Benutzer:KingLouis226/Auswirkungen der Fachlosvergabe

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Die Fachlosvergabe ist eine Vergabeform, bei der die zu erbringende Bauleistung in Teilbereiche unterteilt und an einzelne Unternehmen vergeben wird. Die Differenzierung nach Fachlos geschieht meist nach Handwerk- oder Gewerbezweig und kann somit regional unterschiedlich sein. Dabei ist es grundsätzlich nicht von Belang, in welchem Teil der Allgemeinen Technischen Vorschrift (ATV) der VOB Teil C die jeweilige Leistung verortet ist.[1] Vielmehr ist von Bedeutung, dass die Zuordnung der Leistungen zu den Fachlosen sich aus gewerberechtlichen Vorschriften oder der regionalen Üblichkeit ergeben. So wird gewährleistet, dass es für das Fachlos einen Anbietermarkt gibt. Typische Fachlose sind zum Beispiel: Estrich- und Bodenverlegearbeiten, Heizungs- und Sanitärarbeiten, Beton,- Maurer und Putzarbeiten sowie Abbruch und Rohbauarbeiten.[1]

Die VOB Teil A stellt für den Öffentlichen Auftraggeber ein verpflichtendes Regelwerk dar und gibt somit die Vergabeform als Standardverfahren vor. Demnach ist der Auftraggeber verpflichtet, die Bauleistung nach Menge (Teillos) oder nach Fachgebiet (Fachlos) zu vergeben.[2] Es besteht allerdings die Ausnahme, nach der von dem Vorgehen abgewichen werden darf, soweit technische und wirtschaftliche Gründe dies erfordern.[3] Das setzt jedoch eine kritische Prüfung und Abwägung der Gründe voraus, welche für eine Gesamtvergabe und somit gegen eine Vergabe nach Losen sprechen. So sind insbesondere die Interessen des Mittelstandes bzw. die Grundsätze der Vergabe nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu beachten[4].

Davon ungeachtet ob ein Projekt in Fachlosen vergeben wird oder nicht findet eine grundlegende Beeinflussung des Bauablaufes und Kostenrahmens durch die Wahl der Vergabeform statt.[5]

Planung und Ausführung

Darstellung Planung, Vergabe und Ausführungsverlauf

Grundsätzlich sind Bauprojekte durch Ihre Einzigartigkeit und Standortgebundenheit gekennzeichnet und werden mit den Projektzielen Qualität, Kosten und Bauzeit nach Erfolg oder Misserfolg beurteilt.[6] Die Eigenheiten eines jeden Bauvorhabens werden in der Regel vom Auftraggeber an den Planer übermittelt, der auf dieser Grundlage eine Planung bis hin zur Ausführungsreife erbringt. Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) weist zunächst die grundsätzlichen Arten einer Planung aus. Als Beispiel seien hier Flächenplanung, die Objektplanung sowie die Fachplanung benannt. Diese wiederum sind in Leistungsbilder unterteilt. So umfasst die Fachplanung die Leistungsbilder der Tragwerksplanung und die Technische Ausrüstung. Die Leistungsbilder wiederum werden in Leistungsphasen unterteilt, die als Abschnitte im Planungsablauf verstanden werden können. Alle Leistungsphasen beinhalten Grundleistungen, als auch besondere Leistungen, die der Auftraggeber beauftragen kann, aber auch gesondert zu vergüten hat.

Der Auftraggeber (AG) hat grundsätzlich die Möglichkeit einer Beauftragung nach Leistungsbildern oder der Vergabe der gesamten Planungsleistungen an einen Generalplaner. Dieser übernimmt dann alle planerischen Pflichten dem Bauherren gegenüber.

Entsprechend der Leistungsphase 1 (Grundlagenermittlung) der HOAI beauftragt der Bauherr zunächst einen Architekten mit der grundlegenden Planung und Klärung der Aufgabenstellung. Dies geschieht unter Berücksichtigung der Vorgaben des Auftraggebers. Anschließend werden die benötigten Fachingenieure mit der Planung beauftragt. Diese erarbeiten gemeinsam eine Ausführungsplanung gemäß Leistungsphase 5 der HOAI.

