Benutzer:Janni93/Fussballjahrbuch

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hier der gewünschte Textblock aus dem NSV-Jubiläumsbuch.


1905-1930 – 25 Jahre Norddeutscher Sportverband

Hamburg-Altonaer Fußballbund

Gegründet am 20. Oktober 1894 von den Vereinen Altonaer F.u.CC. (jetzt Altonaer FC von 93), Alemannia, Hamburger FC von 88 (jetzt Hamburger Sportverein), FC Association und Borgfelder FC. <Von den Gründungsvereinen lösten sich auf: Association 1900, Borgfelder FC 1897, Alemannia 1897.> Zehn Jahre später bestand der Bund aus 11 Vereinen mit zu-sammen 756 Mitgliedern, nämlich: Sperber, Britannia, Hohenzollern, Hansa, Alemannia, St. Georg 95, Altona 93, Victoria 95, Germania, Hammonia, Bergedorfer FC von 1902.

Seit Oktober 1895 wurden regelmäßig Meisterschaftsspiele ausgetragen, die folgende Sieger ergaben: 1895/96 SC Germania; 1896/97 SC Germania; 1897/98 Altona 93; 1898/99 Altona 93; 1899/1900 Altona 93; 1900/01 SC Germania; 1901/02 SC Germania; 1902/03 Altona 93; 1903/04 SC Germania; 1904/05 SC Victoria. Für die Bundesmeisterschaften war ein Wanderpreis ausgesetzt, der nach dreimaligem Sieg hintereinander an Altona 93 fiel. Von 1900 an wurde für jedes Jahr ein Meisterschaftspokal gestiftet.

Im Jahre 1898 wurde auch für die II. Mannschaften ein Wanderpreis gestiftet, der dreimal gewonnen werden musste, ehe er in den endgültigen Besitz eines Vereins überging.

Die seit 1901/02 eingerichteten Spiele einer II. Klasse ergaben als Sieger in den ersten drei Jahren: Sperber, Victoria, Altona 93. – Im Jahre 1904 hatte Germania 3, Altona 4, St. Georg 3, Sperber 2 Mannschaften.

Um die Spielstärke zu heben, wurden von 1895 bis 1903 insgesamt neun Spiele der Bundesmannschaft gegen auswärtige Gegner ausgetragen.

Altona 93 beteiligte sich 1903 auch an der Deutschen Meisterschaft, gewann gegen Magdeburger FC Viktoria von 96 in Hamburg mit 6:1 und verlor in Leipzig gegen VfB mit 3:6. Germania schied 1904 durch eine Niederlage von 3:1 gegen Britannia (Berlin) aus.

Die älteste Nachricht über Fußballsport in Hamburg stammt aus dem Jahre 1876. Am 3. De-zember 1876 gab die Gelehrtenschule des Johanneums in Hamburg folgende Spielregeln für die Schulmannschaften bekannt:

Gelehrtenschule des Johanneums, Hamburg.

Foot-Ball

1. Auf dem Spielplatz stehen in beträchtlicher Entfernung voneinander die beiden Ziele (Goals), ein jedes bezeichnet durch zwei etwa 15 Fuß auseinanderstehende senkrechte Pfosten.

2. Die Spieler teilen sich in zwei Parteien, welche sich beim Beginn des Spieles innerhalb der beiden Goals, so dass jede Partei das ihrige im Rücken hat, in zwei gegenüberstehenden Linien aufstellen.

3. Diejenige Partei, welcher es gelingt, den Ball mit dem Fuße durch das feindliche Ziel hin-durch zu treiben, ohne dass derselbe von einem Spieler der Gegenpartei berührt ist, hat das Spiel gewonnen.

4. Fliegt der Ball gleich beim ersten Schlage (kick-off) durch das feindliche Goal, so ist dieser Schlag ungültig.

5. Aus den sämtlichen Spielern wird für jede Partei ein Kapitän ernannt, welchem jeder Spie-ler der Partei unbedingt zu gehorchen hat.

6. Die Spieler werden von den Kapitänen eingeteilt in je drei Abteilungen

I. Goal-keeper: Die Aufgabe derselben ist, das Goal zu decken. Sie stehen unter einem Führer, der vom Kapitän ernannt wird.

II. Leichte Brigade: Die dieser angehörenden Spieler werden in leicht gebogener Linie in mäßiger Entfernung vom eigenen Goal aufgestellt. Sie stehen unter drei Führern, welche den linken Flügel, das Zentrum und den rechten Flügel befehligen. Besonders bei den Spielern der leichten Brigade ist unbedingter Gehorsam gegen ihre Führer erforderlich.

III. Bulldoggen: Diese, ohne bestimmte Aufstellung, haben dem Ball überall hin zu folgen.

7. Über das Recht des ersten Stoßes und die Wahl der Goals bestimmt das Los.

8. Der Ball darf mit der Hand aufgehalten werden, aber unter allen Umständen nur mit dem Fuß weitergetrieben werden. Er darf also nie mit der Hand vom Boden aufgehoben werden.

9. Außer dem gewöhnlichen Stoße unterscheidet man:

I. Place-Kick: Stoß gegen den ruhig daliegenden Ball.

II. Drop-kick: Man lässt den Ball aus den Händen auf die Erde fallen und versetzt ihm den Stoß, sobald er von der Erde zurückspringt.

III. Punt: Man lässt den Ball aus den Händen fallen und versetzt ihm den Stoß, ehe er die Erde berührt.

10. Drop-kick und Punt sind nur erlaubt, wenn der Ball über dem Boden aufgefangen ist. Fängt ein Spieler den Ball, ehe derselbe den Boden berührt hat (fair catch), so darf derselbe Spieler mit der Hacke ein Zeichen auf den Boden machen, über welches keiner der Gegner vordringen darf und hat dann das Recht eines ungestörten (free) Drop-kick oder Punt.

11. Hat ein Spieler den Ball gefangen, so darf er mit demselben dem feindlichen Goal zulau-fen, verliert jedoch hierdurch das Recht eines free-kick. Sobald ein Spieler mit dem Ball läuft, suchen die Gegner ihm denselben zu entreißen. In diesem Falle steht es ihm frei, unter dem Rufe „down“ unbehindert den Ball auf den Boden zu legen, so lange er alsdann die Hand auf dem Balle liegen lässt, darf kein Gegner zustoßen.

12. Verboten ist: Festhalten an Kleidern, Beinstellen und Haken.

13. Hat ein Spieler den Ball fortgestoßen, so dürfen außer ihm selbst nur diejenigen weitersto-ßen, welche hinter ihm gestanden haben. Hat hingegen ein Gegner den Ball berührt, so hat jeder der Partei das Recht zu stoßen. Ist gegen diese Regel gefehlt worden, so wird durch den Ruf „off side“ auf das Versehen aufmerksam gemacht, worauf auf Verlangen der Ball an seine frühere Stelle zurückgeschafft wird.

14. Ist der Ball hinter die Goal-Linie geraten, so sucht jeder diesen zu berühren. Gelingt dieses einem der Verteidiger des Goal, so hat er das Recht eines free-Place-kick vor der Goal-Linie, gelingt dies jedoch zuerst einem Spieler der Gegenpartei, so hat dieser das Recht eines free-Place-kick von einem Punkte aus, welcher von dem Punkte, an welchem die Goal-Linie berührt ist, 15 Schritte entfernt ist.

15. Fliegt der Ball über eine der Seitenlinien hinaus, so muss derjenige, welcher ihn zuerst berührt, denselben mit der Hand auf den Spielplatz zwischen die beiden Parteien werfen, welche sich inzwischen einander gegenüber in Linie aufgestellt haben.

16. Nach Beendigung der Halftime werden die Goals gewechselt. Bei beschränktem Raume wird der Ball, wenn er die Goal-Linie passiert hat, von den Verteidigern des Goal durch einen free-Place-kick von der Goal-Linie wieder auf den Spielplatz geworfen.

Aus dem Wortlaut dieser Regeln erkennt man die Verquickung zwischen Rugby und Assoziation.

Leider haben die Johanniter das Fußballspiel wieder aufgeben müssen unter dem Druck einer verständnislosen Lehrerschaft.

Die älteste Nachricht über Leichtathletik stammt aus dem Jahre 1880, und zwar von dem Hamburger Sportclub (nicht dem heutigen HSV), einer Vereinigung von Söhnen erster Hamburger Patrizierfamilien, die auch heute noch in unserer Kaufmannschaft allergrößte Achtung und Ansehen genießen. Mit diesem Hamburger Sportclub müssen wir uns etwas eingehender beschäftigen, weil er der Pionier des Rasensports in Norddeutschland gewesen ist.

In dem Sportblatt „Sporn“ vom Juni 1880 lesen wir: „Fußsport in Hamburg! Im letzten Winter bildete sich in Hamburg ein Komitee, bestehend aus einigen jungen Leuten, mit der hauptsächlichen Absicht, den in Deutschland noch sehr vernachlässigten Laufsport zu fördern. Von diesem Komitee wurde am verflossenen Sonntag, den 6. Juni, auf der freundlichst zur Verfügung gestellten Horner Rennbahn ein erstes Meeting abgehalten, welches unter sehr zahlreicher Beteiligung in allgemein befriedigender Weise verlief. Es waren sieben Konkurrenzen ausgeschrieben und wurde die Hauptnummer auf dem Programm, der Große Preis von Horn, Wert 70 Mark, Distanz 100 Yards, von F. Eiffe, das Große Handicap, Wert 50 Mark, Distanz ca. 120 Yards, von F. Loesener und das Dauerrennen, Wert 30 Mark, Distanz 1610 Meter (eine englische Meile), von A. Arning gewonnen. …“

Die damaligen Statuten des derzeitigen Hamburger Sportclubs besagten in § 1, dass der Zweck des Klubs sei, jeden athletischen Sport in Hamburg zu fördern.

Im Frühjahr von 1881 bestand der Klub aus 22 Mitgliedern, er unternahm: Schlittschuhtouren im Winter, Schnitzeljagden im Sachsenwald und leichtathletische Veranstaltungen. Dann spannte der Klub sein Ziel weiter und veranstaltete Flach- und Hindernisrennen. Im Jahre 1881 beschäftigte sich der Vorstand energischer mit dem bis dahin vernachlässigten Fußballspiel. Der Vorstand wurde beauftragt, „in Anbetracht der Eröffnung der Football-Saison dieserhalb mit dem Anglo-American Football-Club in Unterhandlungen einzutreten und in einer gemeinsamen Kommission die Modalitäten festzusetzen, unter denen ein gemeinschaftliches Spiel stattfinden könnte“. Infolge dieser Verhandlungen wurde zwischen den beiden Klubs ein Vertrag abgeschlossen, wonach im Fußballspiel die Mitglieder des Hamburger Sportclubs dem Anglo-American Football-Club beigegeben (kombiniert) wurden. Im Winter 1881/82 wurde dann auf der Moorweide vor dem Dammtor Fußball gespielt. Bei den leichtathletischen Meetings wurden jetzt auch außer einem oder zwei Pferderennen Radrennen erstmalig eingelegt. Die Namen der Mitglieder zeigen deutlich, dass besonders die Elite der Hamburger Kaufmannschaft im Sport Erholung suchte und fand. Den Hamburger Herren unseren Dank für die geleistete Pionierarbeit!

1884/85 gehörten dem Klub bereits mehr als 100 Mitglieder an. Kaum eine der Gesellschaft und den führenden Kaufmannskreisen angehörenden Hamburger Familien ist in dem emporstrebenden Sportklub unvertreten, alle beseelt von dem Gedanken, Sport zu treiben um des Sportes willen. Mutet es nicht geradezu ergötzlich an, wenn wir in den alten Rennpropositionen lesen, dass zum Beispiel im 150-Meter-Flachrennen der erste Preis ein Tintenfass, der zweite ein Aschenbecher und der dritte ein Federwischer war. Ein Handikap für Junioren wurde mit dem Portemonnaie als erstem und einem Seidel als zweitem Preis ausgestattet und fand ebenso viele Unterschriften wie der Große Preis, der aus einem Silberpokal bestand.

In jenen Tagen des Jahres 1886 schritt man alsdann unter Anregung des Hamburger Sport-clubs zur Bildung des Verbandes Hamburger Sportclubs, dem außer dem einladenden Verein der Allgemeine Sportclub, der Harvestehuder Sportclub, der Hohenfelder Sportclub und der Wandsbek-Hamburger Sportclub beitraten. Aufgabe dieser ersten Sportbehörde war es, „die Termine für die Meetings zu bringen, Handicaps aufzumachen und alle etwaigen Streitfragen zu entscheiden“.

Am 12. Juni 1887 sehen wir den Klub seine Frühjahrsrennen, Radrennen und sein Tauziehen auf der Rennbahn des Eislaufvereins vor dem Dammtor abwickeln. Die Veranstaltung geht damit erstmalig über den Rahmen einer rein internen Angelegenheit hinaus und sieht Teilnehmer mannigfaltigster Sportvereine am Start. So finden sich unter anderen die ersten Engländer neben rein deutschen Vereinen dort ein. Im Tauziehen startet der Harvestehuder Sportclub gegen den Hamburger Ruderclub. Auch der Hamburg-St.-Pauli-Turnverein ist durch M.v.Hacht erstmalig vertreten. Diese Vereine sonderten sich jedoch später immer mehr vom Rasensport ab; reine Rasensportvereine entstanden.

Leider müssen wir hierbei feststellen, dass die meisten Herren sich später, obwohl sie den Nutzen und die Notwendigkeit der Leibesübungen voll erkannt hatten, zurückzogen und heute nur noch in Pferdesport-, Ruder- und Segelvereinen zu finden sind, dass sie dagegen den Vereinen, denen sie den Weg bereitet haben, fast völlig fern stehen.

Auf eine bemerkenswerte Tatsache sei noch hingewiesen: In Ütersen bestand das Internat Ramm, in welchem nur Ausländer untergebracht waren, hauptsächlich Engländer. Nach den noch vorhandenen Aufzeichnungen betrieben die Zöglinge, die die Tracht der Schüler vom Eton College trugen, bereits 1876 Fußball (Rugby). Man sieht daraus, dass – wie in Hannover – die Engländer die Pioniere des Rasensports in Norddeutschland gewesen sind.

Wir müssen nun etwas zurückgreifen, um die Zustände und Ereignisse, die bis zur Gründung des Norddeutschen Fußball-Verbandes in Groß-Hamburg bestanden, verständlich machen zu können.

Die Anfänge des Fußballsports reichen auf die neunziger Jahre zurück. Es wurde hier und da gespielt, doch war dieses nicht von großer Bedeutung. Als die Pioniere des Fußballspiels muss man den Sportclub Germania und Hamburg 88 bezeichnen. Germanias Gründungsjahr war das Jahr 1887. Der Hohenfelder Sportclub und der Wandsbek-Marienthaler Sportclub, beide 1884 ins Leben gerufen, schlossen sich am 15. Februar unter dem Namen Sportclub Germania zusammen. Anfangs wurde aber nur Leichtathletik betrieben. Der Hamburger Fußballclub von 1888 wurde am 1. Juni durch Schüler des Wilhelm-Gymnasiums gegründet, wo der Turnlehrer Dr. Wilms das Fußballspiel eingeführt hat. Da der Sportclub Germania wie auch einige andere, inzwischen eingegangene Vereine sich fast ausschließlich mit der Leichtathletik befassten, war der HFC von 1888 auf Spiele der Mitglieder gegeneinander angewiesen. 1891 traten dem Sportclub Germania eine Reihe Engländer bei, auch sonst erhielt der Verein Zuwachs. Das Fußballspiel fand Interesse, und die Schar seiner Anhänger erhöhte sich. Dann brach 1892 die Cholera über Hamburg herein. Die Schulen wurden geschlossen. Auf den freien Plätzen fanden sich die Schüler zusammen, und neben anderen Spielen rückte das Fußballspiel in den Vordergrund. Feste Regeln gab es nicht. Man teilte sich in zwei Gruppen, und dann ging es los. Jeder spielte nach seiner Art, und in der Hauptsache war stets die größere Körperkraft ausschlaggebend. Im Juni 1903 wurde von einer kleinen Schar Schüler der Altonaer Reallehranstalten die Cricket-Abteilung des Altonaer Turnvereins von 1892 ins Leben gerufen. Kurze Zeit darauf wurde schon der Name in Cricketclub geändert, und als später das Fußballspiel immer mehr dem Kricketspiel vorgezogen wurde, beschloss man 1894 die Namensänderung in Altonaer Fußballclub von 1893. Im Jahre 1893 trug Germania sein erstes Wettspiel aus. Der als Spielstark geltende Hamburger Association-Fußballclub wurde mit 17:0 geschlagen. Auch gegen andere Vereine, die damals einen klangvollen Namen hatten, heute aber längst das Zeitliche gesegnet haben, war Germania erfolgreich. – 1894 kam nach langen Verhandlungen endlich das erste Spiel Germania-HFC von 1888 zustande. Gespielt wurde nach den englischen Regeln auf der Horner Rennbahn. Germania blieb überlegener Sieger. Über Wettspiele in der damaligen Zeit berichtet die Vereinszeitung des Altonaer Fußballclubs von 1893 aus dem Jahre 1894 wie folgt:

„Fußballspiel am 22. April 1894. Um 8 ½ Uhr waren erst 6 Spieler erschienen und waren die Parteien folgendermaßen: 1. Trede, Menck, Harrendorf. 2. Harms, Horstmann, Wullenweber. Den Abstoß hatte Trede und errang derselbe in der ersten Minute ein Goal. Bis 9 Uhr wurde eifrig gespielt, doch waren die Spieler so ermattet, dass sie eine Pause machten. Jetzt erschienen Behr, Ahlers, Kruse. Es wurde neu gewählt, und zwar wie folgt: 1. Behr, Harms, Ahlers, Menck, Wullenweber. 2. Trede, Kruse, Horstmann, Harrendorf. Bis 9 ½ Uhr wurde nur ein Goal durch Behr gestoßen, was wohl nicht passiert wäre, wenn Horstmann als Goalwächter aufgepasst hätte. Um 9 ½ Uhr wurde das Spiel beendet, da die Spieler ziemlich ermüdet waren.“

Ein Fußball-Wettspiel in Borgfelde.

„Am 5. August 1894 6 Uhr morgens (!) findet auf der Borgfelder Eisbahn ein Fußball-Wettspiel zwischen dem Borgfelder Fußballclub und dem Fußballclub Association aus Eilbeck mit Herrn Heysen vom Altonaer Cricketclub als Schiedsrichter statt, so hörte man einige Tage vorher, und sofort entflammte der Sporteifer unserer Mitglieder. An dem betreffenden Morgen ½ 6 Uhr fuhren 10 Vertreter unseres Vereins, unter ihnen der Schiedsrichter, nach Hamburg und gingen dann zu Fuß nach Borgfelde, wo sie freundlichst empfangen wurden. Pünktlich um 6 Uhr waren die Spieler beider Vereine auf dem Platze, und Herr Heysen, begleitet von einem mit einer Trompete bewaffneten Trabanten, forderte die Spieler auf, sich aufzustellen. Nachdem dieses schwierige Geschäft zur Zufriedenheit aller, auch des Herrn Heysen vollbracht war, und als man sich geeinigt hatte, welche Partei zuerst anstoßen sollte, winkte der Schiedsrichter seinem Trabanten, der dann nach einem anfänglich vergeblichen Versuch einige Töne aus seiner Trompete hervorstieß: Das Zeichen zum Beginn des Kampfes. Sofort nach dem Anstoß stürzten sich alle Spieler mit Ausnahme des Goalkeepers, auf den Ball und traten ihn mit bewunderungswürdiger Sicherheit alle Augenblicke über die Grenzlinie, welche von den beiden Linienrichtern bewacht wurde. Da auf diese Weise die ganzen 2 Stunden (10 Minuten Pause) gespielt wurde, wäre es zu keinem Resultat gekommen, wenn nicht ein Eilbecker durch Unvorsichtigkeit den Borgfeldern einen 11-m-Stoß zugewendet hätte, wodurch diese ein Goal machten und das Spiel beendet wurde. Herr Heysen hatte Gele-genheit gehabt, seine Tüchtigkeit als Schiedsrichter zu zeigen. Um 8 Uhr begab er sich dann, begleitet von den Danksagungen der Eilbecker und Borgfelder, in Gemeinschaft mit seinen Clubkameraden wieder nach Altona zurück.“

Nach dieser Schilderung, die auch als Spielbericht interessant ist, und die ferner zeigt, wie man vor 30 bis 40 Jahren in Hamburg Fußball spielte, kehren wir zurück zur Verbandsgeschichte.

Der Gedanke der Gründung eines Verbandes für das Gebiet Norddeutschland fand in Hamburg vorerst wenig Gegenliebe. Im Gegensatz zu Hannover und Bremen hatte das Rugbyspiel in Hamburg-Altona keinen Eingang gefunden. Schon aus diesem Grunde bestand eine gewisse Abneigung gegen einen Zusammenschluss mit den übrigen Stadtverbänden. Man wollte außerdem die Beiträge für einen Verband und für den Bund sparen. So blieb vorläufig alles in der Schwebe. Die Hamburger fühlten sich stark genug, um unter sich bleiben zu können, denn es bestanden derzeit bereits folgende Vereine, die im Hamburg-Altonaer Fußballbund zusammengeschlossen waren:

SC Germania, gegr. 1887, Mitgl. 1903/04: 110; 1930 (zus. mit HFC 88 als HSV): 1483

Hamburger FC, gegr. 1888, Mitgl. 1903/04: 74; 1930 (zus. mit Germania als HSV): 1483

St. Georger FC, gegr. 1895, Mitgl. 1903/04: 78; 1930: 1480

SC Victoria, gegr. 1895, Mitgl. 1903/04: 71; 1930: 1234

Altonaer FC, gegr. 1893, Mitgl. 1903/04: 224; 1930: 1049

SC Sperber, gegr. 1898, Mitgl. 1903/04: 67; 1930: 552

Bergedorfer FC (Spiel und Sport), gegr. 1902, Mitgl. 1903/04: 44; 1930: 430

FC Alemania, gegr. ???, Mitgl. 1903/04: 40; 1930: ---

FC Britannia (St. Pauli SV), gegr. 1902, Mitgl. 1903/04: 51; 1930: 240

FC Union (Altona), gegr. 1903, Mitgl. 1903/04: 62; 1930: 753

Andere Vereine, zum Beispiel die Hamburger Association, der Borgfelder FC, Alemannia (Hamburg), Hammonia (Hamburg), einstmals Vereine mit klangvollem Namen, waren in der damaligen Sturm- und Drangperiode untergegangen.

Die Leitung und Verwaltung des Hamburg-Altonaer Fußballbundes geschah durch den Bundesrat, durch den Bundesvorstand und den Spielausschuss. Die derzeitige Satzung des Bundes bildet noch heute das Gerippe der Verbandssatzung. Der Zweck des Bundes war nur die Wahrnehmung der Interessen des Fußballspiels. Der Bundesrat bestand aus je einem Vereinsvertreter und dem Bundesvorstand. Für Nichtentsendung eines Vertreters hatten die Vereine Strafe zu zahlen. Da jeder Verein außer seinem Vertreter vier weitere Mitglieder zu den Tagungen des Bundesrats entsenden durfte, die aber nicht stimmberechtigt waren, so war stets eine stattliche Versammlung von oft mehr als 60 Personen beisammen, wobei noch erwähnt werden muss, dass sich fast alle persönlich kannten. Fast allwöchentlich fanden Sitzungen des Bundesrats statt. Die Tagesordnung bestand in der Regel in der Erledigung fast endloser Spielproteste und sogenannter Keilversuche. Es war also in der „guten alten Zeit“ nicht besser wie heute, nur dass der Bezirksvorstand heute in einer Sitzung die Angelegenheiten schneller und besser erledigt, als der damalige Bundesrat in vier Wochen. Man saß bis zum frühen Morgen beisammen, oft ohne Ersprießliches geleistet zu haben. Aber ein Gutes hatten diese Versammlungen: es bildeten sich Redner, Verwaltungsbeamte, Führer, die in der folgenden Zeit vonnöten waren: Köhn, Weymar, Koretz, Rave, Thran, Fensch, Blome, Plötz, Kubaseck, Westendarp, v.Holten, Cordua, Meis usw., alles Leute, die nachher die Geschicke des NSV lenkten, gingen durch diese Schule. Wir wollen aber nicht verschweigen, dass sich unter dieser Zusammensetzung des Bundesrates offen oder versteckt eine ungesunde Vereinspolitik breit machte.

Das war das Kollegium, dem der Antrag auf Gründung eines Norddeutschen Verbandes zur Beschlussfassung vorgelegt wurde. Man sagte nicht nein und nicht ja und drehte die Sache einfach so, dass der Hamburg-Altonaer Fußballbund bestehen blieb. Er benutzte die Bezeichnung Norddeutscher Fußballverband einfach als Dekorum nach außen hin. Da die Verhältnisse in Hannover, Bremen, Kiel ähnlich so lagen, war an ein gedeihliches Zusammenwirken nicht zu denken. Der einzige Kitt, der diese Stadtverbände als Norddeutschen Fußballverband notdürftig zusammenhielt, war die nun bestimmungsgemäß auszutragende Norddeutsche Meisterschaft. Schließlich sah sich der DFB genötigt einzuschreiten. Er sagte den Norddeutschen unverblümt die Wahrheit. In Hamburg, wo der Hauptwiderstand lag, wurde zuerst angeklopft. Man wusste, dass es nun auf Biegen und Brechen ging. In den anderen Stadtverbänden ging es ähnlich, aber minder hart zu. Schließlich gelang der große Wurf dennoch, man stimmte zu.

Um aber noch einen Rest hinüberzuretten in den NFV, beschloss der Hamburg-Altonaer Fuß-ballbund:

1. Für den Bezirk Hamburg des NFV gelten im allgemeinen die Satzungen des NFV, jedoch im besonderen die Grundgesetze und die Wettspielordnung des HAFB.

2. Der Bezirk Hamburg besteht aus den Unterbezirken: a) Hamburg-Altona; b) Lübeck und Umgegend; c) Lüneburg, Winsen, Harburg (nördliche Provinz Hannover); d) dem nördlichen Gebiet der Unterelbe.

3. Eine Selbständigmachung der Unterbezirke ist für später vorgesehen.

4. Jeder Unterbezirk hat möglichst für sich gesondert eine Meisterschaft auszutragen.

5. Die Meister der Unterbezirke spielen mit dem jeweiligen Meister des HAFB derjenigen Klasse, der ihr Unterbezirk zugeteilt worden ist.

6. Die Beiträge betragen Mark 12,- für je angefangene 50 Mitglieder eines Vereins.

7. Die Kasse des Bezirks wird vom Kassenführer des HAFB geführt.

Durch die Übernahme der Unterbezirke lud sich Hamburg eine sehr große Mehrlast auf. Außerdem brachte man Hamburg ein gewisses, in den bisherigen Verhältnissen begründetes Misstrauen entgegen. Aber der Bezirksvorstand, unter Leitung von W. Rave, gewann bald das Vertrauen der Vereine der Unterbezirke, so dass sich im allgemeinen die Verwaltungstätigkeit reibungslos abwickelte, besonders als man merkte, dass der Bezirksvorstand durchaus unparteiisch amtierte.

Wie schon erwähnt, befasste der Hamburg-Altonaer Fußballbund sich nur mit den Fußballspielen, wogegen einige seiner Vereine sich aber auch schon mit der Leichtathletik beschäftigten. Wenn auch keine festgefügte Organisation für Leichtathletik bestand, so berieten die Vereine doch gemeinsam über die Belange der Leichtathletik und entsandten ihre Vertreter zu den Sitzungen der DSB nach Berlin. In der Gründungsversammlung der DSB am 31. Januar 1898 in Berlin wurde bereits ein Vertreter Hamburgs, Herr A. Brackenhöft, in den Vorstand gewählt. 1899 finden wir die Herren Traun (Germania Hamburg), ferner Franz Behr (Altona 93) in der Verwaltung, letzteren als 2. Vorsitzenden. 1904 taucht zum erstenmal Paul Koretz auf, der bis zu seinem Lebensende neben seinem heißen Fußballherzen auch die Leichtathletik stets zu ihrem Rechte kommen ließ.


Verband Hannoverscher Ballspielvereine

Die Maschwiesen, die südlich der Stadtgrenze Hannovers lagen, dienten noch gegen Ende der 70-er Jahre der Jugend als Tummelplatz. Hier wurden die Indianerschlachten geschlagen, hier ließ die Jugend im Herbst ihre Drachen steigen, und sie empfand es als unliebsame Störung, als eine Schar junger Engländer, die in Hannover studierte, sich einen Platz absteckte und zum Ärger der Jugend, aber zum Gaudium der älteren Zuschauer sich um einen eiförmigen Lederball balgte. Wir sagen „balgte“, denn die Spielregeln des Rugby waren derzeit den Hannoveranern nicht bekannter als der übrigen Welt das Innere Afrikas. Jedoch die Jugend hatte bald herausgefunden, dass das Rugbyspiel zur Betätigung ihres Tatendranges geeigneter sei als das Indianerspielen. Die „spleenigen“ Engländer erhielten bald Zulauf aus den Reihen der hannoverschen Jugend. So entstand am 14. September 1878 der Fußballverein von 1878. Ein zweiter Verein, der sich hauptsächlich aus Schülern der Realschule am Georgsplatz zusammensetzte, gründete sich unter dem Namen Hannoverscher Schüler-Footballclub. Jedoch schon zwei Jahre später entstand der Fußballverein Hannovera, der das Assoziations-Fußballspiel einführte und mit dieser Spielart in dem Akademischen Ruder- und Ballspielverein einen Spielpartner fand. Der Hannoversche Fußballclub von 1896, aus dem Deutschen Fußballverein von 1878 hervorgegangen, pflegte zunächst Rugby, nahm alsdann Assoziations-Fußballspiele dazu, um im Jahre 1900 das Rugbyspiel ganz aufzustecken. Ein Jahr später folgte der Fußballclub Eintracht von 1898, der bis dahin neben Fußball ebenfalls Rugby gespielt hatte. Nachdem dann im Jahre 1902 der Fußballverein Germania, der Sportclub von 1902 und der Sportverein Niedersachsen gegründet worden waren, griff der Gedanke Platz, die bestehenden Assoziationsvereine zusammenzuschließen, um mit vereinten Kräften um Anerkennung zu ringen. Das war gar nicht so leicht, denn es gehörte gewissermaßen eine Dosis Überwindung dazu, sich als Fußballspieler zu bekennen. Man wurde, ging’s gut, über die Achsel angesehen, allgemein aber verhöhnt und verspottet. Wo immer die kurzbehosten Ballspieler sich sehen ließen, ging der Bürger kopfschüttelnd vorüber. In den höheren Schulen erließen die Leiter an die Schüler Verbote, einem Fußballverein anzugehören. Das Elternhaus reagierte gern und prompt, und wer bei oder nach heimlichem Spiel ertappt wurde, dem erging’s alsdann nicht gerade zum Besten. Die Presse? Für sie war in bezug auf das Fußballspiel Schweigen Gold. Behördliche Unterstützung? Es wird besser nicht darüber gesprochen. Geschlossene und gepflegte Fußballfelder, wie sie der heutige hannoversche Junge in allen Stadtteilen vorfindet, gab es einfach nicht. Da, wo heute die Stadthalle sich erhebt, auf der Kleinen Bult, war das Dorado der Fußballjugend, der große Spielplatz für alle Vereine.

