Benutzer:Kero/Grifo

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Grifo (* wohl 726, † 753 bei Saint-Jean-de-Maurienne) war der Sohn Karl Martells von seiner zweiten Ehefrau Swanahild. 741 wurde Grifo im letzten Testament Karl Martells ein Teil des Frankenreiches zugesprochen. Ab diesem Zeitpunkt führte er einen lebenslangen Kampf um den Antritt seines Erbes. Die Quellen stellen Grifos Forderungen als revolutionäre Putschversuche dar. Die Ansprüche seien illegitim und Grifo nicht erbberechtigt. Sein Kampf sei gegen die Franken gerichtet gewesen, von purer Machtbesessenheit geprägt und ohne Chancen geführt worden.

Quellen und Forschungsstand

Die beiden ausführlicher überliefernden Quellen zu Grifo sind die sogenannten Einhardannalen und die Metzer Annalen. In den Reichsannalen und der Fredegarchronik ist vom Erbe Grifos keine Rede. Dies verwundert, da der Halbbruder Karl Martells, Childebrand, die Leitung der Fredegarchronik innehatte und seinen Neffen eigentlich hätte kennen sollen. Obwohl einige Quellen aufeinander aufbauen, sind die Darstellungen sich nur in ihrer Grifofeindlichkeit einig. „Diese verschiedenen Darstellungen sind also nicht etwa auf Informationslücken zurückzuführen, sondern bewußt so gestaltet.“

Bedeutung hat außerdem die Erwähnung von Grifos Namen im Brief des Missionserzbischofes Bonifaz, in dem er Unterstützung in Thüringen erbat. Die Historiker sind sich zwar einig, dass die historischen Abläufe der Aufstände korrekt wiedergegeben wurden, aber keine der Quellen ist neutral, so dass eine einheitliche Interpretation der relevanten Texte immer noch nicht erreicht scheint und die Geschichtswissentschaftler bis heute beschäftigt. Grifo wurde lange Zeit von den Historikern, den Quellen entsprechend, negativ beurteilt. Erst seit dem bekannten und noch heute vielzitierten Artikel von Mikoletzky werden Grifos Erbrechte und seine Handlungen differenzierter betrachtet. Doch auch trotz der Versuche, die Gültigkeit des Testamentes zu beweisen, diskutiert die modernere Forschung die Legitimitätsfrage und Gesamtbeurteilung Grifos zwiegespalten.

Die Rechtmäßigkeit des Testamentes Karl Martells

Die Ehe Karl Martells zu Swanahild

Kurz vor dem Tod Karl Martells 741 wurde sein Testament geändert. Neben seinen beiden Söhnen aus erster Ehe wurde nun auch der höchstens 15-jährige Sohn Grifo aus zweiter Ehe erwähnt. Ihm wurden Teile von Neustrien, Austrien und Burgund „in medio principatus sui“ zugesprochen. Die Rechtmäßigkeit dieses Testamentes wurde jedoch direkt nach Karls Tod angezweifelt. Die älteren Erben, Karlmann und Pippin, führten dafür vornehmlich drei Gründe ins Feld: Ihr Vater habe unter manipulierendem Einfluss Swanahilds seine Zustimmung erteilt und nur durch das „consilium mulieris improbae“. Grifo sei deshalb nicht erbberechtigt, da Swanahild nur eine Konkubine ihres Vaters gewesen sei. Zweitens sei nur die Zustimmung Swanahilds und Grifos zur Änderung, nicht die Karlmanns und Pippins dokumentiert. Schließlich fehle die Unterstützung der optimates der Franken, die die beiden Brüder ausdrücklich zum Widerstand gegen die Durchsetzung des Testamentes aufgerufen haben sollen.

Grifos Mutter Swanahild musste natürlich persönliches Interesse daran gehabt haben, dass ihr Sohn politische Macht zugesprochen bekam. Zumal dieser keineswegs, wie nachträglich immer wieder behauptet wurde, das Produkt einer Liason mit einer Konkubine war. Auch war Swanahild mit Karl Martell keine Kebsehe eingegangen, in der die Kinder tatsächlich nicht erbberechtigt waren. Swanahild stammte nicht nur aus bestem Hause, sondern war durch die offiziell geschlossene Friedelehe die legitime Ehefrau Karl Martells. Letztgenannter war ebenfalls Produkt einer Friedelehe. „Geliebte“ entspricht zwar dem Wortursprung, soll aber nicht eine Affäre, sondern einzig den Liebescharakter dieser Ehe kennzeichnen. Trotzdem standen hinter der Liaison auch handfeste politische Absichten. Karl führte die junge Swanahild nach seinem erfolgreichen Bayernfeldzug 725 an den fränkischen Hof. Nach dem militärischen Sieg konnte er auf die politische Loyalität der Bayern hoffen, die durch die Verbindung mit der bayrischen Prinzessin in die Dynastie der Franken einbezogen wurden.

Die Friedelehe musste durch Heimführung der Braut und die Hochzeitsnacht offiziell legitimiert werden. Sie garantierte der Frau wesentliche Rechte. Im Gegensatz zur Muntehe war es eine tatsächliche Liebesheirat, die nur aus dem freien Willen des Brautpaares geschlossen werden konnte. Der Mann verfügte nicht über eine vormundschaftsähnliche Macht über seine Angetraute. Die Frau hatte dasselbe Recht wie der Mann, die Scheidung zu verlangen. Die aus dieser Verbindung entstandenen Kinder besaßen volles Erbrecht. Die Ehe besaß zum Todeszeitpunkt Karls volle Rechtsgültigkeit. „Das Reichenauer Verbrüderungsbuch verzeichnete sie sogar als ‚Swanahild regina’.“ Erst im 9. Jahrhundert wurde diese Form des ehelichen Zusammenlebens von der Kirche für illegitim erklärt. Es spricht daher nichts dafür, dass die Kirche 741 etwas dagegen gehabt haben könnte.