Alle Planungsleistungen münden letztendlich in der Leistungsphase 6, der Vorbereitung der Vergabe. Hier erfolgt die Erstellung eines Leistungsverzeichnisses oder eine Leistungsbeschreibung nach Leistungsprogramm (Funktionale Leistungsbeschreibung). Für eine Vergabe nach Fachlosen ist ein Leistungsverzeichnis allerdings die Regel. Es enthält die gewerkeweise Aufstellung aller auszuführenden Bauleistungen mit den geforderten Qualitäten und Mengen.

Hier ergeben sich erste Risiken, die der Bauherr durch die Übermittlung eines mengenbasierten Leistungsverzeichnisses eingeht. So werden auf dieser Grundlage meistens Einheitspreis-Verträge geschlossen. Der Unternehmer muss sich überlegen, welche Lohn,- Material und Nebenkosten er für die Erbringung einer Leistung einplanen muss und übergibt sein Gebot im Rahmen eines Bieterverfahrens an den Auftraggeber. Im Rahmen der Leistungsphase 7 werden alle Angebote geprüft, ein Preisspiegel erstellt und die Leistung letztendlich an den Bieter mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis vergeben.

Für eine Abweichung der im Leistungsverzeichnis aufgeführten Mengen sieht die VOB Teil B ein 10% Regulativ vor.[7] Da nach tatsächlichem Aufwand bzw. Aufmaß abgerechnet wird, ergibt sich das Interesse des Auftraggebers zur Überwachung der tatsächlich ausgeführten Mengen. Hier ist der erhöhte Überwachungsaufwand auf Seiten des Auftraggebers zu erwähnen. Letztendlich sind die Kosten einer Leistung erst nach Erbringung dieser festzustellen, was dem Kostenrisiko des Auftraggebers zugerechnet werden kann.

Sukzessiver Vergabeverlauf

Auch sind Fehlplanungen dem Risikogebiet des Auftraggebers zuzuschreiben, sodass die Art der Vergabe oftmals noch in Kombination mit baubegleitenden Planungen zu einem erhöhtem Nachtragsrisiko führt, wenn zum Zeitpunkt der Vergabe nicht alle Leistungen bekannt und vollumfänglich geplant sind. Somit leistet ein detailliertes und vollständiges Leistungsverzeichnis einen entscheidenden Beitrag am Projekterfolg. Kostensteigerungen, die aus Vergabelücken resultieren, können somit vermieden werden.[8] Der Bauherr sollte weiterhin stets versuchen, die Planung und Bauausführung voneinander zu trennen, damit ein einheitlicher Planungsstand existiert und allen Projektbeteiligten vorliegt.[9]

Auf der anderen Seite hat der Auftraggeber durch die baubegleitende Planung und der sukzessiv, dem Baufortschritt folgenden Vergabe ein hohes Maß an Steuerungsmöglichkeiten über das Ausmaß der ausgeschriebenen Leistungen. Während der Bauzeit hat der AG somit einen großen Einfluss auf die Qualität und Gestaltung der Ausführung. Der Vergabeumfang kann so den Eventualitäten, die sich aus dem Baufortschritt ergebenen, angepasst werden.[5]

Durch diese Art der Vergabe hat der Bauherr eine direkte Vertragsbeziehung und eine Weisungsbefugnis zu den vom Ihm beauftragten Firmen oder Personen. Er kann auf veränderte Randbedingungen oder Gegebenheiten schneller reagieren. Allerdings muss ein erhöhter Steuerungs- und Koordinationsaufwand der einzelnen Gewerke durch den Bauherren verantwortet und geleistet werden.[5]

Der hohe Schnittstellen- und Koordinationsaufwand zeigt sich auch in der Durchsetzung von Vertragsfristen und Gewährleistungsansprüchen. Falls ein Unternehmen Insolvenz anmeldet oder seine Leistung schlicht und ergreifend nicht fristgerecht erfüllt, haftet der AG aufgrund der Vertragskonstellation für die sich hieraus ergebende Verschiebung gegenüber den nachfolgenden Gewerken.[10] Anders als beim Generalunternehmer- Vertrag, bei dem oftmals ein fixer Fertigstellungstermin vertraglich vereinbart ist, muss der Auftraggeber die Einhaltung der Einzelfristen bei seinen Vertragspartnern einzeln durchsetzen.