Alle Schwierigkeiten, zu Bergen sich türmend, vermochten die Entwicklung nicht zu hindern; eine Kulturbewegung, die von inneren und äußeren Kämpfen und Erschütterungen nicht verschont blieb und nicht verschont bleiben konnte, war nicht aufzuhalten. Weitblickende Jünglinge – Männer waren noch keine dabei – erkannten, dass nur im Zusammenschluss der Kräfte das Heil zu finden sei, und so wurde der Plan gefasst, um gleich etwas Großes zu schaffen, mit dem benachbarten Braunschweig, in dem die heutige Eintracht neben Germania und Brunsviga dominierte, einen gemeinsamen Verband zu bilden. Zwar führten die Verhandlungen mit dem Braunschweiger Vertreter nicht zum Ziele, jedoch der Stein war ins Rollen gekommen. Vorverhandlungen ebneten die Wege und am 1. Juli 1903 hoben sieben Vereine mit 280 Mitgliedern den „Verband Hannoverscher Ballspielvereine“ aus der Taufe. Hören wir, was die Chronik des für den hannoverschen Sport und seine Entwicklung so überaus bedeutungsvollen Tages der Nachwelt erhalten hat.

Gründungsprotokoll

„Nachdem sich die Notwendigkeit herausgestellt hatte, einen Verband Association spielender Fußballvereine ins Leben zu rufen, wurde am 1. Juli d.J. eine Versammlung, der schon einige vorbereitende Versammlungen vorhergegangen waren, zum Zwecke der Verwirklichung dieses Planes einberufen. Sämtliche Associations-Fußballvereine hatten der Einladung zu dieser Versammlung Folge geleistet und verbürgten durch das der Sache entgegengebrachte Interesse und durch die durch ihr Erscheinen zum Ausdruck gebrachte Absicht, dem Verbande beizutreten, das Zustandekommen desselben, zumal alle von der Lebensfähigkeit voll und ganz überzeugt waren.

Unter dem Vorsitz des Herrn Fritz Schlüter vom Hannoverschen Fußballclub von 1896 wurde die Versammlung um ½ 10 Uhr abends eröffnet, und führte dieser den Vertretern der einzelnen Vereine nochmals kurz die Zwecke und Ziele des zu gründenden Verbandes vor Augen. Er führte aus, dass des Verbandes Aufgabe sein soll, durch Zusammenschluss sämtlicher Association spielender Fußballvereine, speziell das Associationsfußballspiel zu pflegen und zu verbreiten und die sonstigen sportlichen Bestrebungen der einzelnen Verbandsvereine zu fördern. Die Mittel zu diesen Zwecken sind, Meisterschaftswettspiele um Ehrenpreise zu veranstalten, welche am Schluss der Saison in den Besitz der siegenden Vereine übergehen; die Verbandsmeisterschaftsspiele durch geeignete Schiedsrichter zu überwachen und schließlich auf die öffentliche Meinung einzuwirken, besonders durch Veröffentlichungen in der Sport- und Tagespresse.

Unter dem Namen Verband Hannoverscher Ballspielvereine wurde dann der Verband gegründet, dem die anwesenden sieben Vereine, und zwar:

1. Akademischer Ruder- und Ballspielverein

2. Fußballverein Hannovera von 1898

3. Hannoverscher Fußballclub von 1896

4. Fußballclub Eintracht von 1898

5. Fußballverein Germania von 1902

6. Sportclub von 1902

7. Sportverein Niedersachsen von 1903

sofort beitraten. Es wurde sodann zur Beratung der Satzungen übergegangen, welche auf der Basis der Satzungen des nicht zustande gekommenen Verbandes Braunschweig-Hannoverscher Ballspielvereine in den der Gründungs-Versammlung vorangegangenen Sitzungen ausgearbeitet waren. Nachdem verschiedene sachliche und redactionelle Änderungen bzw. Zusätze gemacht waren, wurden dieselben zunächst als maßgebend angenommen.

Hierauf wurde zur Wahl des Vorstandes geschritten, welche folgendes Ergebnis hatte:

1. Vorsitzender Herr stud. O. Hirseland vom Akademischen Ruder- und Ballspielverein

2. Vorsitzender Herr Fr. Schlüter vom Hannoverschen Fußballclub von 1896

1. Schriftführer Herr G. Temme vom Fußballverein Hannovera von 1898

2. Schriftführer Herr Aug. Beims vom Sportclub 1902

Kassierer Herr Boedecker vom Fußballclub Eintracht von 1898

Beisitzer Herr Walstab vom Fußballverein Germania von 1902

              Herr Stucke vom Sportverein Niedersachsen von 1903

Unter Vorsitz des Herrn Hirseland wurden in den Spielausschuss gewählt:

1. Herr Schuhmacher vom Fußballverein Hannovera von 1898

2. Herr Bock vom Fußballclub Eintracht von 1898

3. Herr Paulus vom Akademischen Ruder- und Ballspielverein

4. Herr Rössler vom Hannoverschen Fußballclub von 1896

5. Herr Lohmeyer vom Sportverein Niedersachsen von 1903

Die Sportzeitschrift „Der Rasensport“ wurde zum offiziellen Verbandsorgan erwählt.

Schluss der Sitzung gegen 1 Uhr nachts.

Genehmigt: Otto Hirseland, 1. Vorsitzender, August Beims, 2. Schriftführer

Hannover, den 1. Juli 1903.“

Der Anfang war gemacht. Es ging zunächst zwar nur langsam weiter, schließlich aber führte auch hier Beharrlichkeit zum Ziele. Es setzte ein regelrechter Spielbetrieb ein, die „Punktspiele“ um die Hannoversche Fußballmeisterschaft begannen. Das Jahr 1904 erhöhte die Zahl der Verbandsvereine durch den Hinzutritt des Sportvereins Kleeblatt von 1896, aus dem Rugbylager kommend, und des Hannoverschen Ballspielvereins auf die stattliche Zahl neun mit 360 Mitgliedern, eine Zahl, die heute fast jeder mittlere Verein aufweisen kann.

Der Deutsche Fußball-Bund, damals auch noch in den Kinderschuhen steckend, versuchte, seinen Bestand zu erhöhen und forderte u.a. auch den Verband Hannoverscher Ballspielvereine auf, die Mitgliedschaft im Bunde zu erwerben. Der VHBV zog jedoch vor, zunächst eine abwartende Haltung einzunehmen, zumal andere, stärkere Verbände als er, z.B. Hamburg-Altona, dem DFB noch fernblieben, während andererseits Einzelvereine, beispielsweise die Braunschweiger Eintracht, dem Bunde angehörten. Als das Bitten nicht half, fasste der DFB eine Entschließung: „Der DFB erklärt es für wünschenswert, dass die ihm noch nicht angehörenden Verbände sich ihm anschließen, behält sich vor, soweit der Anschluss nicht bis Pfingsten 1904 erfolgt, das Spielverbot gegen sie zu erlassen.“

Das Wort „Spielverbot“ war damals schon gefürchtet und ist es bis zum heutigen Tage geblieben. Am 30. Januar 1904 trat der Verband Hannoverscher Ballspielvereine dem Deutschen Fußball-Bund als Mitglied bei.

Inzwischen setzten Bestrebungen ein, die einzelnen Stadtverbände in Landesverbänden zu vereinigen. Die Anregung dazu ging von Hamburg aus, woselbst am 15. April 1905 folgende Stadtverbände sich versammelten:

Hamburg-Altonaer Fußballbund (gegr. am 20. Oktober 1894)

Fußballbund für das Herzogtum Braunschweig (gegr. am 1. Mai 1894)

Verband Bremer Ballspielvereine (gegr. am 1. April 1899)

Verband Kieler Ballspielvereine (gegr. am 25. Februar 1903)

Verband Hannoverscher Ballspielvereine (gegr. am 1. Juli 1903)

(Zu ihnen gesellte sich später noch ein mecklenburgischer Verband und ein Verband an der Unterweser. Die heutige Gliederung des Norddeutschen Sport-Verbandes lässt deutlich seine Entstehung aus diesen Stadtverbänden erkennen.)

Auf den ersten Anhieb kam eine Einigung zustande, als die Vertreter der Stadtverbände am Abend des 15. April im Jahre 1905 auseinandergingen, hatten sie den Norddeutschen Fußball-Verband gegründet. Hannovers Vertreter Gustav Temme wurde mit dem Amt des Verbands-Schatzmeisters betraut, das er zehn Jahre lang verwaltet hat. Rein äußerlich blieb aber zunächst alles, wie es vorher gewesen war. Jeder Stadtverband behielt seine eigene Verwaltung, weil keiner seinen Namen „opfern“ wollte; sogar seine eigenen Satzungen und Wettspielbestimmungen behielt jeder Stadtverband bei. Diesem unhaltbaren Zustand konnte erst im Jahre 1907 ein Ende bereitet werden. Der Verbandstag in Kiel löste die Stadtverbände offiziell auf, aus dem Verband Hannoverscher Ballspielvereine wurde der „Bezirk VII des Norddeutschen Fußball-Verbandes“. Eine Verwaltungsreform im Jahre 1922 ließ aus dem Bezirk VII den Bezirk Hannover werden, eine solche im Jahre 1925 den Kreis Hannover, jetzt wieder Bezirk V, Hannover-Braunschweig, oder nur Südbezirk benannt.

Da nicht nur der Fußballsport, sondern auch die Leichtathletik in Hannover zu besonderer Bedeutung gelangte, wollen wir nicht unterlassen, auch hierüber kurz zu berichten.

Im Herbst 1879 fand auf der Ägidienmasch das erste Lauffest der Engländer und übrigen Ausländer (Amerikaner, Mexikaner usw.) statt. Fast die ganze ausländische Kolonie war anwe-send, ein Zeichen dafür, welcher Wertschätzung sich der Sport in den Kreisen der Ausländer – im Gegensatz zu der deutschen Bevölkerung – bereits erfreute.

Diese Veranstaltung hatte bei den Mitgliedern des bereits erwähnten Hannoverschen Schüler-Footballclubs das größte Interesse gefunden. Neben dem Fußball fasste jetzt auch die Leichtathletik festen Fuß, doch konnte das erste „deutsche“ Lauffest erst am 25. August 1883 im Tiergarten bei Kirchrode stattfinden. Es wurden folgende neun Wettbewerbe ausgetragen: I. Wettschnelllauf über 150 Meter (Ehrenpreis ein altdeutscher Bierhumpen dem 1. Sieger und dem 2. Sieger je ein Portemonnaie). Fünf Konkurrenten am Start: 1. Otto Lampe, 2. Julius Brinck. II. Hindernislauf (Gräben) über 200 Meter. Sieben Konkurrenten: 1. Adolf Rabe (Schreibzeug), 2. L. Haß (ein Tintenlöscher). III. Dauerlauf über 1000 Meter. Sechs Läufer starteten: 1. Kurt Effenberger (Bierhumpen), 2. Max Schaper (Fernrohr), 3. Fritz Stellter (No-tizbuch). IV. Dreibeinlauf. Vier Paare liefen: 1. Rudolf Geist und Aulus Kels, 2. Herm. Plate und W. Siercke. Preise: Je ein Taschenmesser. V. 40-Meter-Lauf mit zusammengebundenen Füßen. 1. Samuel (Schreibzeug), 2. J. Seckel (Notizbuch). VI. Weitspringen. Vier Konkurren-ten: 1. Kurt Effenberger, 4,85 Meter (Schreibzeug). VII. Hochspringen mit geradem Anlauf: 1. L. Haß, 1,35 Meter (Roman: Paul und Virginia). VIII. Fußballweittreten. Drei Bewerber: 1. Adolf Rabe (Spazierstock). IX. Fußballhochtreten. Sieben Konkurrenten: 1. Hans Crusius (Portemonnaie). Die Höhe der Stöße wurde an den alten Bäumen nach Augenmaß festgestellt. An diesen wohlgelungenen Sportkonkurrenzen schloss sich ein Rugbywettspiel der Riegen Effenberger und Rabe. Die Gesamtausgaben für die Preise, denen sich noch drei Eichenkränze für die siegende Fußballmannschaft zugesellten, betrug 16 Mark.

Wer einige Personenkenntnis unter der älteren Einwohnerschaft Hannovers besitzt, kann zu seiner Freude feststellen, dass eine kleine Anzahl der damaligen Sieger im Tiergarten noch heute unter uns weilt und angesehene Stellungen im bürgerlichen Leben unserer Stadt einnimmt. – Die Vereinsmitglieder waren natürlich unter sich. Als im Jahre 1888 die Radfahrer-Rennbahn vor dem Pferdeturm gebaut worden war, war diese der Schauplatz leichtathletischer Wettkämpfe und ist es lange Jahre geblieben, bis dann im Jahre 1903 der Sportverein Alexandria den Sportplatz am Ricklinger Turm mit einer 400 Meter langen Asche-Laufbahn baute. Zwei Jahre später stellte Eintracht seinen jetzigen Sportplatz mit Laufbahn fertig, und nun war vorerst an geeigneten Kampfstätten kein Mangel mehr.

Lange Jahre stand der DFV von 1878 allein auf weiter Flur. Seine Mitglieder kämpften um die ausgesetzten „Ehrenpreise“, bestehend aus Bierhumpen, Schreibzeugen, Spazierstöcken, Portemonnaies, Notizbüchern und ähnlichen nützlichen Dingen, zu denen später Butterdosen und anderes „Sportsilber“ kamen. Im Jahre 1894 beteiligten sich auf Anregung des den Alten im hannoverschen Sport wohl noch bekannten Professors Hermann Raydt erstmalig Schüler der höheren Lehranstalten an den Wettkämpfen der 78-er. Auch Mitglieder hannoverscher Turnvereine wollten gern teilnehmen, erhielten aber einen heftigen Nasenstüber durch ein Inserat in den hannoverschen Tageszeitungen: „Die Mitglieder der hiesigen Turnvereine werden daran erinnert, dass das Wettturnen um Geld- oder Wertpreise mit Ausschluss aus der Deutschen Turnerschaft bestraft wird. Adolf Grahn, Kreisvertreter.“

1896 erhielt der DFV von 1878 Konkurrenz aus dem eigenen Lager. Die C-Abteilung löste sich vom Mutterverein los und gründete den Hannoverschen Fußballclub von 1896. In diesem Jahre fand die erste nationale Veranstaltung statt.

Hatten bis dahin die 78-er bahnbrechend für den olympischen Sport gewirkt, so traten sie infolge widriger Platzverhältnisse als Veranstalter von Lauffesten von der Bühne ab, und die 96-er führten die vorbildlich geleistete Arbeit fort. Ihnen gesellten sich in den nächsten Jahren zu: der Sportverein Kleeblatt, Fußballclub Eintracht und – noch später – andere. Glänzende Feste zog insbesondere Eintracht auf, die noch in der Erinnerung der jetzigen Sportgeneration haften werden. Nicht zuletzt überragende Erfolge hannoverscher Leichtathleten haben den Ruf Hannovers als eine der ersten Sportstädte im Reich begründet, ja, über die Reichsgrenzpfähle hinaus haben die Namen 1896 und Eintracht heute noch einen guten Klang.

Am Abschluss noch einige interessante Daten aus der Verwaltung des Leichtathletiksports in Hannover. Am 29. Januar 1898 erfolgte die Gründung der Deutschen Sportbehörde für Leichtathletik, die sich an die bestehenden Stadtverbände der Fußballer wandte und diese zur Bildung von „Unterabteilungen“ der Deutschen Sportbehörde für Leichtathletik anwies. Die Bildung der Unterabteilung Hannover geschah am 6. Juni 1898. Sie hat Hannovers Leichtathletik in zielbewusster Arbeit zu kraftvoller Blüte gebracht. Im Jahre 1908 erfolgte ihre Auflösung. Die 11. Wahlversammlung der Deutschen Sportbehörde für Leichtathletik beschloss die Umstellung in einen Bund, unter Anlehnung an die bestehenden Landesverbände des Deutschen Fußball-Bundes. Für Hannover ergab sich insofern eine eigenartige Sachlage, als die Rugby-Vereine sich nunmehr dem Norddeutschen Fußball-Verband unterzuordnen hatten. Es gab harte Kämpfe, langwierige Verhandlungen, getrennt geführte Wettkämpfe in beiden Lagern, gegenseitige Startverbote und andere unerfreuliche Dinge mehr. Bis dann schließlich die Einsicht siegte. Am 31. März 1910 schlossen der Norddeutsche Fußball-Verband und der Verband Nordwestdeutscher Rugby-Vereine einen Kartellvertrag, der den Einfluss des Rugby-Verbandes auf die Verwaltung der Leichtathletik sicherte. Dieser Vertrag vom 31. März 1910 wurde durch folgende Beauftragte des Rugby-Verbandes unterzeichnet: H. Fromme, Carl Eckermeier, Oskar Zietz. Für den Norddeutschen Fußball-Verband unterzeichneten: Fr. Schlüter, W. Namendorff. Der Vertrag hatte jeweils für ein Jahr Gültigkeit. Der Krieg setzte auch ihm – ohne Kündigung – ein Ende. Ist zwar heute der Kreis Hannover im NSV der für die DSB verantwortlich Zeichnende, so sind der Rugby- und auch der Hockey-Verband im Verwaltungsausschuss vertreten und mitbestimmend. Das ist zwar in der deutschen Leichtathletikverwaltung ein Kuriosum, jedoch den örtlichen Verhältnissen zweckmäßig angepasst. Darauf allein aber kommt es an!

Als Abschluss unserer Betrachtungen über die Leichtathletik in Hannover müssen wir erwähnen, dass sich die hannoverschen Sportvereine als Abteilung Hannover der DSB angeschlossen hatten. 1903/04 wurde G. Temme (Hannover) Vorsitzender der Abteilung, W. Namendorff, L. Boedecker und K. Stille waren Beisitzer. Als Meister im Weitsprung, Hochsprung und Kugelstoßen wird A. Gömann (Eintracht) genannt.

Mit der Gründung des NFV ging die Abteilung in diesem auf.


Fußballbund für das Herzogtum Braunschweig

Die Frage, wo in Deutschland zuerst ein Fußball über den grünen Rasen rollte, ist schwer zu beantworten. Nachweislich ist Braunschweig eine der ersten Städte, die den Wert körperlicher Übungen erkannt und gefördert haben.

Es war Michaelis des Jahres 1874, als die beiden um Deutschlands Jugendspiele verdienstvollen Männer Turninspektor August Hermann und Professor Konrad Koch den ersten Fußball auf einen Braunschweiger Spielplatz brachten.

Damals schon war es ein Arzt, Dr. med. Reck, dessen Sohn noch in Braunschweig als praktischer Arzt und verdienstvoller Schularzt tätig ist, auf dessen Anraten die beiden Praktiker zu dem Spiel griffen und es der Jugend gaben. Der Arzt erkannte den gesundheitlichen Wert, die Praktiker den erzieherischen, und so war ein gesunder Grund für das Gedeihen gegeben.

August Hermann und Konrad Koch wirkten am Gymnasium Martino-Catharineum, sie fanden in dem Kollaborateur Corvinus einen eifrigen Mithelfer ihrer Gedanken, die durch die drei auf Anraten des Dr. Reck in die Tat umgesetzt wurden.

Konrad Koch brachte die erste Übersetzung der englischen Regeln ins Deutsche. Es entstand ein Fußballverein der mittleren Klassen des Martino-Catharineums. Vor mir liegt das Regelwerk von 1875, gleichzeitig mit Satzungen des Schülervereins, Wettspielregelung, Austragung von Runden, Vorschriften gesundheitlicher Art; ein Musterstück aus der Zeit des ersten Anfangs in Deutschland. Zur Verfügung gestellt erhielt ich es von einem alten Mitgliede des Sportvereins Eintracht, dem Apotheker Dr. Götze, der als Schüler des Gymnasiums der erste Fußballspieler Deutschlands mit war, mit seinem verstorbenen Bruder zusammen, Professor Götze, der später als Lehrer an derselben Anstalt in den Bahnen von Hermann und Koch weiterwandelte.

Zuerst war es Rugby, was gespielt wurde, aber bei schlechtem Wetter, das den Platz schmutzig werden ließ, wurde ohne Aufnehmen des Balles, Assoziation, gespielt, und so wurden die Anfänge unseres heutigen Spiels gelegt.

In den nachfolgenden Jahren wurde Fußball in derselben wechselnden Spielweise weiterbetrieben. Das Spiel ohne Aufnehmen brach sich aber immer mehr Bahn, die Jugend zog sich mehr und mehr zu dieser Art, ohne aber ganz von dem Spiel mit Aufnehmen zu lassen.

Vom Martino-Catharineum griff es auf die anderen höheren Schulen der Stadt über. Aus den Klassenwettkämpfen wurden Schulwettkämpfe.

Um das Jahr 1890 herum trat man mit anderen Städten in Verbindung. Das erste repräsentative Spiel war wohl gegen eine Göttinger Schulmannschaft, bei dem ein noch jetzt der SV Eintracht (Braunschweig) angehöriges Mitglied, der Oberrechnungsrat Kresche, mitwirkte.

Im Jahre 1895 taten sich dann Schüler der verschiedensten Anstalten Braunschweigs zusammen und gründeten den Fußballclub Viktoria, der auf dem St.-Leonhard-Platz spielte und etwa 30 Mitglieder hatte. Aus ihm entstand durch Umtaufe der Fußball- und Kricketclub Eintracht, der heutige Sportverein Eintracht. Von den alten Gründern gehören dem Verein heute noch an der bekannte Kurt Hagemann, Dr. phil. Carl Schaper, Otto Matthies. – Johannes Runge, der alte Sportpionier, trat dem Verein bald bei.

Assoziation, Rugby, Kricket wurden abwechselnd gespielt, bis man sich endgültig auf Assoziation, unser heutiges Fußballspiel, festlegte. Wettspiele mit Schulmannschaften wurden ausgetragen. 1897 sah Braunschweig das erste auswärtige Wettspiel auf dem St.-Leonhard-Platz gegen den Fußballverein von 1878 (Hannover), das 2:2 auslief.

Das Spiel hatte für den Fußballsport die wertvollste Propaganda gemacht.

Unter dem Schutze der Schulen entstanden Vereine am Herzoglichen Lehrerseminar: 1897 Brunsviga, der sich sehr gut entwickelte und bis 1901 für die Eintracht ein ernsthafter Rivale war, ja sogar einige Mal besiegte, am Gymnasium Hintern Brüdern, der aber keinen langen Bestand hatte.

Aus Schülern des Wilhelm-Gymnasiums gründete sich Viktoria, der bald, wie Brunsviga, auch andere Mitglieder aufnahm. 1901 löste sich Brunsviga auf, und die besten Spieler traten in Eintracht ein, die „Erste“ dadurch bedeutend verstärkend.

Jetzt traten auch andere Kreise dem Fußballsport näher. Es entstanden Vereine, die eine ganz gute Spielstärke hatten. So Germania (Braunschweig), und auch im nahen Wolfenbüttel begann man dem Sport zu huldigen.

Die Vereine standen noch nebeneinander. Die jetzt spielstarke Eintracht konnte sich als Einzelverein nicht an den Meisterschaftsspielen beteiligen. Daher schritt man zum Zusammenschluss und gründete den Fußballbund für das Herzogtum Braunschweig, der, aus Eintracht, Germania, Viktoria, Einigkeit (Braunschweig) bestand. Diese ersten organisatorischen Arbeiten, die fortgesetzt wurden, sind mit den Namen Runge, Kämpfer, Steinhof verknüpft.

Die erste Beteiligung an der Deutschen Meisterschaft brachte Eintracht über Hannover, Magdeburg in die Zwischenrunde gegen Union in Magdeburg, den nachmaligen Deutschen Meister, in der Eintracht ehrenvoll 4:2 unterlag.

1905 wurde von Eintracht wagemutig der erste Sportplatz auf gepachtetem Gelände gebaut, einer der ersten geschlossenen Plätze Deutschlands. Jetzt war man gesichert.

Bis dahin waren die schwersten Kämpfe in den letzten Jahren geführt worden.

Die Schulen, anfangs dafür, stellten sich jetzt gegen den Sport. Die Presse hatte kein Verständnis für den Aufschwung, das Publikum, von ihr beeinflusst, desgleichen.

Die Alten kämpften schwer, aber mutig und unentwegt. Was wisst Ihr Jungen davon, die Ihr Euch jetzt ins warme Nest setzt? Wir schleppten, schon in Amt und Würden, unsere Torstangen 15 bis 20 Minuten weit über die Straßen, gruben uns Löcher für die Pfosten. Wir ließen uns anpöbeln, auslachen, aber wir spielten. Wir wurden Harlekine, Fußballlümmel in den Zeitungen genannt. Heimlich, der Schule wegen, mussten wir nach außerhalb fahren. Durch die Schule wurden die Eltern voreingenommen. Ich will nicht leugnen, dass oft Vernachlässigung der Schule vorkam, aber jedes ungerechte Verbot führt zum Übertreten. Hinter dem Rücken wird stets alles schlimmer getrieben. Manche Lehrer unterstützten uns, waren aber in der Minderzahl. Ich erinnere mich noch einer scherzhaften Episode. Wir mussten nach Berlin fahren, zwei unserer besten Spieler, Brüder, sollten nicht mit, sie wurden zum Schlafen hinter das Zimmer des Vaters umquartiert, damit sie nicht auskneifen konnten. Not macht erfinderisch. Ein Bruder band sich einen Bindfaden ans Bein, der aus dem Fenster gehängt wurde. Am anderen Morgen ging ein Freund hin und zog, die beiden standen auf, sprangen aus dem Parterrefenster, und mit ging es. Papa fand das Nest leer.

Ein Markstein in der Geschichte des Braunschweiger Fußballsports war die Übernahme der Regentschaft des Herzogtums durch den nachmaligen Schutzherrn des Norddeutschen Fußball-Verbandes, Herrn Johann Albrecht zu Mecklenburg. Er war der eifrigste Förderer unseres Sports, und durch sein Interesse an ihm blühte er kräftig auf, alle Schichten der Bevölkerung als Zuschauer auf die Sportplätze bringend.

1894 noch schreibt Professor Koch von dem durch ihn eingeführten Spiel: „Wie es in England im Laufe der letzten Jahrzehnte zum Volksspiele geworden ist, so wird es, hoffen wir fest, auch in Deutschland dazu werden.“

Könnten er und sein Freund Aug. Hermann sehen, wie das von ihnen 1874 eingeführte Spiel alle Volksschichten durchdrungen hat, wie es Begeisterung bei jung und alt auslöst, seinen prophetischen Gedanken recht gebend, so glaube ich sicher, würden das beide als den schönsten Lohn ihrer Arbeit ansehen.

Als Kuriosum sei noch erwähnt, dass der FC Eintracht seit dem 28. Januar 1900 bis zur Gründung des Norddeutschen Fußball-Verbandes (1905) als Einzelverein dem DFB angehörte.

In Braunschweig wurde Ende des Jahres 1895 der FC Eintracht gegründet. Er gilt somit als der eigentliche Pionier der Braunschweiger Sportvereine. Bis zu diesem Zeitpunkt bestanden zwar schon einige lose Vereinigungen sportbeflissener Jünger, welche jedoch nie von sehr langem Bestand waren. Vornehmlich handelte es sich hier um Vereinigungen der höheren Lehranstalten. Leider brachten zu damaliger Zeit die Lehrerschaft sowohl wie auch die Eltern und Erzieher dieser Sportart sehr wenig Interesse entgegen. Im Gegenteil, zwangsweise Verbote wurden zur Bekämpfung dieses damals noch als roh bezeichneten Sports erlassen. Schon daran lässt sich ermessen, wie den alten, noch heute tätigen Pionieren der Braunschweiger Sportbewegung zumute war, welche unbeschadet aller Hemmungen und Widerstände ihr ideales Ziel verfolgten und somit den Grundstein zu unserer heutigen Größe gelegt haben. Nur einige seien namentlich aufgeführt. Allen voran Johannes Runge, eine Persönlichkeit, bekannt weit über die Grenzen Deutschlands. Die Fußballgeschichte Braunschweigs lässt sich nicht in der Chronik verankern, ohne diesen Namen besonders zu erwähnen. Ohne diese Männer läge der Fußballbetrieb um Jahre zurück. Noch einige seiner damaligen Mitstreiter und –kämpfer sind heute, und zum Teil seit dieser Gründungszeit, ununterbrochen tätig. Willi Steinhof und K. Gernreich. Ersterer gilt noch heute als einer der einflussreichsten und angesehensten Mitglieder des Sportvereins Eintracht. Aber nicht nur in diesem Verein selbst, sondern auch weit darüber hinaus liegt die noch heute hochgeschätzte Tätigkeit dieses Sportmenschen sowie Verwaltungsbeamten. Auch er muss mit Johannes Runge in einem Atemzuge genannt werden. Es handelt sich hier nicht allein um verdiente Verwaltungsbeamte unserer Bewegung überhaupt, sondern in erster Linie um aktive Sportler, welche gerade durch ihre sportlichen Leistungen schon weit über die Grenzen ihrer engeren Heimat hinaus bekanntgeworden sind. Seit Jahren schon bekleidet Willi Steinhof den Posten als 2. Vorsitzender im Norddeutschen Sport-Verband.

Kurt Gernreich, des Kreises Braunschweig im NSV unerbittlicher Finanzminister, zählt auch zum ältesten Bestande. Auch er gilt noch heute als eine der geschätztesten und markantesten Persönlichkeiten im Braunschweiger Sportleben.

Am 19. Februar 1905 fand auf Anregung Hannovers der erste Städtekampf Hannover-Braunschweig in Hannover in der Radrennbahn am Pferdeturm statt. Braunschweig siegte 7:1. Die Mannschaften waren: Braunschweig: Degen (Eintracht); Meyer (Viktoria), Eimbeck (Eintracht); Poppe (Eintracht), Hagemann (Eintracht), Bülte (Eintracht); O. Kämpfer (Eintracht), Detmar (Eintracht), Mues (Viktoria), W. Kämpfer (Eintracht), Steinhof (Eintracht). Hannover: Dr. Raydt (Hannovera); Knoch (Hannovera), Döhring (Hannovera); Macke (96), Dörfler (Hannovera), Schmidt (96); Puritz (96), Paulus (Akad.), Bühring (96), Baessler (Hannovera), Maus (Hannovera). Uns fallen an alten Kämpen auf: Degen, Hagemann, der leider gefallene Wilh. Kämpfer und Steinhof; bei Hannover: Bühring, Macke, Schmidt und Dr. Raydt (vorher und später wieder VfB Leipzig). – Hannover wurde gewaltig überfahren.

An der Gründung des Norddeutschen Fußball-Verbandes war Braunschweig stark beteiligt. Als Delegierte nahmen an der Gründungsversammlung Degen Kämpfer, Runge, Steinhof teil. Braunschweig erhielt den ersten Spielausschuss des jungen Verbandes. Die Namen dieser ersten Fußballmächtigen waren: Runge, F. Jordan, Gernreich, Steinhof, Degen. Außerdem wurde Runge mit Westendarp (Hamburg) zusammen als Verbandsvertreter für den DFB bestimmt.

Haben wir in vorstehenden Zeilen die Entwicklung des Fußballspiels in Braunschweig geschildert, so seien die nachstehenden Zeilen der Leichtathletik gewidmet. Wie die Namen der Vereine andeuten, gründeten sie sich als Fußballclubs, die Leichtathletik trat erst in die Erscheinung, als die Klubs innerlich gefestigter waren.

