keine Daten für Personalbeurteilungen weitergegeben. Zudem hatten die Sozialberater:innen eine Stabsfunktion inne, wodurch diese nicht an Dienstwege gebunden waren. Den Klient:innen war es damit möglich, sich direkt an die Sozialberater:innen zu wenden. Die Büroräumlichkeiten der Sozialberatungsstellen befanden sich grösstenteils ausserhalb des Firmengeländes. Da die Sozialberater:innen über keine innerbetriebliche Entscheidungs- und Kontrollbefugnisse verfügten, konnten zudem Interessenskonflikte vermieden werden – auch weil sie im Unterschied zu den den Kreisdirektionen unterstellten Fürsorgebeamten, die ohne entsprechende Ausbildung ebenfalls gewisse Aufgaben der Sozialberatung übernahmen, nicht ins Disziplinarwesen involviert waren. Seitens der Verwaltung wurde nicht nur das Berufsgeheimnis der Sozialberater:innen respektiert, sondern auch auf eine Akteneinsicht verzichtet. Mit der Dezentralisierung der Dienstorte, einer eigenständigen Arbeitszeiteinteilung und ihrer Stabsfunktion konnten sich Sozialberater:innen infolge ihrer Stellung und des Berufsgeheimnisses grösstenteils einer direkten Kontrolle durch die Verwaltung entziehen.[8] Die Tätigkeit der Sozialarbeiter:innen ist damit von einer gewissen Eigenständigkeit und Unabhängigkeit gekennzeichnet. So wurde "[d]en Sozialberatern […] zur Berufsausübung organisatorische und administrative Erleichterungen sowie persönliche Freiräume in der Arbeitsgestaltung eingeräumt, die von den üblichen Normen abweichen."[8] Dennoch wurde die Sozialberatung der PTT hauptsächlich aus Mitteln, die die PTT-Betriebe bereitstellten und verwalteten, finanziert.[8][14]

Anforderungen und Arbeitsbedingungen: kein Beruf, sondern eine Berufung

Schlussbemerkungen zur Studie über die Belastung der Sozialberater:innen

Die Sozialberater:innen benötigten in der Regel eine abgeschlossene Berufslehre oder eine Matura sowie eine abgeschlossene dreijährige Ausbildung an einer Schule für Sozialarbeit oder Sozialpädagogik. Nur falls sich keine Person mit einem solchen Abschluss finden liess, kamen auch Bewerber:innen mit einem Universitätsabschluss in Sozialarbeit oder Sozialpädagogik sowie Heimerzieher:innen, Lehrer:innen und Jugendberater:innen als Sozialberater:in bei den PTT infrage, sofern sie eine Zusatzausbildung absolvierten und mindestens zwei Jahre Berufserfahrung in der Sozialarbeit vorweisen konnten.[15] Von den Sozialberater:innen wurde darüber hinaus "ein hohes Mass an Beweglichkeit und an seelischer Kraft", "grosse Lebenserfahrung und Reife" sowie eine "gesunde Lebenseinstellung" und die Fähigkeit, "mit Menschen unterschiedlichster Herkunft und Veranlagung ein Vertrauensverhältnis aufzubauen", verlangt.[10] In internen Dokumenten der PTT heisst es wiederholt, die Sozialberatung sei kein Beruf, sondern eine Berufung.[10] Da die Angestellten der PTT die Angebote der Sozialberatung in der Regel nur ausserhalb ihrer Arbeitszeit in Anspruch nehmen durften,[7] waren die Sozialberater:innen oftmals ausserhalb der normalen Arbeitszeit im Einsatz.