Im Gegenteil: Die einzige Quelle, die nicht von Anhängern der ‚Sieger’, also Anhängern Pippins und Karlmanns, verfasst wurde, ist der Brief des Missionserzbischofes im Frankenreich, Bonifaz. Wenn auch nur der Brief an Grifo erhalten geblieben ist, so wird er auch an Pippin und Karlmann gesendet worden sein. Die Anfangszeilen sind aber durchaus nur an Grifo persönlich gerichtet. Er bittet „Griponi filio Carlo optabilem“ um die Unterstützung in Thüringen. Er erachtet Grifo also durchaus als erbberechtigt und in der Lage eigenständig handeln zu können. Obwohl durch den Tod seiner ersten Frau der Weg für die Muntehe frei gewesen wäre, war die geschlossene Friedelehe ein Zugeständnis an die Handlungsfreiheit und Machtteilhabe Swanahilds und damit auch an die Einflussmöglichkeit der Swanahild eng verbundenen Bayernpartei.

Die fehlende Beglaubigung durch Karlmann, Pippin und die optimates

Karlmann und Pippin mögen das letzte Testament tatsächlich nicht durch ihre Unterschrift beglaubigt haben. Das war aber offensichtlich nicht nötig. Bis zum Tode Karl Martells regte sich kein bezeugter Widerstand der beiden. Entweder wurden sie also nicht in die Änderungen eingeweiht oder sie wagten keinen Widerspruch zu Lebzeiten ihres Vaters. Die benötigten Bezeugungen der Nachlassregelung wurden neben einigen Fürsten und Geistlichen durch Swanahild und Grifo geleistet. Weder Karl Martell noch Swanahild hätten juristische Unklarheiten zugelassen, musste dies doch unweigerlich zur Anfechtung des Testamentes führen. So fand auch nach 741 kein Versuch einer juristischen Klärung des Disputes statt, satttdessen stellten Karlmann und Pippin Grifo sofort militärisch vor vollendete Tatsachen.

Natürlich sahen die meisten Franken durch Grifos Erbberechtigung Gefahren, bedeutete sie doch faktisch einen Machtverlust der Franken gegenüber den grifonahen Bayern. Das Gewohnheitsrecht, das der Aristokratie Mitspracherecht bei der Wahl der Hausmeier erlaubte, war seit Pippin dem Mittleren „zwar nicht dahingefallen, aber doch in seiner Wirksamkeit zweifelhaft geworden. [...] Zum Teil war die Aristokratie durch Benefizien dem Willen des Hausmeiers unbedingt ergeben. Die Folge war, dass die Großen zwar noch gefragt wurden, daß aber im Voraus feststand, der Wille Karls würde durchgehen.“ Standen also tatsächlich die meisten der fränkischen optimates auf Seiten der älteren Brüder, so gab es auch schon eine kleine Anhängerschaft Grifos, die Karl Martells Willen treu durchsetzen wollten.

Wichtiger allerdings ist die Tatsache, dass nicht die optimates, sondern einzig der deutsche König die Hausmeier einsetzen beziehungsweise bestätigen durfte. Da es seit dem Tod Theuderichs IV. 737 keinen offiziellen König mehr gab, hätte man also nur das Testament insgesamt für unrechtmäßig erklären können. Das dann zu erwartende Chaos konnte kaum im Interesse Karlmann und Pippins gelegen haben.

Festsetzung Grifos

741 sah es für die Bayern gut aus: der Halb-Agilolfinger Grifo sollte einen Teil des Frankenreiches erben und Odilio, der dux Bayerns aus dem gleichen Geschlecht, unterhielt schon seit einem Jahr eine Liebesbeziehung zu Karl Martells Tochter Hiltrud. Diese Verbindung war durch den Skandal des unehelich geborenen Sohnes Tassilo jedem bekannt. Direkt nach Karls Tod gingen Hiltrud und Odilio nach Bayern zurück und heirateten gegen den Willen Karlmanns und Pippins. Angeblich fand diese Heirat aber auf Drängen Swanahilds statt, die zu diesem Zeitpunkt also noch nicht festgesetzt worden war. Auf dynastischer Ebene war der Weg für Bayern frei, sich an der Herrschaft im Frankenreich zu beteiligen oder wenigstens seinen Vasallenstatus zu verlieren. Die Franken müssen beunruhigt gewesen sein. Gab Karl Martell nicht ein Drittel des Reiches an einen Halbfranken und schuf damit potentiell einen mächtigen Feindstaat? Der jüngere Bruder war erst 15 Jahre alt und stand unter dem starken Einfluss seiner bayerischen Mutter. Diese würde voraussichtlich mit ihrem Verwandten Odilio kooperieren und für eine dynastische Festigung der Bayern in Grifos Reich sorgen.

Der Dynastienwechsel schuf schon genug Probleme. Wie so oft nach dem Tod eines Herrschers würden einige besetzte Gebiete und Vasallenstaaten die Gunst der Stunde nutzen und den Aufstand proben. Schon Karl Martell hatte nach seinem Herrschaftsantritt mit eben diesen Problemen zu kämpfen. So sah er sich zu Feldzügen gegen Aquitanien (718), Alemannien (725) und Sachsen (724) gezwungen. Ebendiese Regionen, Aquitanien im Westen, Alemannien im Südwesten, Sachsen im Osten und die nicht zu kalkulierenden Bayern im Südosten in einer Allianz mit dem Staate Grifos konnten das Ende des Frankenreiches bedeuten. Um das zu verhindern sahen Karlmann und Pippin nur die Möglichkeit, ihren Halbbruder und seine Mutter politisch möglichst schnell auszuschalten. Dabei müssen sie den klaren Rechtsbruch wissentlich in Kauf genommen haben. Da sie sich aber wie einst ihr Vater der Unterstützung der Franken sicher sein konnten, hatte dies realpolitisch zunächst keine Relevanz.