Da die Leichtathletik nicht die stark werbende Eigenschaft des Fußballspiels besitzt, drang sie schwerer in die große Masse ein. Nirgends war allerdings der Boden günstiger als in Braunschweig, wo durch die frühzeitig obligatorisch eingeführten Spielnachmittage auch in den Volksschulen, durch die lange Jahre hindurch einzig dastehenden Spielfeste und Sedanfestspiele besonderes Interesse für das sogenannte volkstümliche Turnen herrschte. In den Arbeitsausschüssen für diese Feste sowie in dem Jugendpflegeausschuss sitzen seit Jahren „Einträchtler“, die eifrig für die Idee des Sports dort wirken. Erfolgreiche Kämpfe gegen den mit der Zeit veralteten Betrieb wurden geführt, bis sich die sportlichen Gedanken durchgesetzt hatten und siegreich das Feld behaupteten. In Eintracht selbst hatte die Leichtathletik eine hervorragende Pflegstätte. Schon 1899 veranstaltete Eintracht ein internationales Meeting auf der im Bau befindlichen Radrennbahn, bei dem die besten Kräfte vertreten waren. Dörry (Berlin) gewann hier gegen den alten Meister Fischer (Hamburg) die 200-Meter-Meisterschaft von Deutschland, Runge gegen Schulze (Berlin) die 1000-Meter-, dafür holte sich letzterer die 1500-Meter-Meisterschaft. Eintracht heimste die größte Anzahl der Siege ein bei glänzenden Leistungen, wenn man die Zeit berücksichtigt. So wurden im Hochsprung 1,65 Meter erreicht, im Kricketballwerfen 104 Meter, im 500-Meter-Lauf (Junioren) 67 Sekunden. Runges schon bekannter Name hatte viele Leichtathleten herangezogen. Runge und Steinhof bildeten, auf praktische Erfahrung und theoretische Kenntnisse gestützt, Hunderte in der Leichtathletik aus, stets als vornehmstes Ziel die allseitige Durchbildung des Körpers im Auge habend. Auf Veranlassung der Eintracht wurde im Bezirk vom 1. Sonntag nach Pfingsten bis zum 15. August das Fußballspiel in den Vereinen verboten und dafür Leichtathletik verlangt; die Vereine wurden gezwungen, zu Bezirksveranstaltungen für jede Stimme vier Teilnehmer zu stellen. An den Übungstagen der Eintracht konnten unter sachkundiger Leitung Mitglieder aller Vereine teilnehmen. Steinhof hielt Leichtathletikkurse in den kleineren Städten ab. So errang sich die Leichtathletik in Braunschweig eine Stellung wie so leicht in keiner Stadt. Die 3x1000-Meter-Staffel (Runge, Steinhof, Beber) hielt den deutschen Rekord. Vor Beber gehörte Pult dazu. Die Staffel wurde bis 1906 in Deutschland nie geschlagen, bis zuerst Runge und dann auch Steinhof austraten. Runge beherrschte seiner Zeit in Deutschland die Strecken von 400 bis 1500 Meter. Zuerst Vogler und von 1902 an Steinhof waren im 400- und 800-Meter-Lauf stets dicht hinter ihm. Steinhof war jahrelang Meister über 400 Meter im DSB, Bezirk Hannover-Braunschweig. Im Laufe der Jahre entwickelte sich Braunschweig zur Hochburg in der Leichtathletik, bis der Krieg alles zerbrach. An maßgebenden Stellen hatte man ihre segensreiche Wirkung erkannt und würdigte sie, indem man besonders das Turnen an den Bürgerschulen stark durch sie befruchten ließ.


Verband Bremer Ballspielvereine

Am 1. April 1899 wurde von wenigen damals bestehenden Vereinen der Verband Bremer Ballspielvereine gegründet. Er bestand aus den Vereinen: Fußballverein Bremen, Fußballverein Germania, Allgemeiner Sportclub, Sportclub Hansa, Bremer Sportclub (gegründet 1891), Spiel und Sport (gegründet 1896) und Werder. Das Gründungsprotokoll ist nicht mehr vorhanden, wohl aber das nachstehende 2. Sitzungsprotokoll:

„Am 17. August a.c. hatte obiger Verband in Kannes Restaurant eine Vertretersitzung, welche sehr zahlreich besucht war. Der erste Vorsitzende eröffnete die Sitzung, und das Protokoll der letzten Sitzung wurde genehmigt. Der Fußballclub Brema, welcher um Aufnahme in den Verband nachgesucht hatte, wurde einstimmig aufgenommen. Darauf wurden die Verbandswettspiele aufgesetzt und beschlossen, dieselben in zwei Klassen, nämlich A- und B-Klasse, auszufechten. Zur A-Klasse gehören folgende Vereine: Bremer Sportclub A, Bremer Sportclub B, Allgemeiner Sportclub von 1898 A, Spiel und Sport A, Werder A; B-Klasse: Germania, Brema, Spiel und Sport B, Allgemeiner Sportclub von 1898 B, Werder B, Bremer Sportclub. Der Übertritt des Siegers der B-Klasse in die A-Klasse und des Verlierers der A-Klasse in die B-Klasse bleibt dem Beschluss der Vertretersitzung nach der Saison überlassen. Die Platzgröße wurde auf mindestens 95:45 Meter festgesetzt. Die Dauer eines Wettspiels ist 2x40 Minuten mit 10 Minuten Halbzeit. Es ist gestattet, aus der B-Klasse Ersatzmannschaften für die A-Klasse zu nehmen, jedoch nicht umgekehrt. Ferner wurde für jedes Wettspiel eine Wartezeit von 20 Minuten festgesetzt, erscheint ein Verein dann ohne triftige Gründe nicht, so gilt das Wettspiel für diesen als verloren. Jedes gewonnene Spiel zählt 2 Punkte, jedes unentschiedene für jeden der beiden Vereine 1 Punkt. Der Elfmeterstoß fällt für diese Wettspielsaison aus. Die Sportzeitung der hiesigen Paketfahrt wurde als Verbandsorgan angenommen. Ferner wurde beschlossen, eine kombinierte Mannschaft gegen Hamburg spielen zu lassen, und ist hierfür der 27. Oktober festgesetzt. Nachstehend sind die genauen Termine für die Wettspiele angegeben.

<Es folgt der Spielplan.>

Die Vereine Preußen und Viktoria haben sich am 10. September unter dem Namen Germania vereinigt, und spielt dieser Verein an den für Preußen festgesetzten Terminen. Das Wettspiel am 8. September, Werder gegen Spiel und Sport, endete unentschieden 0:0 Goals. Es wurde von beiden Seiten fair gespielt, und das Spiel bot sehr interessante Momente.

Verband Bremer Fußball-Vereine

I.A.: K. Fauler, Uthbremer Straße 191.“

Wir müssen nun zurückgreifen auf die Anfänge des Sports in Bremen.

Schon Ende der 80-er Jahre spielten Mannschaften der in Bremen liegenden englischen Schiffe auf der sog. Schweineweide, die später dem Freihafen zum Opfer gefallen ist, Fußball, und interessiert schauten die Bremer Jungens zu. Sie freuten sich, einen ausgehenden Ball in das Spielfeld zurücktreten zu dürfen. Aber allmählich wurden sie von dem Spiel begeistert, und die Folge war die Gründung des Bremer Fußballclubs (Bremer Sportclub), der auf der Radrennbahn hinter der Schleifmühle seinen Spielplatz fand. Die 1896 erfolgte Gründung des Vereins Spiel und Sport trug sehr zur Hebung des Fußballsports bei. Es bildeten sich eine ganze Anzahl kleinerer Vereine, die jedoch meistens bald wieder untergingen. Fast alle Mitglieder waren aktive Fußballspieler. Die Vereine entstanden sämtlich aus Schulkameradschaften. Was ihnen fehlte, waren ältere Führer, die es verstanden hätten, den Spielbetrieb in die rechten Bahnen zu lenken. Das „Sportgerät“ bestand nur aus dem Ball, – Bohnenstangen und ein Ende Tau ergänzten die „Sportplatzanlage“.

Als aber 1899 der Fußballverein Werder auf den Spielplätzen erschien, der schon in den ersten Jahren die Meisterschaft errang, ging ein neues Blühen auf. Die Begegnungen Sportclubs und Werders wurden das größte fußballsportliche Ereignis und blieben es lange Jahre. Die Meisterschaft gewann 1899/1902 der Bremer Sportclub, dann wechselweise Sportclub und Werder. Im Jahre 1904 bestanden folgende neun Vereine:

Bremer Sportclub (jetzt Sportfreunde), Mitgl. 1904: 40; 1930: 1167

Spiel und Sport, Mitgl. 1904: 35; 1930: -

Werder, Mitgl. 1904: 45; 1930: 756

Simson, Mitgl. 1904: 20; 1930: -

Brema, Mitgl. 1904: 35; 1930: -

Elite, Mitgl. 1904: 30; 1930: -

Germania, Mitgl. 1904: 54; 1930: -

Deutschland, Mitgl. 1904: 30; 1930: -

Komet, Mitgl. 1904: 30; 1930: 386

Aber nicht nur in Bremen, sondern auch in dem benachbarten Delmenhorst bildeten sich bald neue Vereine. Delmenhorster Schüler, die in Bremen höhere Schulen besuchten, gründeten 1900 den Delmenhorster Fußballklub Spiel und Sport.

Am 7. Juli 1903 wurde der Wilhelmshavener Sportklub Frisia gegründet. Auch in Oldenburg bestanden schon zwei Vereine, so dass sich der Bremer Sport auch nach Norden und Westen hin werbend betätigen konnte. Dagegen blieb das Gebiet hinter Oldenburg und südlich von Bremen noch viele Jahre für den Sport unentdeckt.

Die Leichtathletik fand in Bremen nur schwer Eingang. Man hat lange nicht gewusst, was man sich darunter vorstellen sollte. Es fehlte an Vorbildern, denn der sportliche Verkehr mit Hamburg beschränkte sich fast nur auf Fußballspiele. Der erste Verein, der mit Nachdruck die Schönheit der Leichtathletik zeigte, war die Abteilung Spiel und Sport des Männerturnvereins. Dann folgten nur einige Fußballspieler aus verschiedenen Vereinen, die sich nebenher der Leichtathletik zuwandten, ehe die großen Vereine als solche in die Leichtathletik eintraten.


Verband Kieler Ballspielvereine und Schleswig-Holsteinischer Fußballverband

Am 25. Februar 1903 kamen die Vereine 1. Kieler Fußballverein von 1900, Sportclub von 1899, Fußballclub Holstein, Ellerbeker Fußballclub von 1903 und der Fußballclub Kilia zusammen, um den Verband Kieler Ballspielvereine zu gründen. Die Verbandsfarben waren, wie es im Gründungsprotokoll hieß, Schwarz-Rot-Gold. 1. Vorsitzender war Georg P. Blaschke. Die ersten Meisterschaftsspiele begannen in der Saison 1903/04 und wurden in allen Klassen vom 1. Kieler Fußballverein von 1900 gewonnen. Im folgenden Jahre traten die Vereine Holsatia, Konkordia und Borussia ein, so dass die Gesamtmitgliederzahl auf 290 stieg.

Wir müssen nun zurückgreifen auf die ersten Jahre des Kieler Fußballsports.

Wie in vielen Orten unseres deutschen Vaterlandes, so hatte sich auch hier in Schleswig-Holstein das Fußballspiel unter den Schutz der Deutschen Turnerschaft gestellt.

Der Kieler Männerturnverein von 1844, der älteste und geschichtlich berühmteste Turnverein Schleswig-Holsteins, war es, der auf Veranlassung eines süddeutschen Sportmannes, Artur Beier aus Karlsruhe – vom Karlsruher Fußballclub Phönix – das Fußballspiel in Kiel einführte und es in das Programm seiner Spielabteilung aufnahm.

Mit Feuereifer griffen eine große Anzahl Turner, darunter viele ausgezeichnete Geräteturner und vielfache Preisträger, dieses Spiel auf. Die Spielabteilung, die eigentlich sämtliche Turnspiele pflegen sollte, widmete sich unter dem Einfluss Beiers in der Hauptsache nur dem Fußballspiel, dessen Leitung Beier fast vollständig in die Hand nahm. Neben ihm waren von den Turnern Andreae, Blaschke, Hillmann, Hudemann, Klabundt, Leuenhagen, Roland und Stange und außerdem zwei frühere süddeutsche Spieler, Niederehe, ein Schulfreund Beiers, damals seiner Dienstpflicht bei der Marine genügend, und Beiler der Mannschaft beigetreten, die auf dem früheren städtischen Sportplatz an der Eckernförder Chaussee (Ecke Hohenzollernring) mit großem Eifer übte. Die Sportkleidung war natürlich die vorgeschriebene Turnerkleidung.

Auf dem Gauturnfest in Preetz wurde dieses neue Spiel von der Spielleitung zum ersten Male offiziell vorgeführt. Als die Mannschaft, gestützt auf ihr eifriges Üben, ihre Kräfte nun auch einmal gegen einen auswärtigen Gegner messen wollte, kam es zu einer Auseinandersetzung mit dem Turnrat und zu einem schnellen, aber nicht unerwarteten Ende der Fußballabteilung. Dem Turnrat war diese Abteilung schon lange ein Dorn im Auge gewesen. Er befürchtete vielleicht nicht mit Unrecht durch das Spiel eine unerwünschte Ablenkung vom Geräteturnen der der ersten Turnriege und der Fußballmannschaft zugleich angehörenden guten Kräfte.

Als die Fußballmannschaft nun um Genehmigung zu einem am Sonntag, dem 6. Oktober 1900, in Lübeck mit der Fußballmannschaft des dortigen Männerturnvereins auszutragenden Wettspiel bei dem Turnrat nachsuchte, verweigerte sie dieser. Die Versagung der Erlaubnis führte zum Bruch, und zwar vollständig. Das Fußballspiel hatte bereits einen derart mächtigen Einfluss auf die Mannschaft gewonnen, dass sie beschloss, auf jeden Fall nach Lübeck zu fahren, auch ohne Genehmigung des Turnrats. Der erste Schritt zur Selbständigkeit war damit getan. Die noch in letzter Stunde unternommenen Versuche, eine Einigung zu erzielen, scheiterten an dem Widerstand, den jetzt beide Seiten entgegensetzten; keine wollte nachgeben. Von den elf Spielern der Mannschaft erschienen am Morgen des 6. Oktober jedoch nur neun an der Bahn, nämlich Andreae, Beier, Beiler, Blaschke, Hudemann, Niederehe, Leuenhaben, Roland und Stange.

Auf der Fahrt nach Lübeck wurde die Gründung eines Fußballvereins und der Austritt aus der Spielabteilung des Männerturnvereins von 1844, nicht aber aus diesem selbst, beschlossen. Das ist eine der vielen merkwürdigen Gründungen eines Fußballvereins, verursacht durch derzeitige Kurzsichtigkeit der Turner.

Der Vereinschronik des 1. Kieler Fußballvereins (jetzt Sportverein Holstein) entnehmen wir, dass bereits im ersten Jahre der Gründung, am 2. Dezember 1900, das erste Wettspiel in Kiel mit dem Hamburger Meister, Altonaer FC von 1893, stattfand, welches Altona mit 4:0 gewann. Am Sonntag darauf spielte die Mannschaft gegen Germania (Hamburg), den Hamburger Meister 1900/01. Nur knapp mit 1:0 konnten die Germanen das Spiel für sich entscheiden. Inzwischen war auch in Eckernförde ein Verein entstanden, gegründet von Kielern, die dort die Baugewerbeschule besuchten.

Das Jahr 1902/03 brachte eine Spaltung des Vereins. Ein großer Teil der Mitglieder trat aus, darunter die besten Spieler, und gründeten den Fußballverein Kilia, damals sowohl wie heute noch der stärkste Rivale des alten Vereins.

Die Jahre 1903 und 1904 wurden für die Weiterentwicklung des Kieler Sports von hervorragender Bedeutung. Die inzwischen gegründeten Kieler Sportvereine, durch Gesellschaftsspiele einander nähergebracht, fassten auf Vorschlag von G.P. Blaschke den Entschluss, nach dem Vorbild anderer Großstädte einen „Rasensportverband“ zu gründen, der die im großen ganzen doch gleichen Interessen der Fußball treibenden Vereine wahrnehmen und den Fußballsport in geregelte Bahnen bringen sollte.

Zerschlugen sich auch die ersten Verhandlungen, so gelang es doch in den von Blaschke wieder aufgenommenen Verhandlungen, eine Basis zu finden, auf der eine Vereinigung zwischen dem 1. Kieler Fußballverein von 1900, dem Fußballclub Holstein, dem Sportclub von 1899 und dem 1. Ellerbeker Fußballklub von 1903 stattfand. Am 22. Februar 1903 konstituierte sich der Verband offiziell, nahm den Namen Verband Kieler Ballspielvereine an und bestimmte, wie schon erwähnt, dass die Verbandsfarben schwarz-rot-gold sein sollten.

Mit ungeahnter Schnelligkeit entwickelte sich jetzt unter der Leitung des Verbandes, zu dessen 1. Vorsitzenden Blaschke (1. Kieler Fußballverein) gewählt wurde, der Fußballsport. Im Laufe des Jahres 1903 traten dem Verbande der Fußballclub Kilia, der Fußballclub Holsatia und die Werft-Spielvereinigung bei, Anfang 1904 die Fußballclubs Konkordia und Borussia.

Der Verband hatte die von den Vereinen gemeldeten Mannschaften in drei Klassen geteilt, die alljährlich in zwei Serien untereinander um die Meisterschaft kämpften. Der Verband zählte fast 600 Mitglieder.

Für den 1. Kieler Fußballverein sollte sich diese Verbandsgründung nach einer Seite hin nicht als allzu vorteilhaft herausstellen. Blaschke folgte bald Hostmann, Beine, Andreae, Leuenhaben und andere mehr in die geschaffenen Verbandsämter. Diese besonders in der Verwaltung bewährten Kräfte gingen für die Vereinstätigkeit nun fast gänzlich verloren. Blaschke legte daher auch im Jahre 1904 den Vorsitz im Verein nieder, weil es ihm unmöglich war, beiden Ämtern ordnungsgemäß gerecht zu werden. Einen wichtigen Abschnitt bedeutete die Gründung des NFV. Die Spielverbände in den einzelnen Städten lösten sich auf und bildeten die Zentren der neugebildeten Bezirke im Norddeutschen Fußball-Verband (NFV), welcher zu Ostern 1905 in Hamburg bereits gegründet war. Blaschke wurde zum 2. Vorsitzenden im NFV und zum Vertreter des Bezirks Kiel gewählt.

Ein Bericht in „Sport im Wort“ aus dem Jahre 1904 gibt ein anschauliches Bild aus jenen Tagen über die Verhältnisse in Kiel. Er wird älteren Spielern willkommen sein. Er lautet:

„Fußballsport in Kiel

Verhältnismäßig spät kam der Fußballsport erst nach Kiel. Es war gegen Ende des Jahres 1900, als sich der 1. Kieler Fußballverein von 1900 bildete. Im Sommer 1902 lösten sich dann einige jüngere, unzufriedene Mitglieder los und gründeten den FC Kilia, der es bald zu gutem Gedeihen brachte, waren doch eine ganze Reihe guter Spieler mitgegangen. Dieser Umstand brachte erstens infolge der Spaltung eine Verteilung der Kräfte mit sich; denn Kiel wäre längst in die erste Klasse der deutschen Mannschaften aufgerückt, wovon das ganz überlegene Spiel (9:3) gegen St. Georg II (Hamburg) zeugte, dessen I. Mannschaft damals ein ernster Bewerber um die Hamburg-Altonaer Meisterschaft war. Zweitens wurde eine Konkurrenz geschaffen, die um so schärfer war, als die beiden Vereine sich feindlich gegenüberstanden. In Hetzereien ist auf beiden Seiten viel gesündigt worden. Nun begann in Kiel eine Vereine gründende Zeit. Wie Pilze schossen sie aus der Erde hervor, teilten sich, taten sich zusammen und lösten sich wieder auf. In aller Stille trainierten aber Schüler in einem FC Holstein, deren Zeit es gestattete, unaufhörlich dem Ball seine launigen Seiten abzulauschen und ihn ihrem Willen unterzuordnen. Nach mehreren Misserfolgen traten sie plötzlich als ebenbürtige Gegner auf. Von den anderen Vereinen hatte der Sportclub von 1899 das Fußballspiel gegen das Faustballspiel eingetauscht, und verschiedene andere Spielzentren wandelten sich in Vereine um. So war denn im Herbst 1903 der Stand der Dinge der, dass in der ersten Klasse KFV, Kilia und Holstein spielten. Die Spiele der ersten Serie endeten mit 2 Punkten für jeden Verein. In der zweiten Serie wurde der KFV von den beiden anderen Gegnern geschlagen. Diese lieferten sich ein Spiel, das leider einen schlechten Verlauf nahm. Der Schiedsrichter stellte einen leider bekannterweise wenig sportlich denkenden Spieler Kilias heraus. Kilia protestierte ungerechtfertigt, und auf die Aussage hin, ohne den betr. Spieler nicht weiterspielen zu wollen, pfiff der Schiedsrichter ab. Das Spiel stand 0:0 und wurde auf einem Vertretertag dem FC Holstein gewonnen gegeben, der damit die Meisterschaft der ersten Klasse gewann. In der zweiten Klasse hatte die II. Mannschaft des KFV die sicherste Aussicht, die Meisterschaft zu gewinnen. Sportclub erhält vor Beginn der zweiten Serie einige bedeutendere Kräfte und erringt einen Punkt mehr als KFV II. Die Meisterschaft der dritten Klasse gewann mühelos KFV III. FC Borussia spielte gegen Schluss der Saison so gut, dass er in die zweite Klasse aufrückte. Der Sportclub wurde in die erste Klasse aufgenommen. Leider befindet sich dieser Verein in einer bedeutenden Krise. Viele Spieler sind ausgetreten. Erfreulich ist, dass einige Mitarbeiter sich der Angelegenheit angenommen haben und dieselbe wohl zu einem leidlichen Ende bringen werden. Der Verband Kieler Ballspielvereine ist zur rechten Zeit gegründet und hat dadurch eine herrschende Stellung eingenommen. Leider haben sich immer noch nicht genügend ruhige Verhältnisse eingestellt. Die Konkurrenz ist sehr stark. Jetzt bestehen im Verband 7 Vereine mit über 20 Mannschaften, auch außerhalb des Verbandes existieren noch einige Schülervereine. Einige Vereine haben trotz der kurzen Zeit ihres Bestehens nahezu 100 Mitglieder.

Es ist zu bedauern, dass auch heute noch immer das friedliche Nebeneinanderleben nicht Platz greifen will. Im Juli war ein Wettspiel zwischen KFV I und Kilia I angesetzt. Der erstere Verein hat wieder eine vorzügliche Mannschaft, die, nach der allgemeinen Meinung zu urteilen, wohl die augenblicklich beste in Kiel ist. Vielleicht zum ersten Male gelingt es, diese Mannschaft vollzählig zu versammeln, da fast die Hälfte der Spieler ihrer Militärpflicht genügen. Unter ihnen befinden sich sehr bekannte Namen, wie z.B. Gelbhaar aus Preußen (Berlin). Einige Tage vorher schreibt Kilia grundlos ab. Ein neues Wettspiel wird angesetzt. Mit 4 Ersatzleuten tritt der KFV an. Kilia versteift sich darauf, disqualifizierte Spieler mitspielen zu lassen. Dadurch wäre der KFV straffällig geworden. Solche Kleinigkeiten müssen die Gegensätze verschärfen. Der FC Holstein ging dann ein Gesellschaftsspiel ein. Er spielte mit 5 Ersatzleuten. Das Spiel war höchst interessant und brachte einen Wettkampf, wie er sein soll. Holstein verlor, doch gab man auf das Resultat gar nichts, war es doch ein Freundschaftsspiel. Am nächsten Sonntag folgte dann das Spiel Kilia I gegen Corso I (Berlin). Viele Zuschauer hatte es angelockt und machte im ganzen nicht wenig von sich reden; das musste die bisweilen über ihre Grenzen gegangene Reklame erreichen. Das Spiel enttäuschte; Kilia spielte nicht wie sonst. Der bekannte Altonaer Struwe versagte vollends und leistete weniger als der Durchschnitt. Kilia hätte gegen Corso unbedingt einen glatten Sieg erringen müssen. Die Hauptsache sind die freundschaftlichen Beziehungen, die mit Berlin angeknüpft sind, und ist beiden Vereinen für ihr aufopferndes Entgegenkommen nur zu danken. In der ersten Klasse fand dann noch ein Wettspiel zwischen KFV und Holstein statt. Im Gegensatz zu dem vorhergegangenen Spiele war es sehr scharf. Vor Halbzeit war ein Spieler des KFV so verletzt, dass er ausscheiden musste. So dauerte es denn nicht lange, bis der KFV auch sein physisches Übergewicht leider geltend machte. Hier herrscht noch immer die Meinung vor, dass rohes Spiel durch ebensolches vergolten werden muss. Das Spiel endete unentschieden 2:2. Der KFV verwirkte einen Elfmeterball, der verwandelt wurde, und spielte nach Halbzeit mit 10 Mann. Holstein muss mehr auf abseits achten. Es sind schon viele Reibereien dadurch entstanden. Die zweite und dritte Klasse interessieren nicht so sehr. Ein Wettspiel zwischen Lü-becker BC und KFV II verlief unentschieden 1:1, ebenso Kilia II gegen Borussia I 3:3. Dass Borussia so stark ist, überraschte allerseits.

KFV IV gegen Holsatia II 5:0

Holsatia I gegen Kilia III 1:0

Konkordia I gegen Holstein III 5:3.

Die drei besten Kieler Mannschaften stehen mit den besten der Hamburger zweiten und den schlechtesten der ersten Klasse auf einer Stufe. Eifer und Material sind da, und allzu lange wird man wohl nicht mehr warten brauchen, bis erstklassige Wettspiele auch in Kiel zu erwarten sind. Hoffentlich bringt der allgemeine Spiel- und Sportplatz, der eine Größe von etwa 200.000 qm erhalten soll, einen weiteren Aufschwung. Der Turnsport hat etwa 3000 Anhänger; die Fußballvereine haben schon trotz des kurzen Bestehens ein halbes Tausend Anhänger. Sie sind die eigentlichen Träger des Sports in Kiel. Da außerdem wenig Sport geboten wird, konzentriert sich das Interesse auf den Fußballsport. Möge er wachsen, blühen und gedeihen und ein bedeutender Faktor in der Entwicklung des deutschen Spiels werden.“

Die Leichtathletik in Kiel

Schon bei der Gründung des 1. Kieler Fußballvereins war die Pflege des gesamten Rasensports und des Schwimmsports in Aussicht genommen. Aber die inneren Wirren, die leidige Platzfrage und der Mangel an Vorbildern brachten es mit sich, dass in den Jahren bis 1905 nennenswerte Veranstaltungen nicht stattfanden. Erst nachdem durch Gründung des NFV die Leichtathletik im Verbandsbetriebe Gleichberechtigung erlangte, kam auch dieser Sportzweig in Kiel und darüber hinaus zu Ansehen und Geltung.

Kieler Fußballbund

Kleine Ursachen, große Wirkungen, so möchte man die Geschichte des Kieler Fußballbundes nennen. Im Oktober 1904 sah sich der Vorstand des Verbandes Kieler Ballspielvereine gezwungen, den Vereinen Borussia, Konkordia, Holsatia und Sportclub von 1899 wegen rückständiger Beiträge anlässlich einer Tagung das Stimmrecht zu verweigern. Kurz entschlossen forderten diese Vereine, denen sich Kilia anschloss, den Rücktritt des Vorsitzenden Blaschke. Als dieser Antrag abgelehnt wurde, gründeten diese Vereine am 27. Oktober 1904 den Kieler Fußballbund. Nur der 1. Kieler Fußballverein von 1900 und Holstein hielten zum alten Verband. Zum Vorsitzenden des neuen Bundes wurde Freiherr von Moltke gewählt. Jedoch schon nach wenigen Monaten schlossen sich alle Vereine wieder im alten Verband unter ihrem alten Führer Blaschke zusammen.

Die Kieler Sportbewegung und die Marine

Wie die Marine und Kiel ursächlich zusammenhängen, so auch die Entwicklung des Rasensports hier wie da. Kiel war der Ausgangspunkt. Der Jugendspielverein, seit Anbeginn unter der Leitung des Gymnasialprofessors Peters stehend, hatte sich die Ausbreitung der Spielbewegung zum Ziel gesetzt. In seiner rastlosen Tätigkeit hielt er Spielkurse ab, an denen sich in den Jahren 1895 und 1896 das Seebataillon und die 1. Matrosendivision jedes Mal in einer großen Anzahl beteiligten. Das Jahr 1898 brachte einen Sonderkursus für die Marine. Großadmiral v. Köster, der damalige Chef der Marinestation der Ostsee, stand der Veranstaltung durchaus sympathisch gegenüber und empfahl sämtlichen Marineteilen die Beteiligung an diesem Kursus, der am 19. Oktober 1898 begann und vier Wochen dauerte. Außer dem Kommandanten der 1. Matrosendivision, dem Kapitän z.S. Tiele, beteiligten sich 5 Offiziere und 30 Unteroffiziere. Neben kleineren Spielen, wie Jagd-, Neck- und Wanderball wurden Tauziehen Schlagball, Barlauf und Fußball getrieben, Stafettenläufe veranstaltet. Der Abschlussübung wohnte Admiral v. Köster mit einer Anzahl Seeoffizieren bei, der seine warme Anteilnahme an der Spielbewegung zum Ausdruck brachte und den Unteroffizieren die Verwendung des Erlernten angelegentlichst empfahl. Jeder Teilnehmer an diesem Militärausbildungskursus erhielt eine gedruckte Bescheinigung über seine Teilnahme an dem Kursus ausgehändigt, die dem Militärpass eingeheftet wurde. Das war der Anfang der Rasenspielbewegung in der Marine. Mit richtigem Blick erkannte man dort, dass die Weiterentwicklung der Spielbewegung am sichersten Wurzel fassen könne, wenn vor allem die Ausbildung der Schiffsjungen ins Auge gefasst werde. Die Durchführung dieser Aufgabe hat denn auch Professor Peters im Jahre 1902 übernommen.

Aus dem reichen Schatze der Volks- und Jugendspiele rang sich in fast erstaunlichem Siegeszug das Fußballspiel zur herrschenden Stellung durch. Immer mehr wuchs die Schar seiner Anhänger, die jedes Jahr auch von außen durch die eingezogenen Mannschaften stets neuen Zufluss und frische Belebung erhielten. Die ersten ernsthaften Versuche, den Fußballsport an Bord der Schiffe heimisch zu machen und ihn gewissermaßen als besonderen Dienstzweig neben Turnen und Freiübungen einzuführen, wurden im Jahre 1903 an Bord S.M.S. Barbarossa gemacht. Andere Schiffe folgten bald nach, und im Jahre 1908 hatte fast jedes Schiff eine besondere Fußballmannschaft. In erster Linie waren es ehemalige Schiffsjungen, die den Fußballmannschaften der Schiffe angehörten und den eigentlichen Stamm bildeten. So hatte die planmäßige Erziehungsarbeit die erhofften Erfolge im vollen Umfange gezeitigt, und heute gibt es kein Kriegsschiff, keine Landabteilung oder Truppe, die nicht eine oder mehrere Fußballmannschaften aufzuweisen hätte.


Mecklenburger Fußballverband

Der Mecklenburger Fußballverband wurde am 18. Dezember 1904 von folgenden Vereinen gegründet: Schweriner Fußballclub von 1903, Fußballclub Vorwärts (Schwerin) und Fußball-club Elite (Wismar). Es bestanden derzeit in Mecklenburg folgende Vereine: Fußballclub Ale-mannia von 1903 (Rostock), Rostocker Fußballclub von 1895, Internationaler Rostocker Fuß-ballclub von 1899, Fußballclub Germania von 1901 (Rostock), Schweriner Fußballclub von 1903, Fußballclub Vorwärts von 1904 (Schwerin), Fußballclub Germania von 1904 (Wismar), Wismarscher Fußballclub von 1905 und Ludwigsluster Fußballclub von 1905.

