Benutzer:Karsten11/Justiz in der Weimarer Republik
Die Justiz in der Weimarer Republik war durch eine starke organisatorische und personelle Kontinuität zu der Justiz im Deutschen Kaiserreich geprägt. Eine intensive Diskussion über die Notwendigkeit einer Justizreform führte zu keinen großen Ergebnissen. Vielfach wird der Weimarer Justiz vorgeworfen, auf dem rechten Auge blind gewesen zu sein, d.h. Straftaten rechtsextremer Täter unzureichend und linksextremer Täter übermäßig hart verfolgt zu haben. Hierdurch habe die Justiz zum Untergang der Weimarer Republik und zur Machtergreifung der Nationalsozialisten beigetragen.
Organisation
Die Organisation der Justiz wurde zunächst weitgehend unverändert übernommen. Die Weimarer Reichsverfassung legte im siebenten Abschnitt die Regelungen bezüglich der Rechtspflege fest. Wesentlich waren zunächst einmal die Aufhebung von Sondergerichten und der militärischen Ehrengerichte (Art. 105) und der Militärgerichtsbarkeit (Art. 106). Die betreffenden Aufgaben wurden von der ordentlichen Gerichtsbarkeit übernommen. Völlig neu war der Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich als Verfassungsgericht.
Durch die Abtrennung von Fachgerichten (Verwaltungsgerichte, Arbeitsgerichte) wurde die Spezialisierung der Justiz gefördert.
In der Emminger’schen Reform, so benannt nach dem damaligen Reichsjustizminister Erich Emminger, wurden die Geschworenengerichte durch Verordnung der Reichsregierung „über Gerichtsverfassung und Strafrechtspflege“ vom 4. Januar 1924[1] abgeschafft. Sie bestanden zwar dem Namen nach (Schwurgericht) als bedarfsweise zusammentretende Spruchkörper fort, doch mit einheitlicher Richterbank, also ohne die charakteristische Trennung von Schuld- und Straffrage:
„Die Richter und die Geschworenen entscheiden über die Schuld- und Straffrage gemeinschaftlich; während der Hauptverhandlung üben die Geschworenen das Richteramt im gleichen Umfang wie die Schöffen aus.“
Personal
Die im Kaiserreich ernannten Richter blieben im Amt. Sie wurden verpflichtet, einen Eid auf die Verfassung abzulegen. Diejenigen Richter, die dies nicht wollten, konnten aus dem Amt ausscheiden. Von dieser Möglichkeit machten nur 0,15 % der Richter Gebrauch, so dass das Richterkollegium weitgehend unverändert blieb.
Während die Justiz im Kaiserreich zu einer demokratischen Kontrolle des Staates beigetragen hatte, war ihre Wirkung in der Weimarer Republik eine konservative. Die Richter vertraten überwiegend die Werte einer konstitutionellen Monarchie und standen der Republik skeptisch gegenüber. Dies entsprach der Wahrnehmung großer Teile der Bevölkerung und vor allem der Beamtenschaft. Bei den Richtern kam noch hinzu, dass die Novemberrevolution vielfach als illegitim und Rechtsbruch empfunden wurde.
Politisierung der Justiz
Eine der wichtigsten politischen Debatten in der Anfangszeit der Weimarer Republik war die Forderung zu einer bzw. Warnung vor eine "Politisierung der Justiz" (siehe hierzu auch Politische Justiz). Das Prinzip der Richterlichen Unabhängigkeit war in Artikel 102 der Weimarer reichsverfassung verankert ("Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen."). Gegen diese richterliche Unabhängigkeit richtete sich Protest von Seiten linker Sozialdemokraten und Kommunisten. Kernpunkt der Kritik war zunächst die Unkündbarkeit der Richter, die sich aus ihrer Unabhängigkeit ergab. Es gab daher keine Möglichkeit, diejenigen Richter, die der Republik kritisch gegenüberstanden, aus dem Amt zu entfernen.
Daneben sollte Einfluss auf die Urteile selbst genommen werden und die Rechtsprechung teilweise dem Willen der frei gewählten Parlamente zu unterwerfen.
Weitergehen war die Kritik der Linken, insbesondere der USPD und später KPD, die die Justiz als Teil des Klassenkampfes beschrieben und ihr Klassenjustiz vorwarfen.
Umgekehrt warnten Liberale und Konservative und die überwiegende Mehrheit der Juristen vor einer solchen "Politisierung der Justiz", die den Rechtsstaat beschädige. Der Deutscher Richterbund als Vertretung der Richter vertrat weitgehend geschlossen diese Position. Die Gegenmeinung organisierte sich im Republikanischen Richterbund.
Die Bemühungen um eine "Politisierung der Justiz" führten letztlich zu keiner Änderung. Die politische Umsetzung scheiterte zum einen an der Notwendigkeit der Zusammenarbeit in der Weimarer Koalition in der auch bürgerliche Parteien vertreten waren und vor allem dem häufigen Wechsel im Amt des Reichsjustizministers, der eine weitreichende Justizreform organisatorisch erschwerte.
Auf dem rechten Auge blind
Einzelnachweise