Die sogenannten Einhardannalen berichten von den Plänen Grifos, angestachelt durch den Rat seiner Mutter, sich das komplette Frankenreich (ad spem totius regni) gewaltsam aneignen zu wollen. Dadurch habe er seine Brüder zur militärischen Reaktion gezwungen, da er „sine dilatione Laudunum civitatem occuparet, ac bellum fratribus indiceret.“ Die Ereignisse lassen andere Schlüsse zu. Das Testament wurde von Grifo und seiner Mutter selbst bezeugt. Beide waren also mit dem Anteil durchaus zufrieden. Die Kürze der folgenden Auseinandersetzung zeigt, dass Grifo und Swanahild nicht in der Lage waren, die Heere der älteren Brüder abzuwehren, geschweige denn das gesamte Frankenreich zu besetzen. Die Version, Grifo habe den Krieg durch eine Besetzung Laons begonnen, ist somit ebenfalls hinfällig.

Realistischer ist die Version der Metzer Annalen. Hier werden Karlmann und Pippin von den Franken beauftragt, in Grifos Reich einzudringen und ihn festzusetzen. Grifo hatte also schon die Herrschaft in seinem Teil angetreten, ohne dass sich in diesen Regionen Widerstand gegen ihn geregt hätte. Ein organisiertes Heer, das es mit den Truppen seiner älteren Brüder hätte aufnehmen können, stand ihnen aber nicht zur Verfügung. So blieb dem jungen Grifo und seiner Mutter nur die Flucht. Sie verschanzten sich, wohlgemerkt erst nach der Kriegserklärung der Franken, in Laon, wo sie noch vor der Jahreswende 741/742 von den beiden Brüdern belagert wurden.

Ende 741 schrieb Bonifatius an den Majordomus Grifo einen Brief, Nr. 48, und bittet ihn um Unterstützung.

Nur kurz konnten sie Widerstand leisten und mussten sich bald der organisierten Übermacht geschlagen geben. Grifo wurde als Gefangener von Karlmann nach Neufchatel geführt. Swanahild war zwar offiziell keine Gefangene, musste nun aber die Führung des Klosters Chelles übernehmen und war damit ohne große Demütigung politisch ausgeschaltet worden. Sie geriet schnell in Vergessenheit. Heute ist nicht einmal ihr Todesdatum bekannt. Das Kloster Chelles wird sie niemals mehr verlassen haben. Grifo hingegen war hintergangen, besiegt und um sein Erbe und seine Freiheit betrogen worden.

Grifos zweiter Aufstand

a) Karlmanns Verzicht und die Freilassung Grifos 747 sollte Grifo eine zweite Chance bekommen um sein Erbe einzufordern. Die zurückliegenden sechs Jahre waren von Kriegen bestimmt. Nach Grifo lehnten sich auch andere Herrscher gegen die Franken auf. Odilio, von Hiltrud zu einem selbstbewussteren Handeln gegen Karlmann und Pippin gedrängt, musste mit einem kurzen Feldzug gegen Bayern wieder auf Kurs gezwungen werden. Auch Alemannien und Aquitanien wagten den Aufstand. Nach deren Niederschlagungen folgten Straffeldzüge gegen die Sachsen, die die Aufständischen unterstützt hatten. Ein weiterer Aufstand in Alemannien wurde 745 von Karlmann mit übersteigerter Brutalität niedergeschlagen. Nach seinem Sieg ließ er einen Großteil des alemannischen Adels hinrichten. Die Metzer Annalen behaupten, eben jener Feldzug hätte Karlmann in eine tiefe seelische Sinnkrise gestürzt und schließlich zu seinem Rückzug aus der Politik geführt. „Iste est Karlomannus, quondam rex francorum, qui pro Christi amore regnum et gloriam mundi dereliquit.“ Diese Version wird heute von einigen Historikern angezweifelt. Ob tatsächlich ein tiefempfundener Glaube oder aber Pippin Karlmann zu diesem Schritt veranlasst hatte, ist für die Konsequenzen bedeutungslos. Karlmann zog sich nach Rom zurück, wo er erst das Sylvesterkloster gründete und kurze Zeit später in Montecassino die Mönchsgelübde ablegte . Geschah sein Rückzug tatsächlich freiwillig, so wurde das in Pippin gesetzte Vertrauen doch bald zerstört. Denn sein ältester Sohn Drogo wurde der Obhut Pippins übergeben und galt nur für kurze Zeit als Herrscher über die väterlichen Gebiete. Einen offiziellen Verzicht Drogos gab es nicht und Karlmann konnte nicht für seinen Sohn auf die Herrschaft verzichten. „Aber abgesehen davon, daß ein Verzicht auf das Erbrecht seiner Söhne juristisch unzulässig war, sprechen auch die Ereignisse des Jahres 754 dafür, daß Karlmanns Verzicht nur ein persönlicher war, daß derselbe dem Recht der Söhne nicht präjudizieren sollte.“ Pippin entmachtete Drogo noch zu Lebzeiten Karlmanns und übernahm die Herrschaft über das gesamte Frankenreich. 754 stellte er ihn politisch endgültig kalt und schickte ihn wie seinen Vater in ein Kloster . Damit war Pippin 747 endlich wie sein Vater Alleinherrscher über das Frankenreich und nannte sich „omnium Francorum generaliter princeps“ . Zu diesem Zeitpunkt entschloss er sich seinen jüngeren Halbbruder freizulassen. Die Gründe dafür sind schwer erkennbar. Auch die moderne Wissenschaft kann vermag nicht eine einleuchtende Begründung für dieses Verhalten zu liefern. Laut der Metzer Annalen sollen brüderliche Liebe und Barmherzigkeit (misericordia motus ) ihn zu diesem Entschluss veranlasst haben. Einzig Karlmann soll in den vergangenen Jahren Pippin an dieser großmütigen Tat gehindert haben .