Schwerin

Die Geschichte des Schweriner Fußballclubs von 1903 ist gleichzeitig die Entwicklungsgeschichte des Fußballsports in seiner Heimatstadt. In den Schweriner Turnvereinen wurde ebenso wie in den Schulen so gut wie gar kein Rasensport betrieben. Turnerische Spiele, wie z.B. Barlauf, Schleuderball, Schlagball – und wenn es hoch kam, auch einmal Faustball – sah man äußerst selten. Eine Ausnahme machte das Realgymnasium, in dem die oberen Schülerklassen schon vor 1900 in den Sommermonaten an Mittwoch- und Sonnabendnachmittagen unter Leitung von Professor Metzmacher eine Art Fußball spielten. Eine eigentliche Aufstellung der Mannschaften kannte man damals noch nicht. Die freiwillig erschienenen wurden in zwei Parteien von je 15 bis 20 Knaben geteilt, die durch grüne und rote Armbinden unterschiedlich gemacht waren. Ein Torwart, ein derzeit noch missachteter Posten, dessen Gehäuse den Ausmaßen der Rugbytore ungefähr gleichkam, wurde ausgelost, und los ging das Spiel, besser gesagt, die wilde Jagd. Genaue Regeln hatte man nicht. Jeder versuchte, auf eigene Faust vorwärtszukommen. Aus einem Hause der Nachbarschaft wurde ein Eimer Wasser geholt, um den entstandenen Durst zu löschen. Lange sollte dieses Idyll aber nicht dauern, sondern es kam mehr System in das Spiel durch die Berufung des Kapellmeisters Zumpe aus München an das damalige Hoftheater, dessen Sohn in München bereits Fußball gespielt hatte. Er interessierte sehr schnell die Mitschüler des Gymnasiums für diesen Sport. Eine Sporttracht und Fußballstiefel brachte er mit. Auch lehrte er Mannschaftseinteilung und Spielregeln. Aber seine Regelkenntnis hatte große Lücken. Nach seiner Anordnung wurde z.B. ein Elfmeterball in folgender Weise ausgeführt: der Torwart stand im Tor, der den Elfmeterstoß Ausführende am Ball. Die eine Partei stellte sich senkrecht von einem Torpfosten ab ins Spielfeld, und die andere machte es ebenso am anderen Torpfosten. Auf den Pfiff des Unparteiischen liefen beide Parteien in die sich zwischen ihnen befindliche Gasse und versuchten, den Ball zu erhaschen. Dem Schreiber dieser Zeilen ist dies noch besonders gut in Erinnerung, da er aus einem ihm durch Zufall in die Hände gefallenen Regelheft Zumpe, der später nach Hamburg übersiedelte und im SC Sperber spielte, das Regelwidrige in seiner Anordnung nachweisen konnte. Auch ein hier zur Erlernung der deutschen Sprache anwesender Engländer leistete gute Dienste. Nach Zumpes Muster wurden aus alten Schuhen von hiesigen Schuhmachern Fußballstiefel hergestellt. Kurze Hosen wurden auf die denkbar einfachste Art geschaffen. Eine alte lange Hose wurde in Kniehöhe abgeschnitten und von der Mutter oder Schwester umgesäumt. Bald beschafften sich die Gymnasiasten blau-gelbe Hemden, die Realgymnasiasten blaue Sweater mit Wappen. Die Kapitäne der Mannschaften trugen mit großer Würde lange rote Schärpen. Nach allen diesen Vorbereitungen gelang es dann, die Direktoren der beiden Schulen zu bewegen, die Erlaubnis zur Gründung von Fußballklubs zu geben. Wettspiele wurden zwischen Gymnasium und Realgymnasium ausgetragen, und bald gelang es dem Gymnasium, in Sperber (Hamburg) den ersten auswärtigen Gegner nach Schwerin zu verpflichten. Das Spiel fand am 3. Februar 1901 auf dem großen Exerzierplatz bei ziemlich hohem Schnee statt und konnte nur durch die Überlegenheit des Hamburger Torwarts mit 3:1 gewonnen werden. Mit der Zeit hatte sich auch auf der Bürgerschule der Fußballclub Niklot und auf der Freischule der Fußballclub Adler gebildet. Aber beide Vereine waren wenig spielstark.

So lagen die Verhältnisse in Schwerin im Fußballsport zu Beginn des Jahres 1903. Als dann Ostern 1903 einige Gymnasiasten mit dem Reifezeugnis die Schule verließen, unternahmen sie es, die zu gleicher Zeit aus den übrigen Schulen zu Ostern Entlassenen zum 1. Schweriner Fußballclub zusammenzufassen. Am Abend des 6. Mai 1903 fand an der Siegessäule die Gründungsversammlung statt. Ein kräftiger Regenschauer störte doch derart, dass die Fortsetzung der Versammlung unter dem Portal des Theaters stattfinden musste. So entstand der 1. Schweriner Fußballclub von 1903. Von dem erhobenen Eintrittsgeld musste an den Magistrat ein Prozentsatz für Lustbarkeitssteuer abgeführt werden. Auch soll nicht verschwiegen werden, dass die Spieler nach dem ersten Wettspiel mit der Hamburger Alemannia am 16. Oktober 1904 eine Strafverfügung über 2 Mark von dem Polizeiamt erhielten wegen Übertretung der Verordnung betreffend Heiligung der Sonn- und Festtage, denn das Spiel hatte um 3 ½ Uhr begonnen, während es erst eine Stunde nach Beendigung des Nachmittagsgottesdienstes, also um 4 Uhr, hätte beginnen dürfen.

Aus diesen Anfängen des Fußballsports in Schwerin sei dann noch als leuchtendes Beispiel für die ideale Sportauffassung erwähnt, dass ein tüchtiger Spieler, der mit den Entscheidungen des Schiedsrichters nicht einverstanden war und dem Schiedsrichter den Sportgruß verweigerte, sofort aus dem Verein ausgeschlossen wurde.

Im Laufe des Jahres 1904 hatte sich in Schwerin der Fußballclub Vorwärts gebildet. Damit entstand für den 1. Schweriner Fußballclub von 1903 eine Zivilkonkurrenz, was den Spielbetrieb außerordentlich belebte. Der heutige große Schweriner Verein für Leibesübungen ist mit aus dem Verein Vorwärts hervorgegangen.

Von leichtathletischen Veranstaltungen bis zur Gründung des NFV liegen keine Nachrichten vor. Wenn auch in diesem oder jenem Verein mal ein Wettlaufen stattfand, so entwickelte sich die Leichtathletik doch nicht in dem Umfange, dass „Meetings“, wie man damals sagte, in die Erscheinung traten.

Rostock

War in Schwerin der Fußballclub von 1903 der Pionier des Fußballsports, so trifft dies hinsichtlich Rostocks auf den Rostocker Sportclub von 1895, den Rostocker Sportverein von 1899 und den Verein für Rasensport von 1903 (früher Alemannia) zu. Die Geschichte dieser Vereine ist daher recht ausführlich behandelt, so dass ein Hinweis darauf an dieser Stelle genügen dürfte.


Fußballverband an der Unterweser

Es war im Winter des Jahres 1898, als die ersten Fußballspieler auf dem Exerzierplatz in Lehe unter der Leitung des Redakteurs Backmeisters sich dem neuen Sport widmeten. In den Verein sollten nur Akademiker aufgenommen werden. Unter den Mitgliedern befand sich der in Sportkreisen noch wohlbekannte Jonny Masson und dessen Bruder B. Masson. Als „Vollback“ spielte der 112 Pfund schwere B. Masson, sein Partner war der 245 Pfund schwere Ingenieur Murray. Nur dieser letztere war eigentlich imstande, den mit Baumwolle ausgestopften Ball bis zu den Läufern zu schlagen. Der erste Sportverein hieß Fußballclub Bremerhaven, aus dem am 1. Juli 1899, nachdem mehrere Lehrer dem Verein beigetreten waren, der Fußballclub Bremerhaven-Lehe wurde. Schon am 18. Juli 1899 spielte dieser Verein in Bremen gegen Bremer Sportclub und verlor mit 0:4. Im Tor stand Jonny Masson.

In Geestemünde wurde im Jahre 1899 zuerst Fußball gespielt. Meinhard Freese und einige seiner Freunde hatten eines Sonntags ein Spiel in Bremerhaven gesehen und beschlossen die Gründung eines Fußballclubs an der Unterweser. Das erste Spiel fand an der Geestemünder Schleuse statt. Im folgenden Jahre entstanden der Fußballclub Geestemünde, Fußballclub Le-he an der Weser, Fußballclub Wesermünde und Fußballclub Hansa. Aber diese Vereine hatten nur ein kurzes Leben und lösten sich später wieder auf, anstatt sich zu vereinigen. Nur der Fußballclub Geestemünde hielt sich über Wasser. Aber auch für diesen waren schwere Zeiten angebrochen. Alle 14 Tage war Versammlung. Auf diesen Versammlungen wurde je nach Bedarf (und Bedarf lag immer vor) eine „amerikanische Auktion“ abgehalten, um Geld für Bälle zu bekommen. Am 6. Oktober 1900 beging der Sportclub an der Unterweser sein erstes Stiftungsfest.

Am 1. September 1900 wurde der Fußballverband an der Unterweser gegründet, dem fünf Vereine angeschlossen waren. Aber dieser Verband wollte nicht in die Höhe kommen. Die Vereinsinteressen dominierten. Und da dem Fußballclub Bremerhaven-Lehe die Führung nicht zu nehmen war, löste sich der Verband im Januar 1902 wieder auf. Das rächte sich. Der Fußballclub Geestemünde sank bis auf 12 Mitglieder und löste sich am 31. März 1904 auf. Aber nicht nur der Sportclub an der Unterweser, sondern alle Unterweservereine standen vor dem Nichts. Der Fußballclub Lehe an der Weser, der Fußballclub Glückauf und andere lösten sich ebenfalls auf. Das Interesse für den Fußballsport war vollständig verschwunden. Nur der Fußballclub Bremerhaven-Lehe blieb infolge der tüchtigen Leitung Jonny Massons bestehen.

Wohl versuchten einige Führer Neugründungen, aber nur eine gelang vorläufig, und diese unter den traurigsten Umständen. L. Bellmer berief im Mai 1904 eine Versammlung ein zur Gründung eines neuen Vereins, aber nur drei Mann waren erschienen. Erst am 23. Juni 1904 gelang die Gründung des neuen Vereins unter dem Namen Geestemünder Sportclub, und am 7. August fand das erste Wettspiel des neuen Vereins gegen Bremerhaven-Lehe statt.

Bald bildeten sich andere Vereine, und zwar außer dem Geestemünder Sportclub und dem Fußballclub Bremerhaven-Lehe waren vorhanden: Fußballclub Lehe an der Weser, Glückauf, Alemannia und Fußballclub Geestemünde. Mit diesen Vereinen trat dann der wiederauferstandene Fußballverband an der Unterweser 1905 dem NFV bei.

Wie die Bezeichnung Fußballclub schon sagt, wurde fast nur Fußball gespielt. Wohl fand am 2. Juli 1901 ein Leichtathletik-Sportfest statt, das nach dem Programm Wettlaufen, Einbeinlauf, Dreibeinlauf, Dreisprung und Dauerlauf aufwies. Weiter kannte man keine Übungen. Bis zum Jahre 1904 ist über weitere Leichtathletik-Veranstaltungen nichts zu ermitteln gewesen. Es ist wohl anzunehmen, dass die Vereine infolge ihrer vielen anderen Sorgen nicht daran denken konnten.



Hamburger Fußballclub von 1888 (später Hamburger Sportverein)

Wenn wir bei der Schilderung des Werdegangs des heutigen HSV etwas länger verweilen, so geschieht es aus dem Grunde, weil die Geschichte des HFC von 1888 uns Gelegenheit bietet, die Verhältnisse in der „Steinzeit“ des Hamburger Sportes zu streifen.

Der Klub wurde am 1. Juni 1888 durch eine Gruppe von Untersekundanern des Wilhelm-Gymnasiums gegründet, wo der Turnlehrer Dr. Wilms das Fußballspiel eingeführt hatte. Die noch erhaltenen ersten Satzungen umfassen 15 Paragraphen. Das Eintrittsgeld betrug 1,20 Mark, der monatliche Beitrag 30 Pfennig. Für die Aufnahme in den Klub war ein Mindestalter von 15 Jahren erforderlich.

Unter dem Fußballspiel, wie es damals betrieben wurde, hat man sich nicht das jetzige, durch straffe Regeln, Leitung und Kontrolle geordnete Rasenspiel vorzustellen. Es war eine Mischung von Rugby und Assoziation, bei welcher jeder nach seiner eigenen Methode spielte und der Körperkraft eine ebenso große Rolle zuteilte wie der Geschicklichkeit und Berechnung. Die auf dem Spielfelde anwesenden Mitglieder wurden von den beiden Parteiführern in zwei gleichstarke Mannschaften geteilt. Ein Erfolg wurde anders bewertet als jetzt: Ein Tor galt 4 Punkte, eine Ecke 2 und ein Tritt über die Torlinie 1 Punkt. Handmachen wurde bis zum Ellbogen einschließlich gerechnet. Die Breite des Tores betrug 5 Meter.

Die Gründer des Klubs konnten nicht ahnen, welchen ungeheuren Aufschwung der Fußballsport in Hamburg und in Deutschland überhaupt nehmen würde. Sie begnügten sich zunächst damit, einen kleinen zuverlässigen Kreis zu bilden und beschränkten die Mitgliedschaft auf Schüler des Wilhelm-Gymnasiums. Wenn man bedenkt, dass das Alter der Mitglieder 16 Jahre nicht überstieg und ihre Zahl zwischen 12 und 20 schwankte, dass ein Gegner, mit dem Wettspiele ausgefochten werden konnten, jahrelang nicht vorhanden war, dass Fachblätter und Tageszeitungen die Sache nicht förderten, dass auch Schüler und Eltern gegen den Sport eingestellt waren, so muss man sich wundern, dass der Klub lebensfähig blieb. Zwar war schon im Jahre 1887 der SC Germania aus einer Vereinigung zweier Klubs entstanden, doch blieb der HFC in der Hauptsache auf sich selbst angewiesen. Es gab nur Spiele der Mitglieder untereinander, die im Herbst mit einem Wettspiel abschlossen, bei welchem die siegende Mannschaft und die besten Spieler dekoriert wurden. Gespielt wurde auf der Moorweide. Als Torstangen dienten die dort vorhandenen Telephonstangen, zwischen denen ein Bindfaden die Torlatte bildete. Die Sporttracht bestand anfänglich aus blauer Mütze mit weißem Deckel, später aus blauem Sweater und dunkler Hose.

1892 wurde das Spielfeld nach der Sternschanzen-Eisbahn verlegt. Wasserkasten und Pfähle für elektrische Beleuchtung hinderten kaum das Spiel, denn es wurde mit mehr Lust und Liebe als mit Theorie und Kunst gespielt. Verhandlungen mit Germania wegen Austragung eines Wettspiels zerschlugen sich, weil die Cholera über Hamburg hereinbrach.

Die folgenden Jahre brachten einen erheblichen Aufschwung für den Klub. Es war nämlich im Stadtteil Hoheluft von Schülern, die aus Anlass der Epidemie viel freie Zeit hatten, der Hohelufter FC von 1892 gegründet, der das Rugbyspiel pflegte. Der Klub ging im Frühjahr 1894 aus Mangel an Mitgliedern ein. Seine damaligen Vorstandsmitglieder Bahnsen, Krutisch und Barthold traten in den HFC von 1888 ein und zogen den größten Teil der Hohelufter nach sich.

In der Folge machte sich im Klub eine von den in großer Zahl neueingetretenen Mitgliedern ausgehende Strömung geltend, welche mit dem alten Frühschoppen, den Duzen unter den Mitgliedern und anderen Eigentümlichkeiten aufräumte und den Zuschnitt des Ganzen großartiger und sportmäßiger gestaltete. Auch ein Fortschritt in der Spielmethode trat ein, nachdem die Mitglieder Siemsen und Gebrüder Krutisch die englischen Fußballregeln übersetzt und in den Klub eingeführt hatten. Gleichzeitig wurden auch Tornetze und eine neue Spieltracht (blau-weiß quergestreifter Trikot) eingeführt. Diese Umwälzungen gingen nicht ohne Kämpfe zwischen den Alten und Neuen vor sich. Ehrengerichte, Wechsel des Vorsitzenden, massenhafter Aus- und Wiedereintritt kennzeichnen diese bis ins Jahr 1895 reichende Periode.

Inzwischen war die Sportbewegung in Fluss gekommen. Schon 1893 waren mehrere Klubs entstanden, so dass die Austragung regelrechter Wettspiele ermöglicht wurde. Im Sommer 1894 traten dann die das Fußballspiel pflegenden Vereinigungen Altonaer Cricketclub von 1893, Borgfelder FC von 1894, SC Germania, FC Association, Pöseldorfer Tennisverein und HFC von 1888, um Wettkämpfe auszufechten, miteinander in Verbindung. Nun erblühte neues Leben in den Klubs; die Konkurrenz ließ jedes Mitglied seine Kräfte nach innen und außen auf das äußerste anstrengen. Die Saat schoss in kurzer Zeit mächtig empor, als der „Hamburg-Altonaer Fußball- und Cricket-Bund“ gegründet wurde, der das Verhältnis der einzelnen Klubs zueinander regelte. Diese Gründung wurde am 12. Oktober 1894 im Restaurant von Schadendorf am Steindamm zwischen Wilhelm Schaaf und B. Krutisch (HFC von 1888), Henry Pape (FC Association), Hermann Hambrock (Altona 93), Stuhlmann (Borgfelder FC) in die Wege geleitet.

Abgegrenzte Spielfelder gab es nicht bis dahin. Das erste Spiel auf einem vorschriftsmäßigen Platz fand am 13. Oktober 1894 auf der Horner Rennbahn, und zwar zum ersten Male nach den englischen Regeln, statt. Weitere Spiele wurden auf dem Pferdemarkt in Wandsbek, auf Wiesen an der Sierichstraße, im Borgfelder Eispark, auf der Hansaweide und dem Altonaer Exerzierplatz ausgetragen. Die Frühjahrs- und Herbstserie 1895/96 wurde mit folgenden Ergebnissen ausgetragen: Von den 8 Spielen wurden 3 gewonnen. Im Spieljahr 1896/97 kamen als weitere Vereine hinzu: St. Georg, Alemannia und Hannover. Mit nur 17:27 Toren konnte der Klub auch diesmal die Meisterschaft nicht erringen, ebenso wenig im Spieljahr 1897/98, wenn auch das Torverhältnis mit 18:15 sehr günstig war. Im Mai 1897 mietete der Klub sich eine Wiese an der Klosterallee.

Die Frühjahrsserie wurde nicht ausgefochten, weil der HFC von 1888 infolge tiefgehender Meinungsverschiedenheiten, die über den Austritt des langjährigen Mitglieds Sommermeyer zwischen der Klubleitung und der Leitung des Hamburg-Altonaer Fußballbundes entstanden, Anfang 1898 aus letzterem austrat. Es war ein Entschluss, dessen Folgen damals wohl nicht zu übersehen, jedenfalls aber lange Jahre fühlbar waren. Der Verzicht auf die Beteiligung an den Meisterschaftsspielen verhinderte es, dass der Klub in demselben Maße erstarkte wie die erheblich jüngeren Vereinigungen. Zwar fanden sich außerhalb des Bundes stehende Klubs zu Gesellschaftsspielen bereit, z.B. der Uhlenhorster Fußballclub; auch Reisen in die benachbarten Städte wurden unternommen, doch boten diese Begegnungen keinen Ersatz für den Fortfall der zu Höchstleistungen anspornenden Meisterschaftsspiele. Die Spieltüchtigkeit der Mannschaften ging entschieden zurück. Andererseits aber war Anlass und Gelegenheit gegeben, dem schon lange betriebenen leichtathletischen Sport volle Aufmerksamkeit zu widmen. Auf diesem Gebiete wurden recht erfreuliche Resultate erzielt.

Schon am 6. September 1898 hatte auf der Radrennbahn am Grindelberg vor einer großen Zuschauermenge ein internes Meeting stattgefunden, dessen einzelne Konkurrenzen folgende waren: Radfahren über 1000 Meter, Steinstoßen, 100-Meter-Laufen für Senioren und Junioren, Fußballweitstoß für Senioren und Junioren, Kricketballwerfen, Vorgabe-Laufen über 1000 Meter, Weitsprung, Vorgabe-Radfahren über 5000 Meter. Auch in der Folgezeit blieb der HFC bei den leichtathletischen Wettkämpfen tonangebend.

Aber der Austritt aus dem Hamburg-Altonaer Fußballbund hatte schwere Folgen anderer Art. Die Zahl der Mitglieder ging zurück, die Juniorenmannschaft trat aus und machte sich selbständig. Es war kein Leben im Klub mehr, nachdem keine Punktspiele mit anderen Vereinen mehr stattfanden. Die Auflösung stand bevor. Eine gute I. Mannschaft war zwar da, das war aber auch alles. Da im darauffolgenden Jahre auch noch diese Mannschaft wegen des Mangels an Wettspielen ins Wanken geriet, musste Wandel geschaffen werden. Das geschah dadurch, dass die Spielleitung in richtiger Erkenntnis der Sachlage eine Jugendabteilung gründete. Um sofort einen Stamm von Junioren zu haben, wurde ein ganzer, 20 Mann starker Klub aufgenommen, wobei jedoch darauf geachtet wurde, dass der Name dieses Klubs (von der Realschule vor dem Holstentor) nicht zur Geltung kam und die jungen Leute nur für die Farben des HFC spielten. Von diesem Zeitpunkt an legte die Spielleitung ihr Augenmerk auf das Gedeihen der Juniorenabteilung, und der Erfolg blieb nicht aus, denn aus diesen Anfängen entwickelten sich zwei Mannschaften, auf die sich der Klub getrost verlassen konnte.

Immerhin war die Lage des HFC von 1888 im Jahre 1901 noch recht schwierig. Von den wenigen Senioren, die er zählte, waren ihm einige der Treuesten durch Studium und Militärdienst entzogen. Andere hatten den Mut verloren und waren nur dem Namen nach Mitglied. Die große Zahl vielversprechender Junioren allein konnte das Leben im Klub nicht tatkräftig entfachen. Es war schon das Gerücht verbreitet, der Klub würde sich am 1. Oktober 1902 auflösen. Um die trägen Mitglieder aufzurütteln und mit dem Ernst der Lage bekanntzumachen, wurde, in der Tat aber nur zum Schein, der Antrag gestellt, die Auflösung zu beschließen. Dieser Antrag wirkte Wunder. Jedermann besann sich auf die Vergangenheit des Klubs und seine Pflichten ihm gegenüber, und die Gleichgültigkeit machte einem regen Vereinsinteresse Platz. Es wurden regelmäßige Klubabende eingeführt, und das Mitglied Otto Wulf kam auf den glücklichen Gedanken, zur Förderung des inneren Zusammenhanges einen Kegelabend ins Leben zu rufen, der eine erhebliche Zugkraft ausübte. Dieser Kegelabend war, wie gesagt, nur ein Mittel zum Zweck und ging ein, nachdem er seinen Zweck erfüllt und eine Belebung des Klubinteresses gesichert hatte.

Diese Periode dauerte bis zum Herbst 1902, wo der HFC von 1888 seine isolierte Stellung aufgab, dem Hamburg-Altonaer Fußballbund wieder beitrat und an den Bundesspielen teilnahm. Dass der Klub wieder erstarkt war, machte sich darin bemerkbar, dass vom 1. September 1902 an eine eigene Klubzeitung erschien. Die Zeitung bewährte sich vortrefflich und gewann zusehends an Bedeutung und Inhalt.

Die die Spielstärke des Klubs repräsentierende I. Mannschaft konnte, da es ihr an Wettspielpraxis fehlte, anfangs natürlich noch auf keine großen Erfolge in den Bundesspielen rechnen. Sie ließ es aber an eifrigem Training nicht fehlen, und auf dem Trainingsplatz in Bahrenfeld war stets eine stattliche Zahl Spieler versammelt und nahm es recht ernst mit den Übungen. Der Erfolg sollte auch nicht ausbleiben.

Die I. Mannschaften der dem Hamburg-Altonaer Fußballbund angehörenden Vereine waren 1902/03 in zwei Klassen geteilt. Es spielten in der

A- Klasse: Altona, Germania, St. Georg, Britannia

B- Klasse: HFC von 1888, Victoria, Alemannia, Sperber, Hohenzollern

Der HFC von 1888 sicherte sich den 2. Platz in der Tabelle. Ein Vergleich der Spielresultate der Frühjahrsserie mit denen der Herbstserie zeigt den Aufschwung in der Spielstärke der I. Mannschaft.

Am 27. Dezember 1902 beging der HFC, wie von jeher üblich, sein Weihnachtsfest, das insofern von Bedeutung war, als sich dabei Herr C. Blome und Herr Peter Meis als Gäste einfanden. Herr Blome trat dem Verein bei und wurde bald sein Führer. Ihm hat der HFC viel zu verdanken.

Von nun an hatte der Verein keine Krisen mehr, wenn es ihm auch ganz und gar nicht gelingen wollte, einmal die Meisterschaft zu machen. Ein Scherzlied aus dieser Zeit ist mir noch in Erinnerung, dessen Anfang lautete: Am Rothenbaum spielt ein Verein, der möcht so gern mal Meister sein. …..

Was die Bundeswettspiele anbetrifft, so wurden im Herbst 1903 Alemannia, Altona, Britannia, St. Georg, Germania, HFC von 1888 und Victoria der I. Klasse zugeteilt. Der Klub zählte damals 100 Mitglieder, aus denen drei Mannschaften ausgesucht und gemeldet wurden.

Am 1. Januar 1904 sicherte sich der Klub einen neuen Sportplatz Ecke Heimhuder- und Binderstraße neben dem Velodrom. Der Platz wurde im Frühjahr 1906 mit einem Drahtgitter eingefriedigt und geebnet und gab einen für damalige Verhältnisse annehmbaren Sportplatz.

Der Sommer 1904 brachte folgende Wettspiele: gegen Bremer Sportclub 5:1, gegen Rostocker FC 5:0, gegen Berliner Ballspielclub 1:1.

Hand in Hand damit ging ein planmäßiges Hinarbeiten auf Erfolge in der Leichtathletik.

Dass der Klub Ansehen genoss und sein Vorsitzender Blome sich inzwischen einen Namen gemacht hatte, geht daraus hervor, dass bei der Besetzung des Vorsitzes im Hamburg-Altonaer Fußballbund die Wahl auf ihn fiel (September 1904). Im April 1905 wurde dann der Hamburg-Altonaer Fußballbund durch den Norddeutschen Fußball-Verband ersetzt.

Das ist die kurzgefasste Geschichte des HFC von 1888 bis zum Jahre 1905. Nach der Vereini-gung mit dem SC Germania hat es kein anderer norddeutscher Verein in der Folgezeit zu einer solchen Bedeutung gebracht. Wir dürfen stolz auf seine Erfolge sein.


Sportclub Germania (später Hamburger Sportverein)

Durch Verschmelzung der beiden Vereine Hohenfelder Sportclub und Marientaler Sportclub wurde im Jahre 1887 der Sportclub Germania gegründet. In den ersten Jahren des Bestehens bis 1890 wurde fast ausschließlich der Laufsport gepflegt. 1891/92 hatte schon das Interesse für das Fußballspiel wesentlich zugenommen, und in diese Zeit fällt auch der Eintritt einer Anzahl Engländer. Wir wollen nur die Herren Hilton, Webb, Bergl, Bolder, Humphries, Cot-terell, Stürken, Gustav Kaufmann nennen.

Die ersten stattgefundenen Wettspiele wurden noch in Wandsbek ausgetragen.

Im Laufe der Jahre konnten vorübergehende Meinungsverschiedenheiten zwischen den Athletikern und den Fußballspielern, welch letztere auf mehr Interesse seitens des Vereins am Fußballspiel bestanden, nicht ausbleiben, und die Folge davon war, dass das Fußballspiel in den Vordergrund rückte. Trotzdem blieb der Laufsport nicht unberücksichtigt, und wir können mit Recht sagen, dass Germania in der Leichtathletik für ganz Deutschland in diesen Jahren als auch später vorbildlich gewesen ist.

1893 fand dann unser erstes Wettspiel in Hamburg gegen FC Association statt; wir konnten hier einen leichten Sieg von 17:0 erreichen.

Dieses Jahr bedeutete für uns den Aufschwung im Fußballspiel, hatten wir doch von jetzt an lange Zeit die Oberhand als führender Verein inne.

1894-1904/05. Während dieses Jahrzehnts blühte der Fußballsport gewaltig auf. Die Saison 1894/95 brachte uns den ersten Besuch einer auswärtigen Mannschaft, des damals bestbekannten FC Frankfurt (Berlin). Das Spiel, auf dem Altonaer Exerzierplatz ausgetragen, endete 9:0 zu unseren Gunsten. 1895 war das Retourspiel in Berlin, in welchem wir dann auch mit 1:0 Sieger blieben. Tags zuvor, am 1. Ostertage, mussten wir uns mit 2:0 vom Berliner Th.- und FC Viktoria als geschlagen bekennen.

Zu dieser Zeit traten auch Stanley, Kaufmann und die Holländer Vanwaveren und Peizel unserm Verein bei; erstgenannter hat sich besonders große Verdienste um den Verein erworben.

Durch die Gründung des Hamburg-Altonaer Fußballbundes hatte das Fußballspiel noch einen größeren Aufschwung genommen, besonders waren die Kämpfe um die Meisterschaft stets heiß umstritten. In den beiden ersten Jahren seit Bestehen des Hamburg-Altonaer Fußballbundes gewann Germania glatt die Meisterschaft, unterlag aber in den folgenden drei Jahren in der Entscheidung gegen Altona, um darauf wieder an führende Stelle zu treten. Von der Spielstärke des Vereins gibt die Tatsache Beweis, dass Germania zu allen Repräsentativspielen fast die gesamte Mannschaft stellen musste.

In den folgenden Jahren sank die Spielstärke der I. Mannschaft, die fast stets aus Ausländern bestand, da die meisten in ihre Heimat zurückkehrten, wie z.B. Wüstendorfer, Goedfors, Willis, Woodin, Casseaux, Tommy Ritscher, Weil, Rittschie, Menge, Adams, Roberts, ten Hove, alles Namen, die uns Älteren unvergessen bleiben werden.

Durch die Vereinigung mit dem Hamburger Fußballclub von 1888 entstand später der heutige Hamburger Sportverein.


Altonaer Fußballclub von 1893

Heute, 37 Jahre nach der Gründung des Altonaer Fußballclubs etwas über dessen Entwicklung, seine Jugend, zu schreiben, heißt in die Gründungs- und Werdezeiten des Sportes und seiner Organisationen hinabzusteigen, heißt zu schöpfen aus jener ersten Sehnsucht der damaligen Jugend nach Licht und Luft, nach Spiel in Freiheit, nach Freiwerden aus dem Moderduft überspitzter Prüderie.

Wohl überall um die gleiche Zeit regten sich diese ersten schüchternen Versuche und das ganz groß Erstaunliche ist ihre Auswirkung, der heutige riesengroße Sportbetrieb und vor allen Dingen die völlige Umstellung des Lebens auf Licht, Luft, Wasser und die Lehre von der Freiheit des menschlichen Körpers.