Organigramm: Fachlosvergabe

Als Beispiel für eine unzureichende Koordinierung sei hier der Gerüstbauer genannt, der sein Gerüst bereits demontiert, obwohl die Fassadenarbeiten noch nicht abgeschlossen sind.

Da die Vertragsverhältnisse zwischen einzelnen Fachfirmen und dem Auftraggeber bestehen, ergibt sich anders als beim Generalunternehmervertrag keine Gesamthaftung und Bürgschaft für die Bauleistung. Es ergeben sich unterschiedliche Gewährleistungsfristen, die mit der Abnahme der Einzelleistungen beginnen. Bei Mangelansprüchen nach der Abnahme muss der Bauherr gegenüber den Einzelunternehmen erstmal beweisen, wer den Mangel verursacht hat. Die Anzahl der Parteien würde bei einem Generalunternehmer vermutlich geringer sein, da der Generalunternehmer für die gesamte Bauleistung dem Bauherren gegenüber haftet. Allerdings preist der Generalunternehmer solche Risiken über den Generalunternehmerzuschlag mit ein.

Für den öffentlichen Auftraggeber ist die Vergabe nach Fachlosen bzw. Teillosen die zunächst vorgeschriebene Vergabeform. Sie ermöglicht dem Auftraggeber die Erstellung eines detaillierten Preisspiegels über jede ausgeschriebene Leistung und hat zum Ziel, den wirtschaftlichsten Bieter vertraglich zu binden. Die Basis bildet hier ein möglichst großer Bieterkreis, da die Lose im wesentlichen den lokalen Anbietermärkten entsprechen sollten. Somit fördert Sie den Wettbewerb und ermöglicht auch kleinen und mittelständischen Unternehmen die Teilnahme am Bieterverfahren.

Organigramm: Gesamtvergabe

Weiterhin geht der Bundesrechnungshof aufgrund eigener Nachprüfungen von der Regelvermutung aus, das Generalunternehmervergaben, im Vergleich zur Vergabe nach Fachlosen, etwa 10% teurere Beauftragungen verursachen.[11]

Anwendungsgrenzen

Von einer Fachlosvergabe kann abgewichen werden, wenn wirtschaftliche und technische Gründe dies erfordern. Sie sind allerdings nur dann berücksichtigungsfähig, wenn sie über die typischen verfahrensbezogenen Schwierigkeiten hinausgehen. Sie müssen aus Sicht eines objektiven Betrachters ein erhebliches Gewicht haben und für diesen keine andere Entscheidung zulassen, als dass von einer Fachlosvergabe abzusehen ist. Dies ist der Fall, wenn eine bedarfsgerechte Durchführung der Bauleistung den Interessen des Mittelstandes überwiegt.

Weiterhin kann aus Gründen der einheitlichen Gewährleistung auf eine Vergabe nach Fachlosen verzichtet werden. Nach §4 Nr. 1 VOB/A sind Bauleistungen so zu vergeben, dass eine zweifelsfreie und umfassende Gewährleistung erreicht wird. Es kommen vor allem Leistungsbereiche in Betracht, die für eine erhöhte Schadensgeneigtheit und erschwerter Zuordnung der Verantwortlichkeiten gekennzeichnet sind. Als Beispiel sei hier der Bau eines Fahrstuhls und der Bau einer Zarge für den Aufzug genannt. Ziel ist eine einheitliche Gewährleistung für den Betrieb der Aufzugsanlage sicherzustellen.[1]

Aus Gründen der Sicherheit kann ebenfalls von einer Fachlosvergabe abgesehen werden. Bei Bauleistungen, welche im laufenden Betrieb ausgeführt werden, sind die Verkehrssicherungspflichten nicht unerheblich. So kann auf kurzfristige Sicherungserfordernisse, die sich aus dem Bauablauf ergeben, zum Teil aufgrund der zu langen Kommunikationswege zwischen den Beteiligten (AN1, AG, AN2) nicht rechtzeitig reagiert werden. Als Beispiel seien hier Bauleistungen im Bahn- oder Straßenverkehr zu nennen.[11]

Wenn eine nicht termingerechte Fertigstellung einer Bauleistung erhebliche und konkret bezifferbare wirtschaftliche Nachteile mit sich bringen würde, können kürzere Ausführungsfristen einen Grund darstellen, von der Fachlosvergabe abzusehen. Es sollte allerdings sichergestellt sein, dass unter der Berücksichtigung aller weiteren Maßnahmen, die für die Erstellung der Bauleistung benötigt werden, sich ein erheblicher Vorteil ergibt. Beispielsweise würden die Mietzeiten für etwaige Anmietungen während der Bauzeit geringer ausfallen.

