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Franz Jung (Großdechant)

Franz Jung (* 3. Dezember 1936, Neundorf (Nowa Wieś)[1] – ist ein römisch-katholischer Geistlicher, Prälat, Apostolischer Protonotar, 1983–2012 der letzte Großdechant der Grafschaft Glatz, die bis 1972 zum Erzbistum Prag gehörte und Visitator für Priester und Gläubige der ehemaligen Grafschaft.[2][3]

Lebenslauf

Geboren wurde Franz Jung 1936 als Landwirtssohn in Neundorf (heute Nowa Wieś), damals Kreis Habelschwerdt (heute Bystrzyca Kłodzka). Als Kleinkind zog er mit seinen Eltern nach Gläsendorf (heute Szklarnia). Nach Übernahme der Grafschaft Glatz durch Polen im Jahre 1945 musste er 1946 die Grafschaft verlassen und kam mit seiner Familie nach Westfalen (Westdeutschland). Die Familie fand vorläufig Aufnahme in Liesborn/Kreis Warendorf (Nordrhein-Westfalen). Dann konnten die Eltern eine landwirtschaftliche Stelle in Lüdinghausen/Kreis Coesfeld übernehmen.[1]

Seine höhere Schulbildung erhielt er zunächst in Xanten, wo der Breslauer Priester Dr. Paulus Tillmann eines seiner Internate für heimatvertriebene Schüler ins Leben gerufen hatte. Nach dem in Lüdinghausen absolvierten Abitur Jung entschloß sich zum Theologiestudium in Münster und wurde am 29. Juni 1964 durch Bischof Joseph Höffner zum Priester geweiht.[1] Er wirkte als Kaplan in mehreren Gemeinden am Niederrhein, erst in Wesel (1964–1968), dann in Moers (1968–1972), schließlich in Goch, bevor er im Jahre 1976 als Pfarrer nach Duisburg-Walsum ging.[4] Von 1982 bis 1989 war er Diözesanpräses der Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) im Bistum Münster, wurde gleichzeitig Leiter des Referates Arbeiterseelsorge im Generalvikariat und Rektor der Kapelle des Gottfried-Könzgen-Heims in Haltern am See.[5]

Großdechant der Grafschaft Glatz

Er engagierte sich bereits während seines Theologiestudiums 1958 in Münster und München in der katholischen Jugendarbeit der Grafschaft Glatz[6]. Nach dem Tod des Großdechanten Prälat Paul Sommer folgte die zusätzliche Aufgabe des Glatzer Großdechanten. Am 22. September 1983 wurde er zum Päpstlichen Prälat, Großdechant der Grafschaft Glatz und Kanonischen Visitator für Priester und Gläubige der Grafschaft Glatz ernannt und vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz berufen.[7] Es war mit dem Recht verbunden, Mitra, Krummstab und das Pektorale zu tragen und an der Deutschen Bischofskonferenz teilnehmen zu dürfen. Seit der Erneuerung der Statuten der Bischofskonferenz in Deutschland 1998 ist er nicht mehr Mitglied der Deutschen Bischofskonferenz, trägte aber weiterhin den Titel des Großdechanten der Grafschaft Glatz und Visitators. Da beide Ämter mit einer intensiven Reisetätigkeit verbunden waren und ihren gesundheitlichen Tribut forderten, wechselte Franz Jung von der KAB-Arbeit und übernahm er im August 1989 für 12 Jahre lang auf die Pfarrstelle der kleinen Innenstadtgemeinde zu seiner Aufgabe als Visitator die Pfarrstelle an St. Aegidii in Münster[2][4] und anschließend als Subsidiar in Münster-Mecklenbeck St. Anna.[5]. Zudem war er Sprecher der Visitatorenkonferenz in Deutschland und in den Jahren 2008 und 2009 zusätzlich Visitator für Priester und Gläubige aus dem Erzbistum Breslau (Wrocław), d.h. er war damit für alle deutschen Gläubigen aus Schlesien zuständig.[2]

In Deutschland nahm Großdechant Prälat Franz Jung als Visitator für Priester und Gläubige aus der Grafschaft Glatz an fast allen Heimattreffen der Grafschaft Glatzer Heimatgruppen teil. In jedem Jahr organisierte er die Wallfahrt der Priester und Gläubigen aus der Grafschaft Glatz zum Marienwallfahrtsort Telgte in Westfalen sowie eine Buswallfahrt in die Grafschaft Glatz. In Deutschland wie in Polen organisierte er diverse gesellschaftliche und religiöse Treffen, an denen die ehemaligen deutschen wie die jetztigen polnischen Einwohner der Grafschaft Glatz teilnehmen, um sich auszutauschen und gemeinsam zu beten. Er pflegt auch den Kontakt zu vielen polnischen Geistlichen in der Grafschaft Glatz. Darüber hinaus gibt er seit 1999 vierteljährlich den „Rundbrief des Großdechanten” heraus. Er setzt sich aktiv ein für die Erhaltung religiöser Baudenkmäler in der Grafschaft Glatz, unterstützt deutsch-polnische Projekte im Geiste der Verständigung und Annäherung zwischen beiden Völkern und hält sich mehrmals im Jahr in der Grafschaft Glatz auf.[3]