In Altona waren es einige Schüler des Realgymnasiums an der Königstraße, die begeistert von den Ideen ihres Lehrers Dr. Schnell, sich zu einem Sportverein zusammenschlossen. Und der früh verstorbene Schulmann ist niemals darob in den Kreisen der Altonaer vergessen worden. Zuerst wurde Schlagball gespielt, das Spiel, welches Dr. Schnell zusammen mit dem Rektor Tönnsfeldt in Regeln gefasst und eingeführt hatte. Dann kam die Liebe zum Kricket auf und da kam es zur Vereinsgründung. Zuerst als Anhang des Turnvereins der ehemaligen Schüler der Reallehranstalt, und bei der verspürten Abneigung der Turner stand der Altonaer Cricketc-lub bald auf eigenen Füßen. L. Trede, O. Harnis und L. Schlee waren die Väter des Gedankens und der Ausführung. Aber auch mit dem runden Ball wurde gespielt und dessen Freunde setzten bald durch, dass im Firmenschild auch „Fußball“ erschien und 1894 verschwand das Wort (und der Sport!) „Cricket“ in den Reihen der AFC’er. Die 28 Mitglieder des AFC konnten keine zwei Sportarten hochhalten, und da siegte der Fußball. Eifrig wurde in diesem kleinen Rahmen Fußball geübt, man „trainierte“. Viele Freunde hatten diese Fußballer nicht, aber desto mehr Spötter, Feinde und Gegner. Die nackten Knie – unerhört; das verrückte Balltreten – Blödsinn usw. Aber Gleichgesinnte gabs schon und Jugend wird um so härter im Wollen, wenn sie Gegnerschaft der Älteren verspürt. Am 20. Oktober 1894 wurde zusammen mit Hamburg 88, dem FC Association, dem Borgfelder FC der Hamburg-Altonaer Fußballbund gegründet, dem im Dezember auch der SC Germania beitrat. Altona 93 spielte damals in Weiß-Grün. Wohl konnte Weiß-Grün zuerst alle Bundesvereine schlagen, aber in Germania fand man einen Gegner, der einfach nicht unterzukriegen war. Diese Germania bestand fast nur aus Engländern, die in der Fußballkunst den heimischen Wildlingen sehr überlegen waren, dort wurde nicht nur mit Schwung und hinterher gespielt, sondern man bemühte sich um ein flaches Zuspiel, man kombinierte. Das erste Auftreten von Altona 93 gegen die Engländer ergab einen 11:0-Reinfall, dann kam der zweite 8:0-Reinfall gegen den FC Association. Darauf änderte man, wie schon erwähnt, den Namen in den heutigen ab, und begann unter der Leitung von Ludwig Trede, der der eifrigste Vorkämpfer des Fußballs in Altona war, zu üben. Franz Behr und andere waren inzwischen hinzugekommen. Besonders Franz Behr, der als Gründer des Hamburg-Altonaer Fußballbundes, als Mitbegründer des Deutschen Fußball-Bundes, als Spieler, als erstklassiger Schiedsrichter, als Vorsitzender im Verein, im Hamburg-Altonaer Fußballbund, als 2. Vorsitzender im DFB Unglaubliches leistete, feuerte nun seine Altonaer an. Wieder ging es - Wettspiele waren damals seltene Ereignisse – gegen den FC Association; Altona gewann mit 5:0. 1895 begannen die offiziellen Meisterschaftsspiele. 1896/97 hatte man hinter Germania den 2. Platz erreicht. Im Frühjahr 1897 wurde Preußen (Berlin) in Altona 3:0 geschlagen, was großes Aufsehen erregte. 1897/98 gelang es Altona 93 zum erstenmal an die Spitze in Hamburg-Altona zu gelangen. Im Frühjahr 1898 wurde Germania, die immer noch größtenteils aus Ausländern bestand, mit 2:1 der Meistertitel entrissen. Die Schüler hatten die Lehrer besiegt. Altonas Mannschaft ist unter den „Alten“ in Groß-Hamburg immer noch bekannt. Sie stand: Frers; Trede, Laube; Börner, Stegelmann, Ehrich; Necke, Bote, Poppe, Grimm, Behr; (später dazu Fischer, Nissen und Eshelby).

Auch 1898/99 und 1899/1900 blieb Altona 93 Meister Groß-Hamburgs. Man schrieb über die Altonaer Elf: „Eine schnellere Stürmerreihe als diese wird es kaum wieder geben. Mit allzugroßer Kombination gibt sie sich nicht ab. ‚Immer druff’, war die Devise. Wehe dem Torwächter, der einen gefangenen Ball zu lange hielt. Im nächsten Augenblick lagen 5 Altonaer Stürmer, 1 Torwächter und vor allem der Ball zu lieblichem Haufen vereint hinter dem Tore.“ (Netze gabs damals noch nicht.) Während dieser Zeit gelang es, den damals auf der Höhe seines Ruhmes stehenden Berliner FC Preußen mit den Gebrüdern Müller, dem Trabrennfahrer Mills u.a. Kanonen noch zweimal in Berlin mit 2:0 und 2:1 zu besiegen und bald darauf in Altona 4:4 zu spielen. – Doch darauf folgte ein jäher Sturz; fast die ganze Mannschaft ging beruflich ins Ausland. Nachwuchs war nicht da. Und von den noch 30 Mitgliedern waren es 4, die den AFC vor der Auflösung retteten: Franz Behr, Heinrich Haase, Robert Tiedemann und Paul Ploetz. Bis dahin hatte man auf dem Standpunkt gestanden, dass man keine Jugendmitglieder haben wollte! Die ersten Jugendlichen wurden nun herangeholt. Man gründete jetzt zu der bisherigen „alten“ Zweiten zwei weitere Mannschaften. In den Meisterschaften 1900/01 und 1901/02 konnte nur der zweite Platz hinter Germania erreicht werden, was unter diesen Umständen als eine Leistung anzusehen war. 1902 kamen Spieler von auswärts hinzu, so hob sich die Spielstärke weiter. Inzwischen hatten die Altonaer bereits mehrfach im Ausland gespielt, so Ostern 1901 in Holland, 1902 in Aalborg. Die Spieler finanzierten diese Reisen selbst. 1902/03 wurde dann im Entscheidungsspiel vor 1500 Zuschauern Germania 3:1 geschlagen, und wieder einmal war damit die Hamburg-Altonaer Meisterschaft errungen. 1903 wurde dann die erste Meisterschaft des DFB ausgetragen. In der Vorrunde schlug Altona 93 in Altona Viktoria 96 (Magdeburg) 8:1. Das Zwischenrundenspiel wurde in Leipzig gegen den VfB 6:3 verloren, nachdem die Altonaer schon 3:0 geführt hatten! VfB wurde übrigens dann Deutscher Meister. Einen 7:2-Sieg errang Altona 93 gegen den DFC Prag, welches Spiel Pfingsten 1903 in Altona ausgetragen wurde. Altona 93 spielte am 2. Pfingsttag gegen den Dänischen Meister Frem und unterlag nach wundervollem Spiel gegen die damals sehr hochstehenden Dänen (mit Pech) 5:3. Es spielten damals für Altona 93: Gustav Heysen; Ernst Bünning, Jersch; W. Behr, Fr. Behr, Böttcher; P. Ploetz, Walter, Bradanovich, Herder, Struve.

Eine ganz famose, schnelle und schussgewaltige Elf. Auch diese Mannschaft, die aus jungen Kaufleuten bestand, zerstreute sich bald in alle Winde. Gustav Heysen musste nach einem betrüblichen Unfall das Spielen aufgeben. Der Nachwuchs genügte in den kommenden Jahren nur zum Halten des 2. Platzes. Germania und dann erstmalig Victoria waren besser. Franz Behr, die stärkste Verwaltungskraft (und Mittelläufer!) der Altonaer, war auch 1903 ins Ausland verzogen. Er schied nach großen Ovationen als Ehrenvorsitzender des AFC. Nach ihm führte Paul Schmiegelow das Zepter des Vereins. 1903 hatte der Verein 157 Mitglieder, 1904 224, was als Vergleichszahlen genannt werden soll. Mit 224 Mitgliedern war der AFC einer der größten damaligen deutschen Sportvereine. 7 bis 10 Herren-Fußballmannschaften und mehrere Jugendmannschaften machten den „Betrieb“ aus. Eine Tennisabteilung und eine mehr oder weniger rege Leichtathletikabteilung vervollständigte die Liste der Aktiven. Die Erfolgreichen unter den Leichtathleten wird man an anderer Stelle genannt finden. Die Altonaer haben manches Leichtathletik-Fest veranstaltet. Den Deutschen 100-Meter-Rekord hielt lange Zeit einer der ihren. – So war es in kurzen Umrissen bis 1905.


Rostocker Sportclub von 1895

Der Rostocker Sportclub wurde am 20. Juni 1895 von Michael Beyer, Paul Buchholz, Wilh. Metzenthien und Werner Ahrens gegründet. Dieses Quartett spielte zuerst „Knüppelball“ und Turnspiele. Der wöchentliche Beitrag betrug 2 Pf., später 3 Pf. Als man genug Geld beisammen hatte, kaufte man einen Fußball, und damit war aus der losen Spielvereinigung ein Fußballklub geworden. Da die Knaben dieselbe Schulbank drückten, war ihre Freundschaft besonders herzlich. Aber auch schwere Sorgen hatte die kleine Schar. Über Spielplatznot, Gerätebeschaffung berichtet der erste Chronist des Sportklubs: Jede Neuaufnahme wurde mit den Worten bemerkt: „Schon wieder einer mehr.“ Und mit Stolz verkündet er uns, dass im nächsten Jahr „1 Ball, 1 Beutel, um den Ball zu tragen, eine Schaufel zum Eingraben der Goalstangen, Vereinsabzeichen und ein Schleuderball“ angeschafft werden konnten. Die „Vereinsabzeichen“ bestanden aus roten und gelben Bändern, die wie ein Trauerflor um den Ärmel getragen wurden zur Unterscheidung der eigenen Mannschaften während des Spieles, denn andere Gegner gab es noch nicht. – 1896/97 war der Klub bereits auf zwei Mannschaften angewachsen. Die beiden Spielführer waren zugleich Ballwart. Dass man auf strenge Disziplin hielt, beweist eine Bemerkung des Chronisten: „… wurde excludiert, weil er sich schlecht benommen hatte.“ Da aber nur Schüler des Gymnasiums und Realgymnasiums Mitglieder werden durften und die Schulentlassenen austreten mussten, verlor der Verein eine ganze Anzahl Mitglieder, die durch eifriges Werben unter den Schülern neugewonnen werden mussten. – 1899 brach der Ortskrieg mit den Balten aus. Es heißt hierüber: Man stritt sich um den Spielplatz in den Barnstorfer Anlagen, der den „Balten“ der Universität gehörte. „Sie kamen auf den Platz, als wir spielten, und forderten, wir sollten weggehen. Sie versuchten, ihre Geräte in unserem Spielfeld aufzustellen, doch wir wichen ihnen nicht; und sie mussten unverrichteter Sache abziehen.“ Ferner heißt es in der Chronik: „Das Stiftungsfest wurde am 24. Juni gefeiert durch einen urfidelen Bierausflug nach Oldendorf. Es wurden zwei Achtel Bier in größter Fidulität getrunken, von denen jedoch das zweite sauer war. Als man sich jedoch darüber beklagte, wurde es trotzdem getrunken, weil der hohe Erste lakonisch den Beschwerdeführern entgegenrief: ‚Silentium! Stoff ist immer gut’.“ Im Anschluss an diese feuchtfröhliche Feier kam auch zum ersten Male die Leichtathletik „zu Ehren“ (?). Nach dem Kommers wurde in größter Duhnität „Wettlaufen, Springen und Kettenreißen veranstaltet“. In diesem Jahre wird auch zuerst das Publikum erwähnt: „Kindermädchen, die am Rande des Platzes saßen, erhoben ein großes Geschrei, wenn ihnen der Ball an den Kopf flog.“

In den ersten vier Jahren war der RSC ohne Gegner. Dann gründeten junge Leute aus der Pension Boyes den Internationalen Fußballclub, der im ersten Spiel 1:0 geschlagen wurde. Es heißt darüber: „In der Pause war allgemeines Zitronenlutschen, dann wurden einige Renomierstöße gemacht, dann ging das Spiel weiter. Nach dem Spiel war ein Kommers, den die Internationalen bezahlten, weil sie verloren hatten.“ Dass die Vereinsfinanzen den Mitgliedern auch Sorgen machten, beweist folgende drollige Eintragung: „Unser lieber Kassierer Bosselmann ging nach Erlangung des Einjährig-Freiwilligen-Zeugnisses ab. Seine Kassenverwaltung stimmte insoweit nicht, als er immer vergessen hatte, selbst zu bezahlen. Seine Schulden wurden von Grieben aus dem Erlös von Bosselmanns Schulbüchern bezahlt.“

Das Jahr 1900 brachte eine schwere Krise. Der Gymnasial-Ruderclub und der Schüler-Tennisclub hatten ihren Mitgliedern die Zugehörigkeit zum Fußballklub verboten und viele Austritte erzwungen. Man beschloss daher, „da Pennäler doch nur in beschränkter Anzahl zu finden sind, sollen alle, die abgehen, im Club bleiben dürfen und auch ihre neuen Freunde für den Club keilen. Es sollen Kostüme (Spieltracht) angeschafft werden, weil man darin besser spielen kann, und zweitens auch, damit man nicht allzu leicht aus dem Club austritt.“ Das „Kostüm“ bestand aus roter Mütze, weißem Sweater mit blauen Aufschlägen. Über die Farbe der Hosen brach ein Streit aus. In der Debatte geht Schwarz durch, da aber Schwarz zu teuer sei, wurde doch Blau genommen. Wegen der roten Mützen wurden die Mitglieder Jakobiner genannt. Die Mitgliederzahl stieg nun schnell, da fast alle früheren Schüler dem Verein wieder beitraten.

Im Oktober 1900 wurde die erste inoffizielle Meisterschaft von Mecklenburg ausgetragen. Neun Vereine nahmen teil, sechs aus Rostock. Wir schlugen Alemannia und Victoria 6:0 und 8:0, unterlagen aber im Endspiel den Internationalen. – 1901 brachte neue Spielplatzsorgen. Der Chronist schreibt hierüber: „Das Garnisonskommando hatte auf dem Exerzierplatz eine Tafel angebracht, auf der zu lesen war, dass auf diesem, lediglich für Schafe und Soldaten bestimmten Platze nicht Fußball gespielt werden dürfe.“ Man ging zur Rennbahn, auch diese wurde verboten, und landete schließlich mit seinen Torstangen beim Kaiserpavillon und beim Schweizerhaus. Nun war auch die Schule gegen den Klub scharfgemacht worden. Der Direktor verlangte eine Trennung zwischen Schülern und Kaufleuten und forderte außerdem den Austritt einiger nachlässiger Schüler. Man wusste sich aber zu helfen. Der Verein machte eine ganz große „Schiebung“. In dem Sitzungsbericht heißt es: „Es wurden alsdann die für Herrn Direktor Dr. Wrobel gültigen Statuten und die Statuten für den Fußballclub angenommen.“ (!!)

In den folgenden Jahren nahm die Entwicklung einen ruhigen Verlauf, wenn es auch zu erbitterten Kämpfen zwischen dem Klub und den Internationalen kam, die oft „zum Abbruch der sportlichen Beziehungen“ führten. Wer zuletzt ein Spiel verloren hatte, forderte sofort das Rückspiel. Das schob aber der Sieger weit hinaus, um sich recht lange berühmt zu sehen. Dann gab es grobe Briefe, in denen es von Ausdrücken wie Feigheit, Kneifen usw. wimmelte. Ehrenämter im Klub waren sehr begehrt. Ein Mitglied, das zum Gerätewart gewählt wurde, „schmiss aus Freude darüber ein Achtel Bier“.

Im Jahre 1902 begegnete ein Schüler morgens um 4 Uhr seinem Lehrer. Der Direktor ordnete die Auflösung des Klubs an, was ihm aber nicht möglich war, da der Klub außer den Schülern 15 Kaufleute und Bankbeamte hatte. Um aber künftig der dicken Luft auszuweichen, verlegte man das Klublokal nach dem „Lichtenhainer“ und kümmerte sich um das Verbot des Direktors gar nicht.

Im Januar 1904 schreibt der Chronist, dass über die Forderung des Heilige-Geist-Hofes zur Zahlung einer Lustbarkeitssteuer von 3,- Mark für jeden Spieltag ein heftiger Streit entbrann-te, der mit einem Siege des Klubs endete. 1905 trat der Verein dem Verbande bei.


Sportclub Eintracht von 1895 Braunschweig

Rückblickend auf die alten Zeiten wird sich manches alte Mitglied in stiller Wehmut der Jahre erinnern, in denen noch die Bohnenstangen die Torpfosten, eine Schnur die Torlatte vertrat. Das waren die Gründerjahre unserer ältesten Sportvereine. Damals entstand auch die Eintracht. In aller Heimlichkeit traten am 15. Dezember 1895 die Schüler Fritz Lehmann, Karl Schaper, Willi und Hans Lemmer, Franz Klippel, Kurt Hagemann, Adolf Fricke, Walter Glaser und Willi Dohrn zusammen und gründeten einen Fußballverein. Alles musste im geheimen geschehen und geheimgehalten werden; denn wer dem jungen Verein angehörte, setzte sich der Gefahr aus, von der Schule gejagt zu werden. Unauffällig wurde Sonnabendnachmittags gespielt, und zwar auf dem St. Leonhardsplatz. Der bald darauf entstandene Ortsrivale Germania erwies sich als nicht lebensfähig. Seine Torstangen wurden das Erbe der Einträchtler. Auswärtige Gegner waren als erste der Hannoversche Sportclub und im folgenden Jahre die Berliner Preußen und Germanen. Inzwischen hatte sich eine Wandlung vollzogen. Das Publikum begann, sich für die Fußballspiele zu interessieren; es brauchte nicht mehr unter dem Ausschluss der Öffentlichkeit gespielt zu werden. In dem Rückspiel gegen Germania verloren die jungen Einträchtler, konnten aber das Spiel gegen Preußen unentschieden gestalten. In der nächsten Spielsaison wurden die beiden Magdeburger Vereine FC Viktoria und Kricket-Viktoria sogar geschlagen. Ein gefährlicher Rivale entstand alsdann in dem von Seminaristen gegründeten Fußballverein Brunsviga, der sogar die I. Eintracht-Mannschaft schlagen konnte.

Auch die Leichtathletik wurde nicht vergessen. Das Feld dafür war günstig vorbereitet, da die ausgetragenen Sedan-Wettkämpfe ein ungemeines Interesse bei der Jugend fanden, so dass wir eine Reihe hervorragender Kräfte in unserem Verein hatten. Wir wagten uns, nachdem ein Vereinsmeeting das Licht der Welt erblickt hatte, im Juli 1899 an große internationale Wettkämpfe. Solch ein großes leichtathletisches Meeting von ehedem war ein eigenartiges Ding. Die Bezeichnung verstand kaum ein Mensch. Bei schönstem Wetter machten sich immerhin ein paar Dutzend Enthusiasten auf den Weg zur Radrennbahn, die zur Zeit des Beginns gerade noch den letzten Schliff erhielt. Von unseren Teilnehmern waren besonders erfolgreich: Johannes Runge, Franz Klippel, Kurt Hagemann, Paul Eggeling u.a.m.

Nach diesem ersten internationalen leichtathletischen Meeting – die Internationalität war voll gewahrt durch die Teilnahme eines die Jahnsche Lehranstalt besuchenden Schülers, dessen Wiege einstens in Amerika gestanden hatte – war in der Vereinsleitung wenig Stimmung für eine Wiederholung, da die Veranstaltung einen zu nachhaltigen finanziellen Einfluss ausübte. Man widmete sich wieder mit größtem Eifer dem Fußballsport. Mittwochabends war auf dem St. Leonhardplatz großer Übungsbetrieb. Alle Mitglieder wurden – evtl. mit sanftem Nachdruck – von der Vereinsleitung gehalten, an diesen Übungsspielen teilzunehmen. So waren trotz des geringen Mitgliederbestandes stets zwei volle Fußballmannschaften zur Stelle. Die Folgen dieser regen Beteiligung zeigten sich bald für den Verein, dessen Leistungsfähigkeit von Jahr zu Jahr wuchs.

Die Spielzeit 1899/1900 sah unseren Braunschweiger Fußballclub Eintracht elf Wettspiele austragen, von denen sechs gewonnen, vier verloren wurden und eins unentschieden endete. Magdeburger Viktoria wurde mit 4:0, Hannover 96 mit 11:1 geschlagen, während die beiden anderen auswärtigen Gegner Victoria (Hamburg) in Hamburg und Preußen (Berlin) in Braunschweig mit 3:2 und 8:0 siegen konnten.

An der Gründung des Deutschen Fußballbundes am 28. Januar 1900 war der Verein beteiligt. Der durch Kirmse und Schofler (Leipzig) einberufene Allgemeine Deutsche Fußballtag gründete im Mariengarten zu Leipzig den Deutschen Fußballbund. Zu dieser Gründungsversammlung war von unserem Verein Karl Stansch entsandt.

Im gleichen Jahre fand die Austragung Olympischer Spiele in Paris statt. An den Probekämpfen am 8. Juli in Berlin nahmen Johannes Runge und Franz Klippel teil. Runge gewann den 1.500-Meter-Lauf, Klippel den Diskuswurf. Leider bekam Runge keinen Urlaub, um an den Olympischen Spielen teilnehmen zu können. – Dann kamen widrige Verhältnisse. Den Schülern wurde die Mitgliedschaft in den Sportvereinen verboten. Die wenigen Mitglieder, die übrig blieben, scharten sich zusammen, und es gelang ihnen wirklich, die Eintracht gegen eine Welt von Feinden zu erhalten.

Mit dem Jahre 1902 begann der neue Aufstieg, und bald zählte die Eintracht-Mannschaft mit zu den besten im Reiche. Hanau 93 wurde 3:1 geschlagen. Wohl konnte die Hamburger Germania Eintracht mit 5:0 besiegen, das war aber auch die letzte Niederlage für lange Zeit. VfB (Leipzig), der 1900/01 noch mit 10:1 siegen konnte, wurde mit 3:1, Kricket-Viktoria mit 2:1, Germania (Magdeburg) mit 5:0 geschlagen. In den Bezirksspielen wurden von 22 Spielen 18 gewonnen, 1 unentschieden gestaltet, 3 verloren – Gesamttorverhältnis: 115:22. In der Mannschaft spielten u.a. Steinhof, unser heutiger 2. Verbandsvorsitzender, und Degen, der im Verbandsgericht tätig ist. Im nächsten Jahre wurde auch die Hamburger Germania besiegt.

Das Gesamtergebnis war 1903 folgendes: Die I. Mannschaft trug 13 Spiele aus, von denen 10 gewonnen wurden und 3 unentschieden ausgingen. Das Torverhältnis betrug 76:19. Die II. Mannschaft erzielte in 15 Spielen ein Torverhältnis von 82:14. 13 Siegen standen 1 Unentschieden und 1 Niederlage gegenüber. Die III. Mannschaft spielte 10-mal: 7 Siege, 2 Unentschieden, 1 Niederlage. Torverhältnis: 56:16.

Das Jahr 1904 ist für den Fußballsport insofern für Braunschweig von Bedeutung, als es gelang, eine einheitliche Organisation zu schaffen. Die Vereinsleitung hatte Johann Runge übernommen, nachdem E. Degen einige Jahre den Vereinsvorsitz geführt hatte. Runge, im Verein mit Kämpfer, Steinhof und Jordan, gelang es, am 1. Mai 1904 den Fußballverband für das Herzogtum Braunschweig zu gründen. Somit war vorläufig etwas geschehen, dem Drüber und Drunter in unserer Fußballwelt zu steuern. Im folgenden Jahre wurde der Norddeutsche Fußball-Verband gegründet.

Mit wenigen Worten sei noch der Erfolge Eintrachts auf leichtathletischem Gebiet gedacht. Am 20. Juni 1904 gewann Runge die Meisterschaft von Deutschland über 1.500 Meter, Steinhof zwei 3. Preise im 100-Meter-Mal- und –Vorgabelauf, Eichhorn den im Stabhochsprung und Runge den 2. Preis im Dreisprung.

Bedeutender noch waren die Erfolge gelegentlich der Wettkämpfe des Sportclubs Kleeblatt (Hannover), die auch zugleich die Entscheidungskämpfe für die Weltmeisterschaften in St. Louis waren. Hier konnten wir acht Erfolge buchen. Runge gewann den 400-Meter- und den 800-Meter-Lauf sowie den Weitsprung mit 6,23 Meter und den Dreisprung, Steinhof gewann die kurzen Strecken, und unsere 3000-Meter-Stafette (Pult, Steinhof, Runge) siegte gegen die Magdeburger Germanen.

Dass in der Eintracht, die als Fußballklub gegründet wurde, die Leichtathletik gleich diese Aufnahme und Pflege fand, ist Runge zu verdanken, dessen sportliche Fähigkeiten auf allen Gebieten gerade auf diesem ihre höchsten Ausmaße fanden. Er, der große Könner, der den sportlichen Gedanken sofort erfasste und ihn in seinem äußeren Leben zum Ausdruck brachte, zog viele mit sich, so dass sich bald neben ihm achtbare Kräfte zeigten. Ich erinnere an Klippel, den hervorragenden Werfer, an W. Lemmer, Eggeling, als Springer und Werfer, die nicht nur auf den Sedan-Festspielen – Runge und Klippel als Sieger um den Regentenpreis – sondern auch auswärts erfolgreich waren. Runge schlug bei seinem ersten Auftreten als Siebzehnjähriger den damaligen Meister und schritt von da an von Sieg zu Sieg.

Der Name Eintracht hatte, wie im Fußballspiel, auch in der Leichtathletik einen hochachtbaren Klang in Deutschland erhalten. Seit 1902 waren die Hauptträger des Sports Runge und Steinhof. Runge hatte sich fast ganz auf die 400- und 800-Meter-Strecken beschränkt, wo seine Stärke lag, nur selten noch trat er auf 100 Meter oder 1500 Meter an, pflegte aber fleißig die Sprünge weiter und konnte auch hier oft Sieger bleiben. Sein Weithochsprung wurde Rekord. In 400, 800 und 1500 Meter schuf er neue Rekorde. Über Deutschland hinaus kannte man ihn.

1904 vertrat er Deutschland bei den Olympischen Spielen in St. Louis ehrenvoll. Die Kritiken der amerikanischen Blätter sind Beweis dafür. Mit einem Siege im 800-Meter-Handikap kehrte er heim. Steinhof, anfangs die kurze Strecke bevorzugend, ging bald zur mittleren über und, wo er mit Runge zusammen auftrat, endete er stets als Zweiter hinter ihm.

Im Frühjahr 1905 ging man mit Wagemut an die Herrichtung eines eigenen Platzes. Es wurden 10.000 Quadratmeter gepachtet, wofür 400 Mark Jahrespacht gezahlt werden mussten. Der Platz wurde gekauft. 5000 Mark lieh eine Bank gegen Bürgschaft von 7 Mitgliedern, 1000 Mark gab die Stadt, für etwa 500 Mark wurden Anteilscheine herausgegeben, und einer der ersten geschlossenen Plätze Deutschlands entstand. Das Wagnis war riesig, denn der Verein bestand aus 70 Mitgliedern, alles junge Leute, und hatte zur Zeit einen Kassenbestand von ganzen 10,- Mark. Doch es gelang, denn es begann ein ungeahnter Aufschwung auf dem Gebiete des Fußballs sowie der Leichtathletik. Innerhalb von zwei Jahren war die ganze Schuld zurückgezahlt. Fördernd war die Gründung des Norddeutschen Fußball-Verbandes.


Sportclub Victoria von 1895 Hamburg

Das Heiligengeistfeld, die Moorweide und der Altonaer Exerzierplatz waren die Wiegen einer ganzen Anzahl von Fußballvereinen. Die Wiege des SC Victoria war das Heiligengeistfeld. Hier fanden sich täglich nach Schulschluss eine Anzahl Schüler der umliegenden Realschulen ein, um Fußball zu spielen. Die Schüler hatten sich nach und nach, je nach ihrer Schulzusammengehörigkeit, zu zwei Klubs zusammengeschlossen unter den Namen Cito und Excelsior. Nachdem man sich eine Zeitlang heftig bekriegt hatte, beschloss man am 5. Mai 1895, sich zu vereinigen und wählte den Namen Fußballclub Victoria.

Das Fußballspiel war in jener Zeit durchaus nicht beliebt. Schule und Elternhaus bekämpften es, weil eine Ablenkung von den Anforderungen des Schulplans befürchtet wurde, andererseits spürte auch mancher Vater eine unangenehme Erhöhung der Schuhreparaturkosten für seinen Sprössling. Aber weder Strafe noch Verbot vermochten die Knaben vom grünen Rasen zu vertreiben. In den ersten Jahren suchte man Anlehnung an den Hamburger Fußballclub von 1888, wodurch den jungen Victorianern Gelegenheit zu einer besseren Ausbildung gegeben wurde. Jedoch der Vereinsfanatismus der jungen Victorianer führte bald wieder zu einer Abtrennung. Das ganze Vereinsleben spielte sich auf dem Heiligengeistfelde und der Altonaer Exerzierweide ab und, nicht zu vergessen, in dem Klublokal Louis Meyer, Ecke Eimsbütteler und Kieler Straße.

Die Geschicke des Vereins wurden in dieser Zeit von einem Manne gelenkt, der sich nicht nur um Victoria, sondern auch um den gesamten deutschen Fußballsport besondere Verdienste erworben hat, nämlich von Hugo E. Kubaseck. Er war einer der stärksten Vorkämpfer für die Gründung des DFB und des NFV. 1907 wurde er Verbandsvorsitzender.

Die Jahre 1900-1904 brachten eine ruhige Entwicklung. Der Verein nahm mit zwei Mannschaften an den schon damals eingeführten Meisterschaftsspielen von Hamburg-Altona teil. Auf dem Heiligengeistfeld fand das erste Spiel gegen einen auswärtigen Gegner statt; Eintracht (Braunschweig) wurde mit 3:1 geschlagen. Ein Wettspiel zur damaligen Zeit hatte seine ganz besonderen Reize. Eine Spielfeldeinteilung oder gar eine Absperrung des Platzes kannte man noch nicht; man war auf den guten Willen des Publikums angewiesen, und es erforderte regelmäßig im Sommer viel Überredungskunst, die auf dem Rasen lagernden Frauen und Kinder zu veranlassen, andere Plätze einzunehmen. Wenn aber erst gespielt wurde, gingen sie allein weg, nicht ohne kräftige Bemerkungen zu machen. –

Eine Fußballreise war derzeit ein Ereignis. Der Verein hatte dafür keine Mittel, der Gegner war in der gleichen glücklichen Lage, da man geschlossene Fußballplätze noch nicht hatte und es auch wohl keinem Menschen eingefallen wäre, für das Zuschauen Geld zu bezahlen. So war man auf sich selbst angewiesen. Man sparte vom Taschengeld, umschmeichelte Onkel und Tante, bisweilen schossen der Verein oder „betagte“ Mitglieder einen Betrag vor, der ratenweise wöchentlich zurückerstattet werden musste. – In der Frühjahrsserie glückte ein Sieg gegen den letztjährigen Meister des Hamburg-Altonaer Fußballbundes, Altona 93, mit 6:2 Toren. Im Anschluss an diesen Sieg erhielt Victoria zwei Tage später eine telegraphische Einladung des Deutschen Fußballclubs Prag, dem seinerzeit neben Slavia (Prag) weitaus bekanntesten und spielstärksten Verein des Kontinents. Ein Spiel gegen diesen Verein war derzeit eine der höchsten Ehren, die einem Fußballklub widerfahren konnten. Unüberwindliche Schwierigkeiten schienen die Reise unmöglich zu machen, denn die Mannschaft bestand durchweg fast aus Lehrlingen und Schülern. Am Freitag hatte man zehn Spieler freigemacht, der elfte, Etsche Garrn, konnte infolge „seiner hervorragenden Leistungen“ und wegen seiner „Wohlgeschätztheit“ bei dem Lehrerkollegium in der Schule nicht entbehrt werden. Da musste der Tod eines entfernten Verwandten vorgezaubert werden, um den freien Tag herauszuschinden. Etsche fuhr mit.