b) Verbündete Grifos Grifo lehnte die Rehabilitierung und den Ehrenplatz im Palatium ab, sofern er nicht endlich seinen Erbteil zugesprochen bekäme. Im Gegensatz zu der politisch unsicheren Zeit direkt nach Karl Martells Tod, reagierte er diesmal schneller. Dieses Mal ging die Aggression von Grifo selbst aus, als er das Angebot seines älteren Bruders ausschlug und Verbündete sammelte. Auch die parteiischen Quellen versuchen nicht seine diesmal höheren Erfolgsausichten und die große Anzahl der Verbündeten Grifos aus den Reihen der Franken zu schmälern: „[...] multos sibi nobilium sociavit [...]. Quem plurimi iuvenes ex nobili genere Francorum, proprium dominum relinquentes, Griponem subsecuti sunt.” Weder waren die gegen die Franken rebellierenden Gebiete Sachsen, Alemannien und Bayern in das Reich eingegliedert oder auch nur nachhaltig befriedet worden, noch standen die Franken, wie noch 741 der Fall, geschlossen hinter ihrem Herrscher Pippin. Die besondere Betonung der Jugend in den Metzer Annalen sollte die fränkische Anhängerschaft Grifos abqualifizieren. Idealismus und Beeinflussbarkeit der Jugend wurde also als einziger Grund für die gespaltenen Verhältnisse im Frankenreich angeführt. Die rasche Flucht nach der Freilassung Grifos kann Letztgenanntem aber kaum die Möglichkeit verschafft haben lange Zeit nach Anhängern zu suchen. Innerhalb der letzten Jahre muss sich also schon ohne das Zutun Swanahilds oder ihres gefangengesetzten Sohnes eine innerfränkische Opposition gebildet haben . Die ungerechtfertigte Behandlung Grifos, die das Reich ständig belastenden Unterwerfungszüge Pippins und Karlmanns und das offensichtliche Streben Pippins nach Alleinherrschaft mögen dazu beigetragen haben. Die Freilassung und Rehabilitierung des jüngeren Halbbruders hätte so durchaus zu einer Versöhnung mit der Opposition verhelfen können. Spekulation muss bleiben, ob nicht eventuell sogar die Opposition Pippin dazu gedrängt haben könnte. Da Grifo hier aber nicht dankbar mitspielen wollte, bekamen die unzufriedenen Franken einen würdigen Anführer, der den Aufstand nicht nur führen konnte. Der klare Rechtsbruch, unter dem Grifo so lange schon zu leiden gehabt hatte, legitimierte den bewaffneten Widerstand gleichsam. Die Gefahren für das Frankenreich, die Karlmann und Pippin durch ihr militärisches Eingreifen beseitigen wollten, drohten ihm erneut. Wenn Pippin die Ereignisse von 741 durch Grifos Freilassung und Eingliederung nachträglich legitimieren und abschließen wollte, sah er sich nun nicht mehr nur von einigen aufständischen Gebieten und seiner Stiefmutter bedroht. Grifo war älter, unabhängig von Swanahild und umringt von Verbündeten inner- und außerhalb des Frankenreiches. Die freiheitsliebenden Sachsen bedrohten die Grenzen, Allemanien wartete auf seine Gelegenheit zur Revanche. In Bayern herrschte bis 748 Odilio der noch 741 von seiner Frau Hiltrud zu einem selbstbewussteren Auftreten gegen Hiltruds Brüder Karlmann und Pippin angestachelt wurde. Nach Odilios Tod wurde nun Tassilo zum Herrscher Bayerns ausgerufen. Die Vormundschaft und reale politische Gewalt hatte aber Hiltrud inne, deren Sympathien auch in der Vergangenheit schon immer auf Grifos Seite gelegen hatten.

c) Flucht über Sachsen nach Bayern „Fratri subiectus esse nolens ”. Er begab sich mit seinen Anhängern nach Sachsen. Er tat dies nicht um dort nach „eigener angemaßter Herrschaft zu streben “, sondern um sie als Verbündete zu gewinnen. Die Propaganda, die zur Legitimation der Festsetzung Grifos benutzt wurde, wurde zur realen Gefahr für das Frankenreich. Sollte Grifo erfolgreich sein, würde er sich diesmal kaum mit seinem Erbteil zufrieden geben. Pippin und die ihn unterstützenden Franken hätten für das begangene Unrecht bezahlen müssen. Und umgekehrt würde auch Grifo keine Ruhe haben, solange Pippin Herrscher im Frankenreich war. Wie schon 741 unterschätzte Pippin deshalb keineswegs die Gefahr und zog mit einem starken Heer über Thüringen in Richtung Sachsen. Mit einem Feldzug bis zum Harz demonstrierte er seine immer noch vorhandene militärische Überlegenheit. Die Sachsen waren gegen eine solche Armee nicht genügend gerüstet und Grifo und seine Anhänger flohen weiter nach Bayern. Hier sah Grifo das erste Mal die Gelegenheit selbst zu herrschen. Mit Hilfe seiner Halbschwester Hiltrud übernahm er die realpolitische Führung des Landes, auch wenn der junge Tassilio offiziell immer noch Führer Bayerns war. Dabei riss er die Macht nicht an sich, sondern gewann Hiltrud und Bayern friedlich . Unterstützt wurde er dabei nicht nur von der bayerischen Aristokratie. Die Alemannischen Großen, allen voran Herzog Lantfried , begrüßten ebenfalls die Machtübernahme des Halbfranken und Pippinfeindes. Schließlich regten sich auch im Frankenreich immer mehr Stimmen, die nicht zu den jugendlichen Revolutionären gehörten, und trotzdem Grifos Herrschaft in Bayern als friedliche und endgültige Lösung befürworteten; „copiis, quae de Francia ad eum [Grifo] confluebant “. Politisch wurde die Situation für Pippin immer dramatischer. Seine eigenen Leute verließen ihn scharenweise oder stellten sich zumindest offen gegen seine Politik gegenüber seinem Halbbruder. Die leibliche Schwester ergriff nun schon zum zweiten Mal Partei gegen ihn. Die Gegner scharrten sich um Grifo. Und war dieser auch realistisch genug seine noch geringen Chancen zu akzeptieren, würde er doch nicht lange zögern alles für eine militärische Erstarkung zu tun und endlich sein Lebensziel zu erreichen: sein eigenes Frankenreich.