In der Vergangenheit wurden Gesamtvergaben bejaht, welche Mehrkosten von 14% nach sich zogen.

Stellt sich der Vergabeaufwand in einem Missverhältnis zum voraussichtlichen Auftragsvolumen dar, so ist eine Zusammenfassung mehrerer Fachlose gerechtfertigt. Allerdings muss das Vorgehen mit einer Gegenüberstellung der voraussichtlichen Kosten einer Vergabe (Personalkosten) gegenüber dem voraussichtlichen Auftragswert begründet sein.

Sofern ein besonderer technischer Zusammenhang zwischen den Leistungen besteht, kann ebenfalls von einer Fachlosvergabe abgesehen werden. Das ist zum einen der Fall, wenn bei der Lieferung eines technischen Systems die einheitliche Ausstattung mehrerer Gebäude notwendig ist um die Kompatibilität zu gewährleisten. Die Problematik der Kompatibilität sei auch im Zusammenhang mit Bauteilen mit hohem Vorfertigungsgrad genannt. Hier ist auf System- und Hallenbauten zu verweisen.

Weiterhin sind hierbei auch Modulbauten aufzuführen. Als Beispiel können sogenannte Fertigbäder oder komplette Raum-Module genannt werden, bei denen die Sanitärobjekte und der Innenausbau weitestgehend werkseitig erfolgt. Der Anschluss an die Grundleitungen sollte über ein zusammengefasstes Los erfolgen, da im Falle einer Undichtigkeit die Ursachenermittlung und Zuordnung des Mangels nur unter besonderen Schwierigkeiten möglich wäre.

Der Auftraggeber ist hier jedoch angehalten, nicht nur Angebote in Modulbauweise anzufordern, sondern auch herkömmliche Bauweisen gegenüberzustellen und sich detailliert mit den Vor- und Nachteilen zu befassen.


Literatur

Christoph Pirkmann „Auswirkung der Vergabeart auf den Abgerechneten Preis“ Masterarbeit Technische Universität Graz [2015]

Bernd Kochendörfer/ Jens H. Liebchen/ Markus G. Viering: Bau-Projekt-Management: Grundlagen und Vorgehensweisen, 5. Auflage, Wiesbaden, Springer Fachmedien GmbH [2018]

Love Erik Edquist: „Organisationsmodelle im öffentlichen und privaten Hochbau  Eine institutionenökonomische Analyse“ Dissertation Technische Universität Berlin [2017]

Andreas Hartmann.: „Produktivitätspotenzial der Modulbauweise durch Vorteile in der Baulogistik“ Aufsatz [2020]

Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Auflage 34 [2018]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Der Senator für Wirtschaft , Arbeit und Häfen, zentrale Service- und Koordinierungsstelle für die Vergabe von Bau- und Dienstleistungen (Hrsg.): Themenblatt: Los- oder Gesamtvergabe. Bremen 8. Mai 2019, S. 1.
  2. §5 Abs. 2 Satz 1 VOB/A
  3. §5 Abs. 2 Satz 2 VOB/A
  4. .§ 97 Abs. 4 Satz 1 GWB
  5. a b c Love Erik Edquist:: "Organisationsmodelle im öffentlichen und privaten Hochbau Eine institutionenökonomische Analyse“. Berlin 2017.
  6. WEKA: Bauprojektmanagement: Welche Ziele müssen erreicht sein? In: weka.ch. Abgerufen am 17. Mai 2021.
  7. §2 Abs. 3 VOB/B
  8. Christoph Pirkmann: „Auswirkung der Vergabeart auf den Abgerechneten Preis“. Graz 2015.
  9. Bund Deutscher Baumeister (BDB): Politisches Forderungspapier. 2018.
  10. Bernd Kochendörfer/ Jens H. Liebchen/ Markus G. Viering: Bau-Projekt-Management: Grundlagen und Vorgehensweisen, 5. Auflage, Wiesbaden, Springer Fachmedien GmbH, 2018 S.112
  11. a b DVA-Anlage2Rs042001.pdf (berlin.de)