Am Sonntagnachmittag stand Victoria dem DFC (Prag) auf Belvedere mit einer gegen Hamburger Verhältnisse stark geschwächten Mannschaft in folgender Aufstellung gegenüber: Otto A. Kubaseck; Oskar Grundlach, Edwin Horowitz; Otto Eikhof, Alex Frankenthal, Tommy Thomsen; Gehrts, Garrn, Hagenah, Peter Lodding, Adolf Laudi. Ein unvergessliches Spiel, da wir zum erstenmal auf einem herrlich gepflegten, abgegrenzten, geschlossenen Sportplatz spielen durften, unter den Augen einiger Tausend Zuschauer. Hier sahen wir das erfüllt, was uns als erstrebenswertes Ideal vorschwebte: Ein eigener Sportplatz! – Unsere Niederlage von 4:0 war eine ehrenvolle, gab es doch in dieser Spielzeit keinen deutschen Verein, der die Prager in Prag zu schlagen vermocht hätte. –

Der erwartete Erfolg der Prager Reise blieb nicht aus. Die Verbindung mit den besten deutschen Vereinen wurde dadurch hergestellt und einer ununterbrochenen Kette von Gesellschaftsspielen mit Mannschaften aus allen deutschen Gauen der Weg freigemacht. Die Hamburger Victoria war im ganzen Deutschen Reiche ein vielbegehrter Gast geworden.

In den ersten Jahren seines Bestehens wurde der Verein nacheinander von Hugo E. Kubaseck, Edwin Horowitz, Otto Neumann geleitet, sie zusammen haben als Jahrbuch-Kommission des DFB das erste Deutsche Fußball-Jahrbuch (1905/07) herausgegeben, während bisher seitens des DFB nur Jahresberichte erschienen waren.

Im Oktober 1904 übernahm Adolf Laudi den Vorsitz, den er gleicherweise wie sein Nachfolger, Dr. Max Fricke (jetzt Eimsbüttel), ein halbes Jahr lang innehatte. Ihr Wirken hängt mit dem in diesen Jahren Errungenen eng zusammen.

Die Serie 1904/05 zeigte die Mannschaft in aufsteigendem Können und unter Führung Frankenthals in rastloser Arbeit. Scharf wurde trainiert, jeder einzelne besonders geschult, Torspiele der Stürmer gegen Verteidiger wechselten mit Übungsspielen gegen andere Mannschaften ab. Der Erfolg blieb nicht aus. Der große Wurf gelang, die Meisterschaft von Hamburg-Altona wurde zum ersten Male errungen, und damit erfuhr das jahrelange, rastlose Streben seine Krönung: „Victoria Hamburger Meister!“ Es war etwas Großes erreicht! –

So schwer der Aufstieg gewesen, so stolz man auf das Erreichte war, so wurde doch ernsthaft weitergestrebt und –gearbeitet. Die Früchte reiften heran. Zum zweiten Male gelang es, die Meisterschaft von Hamburg-Altona zu gewinnen. – Inzwischen war auch der Norddeutsche Fußball-Verband ins Leben gerufen und zum ersten Male die Norddeutsche Meisterschaft ausgetragen, die uns im Endspiel in Braunschweig mit der dortigen Eintracht zusammenführ-te. Nach prächtigem Spiel siegte unsere Mannschaft 5:2 und wurde damit erster Norddeut-scher Meister.

Victoria nannte sich bis 1909 Fußballclub Victoria von 1895, erst mit der fortschreitenden Entwicklung wurde aus dem Fußballclub Victoria der Sportclub Victoria. Selbst diese kleine Änderung des detaillierten „Fußball“ in das allumfassende „Sport“ wurde erst nach schweren Kämpfen genehmigt. Victoria entwickelte sich aus einem reinen Fußballklub. Wenn auch im Laufe der Jahre eine Reihe weiterer Sportarten aufgenommen wurden, Fußball war immer die Grundlage und wird es auch in Zukunft bleiben. Der Fußballsport hat Victorias Namen in der Heimat, im Deutschen Reich, ja über dessen Grenzen hinaus zu Ruhm und Ehren gebracht. Alles andere ist nur Ergänzung.

Zuerst gesellte sich die Leichtathletik dem großen Bruder Fußball zu.

Die Anfänge der Leichtathletik in Victoria reichen bis in das Ende des vorigen Jahrhunderts zurück. Von einem geregelten Leichtathletikbetrieb konnte noch keine Rede sein, nur hier und da versuchten sich Victorianer auf diesem Gebiet. Die Träger der blau-gelben Farben erfüllte es damals mit Stolz, wenn neben Friese und Duhne (Germania), Fischer (Altona) unser Vorsitzender Hugo E. Kubaseck genannt wurde als einer der befähigsten Sprinter Norddeutschland. Geübt wurde wenig, ein regelrechtes Training kannten wir nicht. Gelegentlich wurde auf dem Heiligengeistfelde ein „halber Liter“ ausgelaufen, wobei neben Kubaseck Hinze, Münster, Cordua und andere mit wechselndem Erfolg beteiligt waren.

1901 versuchte sich Cordua zum ersten Male in einer öffentlichen Veranstaltung. In einem 400-Meter-Lauf mit nur 8 Metern Vorgabe, vor Hans E.A. Duhne (Germania) 5 Meter und Hermann Friese (Germania) 0 Meter, wurde Cordua von Friese und Duhne nur ganz knapp geschlagen; alle übrigen endeten weit zurück. Cordua zog sich dann beim Fußballtraining einen unglücklichen komplizierten Beinbruch zu, wodurch seine vielversprechende Laufbahn eine schnelle Unterbrechung fand.

Von 1902 bis 1905 war der leichtathletische Betrieb gleich Null, er erhielt erst organisierte Formen im Verbande.


Bremer Sportfreunde (vorher Bremer Sportclub von 1891, ABTS, Bremen)

Der Verein Bremer Sportfreunde, e.V., Bremen, ist hervorgegangen aus dem im Jahre 1919 erfolgten Zusammenschluss der drei Bremer Vereine: Bremer Sportclub von 1891, e.V., Bremer Schwimmclub von 1885, e.V., und Allgemeiner Bremer Turnverein von 1860, e.V. Letzterer Verein trat im Jahre 1920 wieder aus der Vereinigung aus.

Der an dem obigen Zusammenschluss beteiligte Bremer Sportclub von 1891, e.V., – jetzt Sportabteilung der Bremer Sportfreunde, e.V. – wurde am 29. März 1891 von Karl Schmidt, Hermann Biehenke, Ernst Biehenke, Louis Schlüter, Heinrich Stöxen, Fritz Grell und Fritz Feise unter dem Namen „Club unter uns“ gegründet. Von den Gründern gehören noch heute Ernst Biehenke und Karl Schmidt dem Verein an. Bereits in dem Gründungsjahre wurde jedoch der Bremer Sportclub von 1891 aus der Taufe gehoben.

Bei den damaligen Verhältnissen war es nicht zu verwundern, dass die Entwicklung des Vereins zunächst nur langsam und nicht ohne Schwierigkeiten in bezug auf Erhaltung des Mitgliederbestandes vor sich ging, wie wohl am besten durch die Mitgliederzahlen gekennzeichnet wird – im Jahre 1893: 16; 1894: 25; 1895: 40; 1898: 60.

Als Spielplatz wurde dem Verein der Rasenplatz der damaligen Bremer Radrennbahn an der Schleifmühle zur Verfügung gestellt. Als Spielobjekt diente anfänglich ein Gummiball, der jedoch bald dem Lederball weichen musste. Ebenso waren die damaligen Umkleideräume – ein in der Nähe liegendes sogenanntes Hirtenhäuschen mit seiner primitiven Einrichtung und Zuwegung (u.a. eine Hühnerleiter) – nicht dazu angetan, dem neugegründeten Verein eine größere Anzahl Anhänger zuströmen zu lassen. Hier war es mehr die Freundschaft unter gleichgesinnten und gleichaltrigen jungen Leuten, die dem Verein das Leben erhielt. Auch fehlte es an einer Konkurrenz in Gestalt von gleichartigen Vereinen, welche erst um 1894 gegründet wurden. Die ersten Wettspiele mit auswärtigen Vereinen wurden im Jahre 1898, und zwar gegen den Fußballclub Oldenburg und gegen den Bremerhavener Fußballclub ausgetragen, wobei, wie auch in späteren Jahren, die Kosten der Reise usw. von den Spielern selbst getragen werden mussten. Im Jahre 1899 wurde zum ersten Male eine Jugendmannschaft aufgestellt, die aber bereits nach drei Jahren wieder aufgehoben wurde, um erst im August 1905 erneut aufgestellt zu werden. Ferner erfolgte im Jahre 1899 der Beitritt des Vereins zum Verband Bremer Ballspielvereine.

Neben dem Fußballsport wurden bereits in den Anfangsjahren leichtathletische Wettkämpfe veranstaltet sowie auch das Rudern gepflegt. Letzteres wurde später ganz aufgegeben.

Um die Jahrhundertwende hat der Verein einen immer größeren Aufschwung genommen, der neben der Ausbreitung der fußballsportlichen Bewegung auf die gute Leitung des Vereins zurückzuführen war. Der bisherige Spielplatz wurde im Februar 1900 mit einem bequemeren in der Pauliner-Marsch (Osterdeich) vertauscht. Gleichzeitig bahnten sich auch Beziehungen zu Hamburger Vereinen wie St. Georg, Victoria, Germania und Hamburger Fußballclub von 1888 an; jedoch musste die Austragung von Wettspielen sehr beschränkt werden, da man derzeit die Erhebung von Eintrittsgeldern noch nicht kannte.

Vorsitzende des Vereins waren bis zum Jahre 1905:

von 1891 bis zirka 1896: Karl Schmidt

von 1896 bis 7. Oktober 1899: Wilhelm Brünjes

von 7. Oktober 1899 bis 5. Oktober 1901: Albert Wolff

von 5. Oktober 1901 bis Dezember 1903: Hans Kreyenbrock

von Dezember 1903 bis April 1904: K. Zeidler

von April 1904 bis April 1906: H. Wendt.


St. Georger FC (Hamburg) von 1895

Seine Wiege stand auf dem Lübeckertorfeld. Wer entsinnt sich noch des alten Lämmermarktes, wo der Boden mit Schweißtropfen gedüngt war, wo man bis in die sinkende Nacht dem Lederball nachjagte, wo Spielausschusssitzungen abgehalten, wo mancher „Hackentrick“ ausgeklügelt und das berühmte „Dreieckspiel“ erfunden wurde? – Heinrich Thran, später zubenamst „der Dicke“, war der Gründer des St. Georger Fußballclubs, der am 30. Juni 1895 das Licht der Welt erblickte. Rudolf Köhn, „Beppo“ Dreyer, H. Brockmeyer u.a.m. waren die Mitschuldigen, die in verhältnismäßig kurzer Zeit soviel Geld zusammengespart hatten, um einen Ball kaufen zu können. Jetzt konnte das Spiel beginnen!

Dank der Begeisterung, dank der Tatkraft dieser Idealisten wuchs der Kreis der Anhänger, so dass manche Schlacht geschlagen werden konnte. Wir bekamen zwar tüchtig was aufs Fell, aber was tat’s? Diese Jugend, der wir alles verdanken, war noch nicht von des Glaubens Blässe angekränkelt, war frei von jeder Blasiertheit und kannte nur die Losung: „Vorwärts!“

Im Herbst 1896 beteiligten wir uns zum ersten Male an den Meisterschaftsspielen des Hamburg-Altonaer Fußballbundes. Frau Fama berichtete allerdings, dass unserer Aufnahme allerlei Bedenken entgegengebracht würden, wir sollten ein „Britenklub“ sein, der in englischledernen Hosen spielte! – Heini Thran, im Bratenrock, entkräftete dank seines Redetalents alle Zweifel und die einstimmige Aufnahme war die Folge. Zwar über den letzten Platz ging es in den Gründerjahren nicht hinaus, ja, in den ersten Tagen des Jahres 1898 bedrohte ein schwerer Konflikt sogar die Existenz der schwarz-grünen Farben, so dass man nicht imstande war, eine Mannschaft auf die Beine zu bringen. St. Georger Geist setzte sich wiederum durch. Heini Thran, Paul Dreyer, Rudolf Köhn und Ernst Berggreen ließen sich nicht unterkriegen; schon damals richteten diese Unentwegten ihr Augenmerk auf die Jugend. In der nächsten Serie bereits vertraten folgende Spieler wieder die schwarz-grünen Farben: Brockmeyer; Sperlein, Dreyer; Stamer, Bente, W. Thran; H. Thran, R. Köhn, Peters, Berggren, C. Köhn.

Durch ein unentschiedenes Spiel gegen Association ergatterten wir „einen“ Punkt, erzielten in den sieben Bezirksspielen „vier Goals“ und verloren deren 32. Glücklicherweise nahm der Bund damals für unvorschriftsmäßige Spieltracht keine Strafen, Schwarz-Grün hätte sonst manche 10 Mark pro Spiel blechen müssen!

Es ging wieder bergan, wir verschrieben uns sogar den Bremer Sportklub und lieferten dem spielstarken Gegner ein damals beachtenswertes 2:2-Spiel, um in Bremen 1:5 reinzurasseln. Im Jahre 1900 nahm der Hamburg-Altonaer Fußballbund eine Neueinteilung vor, und in der B-Klasse konnten wir unsere Spielstärke unter Beweis stellen, indem wir unsere Gegner Eintracht, Sperber und Hamburg 88 glatt mit 3, 4 bzw. 5:0 schlugen. Ein alter Gönner, der stets eine offene Hand für uns hatte, wenn wir mal „im Druck“ waren (und das waren wir immer), stiftete uns eine Umkleidebude. Jahrelang hat diese „Zierde“ auf dem Platz gestanden. Man war nicht anspruchsvoll. Von „bequemem“ Umziehen konnte keine Rede sein in dieser drangvoll fürchterlichen Enge, und es kam häufig vor, dass der eine den halben Dress des anderen mit im Koffer hatte.

1902 war ein Höhepunkt. Altona 93 wurde 2:0, Victoria 5:2 geschlagen, und bis zur Frühjahrsserie 1904 hielten wir stets den 3. Platz. Wie alle Vereine blieb auch St. Georg nicht vor Krisen verschont. 1904 wurde eine Reihe guter Spieler abtrünnig. Dazu kam, dass wir unseren Barmbecker Platz, auf dem wir nach unserem Umzug vom Lübeckertorfeld hin verschlagen worden waren, aufgeben mussten. Auf einer Kuhweide (mit Illustrationen) an der Sierichstraße konnten wir auch nicht lange bleiben, so dass man aus den Sorgen nicht herauskam. Trotzdem hat der Verein sich aufwärts entwickelt und sein Ansehen stetig mehren können.


VfB Komet von 1896 Bremen

Der Grundstein wurde im Jahre 1896 gelegt, als eine kleine Schar sportbegeisterter Jugendlicher die Mittel für einen ersten Lederball aufbrachte. Unter Leitung des heute weit über Bremens Grenzen bestens bekannten Friedrich Langhang, des noch heute amtierenden 1. Vorsitzenden und Ehrenvorsitzenden des VfB Komet ging der erste Fußballwettkampf hinter dem Schützenhof vonstatten.

Als Vereinsfarben wählte man die Farben der alten Hansestadt Bremen, die rot-weißen, die noch die heutigen Bannerfarben des Klubs sind. Systemvolle Werbearbeit brachte den jungen Verein bald zur Blüte. Trotz der seinerzeitigen allgemeinen Bekämpfung des noch neuen Fußballsports konnte die Mitgliederzahl auf 47 gesteigert werden, somit zu den größten derzeitiger Vereine zählend. Auf dem Werder wurde der erste Sportplatz geschaffen, der vorschriftsmäßig für den Spielbetrieb hergerichtet wurde. Doch schon bald musste der Platz wieder geräumt werden. Nun wurde unter großen Opfern der Mitglieder auf dem Stadtwerder hinter der Huckelriede (dem jetzigen Gelände des VfB Komet) mit eigenen Kräften ein neuer Sportplatz errichtet. Eine zweite Wurzel schlug der Verein 1901, in welchem Jahre die Vereine Germania und Viktoria gegründet wurden, die sich bald mit dem VfB Komet verbündeten, da schon die seinerzeitige Führung der Vereine erkannte, dass man durch den Zusammenschluss erstarke und gemeinsam Größeres für unseren Sport leisten könne. Das Hauptaugenmerk war auf die Gewinnung der Jugend für den Fußball gerichtet. Die körperliche Heranbildung der Jugend war auch bis zum heutigen Tage die vornehmste Aufgabe des Vereins, die ihn zu der Stellung brachte – welche er bis jetzt stets zu halten vermochte – , als einer der angesehensten und tüchtigsten Vereine der Hansestadt Bremen zu gelten.


Hannoverscher Sportverein 1896

An einem Frühjahrstage des Jahres 1896 schlossen sich acht sportbegeisterte Schüler mit schlaffem Geldbeutel, aber das Herz voller Ideale, zusammen und gründeten, um ihrer Liebe zum Sport, ihrer Begeisterung für das Kampfspiel nachzukommen, einen Sportverein. Zugleich schlossen sie innige Freundschaft, und diese Freundschaft zwischen ihnen und den später Hinzugekommenen war es, die den jungen Verein über manche Fährnisse hinweghalf. Die Freundschaft allein neben dem echten Sportgeist, der noch heute im Verein eine Pflegestätte hat, vermochte es, dass der Zusammenschluss der acht sich zu einem führenden Verein Norddeutschlands auswuchs. Die Gründer des Vereins waren: August Bormann, Arnold Fokke, Fritz Hoffmann, Fritz Köllermeyer, Georg Kindermann, Franz und Wilhelm Namendorff, August Riehn und Ernst Witte.

Nicht zufällig sind die Genannten auf die Idee der Gründung eines Fußballklubs gekommen, das Samenkorn hatte in ihre Herzen der sportliche Turnlehrer F.W.Fricke, welcher auch der Gründer des Deutschen Fußballvereins von 1878 ist, gepflanzt. Auf der Radrennbahn, auch heute noch die Kampfstätte des Vereins, fand die erste Besprechung statt. Die Gründung des Vereins erfolgte am 12. April 1896 als Hannoverscher Fußballclub von 1896 im Schützenhause unter Anleitung des Herrn F.W. Fricke. – Gespielt wurde mit dem ovalen Ball (Rugby).

In der Chronik heißt es: „Am 19. April 1896 konnte man schon die Mitglieder des neuen Klubs am Schützenhause spielen sehen, allerdings mit einem von Herrn Fricke gütigst geliehenen Ball! Da inzwischen verschiedene Mitglieder hinzugekommen waren, so wählte man am 19. April den ersten Vorstand. Vogeler wurde 1. Vorsitzender, Bielefeld Spielführer, Seibel Kassierer.

Von nun an entwickelte sich jeden Sonntagnachmittag ein reges Treiben auf dem vorgenannten Platze. Bald folgte man einer Aufforderung des Deutschen Fußballvereins von 1878 zum Übungsspiel auf der Radrennbahn.“

Bald ergaben sich aber Schwierigkeiten, Hemmnisse von außen und innen, so dass Zweifel entstanden, ob sich der Klub noch länger halten könne. Der Hauptgedanke, der zusammenhielt, war das bevorstehende Sportfest des Deutschen Fußballvereins von 1878 im Herbst 1896. Es wurde eifrig geübt, und am 20. September wurden die ersten, wenn auch kleinen Erfolge errungen: Bremer erreichte im 1.500-Meter-Lauf in 4 Minuten 41 Sekunden als Erster das Band, ihm folgte Willi Namendorff in 4 Minuten 51,4 Sekunden, Heinzelmann gebrauchte 4 Minuten 57 Sekunden, Franz Namendorff errang den 4. Platz! Lauf über 5.000 Meter: Erster Willi Namendorff in 18 Minuten 26,4 Sekunden. „Sport im Bild“ bemerkt hierzu: „Von den 12 Läufern gelangen nur sechs ans Ziel. Grundtke (Berlin) liegt hinten, rückt dann auf und schiebt sich hinter Richardson vom Athleticclub Leeds. Bis zur 8. Runde liegen beide auf dem 3. und 4. Platze. Bei der letzten Runde gelangt Richardson auf den 1 Platz, den ihm aber W. Namendorff bald streitig macht. Nemendorff geht mit 10 Meter Vorsprung durch das Ziel!“ Willi Namendorff stellte mit dieser vorzüglichen Leistung einen Rekord auf. Reicher Beifall des zahlreichen Publikums lohnte den Läufer, der unter lebhaftem Händeklatschen auf die Schultern gehoben wurde und so die Bahn verließ. – Diese Wettkämpfe, die außerordentlich zur Hebung des Sports beigetragen haben, waren für den HFC von 1896 von großer Bedeutung. Neue Mitglieder fanden sich, der Spielplatz zeigte guten Besuch, und am 2. November bereits wurde gegen DFC von 1878, B-Abteilung, auf der Radrennbahn ein Wettkampf ausgetragen, der 11:0 verloren wurde. Dem Wettkampfe wohnten die Herren Bürgervorsteher Konrich, Schuldirektor Prof. Dr. Rhaydt und Stadtschulrat Dr. Wehrmann bei.

Am 16. November folgte das Vergeltungsspiel gegen denselben Gegner, der statt mit der B-Abteilung mit A-Spielern erschien. Das Spiel selbst hatte teilweise einen sehr erregten Charakter und ging 3:0 verloren. Der Spielbericht sagte: „Die 96-er haben ein ‚starkes Gedränge’; auch das Weitergeben des Balles ging flott vonstatten. Nur schnelles Handeln müssen die 96-er durch fleißige Übung noch erlernen.“

Sobald der Frost aus dem Boden war, begannen die Fußballspiele. In der Zwischenzeit trieb man Schlittschuhlaufen, Schnitzeljagden usw. Zu Beginn des Jahres 1897 wurde die Radrennbahn für 50,- Mark gepachtet. Jetzt hatten die 96-er einen eigenen Platz. Ein reger Sportbetrieb entwickelte sich: Im Herbst wurde über die 78-er ein Sieg von 8:0 errungen, ein andermal mit 5:0. Am 13. Oktober fand ein Spiel gegen die Engländer (Hannover Football Club) statt, das mit 6:0 verlorenging. Weitere Spiele gegen die 78-er und gegen Kleeblatt, die bereits vor zahlreichen Zuschauern stattfanden, belebten den Sportbetrieb.

Das Jahr 1898 brachte neben Schnitzeljagden als Beginn der Saison ein Spiel gegen die Engländer, die mit 11:3 siegten; ein Rückspiel am 6. November ließ den Engländern jedoch nur noch einen Sieg mit 6:5.

Am 7. August wurde das 1. internationale Sportfest auf dem 96-Platz der Radrennbahn veranstaltet. 115 Teilnehmer meldeten sich, darunter 4 Berliner, u.a. der beste deutsche Kurzstreckenläufer von hervorragendem Können, Kurt Doerry, ferner Ludwig aus Frankfurt a.M., Kubaseck, der spätere Verbandsvorsitzende des NFV aus Hamburg usw. – Der Held des Tages war Kubaseck, der mit drei 1. Preisen nach Hamburg zog. Die 1896-er trugen 10 Preise nach Hause, darunter die 1.500-Meter-Meisterschaft der Provinz Hannover durch Willi Namendorff in 4 Minuten 31 Sekunden. Ein Wettspiel gegen Kleeblatt, Resultat 16:0 für die 96-er, bildete den Schluss. Am 4. September weilten Wilhelm Schlüter, Fritz Schlüter und Heinemann (alle drei deckt bereits der grüne Rasen) in Hamburg und erstritten für den Verein ehrenvolle Plätze bei den nationalen Wettkämpfen des FC Excelsior. Bald darauf starteten Willi Namendorff und Krebel in Hamburg am 25. September beim Harvestehuder Sportclub. Der brave Krebel – auch ein Opfer des Weltkrieges – erstritt den 1. Preis im 1.000-Meter-Juniorenlauf, während Willi Namendorff in der Deutschen Meisterschaft über 1.500 Meter Dritter wurde. Am gleichen Tage startete Fritz Schlüter in Bremen, wo er den 1. Preis im 1.500-Meter- und den 3. Preis im 100-Meter-Lauf errang. Am 9. Oktober erstritten vier 96-er – Willi Namendorff, Krebel, Fritz Schlüter und Vetterling – in Magdeburg zwei 1., einen 2., einen 3. Preis, darunter den 1. in der 400-Meter-Staffel vor Magdeburg und der Berliner Germania.

Am 23. Oktober fand ein Meisterschaftsspiel gegen DFV von 1878, Resultat: 0:0, am Tage des 20-jährigen Stiftungsfestes der 78-er statt, aus welchem Anlass auch leichtathletische Wettkämpfe abgehalten wurden. Fritz Schlüter belegte im Gästelauf über 200 Meter den 2. Platz, während Willi Schlüter überlegener Sieger im 500-Meter-Lauf wurde. Zeit: 75 Sekunden.

Es würde über den Rahmen dieser Aufzeichnungen hinaus zu weit gehen, die Erfolge des Vereins in den nun folgenden Jahren einzeln aufzuzählen.

Langsam vollzog sich eine Umwandlung. Das Jahr 1900 brachte bereits neben den Rugby- auch Assoziations-Fußballspiele. Besonders die Schüler gaben dem letzteren den Vorzug.

Das bedeutungsvollste Ereignis des Jahres 1901 war der endgültige Übertritt des Vereins vom Rugby- zum Assoziations-Fußballspiel. Fritz Schlüter brachte auf der Generalversammlung am 19. April einen diesbezüglichen Antrag ein, der nach lebhafter Aussprache angenommen wurde. Die Vorliebe der Jugendlichen für den runden Ball und die Erkenntnis, dass das Fußballspiel eine größere Zukunft habe als das Rugbyspiel, führten zu diesem Beschluss, der ei-nen Markstein in der Geschichte des HFC von 1896 bedeutet.

Während die Jahre 1902/03 eine ruhige Entwicklung zeigten, brachte das Jahr 1904 große Verluste an Mitgliedern, die zu anderen Vereinen, besonders zum neuen Hannoverschen Ballspielverein gingen. Aber von der Schüler-Germania kam bald Ersatz, u.a. Walstab, Bühring, Rehm, Pape, die beiden Staacke, ferner Frahm, W. Schmidt usw.

Das Jahr 1905 brachte uns zum erstenmal die Meisterschaft in allen drei Klassen. Und es ging weiter aufwärts, besonders als durch die Gründung des NFV auch Verbandsmeisterschaften ausgetragen werden mussten.


SC Eintracht von 1898 Hannover

Im Februar 1898 gaben Louis Eggers und August Bormann die Anregung zur Gründung eines Fußballklubs. Ihrer Werbetrommel folgten bald 13 Jünglinge, so dass am 5. März 1898 unter dem Namen Eintracht der Klub aus der Taufe gehoben werden konnte. Die Leitung des Klubs hatten zunächst inne: Louis Eggers, 1. Vorsitzender, Heinrich Ahrens, Schriftführer, L. Bödecker, Kassenwart, August Bormann, Spielwart. Da damals der Rugbysport in Hannover Alleinherrscher war und man das Assoziationsspiel kaum den Namen nach kannte, so wurde also Rugby gespielt. Es lag in der damaligen Zeit, dass das Tun dieser bunten Schar spöttische Kritik herausforderte, wenn sie Sonntag für Sonntag, mit den Torstangen beladen, zur Kleinen Bult zogen, und nicht das allein. Als sich die Fußballvereine auf der Bult mehrten, musste man mächtig auf dem Posten sein, frühzeitig auf dem Platz erscheinen, damit kein anderer, früher erschienener Rivale den Platz, die Kampfstätte, mit Beschlag belegte; denn auf der Kleinen Bult herrschte Konkurrenzfreiheit. Durch all diese Umstände aber wurde die Einigkeit in Eintracht nur gefördert. Alle belebte ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, die der Gedanke, nach einem Ziel zu streben, nur noch vermehrte. Wie ein schöner Traum mutete es alle an, wenn sie z.B. in den Sportzeitungen von englischen Verhältnissen lasen, wo es Vereine gab, die einen eigenen Platz besaßen, sich in allen Teilen frei und unabhängig bewegen konnten und große Summen bei Wettspielen einnahmen! Manche, die in kühnen Hoffnungen solche Verhältnisse auch für Deutschland und damit für Eintracht voraussagen wollten, wurden als unverbesserliche Phantasten verlacht.

Inzwischen hatte sich die Mitgliederzahl des Vereins vermehrt, obwohl mancher Muttersohn die strengste Ermahnung bekommen hatte, sich ja nicht unter diese Salto mortale schlagende Akrobatengesellschaft zu mischen. Nach halbjähriger Übung fühlte sich der junge Klub sogar stark genug, Wettspiele gegen befreundete Rugbyvereine auszutragen. Auch auf leichtathletischem Gebiet versuchten sich einige Mitglieder mit Erfolg.

Eintracht huldigte etwa drei Jahre dem Rugbysport. Als sich dann aber allmählich eine starke Strömung zugunsten des Assoziations-Fußballspiels in Deutschland bemerkbar machte, welcher Umschwung sich auch in Hannover bald durchzusetzen begann, erkannte der damalige Vorstand mit richtigem Blick die Zukunft des heute vorherrschenden Spiels in Deutschland und zögerte nicht, gleich den 96-ern, den ovalen Ball mit dem runden zu vertauschen. Wenn man bedenkt, dass der Rugbysport damals in Hannover in seiner Blüte stand und nur zwei Assoziationsvereine in Hannover vorhanden waren, so war dieser Schritt des FC Eintracht immerhin wohl der folgenschwerste, den der Verein seit seinem Bestehen getan hat. Es entstand denn auch im Lager der Rugbyvereine kein geringer Tumult, als die beiden Vereine HFC von 1896 und FC Eintracht dem Rugbysport den Rücken kehrten. Natürlich prophezeite man ihnen den sicheren Untergang. Wer den weitesten Blick in dieser Angelegenheit bewiesen hat, die jetzt noch Rugby treibenden alten Vereine oder wir, darüber kann wohl kaum noch ein Zweifel herrschen.

Um sich gegenseitig weiterzubilden, spielten die Eintracht und die 96-er zunächst dreiviertel Jahr gemeinsam auf der Radrennbahn. Der Platz war damals, um neu planiert zu werden, vollständig ausgehoben, so dass der Sandboden zutage trat. Es war herrlich auf diesem Boden zu spielen, denn schon nach halbstündiger Spielzeit konnte man weder Freund noch Feind erkennen, so wirbelte der Staub in der Luft umher. Dem Spieleifer tat dies aber durchaus keinen Abbruch. Schließlich musste aber der Vereinsvorstand daran denken, sich einen eigenen Platz zu suchen, denn die Pacht auf der Rennbahn war sehr hoch. Aber die Plätze, wo man Assoziation spielen konnte, waren sehr rar.

Im April 1902 erhielten wir vom Magistrat die Erlaubnis, einen Kehrichtabladeplatz für unsere Spiele benutzen zu dürfen. Im selben Jahre entstand dort der „Prunkbau“ unserer Umzugsbude.

Neben den Jahren des Fortschritts sind dem Verein auch solche des Niedergangs nicht erspart geblieben. So war z.B. im Herbst 1901 die Mitgliederzahl auf ganze sieben Mann zusammengeschmolzen. Die Übriggebliebenen warben neue Mitglieder, und es ging wieder aufwärts. Die Spielstärke hob sich, und als im Jahre 1905 an Stelle des Verbandes Hannoverscher Ballspielvereine der Bezirk Hannover des NFV trat, wurde die I. Mannschaft der 1. Klasse zugeteilt.

In den Jahren 1898-1905 wurden von der I. Mannschaft 44 Spiele ausgetragen. Hiervon wurden 22 gewonnen, 4 blieben unentschieden.

Dieser kurze Rückblick kann nicht geschlossen werden, ohne der Leichtathletik in Eintracht zu gedenken. Bis 1904 war die Bedeutung des Vereins hinsichtlich Leichtathletik eng verknüpft mit dem Namen August Gömann. Sein erstes Auftreten 1898 erregte Sensation, denn er lief die 100 Meter in 11,4 Sekunden, ohne nennenswert trainiert zu haben. 1905 wurde er Deutscher Meister in 11,2 Sekunden. Karl Moses, Fr. Rath, Aug. Bräuning und Fr. Svanström dominierten in den langen Strecken. Diesen Pionieren in der Leichtathletik hatte Eintracht späterhin manche schönen Erfolge zu danken.