d) Pippins zweiter Bayernfeldzug Auf eine Auslieferung Grifos konnte Pippin kaum hoffen. Anstatt dem erstarkten Bruder nun eine diplomatische Lösung anzubieten, wählte er wieder die gewaltsame Konfliktbereinigung. Nach der Ablehnung der Rehabilitierung wäre ein plötzliches Einlenken Grifos auch mehr als unwahrscheinlich gewesen. Mit seinen Truppen marschierte Pippin 749 gen Bayern und erklärte seiner eigenen Schwester Hiltrud und seinem Halbbruder den Krieg. In den folgenden Wochen konnte er Sieg um Sieg feiern und die gegnerischen Truppen immer weiter zurückdrängen. Nachdem Grifo bis zum Inn ausgewichen war, musste er die Sinnlosigkeit weiteren Blutvergießens akzeptieren und gab sich geschlagen. Sein gewonnener Einfluss, die rechtlichen Machtansprüche und seine zahlreichen Anhänger unter den Franken und anderen Völkern aber waren ungebrochen.

e) Nach der zweiten Niederlage Pippin konnte auf keinen Fall zweimal denselben Fehler machen und seinen Halbbruder demütigen und gefangen setzen. Der Einfluss Grifos und die labile Situation im eigenen Reich machten dies unmöglich. War die erste Gefangennahme noch unmoralisch, so würde die Festsetzung oder gar Hinrichtung des Halbbruders vielleicht zum offenen Aufstand gegen seine Herrschaft führen. Noch in diesem Jahr wollte Pippin Papst Zacharias mit dem Argument seiner Stärke im Frankenreich um die Königswürde bitten. Diese Stärke hatte er gerade in Bayern bewiesen und seine jahrelangen Ausgleichsbemühungen mit der Kirche schienen Früchte getragen zu haben. Die Enteignungen durch seinen Vater Karl Martell waren fast verziehen. Eine milde Behandlung seines besiegten Bruders könnte zusätzliche Pluspunkte in Rom einbringen und ihn seinem Ziel, der geistlichen Legitimierung seiner Macht, näher bringen. Würde der Frankenherrscher jetzt nicht besonnen vorgehen, war alles in Gefahr, was er bis zu diesem Zeitpunkt aufgebaut hatte. Doch war er immer noch nicht bereit die Rechte seines Halbbruders anzuerkennen. Das Angebot, dass er nun Grifo machte, wird er demnach keinesfalls aus Barmherzigkeit oder Gerechtigkeitssinn gemacht haben. Die sogenannten Einhardannalen nannten es gar ein beneficium . Grifo sollte zwölf Grafschaften um Le Mans in Neustrien erhalten. Erstens stellte dies nur einen minimalen Bruchteil des Gebietes dar, das Grifo zustand und zweitens hätte er unter der faktischen Oberherrschaft Pippins gestanden. Pippin aber konnte sich als barmherzigen Sieger und Bruder darstellen ohne seine Macht merklich zu schmälern. Auch konnte er die Hoffung wagen, den ewig revolutionären Bruder und vor allem seine Anhänger endlich ruhig zu stellen. Tassilo wurde in Bayern wieder als Herrscher eingesetzt, obwohl er das offiziell eigentlich immer gewesen war. Hiltrud erhielt trotz ihrer Unterstützung Grifos wieder die Vormundschaft und regierte Bayern unter der Oberherrschaft ihres Bruders Pippin bis zu ihrem Tod.