Im Zuge des erwähnten Personalanstellungsverbots wurde von den Angestellten der Sozialberatung vermehrt auf die hohe Arbeitsbelastung hingewiesen. Einzelne Berater:innen waren meist für 2–4 Kreisdirektionen verantwortlich, wobei weite Distanzen und die alleinige Verantwortlichkeit für bis zu 5’800 Mitarbeitende die Arbeit erschwerten. Die Berater:innen arbeiteten jeweils allein an den Beratungsstellen und es bestand keine Möglichkeit zum gegenseitigen Austausch und zur Unterstützung untereinander.[5] Neben personeller Verstärkung und vermehrter Arbeit im Team wurde 1982 von einer Arbeitsgruppe zur "Überprüfung des Sozialdienstes PTT" auch die Anstellung von Sekretärinnen (hier wurde nur die weibliche Form benutzt) gefordert, um die Arbeitsbelastung durch administrative Tätigkeiten zu verringern.[16] Ab Mitte der 80er Jahre wurden schliesslich wieder mehr Sozialberater:innen eingestellt.[6]

Auch eine Studie aus dem Jahr 1989, basierend auf Umfragen und persönlichen Gesprächen mit Sozialberaterinnen der PTT, hält fest, dass neben den grossen Einzugsgebieten und der isolierten Arbeitsweise vor allem die Arbeit mit den Klient:innen als belastend empfunden wurde, welche mit komplexen familiären Schwierigkeiten oder psychischen Problemen an die Sozialberater:innen der PTT herantraten. Durchgehend positiv bewertet wurde hingegen die hohe Aufgabenvielfalt.[10]

Einzelnachweise

  1. Edith Bosshart, Annemarie Häfliger: Die Betriebsfürsorge der PTT – heutiger Stand und Entwicklungsmöglichkeiten. Luzern 1972, S. 7f.
  2. PTT-Archiv. Sozialberatung / Sozialdienst PTT: Berichte, Handbuch, Korrespondenz. 1944-1978. P-00 Post-309 0006.
  3. Vgl. zum Konzept der Arbeiterinnen als besonders schutzbedürftig auch: Regina Wecker, Brigitte Studer, Gaby Sutter: Die "schutzbedürftige Frau". Zur Konstruktion von Geschlecht durch Mutterschaftsversicherung, Nachtarbeitsverbot und Sonderschutzgesetzgebung. Zürich 2001.
  4. Edith Bosshart, Annemarie Häfliger: Die Betriebsfürsorge der PTT – heutiger Stand und Entwicklungsmöglichkeiten. Luzern 1972, S. 9.
  5. a b c d e f g h PTT-Archiv. Sozialdienst PTT – Eine Standortbestimmung. 1982. P-00 Post-309 0003 (3).
  6. a b c d PTT-Archiv. Damit Menschen wieder lachen können: Die Sozialberatung bei den PTT. 1991. P-15-1-1.
  7. a b PTT-Archiv. Richtlinien der Sozialberatung PTT. 1978. P-00 Post-309 0006.
  8. a b c d e f g h i PTT-Archiv. Sozialberatung PTT. o. J. P-00 Post-309 0003 (1).
  9. PTT-Archiv. Mütterferien. 1990. P 15-1-1.
  10. a b c d PTT-Archiv. Beanspruchung im Sozialdienst: Auswirkungen auf die Stelleninhaber. 1989. P-00 Post-309 0010.
  11. Edith Bosshard, Annemarie Häfliger: Die Betriebsfürsorge der PTT - heutiger Stand und Entwicklungsmöglichkeiten. Luzern 1972, S. 13.
  12. Hedda Trepp-Fredenhagen: Sozialdienst PTT. In: Kontakt. Band 8, Nr. 3, 1978, S. 21.
  13. Edith Bosshart, Annemarie Häfliger: Die Betriebsfürsorge der PTT - heutiger Stand und Entwicklungsmöglichkeiten. Luzern 1972, S. 65.
  14. Vgl. für eine detailliertere Übersicht Edith Bosshart, Annemarie Häfliger: Die Betriebsfürsorge der PTT - heutiger Stand und Entwicklungsmöglichkeiten. Luzern 1972. S. 54-58.
  15. PTT-Archiv. Dienstliche Weisung PA Nr. 5. 1989. P-16-93.
  16. PTT-Archiv. Personalabteilung PTT - Aktennotiz. 1982. P-00 Post-309 0001.