Sportclub Sperber von 1898 Hamburg

Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts war der Radfahrsport verbreiteter und angesehener als irgendein anderer. Die Radfahrklubs schossen wie Pilze aus der Erde, und aus einem solchen entstand auch der SC Sperber. Am 12. Juni 1898 wurde unter Führung von Albrecht, Siegmund und Bikowsky ein Radfahrklub gegründet, dem man den Namen Sperber gab. Bei der Vielheit der damals bestehenden Radfahrklubs war es nicht leicht, einen Namen für den jungen Klub zu finden, da fast alle Vogelnamen vergriffen waren. Nebenbei trieb man auch etwas Rasensport. Noch in demselben Jahre wurde auch der Rasensport aufgenommen. Man übte auf der Moorweide, wo auch der HFC von 1888 sich bereits breitgemacht hatte. Von diesem sah man das Fußballspiel ab, und bald waren Schlagball und Schleuderball abgetan, man spielte auch nur noch Fußball. Das erste Spiel wurde gegen die drei Jahre früher entstandene Victoria ausgetragen und mit 1:4 verloren. Mit 1:4 wurde auch das zweite Spiel, gegen HFC von 1888, I. Mannschaft, verloren. Mit der im Jahre 1899 erfolgten Aufnahme in den Hamburg-Altonaer Fußballbund setzte ein geregelter Spielbetrieb ein, und der Verein rückte sogar in die 1. Spielklasse auf. Unvergesslich blieb das erste auswärtige Spiel gegen Schwerin, das mit 3:1 gewonnen wurde. Auf mit Girlanden geschmückten Leiterwagen wurde die Mannschaft und ihre Begleitung durch Schwerin gefahren. Vorn an den Wagen prangte ein großes Plakat, welches zum Spiel einlud.

Im Jahr 1900 konnte Sperber nur den 3. Platz in der 1. Klasse erkämpfen. Eine ganze Schar guter Spieler musste ihrer Militärpflicht genügen, andere gingen ins Ausland. So war es nicht verwunderlich, dass der Verein später in die 2. Klasse absteigen musste. Trotzdem war der Verein angesehen, was wohl am besten dadurch zum Ausdruck kam, dass sein Vorsitzender Siegmund den Vorsitz im Bunde führte und auch Mitglied des Deutschen Spielausschusses war.

Der Verein wandte sich nunmehr auch der Leichtathletik zu. Er trat sogar als Veranstalter von Sportfesten auf. Das erste Sportfest am Grevenweg hatte sogar 62 Teilnehmer. Der Verein errang hierbei seinen ersten Stafettensieg über 4x100 Meter über Germania, Victoria und St. Georg.

Im folgenden Jahre (5. Juli 1901) veranstaltete Sperber ein weiteres lokales Sportfest auf der Eisbahn vor dem Dammtor, das ebenfalls einen vollen Erfolg darstellte, trotzdem die Konkurrenz bedeutend schärfer war. Sperber errang fast in jedem Wettbewerb den Sieg. Otto Schulze gewann die 800 Meter in 2 Minuten 4,4 Sekunden und stellte damit eine neue deutsche Höchstleistung auf! Moll wurde Zweiter in der in der 300-Meter-Meisterschaft von Hamburg und gewann das 1500-Meter-Vorgabelaufen; Bunge gewann die 100-Meter-Meisterschaft von Hamburg, die 100-Meter-Klubmeisterschaft, das 300- und 200-Meter-Laufen und wurde Zweiter im 100-Meter-Vorgabelaufen; Siegmund wurde Zweiter in der 100-Meter-Klubmeisterschaft, gewann den Weitsprung, den Dreisprung, das 100-Meter-Vorgabelaufen und die 400 Meter.

Auch im Fußball ging es wieder aufwärts, der Verein rückte wieder in die 1. Klasse auf. So war die Existenz des Vereins gesichert, und unter der Führung des bekannten Sportsmannes Paul Koretz gelangte er zu besonderem Ansehen.


Fußballverein Werder von 1899 (Bremen)

An der Entwicklung und dem Aufstieg des Fußballsports in unserer Vaterstadt Bremen hat der alte angesehene Bremer Verein, dem diese Zeilen gewidmet sind, einen bedeutenden und hervorragenden Anteil genommen. Am Ausgange des vorigen Jahrhunderts gegründet, errang der FV Werder sich nicht nur in Bremen selbst, sondern weit über dessen Grenzen hinaus schnell einen klangvollen Namen sowohl in sportlicher wie in gesellschaftlicher Hinsicht. Schon in den ersten Jahren seines Bestehens vermochte der Verein wiederholt die Meisterschaft des Bezirks zu erringen und diese in den Kämpfen um die höchste Würde des NFV stets ehrenvoll gegen Norddeutschlands führende und spielstarke Vereine zu vertreten. Schon früh, als der sportliche Gedanke erst mühsam Anhänger gewann, trat der FV Werder mit größeren Veranstaltungen an die Öffentlichkeit, indem gute auswärtige Mannschaften nach Bremen verpflichtet wurden. Diese Spiele haben dem einheimischen Sport zweifellos viele neue Anhänger zugeführt und ihm eine starke Grundlage für die künftige Entwicklung gegeben. Und auch darin hat Werder dem bremischen Fußballsport neue Wege und Ziele gewiesen, dass er, die enorme Entwicklungsfähigkeit und das unwiderstehliche Vordringen des Fußballspiels zum Lieblingssport der deutschen Jugend klar erkennend, zuerst in Bremen einen abgeschlossenen Sportplatz errichtete und Eintrittsgelder bei Wettspielen erhob, wodurch es den Vereinen möglich wurde, ihren Spielbetrieb auf einer breiteren Basis anzulegen. – Seit jenen fernen Tagen, in denen die Pionierarbeiten deutschen Rasensports von tatenfrohen und mit hellstem Idealismus erfüllten, begeistert für einen schönen Gedanken kämpfenden Sportsleuten geleistet wurden, hat der FV Werder in stetiger, unentwegter Arbeit sich einen hervorragenden Platz in der Sportwelt errungen. Über Höhen und Niederungen führte dieser Weg, dessen letztes und höchstes Ziel die kraftvolle Verkörperung des deutschen Sportgedankens im Rahmen der vom Verein stets gepflegten und bewährten inneren Eigenart ist. – Im Laufe seiner drei Jahrzehnte umfassenden Geschichte hat Werder mit seinem alten Lokalrivalen Bremer Sportclub, jetzt Sportfreunde, in wechselvollen, harten Kämpfen um den Platz an der Sonne gerungen. Nur diejenigen, welche den Werdegang des bremischen fußballsportlichen Lebens aus früheren Tagen her vorurteilsfrei und aufmerksam verfolgt haben, werden heute mehr denn je beurteilen können, wie sehr diese Kämpfe trotz manchen in ihnen hervorgetretenen Schattenseiten für den Aufstieg nicht nur der beiden Vereine, sondern des gesamten Fußballsports in Bremen wertvoll waren. Im Wechselspiel der Jahre ist es Werder beschieden gewesen, große unvergessliche Erfolge zu erringen. Es bleibt das historische Verdienst Werders, die besten Mannschaften Deutschlands schon zu einer Zeit nach Bremen verpflichtet zu haben, wo derartige Unternehmungen noch nicht durch ein zahlendes Publikum, sondern nur durch die Opferwilligkeit und die Tatkraft der an sich wenigen Mitglieder eines Fußballvereins ermöglicht werden konnten.


Rostocker Sportverein von 1899 <vorher: Internationaler Fußballclub Rostock> Über die Entwicklung des Sportes in Rostock haben wir in der Geschichte des Rostocker Sportclubs von 1895 berichtet. Als erster Rivale dieses Vereins wurde am 15. August 1899 der Internationale Fußballclub in Rostock gegründet. Dieser Klub trug seinen Namen mit Recht, denn er bestand fast ausschließlich aus Holländern, Engländern, Südamerikanern usw., die sich in Rostock studienhalber aufhielten und in einem hiesigen Pensionat wohnten. Diese Ausländer waren zum größten Teil sehr gute Fußballspieler, so dass der IFC schon 1900 die Mecklenburgische Meisterschaft mit 28:0 Toren gewinnen konnte. Bei der stetig wechselnden Mitgliederzahl konnte der Verein jedoch nicht dauernd auf der Höhe bleiben. Es erging ihm wie der Hamburger Germania, die sich derzeit auch fast ausschließlich aus Ausländern zusammensetzte. Mal war eine gute Mannschaft beisammen, mal war durch Abgang bzw. Rückkehr von Ausländern in ihre Heimat die Mannschaft sehr schwach, zumal für jugendlichen Nachwuchs in keiner Weise gesorgt wurde. Im Jahre 1903 wurden nur 4, 1904 nur 3 Wettspiele ausgetragen. Unter diesen Umständen war es kein Wunder, dass 1904 Schwerin 03 mit großem Vorsprung die Meisterschaft erkämpfen konnte.

Am 20. September 1903 wurden vom Verein die ersten leichtathletischen Wettkämpfe in Mecklenburg veranstaltet, die einen guten Erfolg hatten. 1904 wurden Eishockeyspiele ausgetragen. Die Mitgliederzahl betrug am 1. April 1904 38 Mitglieder. Am 8. Mai 1904 fand das erste Auslandsspiel gegen Nyköbing Boldklub von 1901 statt, das mit 7:1 verloren wurde. Diese erste Auslandsreise hatte für die späteren Jahre einen regen sportlichen Verkehr mit dänischen Vereinen zur Folge.

Die folgenden Jahre brachten dem Verein eine ruhige Entwicklung. Am 25. Juni 1905 trat der Verein dem Mecklenburgischen Fußballverband bei. Auch einen Beitrag zum Kampf zwischen Turnen und Sport bildete die Tatsache, dass sich der Verein im Jahre 1914 mit der Rostocker Turngenossenschaft vereinigte unter dem Namen Rostocker Turn- und Sportverein. 1919 wurde auch der Männerturnverein von 1860 in diesen Zusammenschluss einbezogen. Diese Entwicklung auf breitester Grundlage wurde dann durch den Befehl der Deutschen Turnerschaft auf „reinliche“ Scheidung gehemmt. Jeder musste wieder seinen eigenen Weg gehen. Nach der Trennung nahm der Verein den Namen Rostocker Sportverein von 1899 an.


Verein für Bewegungsspiele Wesermünde-Lehe

Der Verein wurde im Juni 1899 in Sanders Hotel Zu den drei Kaisern in Bremerhaven gegründet, und zwar unter dem Namen Fußballclub Bremerhaven. In späteren Jahren wurde der Name geändert in Fußballclub Bremerhaven-Lehe und bald darauf in Verein für Bewegungsspiele. Gegründet wurde der Verein von Jonny Masson, 1. Vorsitzender, Bernhard Beth, 1. Schriftführer, Franz Reik, 1. Spielführer, Bernhard Masson, 1. Kassenführer.

Unter dieser tatkräftigen Leitung stand die Spielmannschaft in den Unterweserorten an erster Stelle und war in Bremen, Braunschweig und Hamburg ein beachtenswerter Gegner. Der Verein für Bewegungsspiele verfügte damals über eine äußerst spielstarke Mannschaft und konnte im Jahre 1907 die Kreismeisterschaft von Bremen erringen. Somit erhielt der Verein für Bewegungsspiele die Berechtigung, an den Kämpfen um die Norddeutsche Meisterschaft mit teilzunehmen. Der VfB konnte alle Vorkämpfe glänzend bestehen und musste sich erst im Endspiel um die Meisterschaft gegen Eintracht (Braunschweig) mit 2:1 beugen.

Zum Schluss geben wir noch einige Spieler der damaligen Meistermannschaft bekannt:

Franz Dietrich: Der Name bedeutete für Norddeutschland damals das, was der Altonaer Jäger für die spätere deutsche Nationalmannschaft galt. Unter seiner bewährten Führung als Mittelstürmer wurden die führenden Bremer Vereine mit überlegenem Resultat abgefertigt. Auch Hannover und Hamburg und die damals berühmte Eintracht konnten nur ganz knapp gewinnen bzw. wurden geschlagen. Es war daher kein Wunder, dass Dietrich in erstklassigen großstädtischen Vereinen zeitweise als Mittelstürmer den Angriff leitete.

Heinrich Barmeyer: Als Mittelläufer war er der Turm in der Schlacht. Schon seine hünenhafte Gestalt prädestinierte ihn für diesen Posten. Die Hamburger Victoria und die tüchtige St.-Georg-Mannschaft erfochten damals große Siege mit Heinrich Barmeyer als Mittelläufer.

Wir können noch mehrere Namen anführen: Franz Reik, der Mitbegründer des Fußballclubs Bremerhaven-Lehe und rechter Flankenstürmer; Adolf Brass, langjähriger, schwer zu überwindender Torwart; Christian Helmke, weiter Karl Klatt, August Gellermann, Franz Wacker, Willi Eichhorn, Franz Bauer, Peter von der Rheydt und die glänzenden Einzelspieler Johann Bunte und Karl Pogge.

Sie alle verdienen, der Vergangenheit entrissen zu werden, denn sie spielten unter ungleich schwereren Verhältnissen als die heutige Sportwelt.


Fußballclub Spiel und Sport von 1900 (Delmenhorst)

Der Fußballclub Spiel und Sport von 1900, e.V. (Delmenhorst), wurde im Jahre 1899 von verschiedenen Delmenhorster Schülern, die in Bremen die höheren Schulen besuchten, gegründet. Auf der Bahnfahrt nach und von Bremen fanden die ersten Besprechungen statt, und nachdem eine Sammlung den Betrag von 7,50 Mark erbracht hatte, wurde der erste Fußball erstanden. Die ersten Mitglieder des Vereins waren: Fr. Meier, Julius Brinkmann, K. Mehne, W. Pöhl, B. Fastenau, A. Tönjes, A. Buchholz, H. Precht, P. Hohenner und Heinrich Meier. Die erste Versammlung des neugegründeten Vereins fand im Tiergarten statt, jedoch sind keine genauen Aufzeichnungen von dieser Versammlung sowie von allen anderen Begebenheiten des Jahres 1899 mehr vorhanden. Das erste schriftliche Protokoll, das vorliegt, datiert vom 30. September 1900, und somit wird der Verein auch wohl den Namen Spiel und Sport von 1900 erhalten haben. Gespielt wurde zuerst auf einem zwischen Oldenburger Straße und Düperweg gelegenen Platz, über welchen jetzt die Neue Straße führt, der uns von Herrn Gratenau zur Verfügung gestellt wurde. Die Mitgliederzahl des jungen, viel geschmähten Vereins nahm rasch zu. Bald genügte der Platz nicht mehr, und da auch die Umkleideräume, welche wir derzeit in einer Waschküche des Zimmermeisters Hegeler innehatten, sich als unzulänglich erwiesen, wurde nach einem neuen Platz Umschau gehalten. Dieser neue Spielplatz wurde nun beim Delmenhorster Bungerhof gefunden, und von diesem Zeitpunkt an wurde ein regelrechter Sportbetrieb eröffnet. Wir können wohl sagen, dass die ersten Jahre des Bestehens für Spiel und Sport die schönsten waren, die die Vereinsgeschichte aufzuweisen hat. Dank einem umsichtigen Vorstand, der sich in den ersten Jahren aus B. Fastenau als 1. Vorsitzenden, W. Pöhl als 2. Vorsitzenden, Hans Meier als Schrift- und Kassenführer und Fr. Meier als Spielführer zusammensetzte, wurde neben einem ganz regelmäßigen Übungs- und Wettspielbetrieb eine Geselligkeit und Freundschaft im Verein gepflegt, die es mit sich brachten, dass sämtliche aktiven Spieler am Sonntagnachmittag auf dem Spielplatz zu finden waren. Wir erinnern nur an die wirklich freundschaftlichen Beziehungen, die wir derzeit mit unserem Patenverein, dem Bremer Spiel und Sport von 1896, unterhielten, durch welchen Verein uns auch der erste Begriff vom Fußballspielen in Gestalt von gepfefferten Niederlagen beigebracht wurde.

Die erste Mannschaft bestand im Jahre 1900 aus folgenden Spielern: Torwächter: Hans Meier; Verteidiger: Karl Mehne, W. Pöhl; Läufer: J. Brinkmann, B. Fastenau, A. Buchholz; Stürmer: Hans Meier, A. Tönjes, Fr. Meier, H. Fastenau, H. Bormann.

Doch nicht allein Fußball wurde gespielt, nein, schon damals waren wir von der Überzeugung durchdrungen, dass das Fußballspiel, allein für die allseitige körperliche Ausbildung betrieben, nicht das Richtige ist, und wir wussten schon damals, dass zur harmonischen Körperbildung die olympischen Spiele, bestehend aus Laufen, Springen, Ballschleudern, Diskus-, Speer- und Kugelwerfen usw. unbedingt erforderlich sind. Getreu unserem Wahlspruch, im Winter Fußball und im Sommer olympische Übungen, aber immer in der reinen, freien Gottesnatur, wurde seit Gründung des Vereins gearbeitet, und Sonntag für Sonntag sah man eine fröhliche Schar Fußballspieler zum Bungerhof wandern. Das erste Stiftungsfest, das im Delmenhorster Schützenhof gefeiert wurde, bezeugt, dass der Spiel und Sport Delmenhorst vor allen Oldenburger Vereinen die richtige Erkenntnis für gesunde Körperbildung gehabt hat.

Im Herbst 1902 verlor der Verein verschiedene Mitglieder; fast alle Vorstandsmitglieder mussten zum Militär, und das Jahr 1903 kann als nicht besonders günstig bezeichnet werden. Nachdem aber am 1. Oktober 1903 nach Erfüllung ihrer Militärpflicht die meisten Mitglieder den Sport wieder aufnahmen und am 18. November 1903 die sämtlichen Mitglieder des damals aus Schülern der Realschule gebildeten Delmenhorster Fußballvereins von 1901 unserem Verein beitraten, blühte er durch den Jugendnachwuchs wieder auf. Die Mitgliederzahl wuchs immer mehr, viele schöne Wettspiele wurden ausgefochten, schöne Siege und ehrenvolle Niederlagen. Das Hauptereignis in jener Zeit war das am 25. September 1904 anlässlich des 4. Stiftungsfestes abgehaltene Nationale Sportfest. Von nah und fern waren viele Leichtathleten herbeigeeilt, um sich hier im friedlichen Wettkampfe zu messen, und unsere Mitglieder erzielten gegenüber der erstklassigen auswärtigen Konkurrenz gute Erfolge.

Aus diesen Ausführungen ist zu ersehen, dass wir, wie schon vorher erwähnt, allerdings die Notwendigkeit der Leichtathletik einsahen, dass der Verein schon derzeit gute Kräfte enthielt; diese Kräfte aber zu entwickeln, daran dachte niemand. Ein gewissenhaftes Training war etwas ganz Fremdes, und immer wieder herrschte der alles überwiegende Fußball.

Am 14. Mai 1905 erfolgte der Beitritt des Vereins zum Norddeutschen Fußball-Verband, Bezirk Bremen, und somit wurde von nun an Spiel und Sport Mitglied Deutschen Fußball-Bundes. So nahm der Verein einen neuen Aufschwung, hauptsächlich durch seine Mitgliedschaft zum Verband und durch den nunmehr geregelten Spielbetrieb.


1. Kieler Fußballverein von 1900

Der KFV entstand aus einer Spielabteilung des Kieler Männerturnvereins von 1844, die der bekannte Spielführer A. Beier leitete. Schwierigkeiten, die der Spielabteilung von dem Turnwart bereitet wurden, ließen in den mehr sportlich gesinnten Mitgliedern den Entschluss reifen, einen eigenen Sportverein zu gründen. Auf der Fahrt von Kiel nach Lübeck, wo am 6. Oktober 1900 ein Wettspiel gegen eine dortige Turnermannschaft vereinbart war, erfolgte die Gründung des Kieler Fußballvereins, der, nachdem die Fußballklubs Kilia und Holstein entstanden waren, den Namen 1. Kieler Fußballverein von 1900 annahm. Sportsleute, die in der Geschichte des Verbandes eine große Rolle spielten, gehörten als Schüler dem Verein an. Wir erwähnen nur: H.Th. Beine, G.P. Blaschke, Dr. Sahlmann, Dr. Max Fricke, Dr. Rudolf Kappe usw.


Fußballclub Holstein (Kiel)

Im Jahre 1902, am 4. Mai, kamen in einer Gartenlaube am Knooper Weg die Oberrealschüler Walter Duden, Friedrich Brügmann und Hans Gosch mit der Absicht zusammen, einen Sportverein mit dem Namen Fußballclub Holstein zu gründen. Schüler der übrigen höheren Schulen Kiels traten dem Verein bei. Nach sieben Monaten trat der Verein durch ein Wettspiel gegen die II. Mannschaft des 1. Kieler Fußballvereins von 1900 in die Öffentlichkeit. 4:0 lautete das Ergebnis, das man zum größten Teil dem im Tor stehenden Adolf Werner verdankte. Bereits derzeit sagte man diesem eine glänzende Zukunft voraus. – Nach überaus hartnäckigen Kämpfen gelang es gleich im ersten Jahr, die Meisterwürde des Verbandes Kieler Ballspielvereine zu erringen. Dieses erste Meisterschaftsdiplom hängt heute noch im Vereinshaus.

Später vereinigte sich der 1. Kieler Fußballverein und der Fußballclub Holstein unter dem Namen Kieler Sportvereinigung Holstein von 1900.

Die Geschichte des 1. Kieler Fußballvereins von 1900 ist im Anschluss an die ruhmvolle Geschichte Holsteins in nachstehendem Artikel besonders behandelt.


Kieler Sportvereinigung Holstein von 1900

Kaum ein Verein des Norddeutschen Sport-Verbandes dürfte eine so für die Zeit um die Jahrhundertwende geradezu typische Gründungsgeschichte nachweisen können wie die Kieler Sportvereinigung Holstein von 1900, die zusammengeflossen ist aus dem früheren 1. Kieler Fußballverein von 1900 und dem Fußballclub Holstein von 1902, von denen der erstere durch Abtrennung der Spielabteilung von einem Turnverein, der letztere durch eine lose Schülergründung entstand.

Der Kieler Männerturnverein von 1844, der älteste und noch heute einer der angesehensten Turnvereine Kiels, hatte in Verkennung der Bedeutung der damals in allen Gauen Norddeutschlands zu kräftiger Entwicklung drängenden Fußballbewegung schon längst mit Sorge auf seine unter der Führung des Süddeutschen Artur Beier begründete sehr rührige Spielabteilung herabgesehen. Zwar hatte er der ersten offiziellen Vorführung des neuen Spiels seitens seiner Abteilung auf dem Gauturnfest in Preetz einen Widerstand nicht entgegengesetzt, dann aber einem Antrag auf Austragung eines Spieles in Lübeck gegen die Fußballmannschaft des dortigen Männerturnvereins die Genehmigung versagt. Diesen Eingriff in ihre Rechte parierten die Betroffenen mit dem Entschluss, ohne die Genehmigung des Turnrats auf eigene Verantwortung die Fahrt nach Lübeck auszuführen. Noch in letzter Stunde unternommene Einigungsversuche scheiterten an beiderseitigem Widerstande. Am Morgen des 6. Oktober 1900 traten neun von den elf Spielern der Abteilung die Fahrt nach der Hansastadt an und gründeten im fahrenden Eisenbahnzuge den Kieler Fußballverein von 1900, der seinen Namen später, als andere Gründungen in Kiel hinzutraten, auf den des 1. Kieler Fußballvereins von 1900 erweiterte. In den Ruhm der Gründer des Vereins teilen sich in alphabetischer Reihenfolge: Andreae, Bailer, Beier, Blaschke, Hudemann, Leuenhagen, Niederehe, Roland und Stange.

Den Vorsitz übernahm Blaschke, den Posten des Spielführers Beier. Das Spiel in Lübeck endete 1:0; Blaschke war der Torschütze.

Unter den mancherlei Schwierigkeiten, die sich naturgemäß dem jungen Verein entgegenstellten, waren es zwei, deren Lösung die ganze Kraft der sehr rührigen Leitung in Anspruch nahmen: Die Platzfrage und die Frage der Wettspielgegner. Die Platzfrage war nicht nur für den 1. Kieler Fußballverein, sondern für alle in den nächsten Jahren erfolgenden Gründungen in gleicher Weise vom ersten Tage an das größte Sorgenkind. Sie fand erst eine einigermaßen befriedigende Lösung, als im September 1907 der große Städtische Spiel- und Sportplatz eingeweiht wurde. Bis dahin haben alle Fußballvereine Kiels mehr oder weniger schwer kämpfen müssen um einen auch nur den einfachsten Anforderungen genügenden Spielplatz; der 1. Kieler Fußballverein war dabei noch lange nicht am schlechtesten daran. Zwar musste der Spielbetrieb auf dem alten, kleinen Sportplatz Ecke Eckernförder Allee und Hohenzollernring schon bald ganz der rege einsetzenden Bautätigkeit wegen eingestellt werden, doch konnte dafür auf Grund guter Beziehungen zur Kommandantur die Erlaubnis zum Spielen auf dem großen Exerzierplatz erwirkt werden, die aber bereits 1903 wieder zurückgezogen wurde, um dann nach längerer Unterbrechung, während welcher Zeit der Verein tatsächlich ohne Platz war und nur auf einer Koppel gegenüber der Eichhofstraße kümmerlich sich weiterhelfen konnte, erneut erteilt zu werden bis zu dem Zeitpunkt, an dem der in Aussicht stehende Städtische Sportplatz freigegeben würde. So hat tatsächlich die Platzfrage für den 1. Kieler Fußballverein eine stets akute Schwierigkeit bedeutet bis weit über das Jahr 1905 hinaus; sie wurde um so größer, je mehr die Mitgliederzahl wuchs.

Die Frage der Wettspielgegner nahm dagegen in dem Maße an Schwierigkeiten ab, als mit der Zeit die Zahl der Ortsvereine zunahm, während fast die beiden ersten Jahre hindurch wegen Mangel an Ortsgegnern nur mit auswärtigen Gegnern Spielabschlüsse getätigt werden konnten. Der von seinem Mutterverein Phönix (Karlsruhe) her mit allerhand Erfahrungen ausgerüstete Spielführer Beier wusste schnell die Beziehungen mit den erstklassigen Hamburger Mannschaften anzuknüpfen und schon für den 2. Dezember des Gründungsjahres ein Wettspiel mit dem langjährigen dortigen Meister, FC Altona 93, zu arrangieren, in dem die Altonaer mit 4:0 Sieger blieben. Schon für den nächsten Sonntag wurde der FC Germania verpflichtet, der nur knapp 1:0 sich durchzusetzen vermochte. Das Resultat war für die Kieler um so aufsehenerregender, als Germania in der Serie 1900/01 die Altonaer in der Meisterschaft abzulösen vermochte.

Eine starke Hemmung erfuhr das rüstig vorwärtsschreitende Vereinsleben, als bereits im zweiten Jahre des Bestehens Artur Beier in seine süddeutsche Heimat zurückkehrte, Beier, der im Brennpunkt der ganzen in schneller Aufwärtsbewegung stehenden sportlichen Arbeit gestanden hatte. Andreae übernahm die durch seinen Abgang verwaiste Stelle des 1. Spielführers. Ein weiterer schwerer Schlag war die Abtrennung einer großen Reihe gerade der besten Spieler, die sich zu dem FC Kilia von 1902 zusammenschlossen. Doch wirkte sich diese Absplitterung insofern segensreich für die weitere Entwicklung sowohl des 1. Kieler Fußballvereins als auch des Fußballsports in Kiel überhaupt aus, als dadurch zumal inzwischen auch der FC Holstein entstanden war, spielstarke Ortsgegner geschaffen wurden, und wir sehen auch tatsächlich für die nächsten Jahre diese drei Vereine die erste Spielklasse bilden. Und endlich fügte sich an diese beiden Rückschläge noch ein dritter an, als Blaschke, an die Spitze des inzwischen aus der Taufe gehobenen Verbandes Kieler Ballspielvereine berufen, wegen Überlastung den Vorsitz im Verein niederlegte. Dafür wurde aber in Alfred Hädicke ein nicht weniger rühriger Nachfolger gefunden, der sich durch die im Jahre 1903 erfolgte Gründung einer Jugendabteilung bereits große Verdienste um den Verein erworben hatte. Hädicke hat den Vorsitz im Verein bis zum Zusammenschluss mit Holstein 1917 ununterbrochen innegehabt.

Endlich muss noch, bevor die Geschichte des 1. Kieler Fußballvereins an dieser Stelle abgeschlossen wird, der Gründung der Leichtathletik Erwähnung getan werden, die auf Anregung des damaligen Oberlehrers Beese im Jahre 1905 erfolgte. Die Leichtathletik wurde, als in späteren Jahren andere Ortsvereine den 1. Kieler Fußballverein im Fußball überholten, zur eigentlichen Domäne des Vereins. Doch lagen die großen Erfolge auf diesem Gebiete hinter jener Zeit und kommen an anderer Stelle dieses Werkes zur Darstellung.

Der FC Holstein von 1902 wurde nicht unter so günstigen Lebensbedingungen geboren wie sein älterer Bruder. Drei Schüler der Oberrealschule von der Waitzstraße, der heutigen Heb-belschule, fassten am 4. Mai des genannten Jahres in einer Gartenlaube am Knooper Weg den Plan der Gründung eines Fußballklubs, dem sie den Namen ihrer engeren Heimat beilegten. Noch heute gehören die Gründer Friedrich Brügmann und Walter Duden als Ehrenmitglieder den Reihen des Vereins an, während der Dritte, Hans Gosch, durch seinen Beruf gezwungen wurde, sich von seiner Heimatstadt und damit seinem Verein zu trennen. Da den drei blutjungen Leuten und ihren später hinzutretenden Freunden, zu denen als einer der ersten der später bis weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt gewordene Torwart Adolf Werner zählte, der noch heute unter dem Namen „Adsch“ für alt und jung eine markante Persönlichkeit in Kieler Sportkreisen bildet, jegliche Erfahrung auf verwaltungstechnischem Gebiete fehlte, wie sie z.B. im 1. Kieler Fußballverein einem Blaschke und einem Beier schon damals zur Seite standen, hatte Holstein einen ungleich schwereren Kampf um seine Anerkennung zu führen, um so mehr, als die Eltern der Schüler durchweg kaum viel Sympathien für die Pläne ihrer Jungen zeigten. So mag es auch zu erklären sein, dass schriftliche Aufzeichnungen über das Vereinsleben aus den ersten Jahren des Bestehens so gut wie ganz fehlen, zum mindesten aber nicht mehr aufzutreiben sind. Wenn dennoch gerade Holstein von Beginn der eigentlichen Kieler Fußballbewegung an unangefochten bis auf den heutigen Tag sich an der Spitze zu halten vermochte, so findet das allgemein seine Erklärung darin, dass diese jungen Leute die aktive sportliche Tätigkeit als das feste Band ansahen, das sie zusammenschmiedete. Und Zeit hatten sie, die ja, ausnahmslos Schüler, durch berufliche Tätigkeit nicht abgehalten wurden, genug. Wie sehr allerdings ihre Eltern mit Abneigung das Interesse ihrer Jungen immer mehr auf ihren neuen Sport sich konzentrieren sahen, steht auf einem anderen Blatt. Manche schlechte Schulnote wurde damals weit mehr als heute noch auf das Konto der verwünschten Fußballerei geschrieben. Und nicht nur das starke Maß an Zeit, auch die Ständigkeit in ihrer Zusammensetzung ließ diese frischen, fröhlichen Kieler Jungen bald zu einem für die damaligen Verhältnisse gerüttelten Maß an sportlichem Können reifen. Ohne Störung blieb lange Jahre hindurch die I. Mannschaft wenigstens in ihrem größten Teile fest zusammen. Die Stützen der aktiven Spieler waren von Anfang an bis in die Kriegsjahre hinein die Gebrüder Werner, Fick, Krogmann, Remka, Lafferenz, zu denen später Reese, Möller, Plambeck, Tim, Dehning aus der Jugendmannschaft hinzukamen.