5. Grifos dritter Aufstand a) Die erneute Flucht und Pippins erste Salbung Grifo aber war immer noch nicht bereit sich zu unterwerfen. Warum er sich erneut der Herrschaft seines Bruders entzog kann mehrere Gründe haben. Dass Pippins großmütige Tat in erster Linie politisch motivierte Berechnung gewesen war, muss Grifo klar gewesen sein. Ob sein älterer Bruder an seiner Begnadigung festhalten würde, wenn er erst einmal seine Macht durch die Königswürde gesichert hätte, war keineswegs sicher. Schließlich musste Pippin immer die Ansprüche seines Halbbruders fürchten. Die Gefahr für Grifo erscheint umso größer, folgt man Wolf: „Schon 747, nach Karlmanns Resignation, scheint es fraglich, ob Pippin Grifo wirklich freigelassen hat, oder ob diesem nicht einfach die Flucht gelang.“ Grifos größte Motivation aber wird sein Festhalten an seinen Machtansprüchen gewesen sein. Hätte er sich mit den zwölf Grafschaften begnügt, wäre er nicht nur der Kontrolle und Oberherrschaft seines Bruders unterworfen gewesen, er hätte sie gleichsam anerkannt. Im Exil konnte er zwar über keinerlei Grund herrschen. Feinde hatte das Frankenreich aber immer noch genug, so dass Grifo auf zukünftige Chancen hoffen konnte, um gegen seinen Halbbruder Pippin agieren zu können. Bayern war allerdings noch zu geschwächt, als dass Tassilo oder seine Mutter es wagen konnten Pippin noch einmal herauszufordern. Da Sachsen 748 Grifo keinen Schutz bieten konnte, wandte er sich nach Aquitanien und bat Herzog Waifar um Asyl. Als dieses gewährt wurde, forderte Pippin umgehend die Auslieferung seines Bruders , der sich seiner Macht entzogen hatte. Waifar aber weigerte sich. Pippin erklärte Aquitanien trotzdem keinen Krieg, wohl auch aus Gründen des Zeitmangels. Sachsen war immer noch nicht befriedet worden. Außerdem war Pippin nun fast an seinem größten Triumph angelangt. Nachdem er Grifo besiegt und seine Macht erneut unter Beweis gestellt hatte, ließ er Papst Zacharias fragen, ob er als der mächtigste Mann im Reich nicht König werden solle. Dieser antwortete Pippin, als Inhaber der Gewalt solle er König werden, damit die Ordnung nicht gestört werde. Nach dieser Legitimierung durch die apostolische Autorität war es nur noch ein kleiner Schritt zur Königsherrschaft, der sein Vater, Karl Martell, sich nie zu bemächtigen gewagt hatte. Alle juristischen Zweifel an seinem Machtanspruch und seiner Alleinherrschaft über das Reich waren damit beseitigt. Zwei Jahre später ließ sich Pippin vom fränkischen Adel in Soissons zum König wählen und von den Bischöfen als Gotterwählten salben. Grifo und Drogo waren damit zu Lebzeiten Pippins auch juristisch von der Herrschaft über das Frankenreich ausgeschlossen worden. b) Aufbruch in die Lombardei Obwohl Pippin von einem erneuten schnellen Feldzug gegen die Beschützer seines Bruders absah, muss Grifo sich im Klaren darüber gewesen sein, dass auch Waifar ihn nicht ewig vor dem Zugriff seines Bruders bewahren konnte. Doch noch im Jahr der Krönung Pippins eröffnete sich auch für Grifo eine neue Chance. Aistulf, seit 749 König der Langobarden, führte 751 einen Feldzug gegen die byzantinisch kontrollierten Gebiete Italiens. Bereits im Juli 751 stellte er im Palatium in Ravenna, dem Sitz des byzantinischen Statthalters, Urkunden aus. Der Exarch Eutichios hatte die Stadt dem Langobardenkönig nach dessen Feldzug überlassen müssen. Nach dem Fall Ravennas erklärte er sich selbst zum Princeps Italiens und forderte auch von Papst Stephan Steuern. Noch im selben Jahr besiegte er die letzten Verbündeten des Papstes in Italien, Spoleto und Belevent. Papst Stephan erbat die Hilfe Byzanz’, wurde jedoch zurückgewiesen. 751 schon erkannte er aber auch die Gefahr, die in einem Bündnis von Grifo ausgehen könnte und schrieb an Pippin: „per hos religiosos Dei servos monachos concordiae et pacis sermones inter eum [Pippin] et Griffonem fratrem eius mississe“ . Aistulf war auf der Spitze seiner Macht angelangt. Er führte einen starken Staat und fürchtete weder die Auseinandersetzung mit dem katholischen Oberhaupt, noch mit dem Frankenreich, dass nach der Krönung Pippins zumindest als potentieller Gegner aller Papstfeinde scheinen musste. Ob sich der Frankenkönig wirklich auf die Seite des Papstes schlagen würde, war aber nicht gesichert. Pippin selbst wurde 737 von seinem Vater in die Obhut des Langobardischen Königs Liutprand übergeben, der ihn adoptierte . Dass Pippin nicht auf die Hilfsgesuche reagieren würde, lag also durchaus im Bereich des Möglichen. Karlmann, Karl Martells ältester Sohn, hatte ein gutes Verhältnis zu Aistulf. Aus der Politik zwar zurückgezogen, verließ er 753 sein Kloster um Pippin von einem Krieg gegen die Langobarden abzubringen. Die Spekulation, Karlmann habe seinen Bruder bei diesem Treffen auch überreden wollen Karlmanns Söhne doch mit Macht und Gebieten auszustatten , lässt die Möglichkeit zu, dass der politische Rückzug des ältesten der Brüder doch nicht ganz freiwillig geschah . Zumindest muss er über die Entmachtung seines Sohnes Drogo stark enttäuscht gewesen sein. Wie Grifo war Karlmanns Sohn übergangen worden und wie Grifo hatten Karlmann und sein ältester Sohn keine Gebiete oder politische Macht, aber immer noch Einfluss. „Wenn Pippin 747 und 749 versucht haben sollte, Grifo ‚abzufinden’ – denn mehr war es nicht – so hatte das, zumindest vorwiegend, politische Gründe, denn alle Quellen deuten darauf hin, dass Grifo 741/742, 747 und noch 749 einen starken Anhang, nicht nur in Bayern, sondern auch in anderen Reichsteilen hatte, ganz abgesehen davon, daß wohl auch der volljährige Drogo eher Grifo als dem übermächtigen Pippin zuneigte.“ So schien 753 für Grifo der perfekte Zeitpunkt gekommen, neue Bündnisse einzugehen. Aquitanien war weitestgehend unabhängig, besaß aber langfristig nicht die Stärke sich gegen das Frankenreich durchzusetzen. Pippin beendete zu diesem Zeitpunkt seinen Sachsenfeldzug und wollte nun, sofern sich die Italienprobleme schnell lösen ließen, Septimanien und Aquitanien endlich in sein Reich eingliedern. Die neue Macht im Süden war bestrebt sich auch gegen den fränkischen Widerstand in Italien auszubreiten und bedrohte Rom. Auf Rom als Verbündeten konnte Grifo spätestens seit der Salbung Pippins sowieso nicht mehr hoffen. Karlmann hatte immer noch großen Einfluss im Frankenreich und schien ihn jetzt auch gegen Pippin und den Papst einsetzen zu wollen. Grifo schließlich hatte in den letzten Jahren bewiesen, dass er über hervorragende Verbindungen in die aufständischen oder zumindest frankenfeindlichen Gebiete verfügte. Sachsen, Bayern, Alemannien und Aquitanien hatten alle schon Kriege für ihn riskiert. Sofern es Karlmann gelingen würde, den Frankenadel, der dem Italienfeldzug Pippins ohnehin skeptisch gegenüberstand, zum Widerstand zu verleiten und Aistulf Pippins Armee lange genug beschäftigen würde, könnte Grifo wohl auch frankennahe oder eingegliederte Gebiete zur gemeinsamen Rebellion führen. Sollte man ein solches Triumphirat schließen können, wäre die Gelegenheit günstig Pippin entweder auszuschalten oder zumindest zu einer erneuten Dreiteilung des Reiches zu zwingen. Aistulf würde den dann besiegten Papst die Salbung Pippins noch einmal überdenken lassen und ihn einen neuen Schutzpatron suchen lassen. Auch ohne die Hilfe Karlmanns gab es Chancen sich gegen Pippin durchzusetzen. Grifo erkannte die größte Möglichkeit seit dem Beginn seines Kampfes um sein Erbe. Also verließ er das Land, dass ihm seit seiner Freilassung am längsten Heimat gewesen war. „Multi nobiles Franci“ werden ihn erneut begleitet haben. Nach fast vier Jahren in Aquitanien zog er in Richtung Italien, um jenseits der Alpen mit Aistulf das Ende Pippins zu beraten.