Im Jahre 1998 brachte er den Seligsprechungsprozess von Kaplan Gerhard Hirschfelder in Gang, dem Märtyrer des Glaubens aus der Grafschaft Glatz, der 1942 sein Leben im Konzentrationslager Dachau verlor. Seit der Eröffnung des Seligsprechungsprozesses setzt sich Großdechant Jung aktiv für dessen erfolgreichen Abschluss ein. Einer der Höhepunkte im Berufsleben von Franz Jung war die Seligsprechung des Glatzer Kaplans Gerhard Hirschfelder in 2010 in Münster.[5] Seit 2. Oktober 2001 ist Franz Jung Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande[1].

Nach 29 Jahren als Visitator für die Katholiken aus der Grafschaft Glatz ist Franz Jung am 17. März 2012 aus dem aktiven Dienst verabschiedet worden. Seine Visitatur war in diesem Zusammenhang aufgelöst worden. Die Belange der Glatzer werden nun von der neuen Visitatur für die Gläubigen von ganz Schlesien (Breslau, Branitz und Glatz) vertreten. Der in der Kirche einmalige Titel des Großdechanten wird nicht weitergegeben.[8] Er war zugleich der 14. Großdechant und der 50. und der letzte Dechant der Grafschaft Glatz seit der ersten Erwähnung dieses Amtes im 13. Jahrhundert.[1]

Seiner Heimat blieb Prälat Franz Jung stets eng verbunden, er nimmt weiter, wie seit vielen Jahren an der Arbeit der Stiftung Kulturwerk Schlesien regen Anteil.[4]

Publikationen

  • Priester- und Schwesternschematismus für die Grafschaft Glatz[7][1], 1985
  • Heft über den Wallfahrtsort Albendorf zur Glatzer Madonna, 1988[4]
  • Sie gehören zu uns – Totengedenkbuch III der Grafschaft Glatz für den Grafschafter Klerus, Münster [Selbstverl. d. Hrsg.], 1989[4]
  • Die Kirchengeschichte der Grafschaft Glatz von 1840–1940, in: Arno Herzig (Hrsg.), Glaciographia Nova. Festschrift für Dieter Pohl, Hamburg 2004, S. 250–264[1]
  • Auf dem Weg durch die Jahrhunderte. Beiträge zur Kirchengeschichte der Grafschaft Glatz, Münster [Visitatur der Grafschaft Glatz], 2005,
  • Gerhard Hirschfelder – ein Seliger für unsere Zeit Hoffnungsträger – Mutmacher – Brückenbauer (mit anderen), Münster Dialogverlag, 2011, ISBN 978-3941462571[1]

Ehrungen

Literatur

Weblinks

  • Jung, Franz. In: Ostdeutsche Biografie (Kulturportal West-Ost)

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h Michael Hirschfeld, Jung, Franz, Kulturportal West Ost
  2. a b c Günther Gröger, Freude und Dankbarkeit, aber auch Wehmut bei den Grafschaftern, „Ziemia Kłodzka” Nr. 214, April 2012, S. 15
  3. a b Heinz-Peter Keuten, Jung Franz, In: Popularna Encyklopedia Ziemi Kłodzkiej, Band 4 (Ś–Ż), von Janusz Laska, Mieczysław Kowalcze, Kłodzko 2009, Wydawnictwo „Maria”, 2011, s. 257–258. ISBN 9788362337361
  4. a b c d e Klaus Hildebrandt, Geburtstagsglückwünsche, „Schlesischer Kulturspiegel” Nr. 46, 2011, S. 82–83
  5. a b c Bischöfliche Pressestelle, Goldenes Priesterjubiläum von Großdechant Franz Jung: Mehr als 500 Gäste kommen nach Hiltrup
  6. Goldenes Priesterjubiläum. 600 Gäste feiern mit Großdechant Franz Jung, „Westfälische Nachrichten” 28.06.2014
  7. a b [http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/veroeffentlichungen/arbeitshilfen/AH_146.PDF Kirche und Heimat. Die katholische Vertriebenen- und Aussiedlerseelsorge in Deutschland, Herausgeber: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 1999, S. 43]
  8. Claudia Maria Korsmeier, Verabschiedung von Großdechant Prälat Franz Jung. Wehmut und Offenheit, Kirchen Site.de 18.03.2012

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