Das waren die Vorbedingungen unter denen der FC Holstein sich entwickelte. Die Mitglieder des 1. Kieler Fußballvereins, der heute so friedlich mit Holstein unter demselben Dach sitzt, mögen doch ein wenig erstaunt aufgehorcht haben, als die jungen Schüler in ihrem ersten Wettspiel, das sie überhaupt austrugen – es war sieben Monate nach ihrer Gründung – ihre II. Mannschaft mit 4:0 hineinlegten. Der Held des Tages war damals wie später noch so oft Adsch Werner im Tor, dem Kenner von diesem ersten Spiel an eine große Zukunft voraussagten. Als darum im Jahre 1903 unter Blaschkes Führung der Verband Kieler Ballspielvereine die inzwischen ins Leben gerufenen Fußballvereine der Holstenstadt zusammenfasste und gleich im ersten Jahre seines Bestehens eine Kieler Meisterschaft auskämpfte, da standen mit dem bereits zwei Jahre alten Kieler Fußballverein von 1900 und dem von ihm abgetrennten FC Kilia von 1902 die jungen Holsteiner zusammen in der 1. Spielklasse. Zwei Punkte für jeden der drei Bewerber war das Ergebnis des ersten Durchgangs. In der zweiten Serie konnte der 1. Kieler Fußballverein nicht bestehen, sowohl Kilia wie Holstein musste er zwei Punkte liefern. So lag die Entscheidung in dem Kampf zwischen diesen beiden Gegnern. Sie fiel am grünen Tisch, nicht auf dem grünen Rasen, auf dem das Spiel beim Stande 0:0 einer Inkorrektheit Kilias wegen abgebrochen worden war. Der Vertretertag erklärte infolgedessen Holstein als den Sieger und damit für den ersten Kieler Meister. Holstein hat diese Tradition bis heute ununterbrochen zu wahren gewusst, auch dann, als sich die Kämpfe später über den Bezirk Schleswig-Holstein erweiterten. Das ist ein Erfolg, den kaum ein zweiter Verein im ganzen Deutschen Fußball-Bund zu erringen vermochte und der die Grundlage bildet zu den weit größeren Ruhmestaten, die sich an Holsteins Namen heften, die aber an anderer Stelle dieser Festschrift gewürdigt sind.

Am 7. Juni des Kriegsjahres 1917 sind nach wiederholten Bemühungen schon in der Vorkriegszeit die beiden Vereine, deren Geschichte bis zur Gründung des Norddeutschen Fußball-, heute Norddeutschen Sport-Verbandes hier in kurzen Linien gezeichnet worden ist, zu dem heutigen Gebilde der Kieler Sportvereinigung Holstein von 1900 zusammengeflossen, und damit ist ein Weg gezeigt worden, wie segensreich es für die Erstarkung sportlicher Kraft sich auswirkt, wenn starke Einzelkräfte sich unter Hintansetzung von Sonderinteressen zu gemeinsamer Arbeit zusammenzufinden vermögen.


Fußballclub Britannia von 1901 (Hamburg) <später: St.-Pauli-Sportverein>

Er trat schon in seinem Gründungsjahre dem damaligen Hamburg-Altonaer Fußballbund bei. Vor seiner Aufnahme in diesen Bund hatte Britannia alle Nichtbundesvereine, deren es derzeit eine größere Anzahl gab, mit teilweise beträchtlichen Tordifferenzen geschlagen und so ein beredtes Zeugnis seiner Spieltüchtigkeit angelegt. Zum ersten Qualifikationsspiel im HAFB wurde ihm daher auch ein sehr starker Gegner, nämlich der damalige Meister, der Altonaer Fußballclub, entgegengestellt. Zur allgemeinen Überraschung gelang es Britannia, dieses Spiel durch seinen Linksaußen Fensch mit 1:0 für sich zu entscheiden. Auf Grund dieser Leistung wurde Britannia I der 1. Klasse zugeteilt, und es gelang der Mannschaft, sich schon in der ersten Saison einen ehrenvollen dritten Platz hinter Germania und Altona zu erobern. Jahrelang blieb die Mannschaft zusammen und entwickelte sich immer mehr, bis im Jahre 1904 acht Spieler teils den bunten Rock anziehen mussten, teils auch ihre Vaterstadt verließen. Dem Verein musste dies naturgemäß eine Schwächeperiode bereiten, so dass er in den nächsten zwei Jahren ziemlich am Ende der Tabelle zu stehen kam. Doch die wenigen Getreuen hielten zusammen, die Krise ward überstanden.

Aus der Gründungsgeschichte sei folgendes hervorgehoben:

Einige junge Leute, die regelmäßig auf der Hoheweide mit dem Fußball herumbolzten und die teilweise dem Fußballclub Stern angehörten, gründeten im Sommer 1899 den Fußballclub Berolinga. Die Mutter unserer damaligen Mitglieder Hermann und Franz Kämpfer wurde beauftragt, unsere ersten Klubhemden zu nähen. Beim ersten Spiel in schönem Dress sahen wir tipptopp aus. Leider waren aber die Farben nicht echt; nach der ersten Wäsche war alle Pracht verschwunden.

Der Name Berolinga gefiel uns bald nicht mehr. Es wurde deshalb im Jahre 1900 ein anderer Name angenommen; wir nannten uns von nun an Fußballclub Alemannia.

Wir trugen ein grün-weiß gestreiftes Hemd. Wettspiele wurden gegen alle möglichen Vereine auf der Hoheweide, dem Heiligengeistfeld, der Moorweide und auf der kleinen Exerzierweide in Bahrenfeld ausgetragen. Unser häufigster Gegner war der FC Borussia auf dem Heiligengeistfeld. Vorstandsmitglieder des FC Borussia (St. Pauli) versuchten bald, eine Vereinigung mit dem FC Alemannia (Eimsbüttel) herbeizuführen. Schließlich kam es im Frühjahr 1901 zu einem Zusammenschluss. Der neue Verein erhielt den Namen FC Alemannia-Borussia; die Vereinsfarben waren schwarz-weiß. Es wurde auch beschlossen, dem Hamburg-Altonaer Fußballbund beizutreten, dem Vorgänger des Bezirks III. Es gab damals noch keinen NFV und keinen Deutschen Fußball-Bund.

Unter dem von uns angenommenen Doppelnamen wurden wir in den Bund nicht aufgenommen; wir sollten einen anderen Namen wählen. Es wurde deshalb in der nächsten Mitgliederversammlung beschlossen, den Verein FC Britannia von 1901 zu nennen, und nun traten wir dem Bunde bei.

Die folgenden Jahre beteiligten wir uns mit wechselndem Glück und Erfolg an den Meisterschaftsspielen. Die Mannschaft hielt mit vorbildlicher Einigkeit zusammen und war von vornehmen Kampfgeist beseelt. Das Jahr 1904 zwang acht Spieler, dem Rufe des Kaisers zu folgen und den bunten Rock anzuziehen, wodurch ein vollkommener Umbau der Mannschaft erforderlich wurde. Doch auch die neue Mannschaft setzte sich mit dem alten Britanniageiste für die schwarz-weißen Farben ein und sorgte für das weitere Ansehen des Vereins.

Das ist in kurzen Worten die Entwicklung des Vereins bis zur Gründung des NFV.


FC Kilia von 1902 (Kiel)

Kilia wurde am 23. Juli 1902 gegründet, und zwar von ausgetretenen Mitgliedern des 1. Kieler Fußballvereins von 1900. Die besten Spieler des 1. Kieler Fußballvereins gingen gleichfalls zu Kilia über. Am 25. Februar 1903 trat Kilia dem neugegründeten Verband Kieler Ballspielvereine bei. Der Verein trug in den Jahren 1902/03 schon elf Wettspiele aus, von denen er sieben gewann und zwei unentschieden gestalten konnte.

Im Jahre 1904 machte Kilia sein erstes internationales Spiel gegen Boldclubben Frem (Odense), welches mit dem Siege Kilias von 4:1 endete. Das Retourspiel im Jahre 1905 in Kiel gewann Kilia mit 5:1.

Außerdem hatte Kilia im Sommer 1904 den damals der 1. Klasse angehörenden Berliner Fußballclub Corso verpflichtet; das erstemal, dass eine Berliner erstklassige Mannschaft in Kiel weilte.

In diesem Jahre 1905 konnte Kilia über die spielstarke I. Mannschaft des Fußballclubs Holstein (Kiel) mit 4:0 einen einwandfreien Sieg erringen.

Von 1905 bis 1907 verlor Kilia sehr viele gute Spieler, teils durch Fortzug von Kiel, teils durch Eintritt beim Militär. Die Spielstärke der I. Mannschaft ging infolgedessen etwas zurück, doch erholte sich die Mannschaft bald wieder und war und blieb neben Holstein (Kiel) die spielstärkste.


FC Union von 1903 (Altona)

Im Frühjahr des Jahres 1903, als der Fußballsport wirklich noch in den Kinderschuhen steckte und der Sportclub Germania von 1887 wie der Altonaer Fußballclub von 1893 in Hamburg-Altona eine führende Stellung einnahmen, gab es außerhalb des damaligen Hamburg-Altonaer Fußballbundes viele kleine Vereine, die dem Bunde nicht angehörten, in denen sich fast nur Lehrlinge und Schüler befanden, und dazu zählten auch die beiden Vereine Deutschland und Vorwärts, aus denen der Fußballclub Union hervorging. Nachdem man mehrfach gegeneinander gespielt hatte, ergab sich trotz sportlicher Rivalität eine gewisse Freundschaft, und so fand man sich denn, nachdem schon vorher Besprechungen auf dem Spielplatz Pinneberger Weg stattgefunden hatten, am 7. Juni 1903 in einer Wohnung in der Eimsbütteler Straße, Altona, zusammen, wo nun nach kurzer Beratung die neue Vereinigung mit dem Namen Union getauft wurde.

Die sogenannten führenden Leute der beiden Vereine bzw. die Gründer Unions waren die Gebrüder Barg, Gebrüder Buschsenja, Gebrüder Mette, Gebrüder Raßmussen, Gebrüder Zogbaum, Hans Klindt und Artur Schenk. Bald nach der Vereinigung wurde auch Adolf Jäger Unioner, und da die Mannschaft noch weiter verstärkt werden konnte, gelang es ihr, innerhalb der sogenannten wilden Vereine eine führende Stellung zu erringen, und so nannten wir uns zu der Zeit denn mit Stolz „Meister der Nichtbundesvereine“. Damals waren spielerisch unsere schärfsten Konkurrenten die Vereine Borussia (Bahrenfeld), Borussia (Harburg), Favorite-Hammonia, FC St. Pauli, Helgoland und Sport-Mannschaft.

Unsere ersten Übungsplätze waren die jetzt längst bebauten Wiesen am Pinneberger Weg, während wir unsere Wettspiele gegen andere Vereine auf der kleinen Exerzierweide austrugen. Wir hatten uns aber höhere Ziele gesteckt und brachten diese zum Ausdruck durch eine Anmeldung beim Hamburg-Altonaer Fußballbund. Damals war es noch recht schwer, Mitglied des Bundes zu werden, man hatte anfangs Bedenken wegen des jugendlichen Alters fast aller unserer Mitglieder, und wir verdankten unsere Aufnahme zum Teil der Fürsprache eines Herrn Hugo Strampfer aus dem Altonaer Fußballclub von 1893, welcher als Schriftführer derzeit dem Vorstande des Bundes angehörte. Dass wir aber gleich mit unserer Mannschaft in die 1. Spielklasse eingereiht wurden, war eine große Ausnahme und nur im Hinblick auf unsere große Spielstärke gerechtfertigt. Wir mussten nämlich ein Qualifikationsspiel gegen St. Georg II austragen und siegten zweistellig!

Das erste Bezirksspiel mussten wir gegen St. Georg von 1900 austragen, und die Überraschung im Fußballlager war groß darüber, dass wir verdient 2:0 gewannen.

Als mit Adolf Jäger auch einige andere gute Spieler den Verein verließen, ging die Spielstärke bedeutend herunter. Aber mit Beharrlichkeit wurde erstrebt, die Lücken wieder auszufüllen, und dass es gelang, ist der vorbildlichen Vereinstreue und Kameradschaft der Mitglieder zu verdanken.


Verein für Rasensport von 1903 (Rostock)

Nach Mitteilungen eines Mitbegründers des Fußballclubs Alemannia von 1903, Oberstadtsekretär Gerds (Rostock), gründeten in den ersten Tagen des Jahres 1903 einige Mitglieder des heute nicht mehr bestehenden FC Germania (Rostock) den Fußballclub Alemannia, der heute den Namen Verein für Rasensport von 1903 (Rostock) führt. Es waren sieben Jünglinge, in der Hauptsache Handwerks- und Kaufmannslehrlinge, denen die sportliche Betätigung in ihrem bisherigen Verein nicht mehr genügte und die eine bessere in einem neu zu gründenden Verein erhofften. Als Klubfarben wurden die Farben Schwarz und Weiß bestimmt und als Spieltracht weißes Hemd mit schwarzem Adler und weiße Hose.

In der ersten Zeit des Bestehens wurde, da ein Platz noch nicht zur Verfügung stand, auch Tore usw. noch nicht beschafft waren, in den Anlagen des Stadtparks vor dem Schweizer Haus gefußballert. Meistenteils jedoch nur gegen ein Tor, das durch zwei in gleicher Höhe stehende Linden gebildet wurde.

Nachdem endlich von den in Frage kommenden Behörden ein Platz auf dem Zuschauerraum der Rennbahn dem Verein überwiesen wurde, konnte ein geregelter Spielbetrieb aufgenommen werden. Inzwischen war der Verein durch Neuaufnahmen zu einer Mitgliederstärke von etwa 20 Mann gelangt. Es wurde fleißig trainiert, und bald wurden mit den in Rostock schon bestehenden Vereinen, vor allen Dingen mit dem Stammverein, FC Germania, Wettspiele ausgetragen. Das erste Spiel unseres Vereins gegen den FC Germania ging verloren, wie auch zunächst die weiteren Spiele gegen Rostocker Fußballclub von 1895 und den Internationalen Fußballclub von 1899 keine Erfolge brachten. Auswärts wurden wenig Spiele ausgetragen, da sich die Aufstellung einer spielstarken Mannschaft nach auswärts immer sehr schwierig gestaltete. Die neuaufgenommenen Mitglieder bestanden zum größten Teil aus Post- und Gerichtsschreibergehilfen, die infolge dauernder Versetzungen bald in dieser, bald in jener Stadt wohnten und auch häufig Gottesdienst hatten. Und doch gelang es bisweilen, allerdings immer unter größten persönlichen pekuniären Opfern, eine Mannschaft auf den Haufen zu bekommen, wie überhaupt damals die Ausübung unseres schönen Fußballsports ganz andere Anforderungen an die Mitglieder stellte, die aber immer gern erfüllt wurden.

Infolge Fehlens von Unterlagen – die geführten Protokollbücher und Aufzeichnungen über ausgetragene Spiele sind nicht mehr auffindbar, die Gründer des Vereins durch ihre berufliche Tätigkeit in alle Winde verstreut – ist es nicht möglich, Zahlenmaterial und weitere Einzelheiten bis zur Gründung des NFV anzugeben, so dass das Vorstehende nur aus der Erinnerung des Oberstadtsekretärs Gerds resultiert.


Sportvereinigung Eintracht von 1903 (Lüneburg)

Ehe es einen Norddeutschen Sport-Verband gab, gab es schon einen Deutschen Fußball-Bund, dem außer Eintracht auch der Lüneburger FC von 1901 bereits als Einzelverein angehörte. Wer wusste um die Jahrhundertwende in Lüneburg etwas vom Fußballsport, von der Leichtathletik und von volkstümlichen Sportarten? War die Rede vom Sport, dann meinte man Pferderennen und Radrennen. Die breite Masse interessierte sich mehr oder weniger für den Pferde- oder Radsport. Für beide war gesorgt. Eine Zement-Radrennbahn war in der „Roten Schleuse“, eine Pferderennbahn auf der Lüner Heide. Die Turner lebten ihrem Ideal, dem Hallenbetrieb.

So nahmen die Dinge ihren Lauf, bis im Jahre 1901 einige Jugendliche den Lüneburger Fußballclub gründeten. Damit war die Grundlage für die Entwicklung des Fußballsports geschaffen. Dem Lüneburger Sportclub von 1901 entstand dann durch Gründung des Fußballclubs Favorit (der heutigen Eintracht) am 18. August 1903 ein Rivale. Und nachdem in der Nachbarstadt Harburg der FC Viktoria und der FC Borussia von 1904 entstanden waren, wurde der Spielbetrieb auch bis dahin ausgedehnt, selbst Hamburger Vereine gaben Spielgelegenheit.

Der FC Favorit verdankt seine Entstehung Meinungsverschiedenheiten im LFC von 1901. Unzufriedene Mitglieder verließen diesen Verein und gründeten den FC Favorit, der bald Zulauf an Schülern erhielt. Das erste Spiel wurde gegen LFC von 1901 ausgetragen und mit 2:0 gewonnen. Als dann am 15. April 1905 der Norddeutsche Fußball-Verband gegründet wurde (das Gründungsprotokoll wurde von Wilhelm König als Vertreter des FC Favorit unterschrieben), wurde Lüneburg dem Bezirk Hamburg angegliedert, und von diesem Zeitpunkt an setzte ein regelmäßiger Spielbetrieb ein.

Erwähnt sei noch, dass sich am 10. Dezember 1905 der FC Hansa auflöste und seine sämtlichen Mitglieder dem FC Favorit beitraten, der von diesem Tage an den Namen Sportvereinigung Eintracht von 1903 annahm.


Lübecker Ballspielverein Phönix von 1903 <Vorgänger: Lübecker Ballspielclub von 1903, Seminar-Fußballclub von 1904, Lübecker Turnerschaft (Sportabteilung), Sportverein Phönix>

Die Namen der vorstehend angegebenen Vereine deuten den Werdegang des heutigen Lübecker Ballspielvereins Phönix von 1903 an. Seine Geschichte ist die des Rasensports in Lübeck schlechthin. Wir müssen daher die Geschichte dieses Vereins etwas ausführlicher behandeln als die anderer Vereine. Die Entwicklung ist nicht wie von ungefähr erfolgt. Nein, es hat die Kraft und Begeisterungsfähigkeit einer ganzen Reihe tatenfroher Männer bedurft, um mannigfache Widerstände von Staat, Schule und Elternhaus zu überwinden. Bunt und verworren ist der Werdegang des LBV Phönix gewesen. Aus vielen Quellen sind die Kräfte zusammengeflossen, die ihm seine heutige Gestalt und seine angesehene Stellung geschaffen haben. Vielgestaltig wie das der meisten heutigen großen Sportvereine ist das Bild seiner Gliederung, und gleichberechtigt stehen da: Gymnastik, Wandern, Schwimmen, Turnen und Volkstänze. Im Anfang galt von allem nur eins, das Fußballspiel, das nicht nur eine neue Form der Leibesübung war, sondern nicht mehr und nicht weniger war als der Versuch zur Gestaltung neuer Lebensformen der Jugend um die Jahrhundertwende. Nur so erklärt sich der ungeheure Aufschwung dieses Spiels in Deutschland, nur so wird es verständlich, dass das bereits vorher in einem Lübecker Turnverein geübte Fußballspiel dort wieder zum Verkümmern verdammt war. Auswärtige erst bliesen das Lebensfünklein wieder an, als sie nach einem Aufruf in den Tageszeitungen den Lübecker Ballspielclub von 1903 am 13. Januar in Siebelts Restaurant gründeten. Zehn junge Leute trieben nun allsonntäglich auf dem Burgfeld ihr eigenartiges Handwerk. Ihre leichte, bunte Kleidung erregte Anstoß, die angebliche Rohheit ihres Spiels hatte manches „Eingesandt“ zur Folge. Die Spieler hat das nicht angefochten.

Am 21. Juni 1903 fand das erste Wettspiel gegen Hohenzollern (Altona) statt; es ging 11:0 verloren. Das war bitter; man übte fleißiger. Die Spielergebnisse besserten sich, und am 18. November konnte der erste Sieg über Holstein (Kiel) gefeiert werden. Er ist bisher der einzige gegen diesen starken Verein geblieben.

Bereits im Jahre 1904 konnte eine Juniorenabteilung gegründet werden. Im gleichen Jahre erfuhr der Verein aber auch schon seine erste Krise. Seine Seminaristen gründeten den Seminar-Fußballclub. Die Trennung hatte jedoch die gute Folge, dass mit dieser Gründung örtliche Konkurrenz entstand, die sich noch durch Gründung des FC Alemannia vermehrte.

Vieles war in den ersten drei Jahren des Bestehens erreicht: Eine Mitgliederzahl von nahezu 100 Köpfen, eine gewisse Anerkennung in den Kreisen der Lübecker Bevölkerung, die allmählich Interesse und Verständnis zeigte, eine eigene Platzanlage, eine örtliche Organisation mit den anderen Vereinen. Dennoch entstand eine gewisse Verdrossenheit; sie floss aus der wiederholten Ablehnung eines für die Folgezeit sehr wichtigen Antrags auf Gründung einer Leichtathletikabteilung. Schließlich ging der Antrag doch durch, und ein besonderer Übungsabend wurde den Leichtathleten eingeräumt.

Mit der Gründung des Seminar-Fußballclubs am 5. März 1904 wuchs die Begeisterung für den Fußballsport am Seminar schnell. Bald konnten vier Mannschaften ins Feld geführt werden, und die Spielstärke stieg langsam. Dieser Aufstieg wurde aber bald gehemmt. Der Seminardirektor ordnete 1905 an, dass nur Seminaristen dem Klub angehören durften. Durch diese engherzige Bestimmung wurden die „neugebackenen“ Lehrer zum Ausscheiden aus dem Verein gezwungen, und sie schlossen sich wieder dem LBC an. Damit hatte der Seminar-FC nicht nur seine besten Spieler, sondern auch seine erfahrensten Verwaltungsbeamten verloren. Rückschläge blieben nicht aus, zumal auch die Unterstützung seitens des Lehrkörpers am Seminar zu wünschen übrig ließ. Der Klub ging langsam seinem Ende entgegen. Die wenigen Seminaristen, die noch Fußball spielten, schlossen sich mit dem FC Hohenzollern zu der Lübecker Sportvereinigung von 1905 zusammen, die später in den LBV aufging.

Wohl wurde im Jahre 1907 ein neuer Seminar-Fußballklub gegründet, doch zeigten sich bald dieselben Hemmungen, so dass sich der Klub 1912 an die Lübecker Turnerschaft anschloss.

Die vorbildliche Jugendarbeit, die durch das Zusammengehen mit der Lübecker Turnerschaft entstand, wurde hartherzig durch den Beschluss der Deutschen Turnerschaft auf „reinliche Scheidung“ (diesen uns schwer beleidigenden Ausdruck) gestört, hatte aber zur Folge, dass sich eine Vereinigung mit der Lübecker Sportvereinigung anbahnte, und im April 1924 wurde dieser Vereinigung der Name Lübecker Ballspielverein Phönix von 1903 gegeben.


Geestemünder Sportclub von 1904

Die Schilderung der Verhältnisse an der Unterweser ist an anderer Stelle dieses Buches vorgenommen. Eng verbunden damit ist der Geestemünder SC. Der stimmgewaltige L. Bellmer berief im Mai 1904 eine Versammlung ein zur Gründung eines Fußballclubs. Drei Herren nur waren erschienen. Eine erneute Einladung am 23. Juni 1904 war von Erfolg, und die Neugründung gelang. Am 7. August fand das erste Wettspiel, gegen Bremerhaven-Lehe, statt, das mit 8:2 Toren verloren wurde. Nach Jahresfrist wuchs die Mitgliederzahl auf 60. Am 1. Oktober wurde Bremerhaven-Lehe schon mit 5:4 bezwungen. Gegen Ende des Jahres 1904 waren zwei Mannschaften vorhanden, die nach Eintritt in den NFV an den Bezirksspielen teilnahmen.


Wie unser FC Baldur entstand

<Die nachstehende kleine Skizze ist typisch für die Entstehung der meisten unserer Vereine.>

Wenn Germania auf dem Mühlenkamp spielte, wurden 20 Pfennig Eintritt erhoben, von Knaben 10 Pfennig. Aber wir Jungens aus den umliegenden Straßen hatten entweder keinen Groschen oder dafür eine andere Verwendung in Aussicht genommen. Also blieb nichts anderes übrig als beim ersten Tor – und Germania machte derzeit viele Tore – wenn alle Blicke sich dorthin wandten, über die Planke zu jumpen. Wohl wurde mal einer erwischt, aber die anderen kamen durch und mischten sich dann mit den unschuldsvollsten Gesichtern unter die Zuschauer. Eine nachherige Kontrolle, ob sie bezahlt hatten, war nicht möglich, denn es wurden keine Eintrittskarten ausgegeben. So hatte Germania stets eine Anzahl „Interessenten“. Natürlich waren sie alle auf Germania eingeschworen, es war „ihr“ Verein, obschon er nichts von ihnen wissen wollte. Und auf den Schulwegen wurde eifrig Vereinspolitik getrieben und trainiert. Leere Konservendosen usw. mussten den Ball markieren und wurden durch „Zuspiel“ bis zur Schule und nach Schulschluss wieder zurückgetrieben.

Zu Weihnachten bekamen die Gebrüder M. einen kleinen Fußball von ihren Eltern geschenkt. Nun hatte die Horde endlich das, was ihr fehlte. Auf einer uneingefriedigten Wiese an der Sierichstraße spielte derzeit der St. Georger FC mit Mädel im Tor, Dreyer und Sternberg als Bombenverteidiger. So fehlte es nicht an Vorbildern, und da man jetzt auch einen Ball hatte, konnte es losgehen. Aber Wochentags hatte der Milchmann Schmidt seine Kühe auf der Spielwiese, und es konnte nicht ausbleiben, dass die Jungens erstens mit den Kühen und zweitens mit Milchmann Schmidt in Differenzen gerieten. Als aber alle Verbote auch seitens des Schulleiters nichts nutzten, wurde die Polizei den Jungens auf den Hals geschickt. Da diese aber den Patrouillengang des Schutzmanns genau kannten, wurde Ecke Langerkamp ein Horchposten aufgestellt. Sobald der Schutzmann in Sicht kam, gellte ein Pfiff, und – mit dem Ball nahm die Gesellschaft Reißaus.

Lange konnte das nicht so weitergehen. Die Eltern wurden polizeilich benachrichtigt, dass usw. – Strafandrohung – Schule melden usw. Also blieb nur noch die Straße übrig zur Betätigung. Aber auch hier folgte das Unheil auf dem Fuße. Ein scharf getretener Ball flog durch das offenstehende Oberlicht in der Tür des Schlachterladens und Meister Schmiedel an den Kopf. Kurzer Hand konfiszierte er den Ball, der übrigens kaum den Namen Ball noch verdiente. Also musste ein neuer Ball angeschafft werden. Papa M. zeigte sich hartherzig, und in einer Schulpause wurde dann beschlossen, von jedem, der mitspielen wollte, einen wöchentlichen Beitrag von 20 Pf. für einen neuen Ball zu erheben. Das war möglich, weil die meisten Knaben täglich 5 Pfennig erhielten, um sich in der Frühstückspause Milch zu kaufen. Alwin K. wurde Kassierer. Aber der Schlingel hatte nach und nach die ganzen Ersparnisse verschnobt. Eine tüchtige Tracht Prügel, die ihm verabreicht wurde, brachte das Geld nicht wieder. Da alle Versuche, von Germania einen Ball „erben“, d.h. klauen zu können, fehlschlugen, erschienen an einem Sonntagmorgen 10 bis 12 Knaben bei Papa M. und hatten die Befriedigung, das Geld für einen neuen Ball bewilligt zu erhalten, d.h. er kaufte den Ball selber und brachte ihn am Montag mit. Zugleich riet er den Jungens, bei Germania ihren Eintritt anzumelden. Für die Knaben war es eine bittere Enttäuschung, als ihre Aufnahme abgelehnt wurde. Nun reifte der Entschluss, einen eigenen Verein zu gründen. An der Ecke Scheffelstraße fand die Zusammenkunft statt, aber ein Platzregen löste die Versammlung auf. Man traf sich dann in einem Torweg am Langenkamp. An die 30 Teilnehmer waren es, die hier eifrig diskutierten. Das fiel einem vorübergehenden Schutzmann auf, der hier eine Verschwörung witterte, und da er seine Pappenheimer kannte, trieb er die Jungens auseinander. Aber trotzdem kam die Gründung einige Tage später zustande. „Baldur“ war der Name, Beitrag: 20 Pfennig monatlich, Versammlungsort: Hinterm Knick am Mühlenkamp, Spielplatz: Stadtpark, irgendwo.

So nach und nach wurde man im Stadtpark, beim Wasserturm, heimisch, hatte aber bald Streitigkeiten mit dem FC Condor, der sich dort ebenfalls sesshaft gemacht hatte. Schließlich kam man zu einer Vereinigung unter dem Namen Condor, der sich später mit Saxonia vereinigte. Saxonia vereinigte sich 1907 mit dem FC Sperber.

Um auf Condor zurückzukommen, sei noch bemerkt, dass man durch die Vereinigung zu einem Spielplatz gekommen war. Umkleidegelegenheit wurde bei einer nahegelegenen Wirtschaft geboten – allerdings nur ein verfallenes Schauer, zu dem man nur gelangen konnte, wenn man dem Wachhund einen Knochen mitbrachte, und das uns der Wirt nur unter der ausdrücklichen Bedingung überließ, dass wir keine Eier klauten, denn das Schauer diente zugleich als Hühnerstall. Waschgelegenheit: die Pumpe auf dem Hofe. Im Winter, wenn die Pumpe eingefroren war, wusch man sich im Schnee. In der Waschküche wurden die Versammlungen abgehalten. Man saß auf Fässern und Balgen, der Vorstand an einem Gartentisch. Die Tore lagerten im Garten auf der Erde, den Ball nahm der Ballwart stets mit nach Hause.

So wurde recht und schlecht Fußball gespielt, an den Sommerabenden täglich, im Winter nur Sonntags. Ja, der Winter! Dann hatte man seine liebe Not. Unser Mitglied Schmied Fr. hatte die Torpfosten mit 1 Meter langen eisernen Spitzen versehen, und diese in den hartgefrorenen Boden einzutreiben, war keine leichte Arbeit. Alle Mitglieder der nächsten Umgebung mussten dann mit Kesseln heißen Wassers antreten, um den Boden aufzutauen. Und wie oft musste der ganze Vormittag dazu dienen, den Platz einigermaßen schneefrei zu machen. Dann wurde die Fortbildungsschule und die Gewerbeschule geschwänzt, denn alle Mann mussten helfen, bei 20 Pfennig Strafe für Nichterschienene. Entschuldigungen wurden nicht anerkannt, weder Schulbesuch noch Kirchgang.

So entstanden und verschwanden Baldur, Condor und Saxonia. Und Ihr jungen Spieler, die Ihr heute auf gepflegten Sportplätzen mit festen Toren und Netzen spielt, erwärmte und verschließbare Umkleideräume habt, ahnt Ihr, wie es damals nicht nur uns, sondern wohl den meisten Klubs, aus denen später unsere heutigen großen gutgeleiteten Vereine wurden, erging? Ahnt Ihr, welch ein Heiligtum derzeit ein Spielball war, der Euch heute, ungeflickt und schön aufgepumpt, vor die Füße gelegt wird? Wir wünschen gewiss nicht die früheren Zustände zurück, aber denkt daran und murrt nicht, wenn Euch mal etwas nicht in den Kram passt. Pflegt die Freundschaft unter Euch, wie wir es taten in der Zeit der goldenen Jugend- und Flegeljahre!