c) Grifos Ende Der Weg war gefährlich, denn Grifo war vogelfrei und jeder fränkische Aristokrat hatte die Pflicht, ihn Pippin tot oder lebendig auszuliefern. Doch auch wenn er das erste Mal die Alpen überqueren sollte, hatte Grifo schon mehrere solcher Fluchten überstanden. Ein so weiter Weg durch feindliches Gebiet war ihm allerdings noch nicht zugemutet worden. Es ist nicht bekannt, ob er verraten wurde oder sich nicht unauffällig genug bewegte. Bei Maurienne an dem Flüsschen Arche in den Alpen traten ihm zwei Grafen mit ihren Armeen entgegen. Theudo von Vienne und Friedrich vom jenseitigen Jura wollten Grifo zur Aufgabe zwingen. Doch ein drittes Mal wollte sich dieser nicht der Gnade seines Bruders ausliefern. Er ging mit seinen Männern zum Gegenangriff über und muss hart um sein Leben gekämpft haben. Beide Grafen fielen durch das Schwert des Geächteten und seiner Männer. In dieser Schlacht sollte jedoch auch Karl Martells drittgeborener Sohn sein Ende finden. Im Alter von wahrscheinlich siebenundzwanzig Jahren starb Grifo nach zwölf Jahren des Kampfes um seinen Erbteil durch die Schergen seines Bruders Pippin.

d) Ausblick Nur Monate später starb Karlmann 754, kurz darauf folgte ihm seine Schwester Hiltrud in den Tod. Pippin besiegte im selben Jahr Aistulf, der 756 bei einem Reitunfall starb, und ließ sich ein zweites Mal zum König weihen und „die anwesenden Großen wurden vom Papst verpflichtet, ‚niemals aus der Nachkommenschaft eines anderen einen König zu wählen’.“ Die dynastische Sicherung des Königtums war vollzogen. Pippins Barmherzigkeit und Milde, die ihn von Karlmann angeblich unterschied, wird spätestens seit seinen Aquitanienfeldzügen in Frage gestellt werden müssen. Von 760-768, nur von einer Hungersnot 764-765 im Frankenreich unterbrochen, führte er acht Feldzüge, in denen er Aquitanien systematisch von Norden nach Süden zerstörte, die Burgen schleifte, die Städte eroberte und die Ernten und Dörfer verbrannte. Von seinem letzten Feldzug kam der 54-jährige Pippin schließlich todkrank zurück und starb 768. Kein Karolinger gab einem seiner Söhne jemals wieder den Namen Grifo.

6. Schluss Grifo wurde mit fünfzehn Jahren in einen dynastischen Streit verwickelt, der ihn die Freiheit und schließlich das Leben kostete. Das Testament war rechtmäßig und Grifo hat nicht nach Alleinherrschaft im Reich gestrebt. Die militärische Aggression ging nicht, wie in den sogenannten Einhardannalen behauptet, von Grifo und seiner Mutter, sondern von Karlmann und Pippin aus. Nach sechs Jahren ungerechtfertigter Gefangenschaft war er nicht bereit sich nach seiner Rehabilitierung Pippin zu unterwerfen. Die Inbesitznahme der ererbten Gebiete bedingten einen militärischen Sieg über Pippin. Dieser war zu keinem Zeitpunkt realistisch, so dass Grifo auch niemals einen Angriff auf das Frankenreich wagte. Mangelnder Realitätssinn war nicht sein Problem. Chancen auf eine bessere Situation aber konnte er sich durchaus ausrechnen. Pippin und sein Reich hatten zahllose Gegner, die bereit waren Grifo zu unterstützen. Trotzdem verfiel er niemals dem Größenwahn. Doch das schnelle und entschlossene Eingreifen Pippins bereitete seinen Erfolgsaussichten ein rasches Ende. Nur in Bayern war es ihm vergönnt eine kurze Zeit zu herrschen. Dort besiegt zog er immer noch die Freiheit dem Status eines Vasallenherrschers vor. Die Friedensangebote Pippins sollten diesem zur Machtmanifestierung dienen. Grifo erschien Pippin, der durch die Königswürde abgesichert war, nicht mehr für so gefährlich, als dass dieser ein schnelles Eingreifen wie bei den ersten beiden Malen für nötig befunden hätte. Er verhielt sich wieder nicht revolutionär, sondern wartete besonnen auf seine Gelegenheit. Und die Möglichkeit Pippin in ernste Bedrängnis zu bringen war 753 gegeben. Grifo war kein machthungriger, größenwahnsinniger Opportunist, sondern einer der rechtmäßigen Erben Karl Martells, der sein Leben lang auf die Gelegenheit wartete seine Ansprüche geltend zu machen. Hatte er die Absicht Pippin irgendwann einmal anzugreifen, so hat er sich doch Zeit seines Lebens ausnahmslos in der Verteidigungsposition befunden.

Quellen

  • Annales Mettenses priores; v. Simson, Bernhard (Ed.) (MGH SS rer. Germ. 10) Hannover-Leipzig 1905.
  • Annales regni Francorum qui dicuntur Annales Laurissenses maiores et Einhardi; Kurze, Friedrich (Ed.) (MGH SS rer. Germ. 6) Hannover 1895.
  • Chronicarum quae dicuntur Fredegarii Scholastici continuationes; Krusch, Bruno (Ed.), in: MGH SS rer. Merov. 2, Hannover 1888.
  • Brief Nr. 18, in: Epistolae Aevi Merovingici collectae Nr. 18, Kurze, Friedrich (Ed.) (MGH Epp. III), Berlin 1892, S. 467.
  • Epistola Bonifatii Nr. 48; Kurze, Friedrich (Ed.); MGH Epp. III S. 296/297, Berlin 1892.

Literatur

  • Matthias Becher: Eine verschleierte Krise. Die Nachfolge Karl Martells 741 und die Anfänge der karolingischen Hofgeschichtsschreibung. In: Johannes Laudage (Hrsg.): Von Fakten und Fiktionen – Mittelalterliche Geschichtsdarstellungen und ihre kritische Aufarbeitung. Köln – Weimar – Wien 2003, S. 95–133.
  • Matthias Becher: Drogo und die Königserhebung Pippins. In: Frühmittelalterliche Studien 23, 1989, S. 131–152.
  • Dieter Bauer, Rudolf Histand, Brigitte Kasten, Sönke Lorenz: Mönchtum – Kirche – Herrschaft 750–1000. Sigmaringen 1998.
  • Karl Brunner: Oppositionelle Gruppen im Karolingerreich. Wien 1979.
  • Horst Ebling: Grifo. In: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 4, Zürich – München 1989, Sp. 1712–1713.
  • Achill Gengel: Die Geschichte des fränkischen Reiches – im besonderen Hinblick auf die Entstehung des Feudalismus. Frauenfeld 1908.
  • Wilfried Hartmann: Die Karolinger. In: Karl Rudolf Schnith (Hrsg.): Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Graz – Wien – Köln 1990, S. 11–97.
  • Ingrid HeidrichGrifo. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, ISBN 3-428-00188-5, S. 67 f. (Digitalisat).
  • Eduard Hlawitschka: Die Vorfahren Karls des Großen. In: Helmut Beumann (Hrsg.): Karl der Große – Lebenswerk und Nachleben. Bd. 1: Persönlichkeit und Geschichte. 3. Auflage, Düsseldorf 1967, S. 51–82.
  • Jörg Jarnut: Alemannien zur Zeit der Doppelherrschaft der Hausmeier Karlmann und Pippin. In: Matthias Becher (Hrsg.): Gesammelte Aufsätze von Jörg Jarnut. Festgabe zum 60. Geburtstag. Paderborn 2002, S. 129–138.
  • Jörg Jarnut: Untersuchungen zur Herkunft Swanahilds, der Gattin Karl Martells. In: Matthias Becher (Hrsg.): Gesammelte Aufsätze von Jörg Jarnut. Festgabe zum 60. Geburtstag. Paderborn 2002, S. 101–105.
  • Heinz Löwe: Bonifatius und die bayrisch-fränkische Spannung. In: Karl Bosl (Hrsg.): Zur Geschichte der Bayern. Darmstadt 1965, S. 264–329.
  • Rosamund McKitterick: The frankish Kingdoms under the Carolingians 751–987. 2. Auflage. London 1988.
  • Hanns Leo Mikoletzky: Karl Martell und Grifo. In: Festschrift Edmund Ernst Stengel zum 70. Geburtstag am 24. Dezember 1949 dargebracht von Freunden, Fachgenossen und Schülern. Münster – Köln 1952, S. 130–156.
  • Engelbert Mühlbacher: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Stuttgart 1886 (Neudruck Darmstadt 1980).
  • Kurt Reindel: Das Zeitalter der Agilolfinger (bis 788). Bayern vom Zeitalter der Karolinger bis zum Ende der Welfenherrschaft (788–1180). In: Max Spindler (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Geschichte. Bd I. Das Alte Bayern. Das Stammesherzogtum bis zum Ausgang des 12. Jahrhunderts. 2. Auflage. München 1981, S. 101–182.
  • Rudolf Reiser: Grifo. In: Karl Bosl: Bosl’s bayrische Biographie. München 1990, S. 274.
  • Pierre Riche: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. München 1991.
  • Reinhard Schneider: Das Frankenreich. 3. Auflage. München 1995.
  • Rudolf Schieffer: Die Karolinger. 3. Auflage. Stuttgart – Berlin – Köln 2000.
  • Karl Ferdinand Werner: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. München 1995.
  • Gunther Wolf: Grifos Erbe, die Einsetzung Childerichs III. und der Kampf um die Macht – zugleich Bemerkungen zur karolingischen „Hofhistiographie“. In: AfD 38, 1992, S. 1–16.