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Das Münchner Missbrauchsgutachten ist ein im Februar 2020 von der römisch-katholischen Erzdiözese München und Freising in Auftrag gegebenes Gutachten, das von der Münchner Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl erarbeitet und am 20. Januar 2021 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Es trägt den Titel: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019. Verantwortlichkeiten, systemische Ursachen, Konsequenzen und Empfehlungen.[1]

Die Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl hatte zuvor schon für mehrere deutsche Diözesen Missbrauchsgutachten erstellt:

  • Im Dezember 2010 wurde ein Gutachten für die Erzdiözese München und Freising vorgestellt. Das Missbrauchsgutachten von 2021 knüpft daran an.
  • Im November 2020 wurde ein Gutachten für das Bistum Aachen der Öffentlichkeit vorgestellt.
  • Ein Gutachten für das Erzbistum Köln sollte 2020 veröffentlicht werden, doch Kardinal Rainer Maria Woelki gab dazu nicht seine Zustimmung.[2] Wegen angeblicher schwerwiegender methodischer Mängel vergab das Erzbistum Köln den Auftrag für ein Missbrauchsgutachten neu an den Strafrechtler Björn Gercke.[3]

Das Gutachten

Fragestellung

Im Februar 2020 beauftragte die Erzdiözese die Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl damit, aufbauend auf ihrem früheren Gutachten zu überprüfen, ob die Verantwortungsträger des Erzbistums beim Umgang mit Verdachtsfällen und möglichen Tätern rechtliche Vorgaben und die Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz umsetzten. Dabei sollten alle seit 2010 dem Erzbistum bekanntgewordenen neuen Verdachtsfälle, Kleriker und hauptamtliche Mitarbeitende betreffend, einbezogen werden.[4]

Westpfahl Spilker Wastl ging es grundsätzlich nicht um eine möglichst komplette Sammlung von Einzelfällen und die Bewertung von Pflichtverstößen nach deren Strafbarkeit, sondern um Compliance: „Der Maßstab kirchlichen Handelns und vor allem auch derjenige, den die Kirche an das Verhalten der Gläubigen, aber auch der Gesellschaft im Übrigen anlegt beziehungsweise angelegt wissen will, war nach gutachterlichem Verständnis nie und ist auch heute nicht auf die Frage der bloßen Rechtmäßigkeit beschränkt“.[5] Sie gehen auf das Argument ein, dass die Unschuldsvermutung auch für beschuldigte Kleriker gelten müsse, und antworten mit einer präzisen juristischen Definition dieses Begriffs. Damit stehe im Einklang, dass sie aufgrund ihrer Erkenntnisse „einzelne Handlungen von Leitungsverantwortlichen als pflichtwidrig oder unangemessen und – sofern dazu notwendig – inzident einzelne Handlungen von Klerikern oder Laienmitarbeitern der Erzdiözese als strafrechtlich relevant oder unangemessen bezeichnen.“[6]

Dass sexueller Missbrauch nicht nur ein Problem der säkularen Welt, sondern auch der Kirchen ist, halten Westpfahl Spilker Wastl für offensichtlich. Dies war aus ihrer Sicht auch schon vor 2010 (Bekanntwerden der Missbrauchsfälle am Canisius-Kolleg Berlin) für kirchliche Verantwortungsträger unübersehbar. Dazu verweisen sie auf folgende, in der Öffentlichkeit stark wahrgenommene Missbrauchsbeschuldigungen gegen teils prominente Kleriker: Gilbert Gauthe, Hans Hermann Kardinal Groër, Marcial Maciel Degollado, John Geoghan.[7] Einlassungen kirchlicher Verantwortungsträger, man habe das Problem vor 2010 nicht im Blick gehabt, sind daher aus Sicht der Gutachter nicht überzeugend.

Gang der Untersuchung

Ein Schwerpunkt der gutachterlichen Tätigkeit war die Auswahl und Sichtung einschlägiger Aktenbestände: Personal- und Verfahrensakten, Dokumente aus der Aktenverwaltung des Erzbischöflichen Ordinariates (Amtsblätter, Protokolle, Rundschreiben, DOMEA-Ablage Generalvikar), Gerichtsakten des Erzbischöflichen Konsistoriums, Geheimarchiv der Diözesankurie, Handakten der Generalvikare und weitere Aktenbestände wie Nachlässe und Amtsakten von Erzbischöfen.[8] Außerdem wurden insgesamt 71 Zeitzeugen gebeten, auf freiwilliger Basis an einer Befragung teilzunehmen, auf Wunsch mit juristischer Beratung. Im Jahr 2021 führten die Gutachter 48 persönliche Befragungen durch, und acht Zeitzeugen antworteten schriftlich.[9] Eine Reihe bereits vorliegender Untersuchungsberichte zum Missbrauch in der katholischen Kirche wie beispielsweise der Murphy-Report aus der Erzdiözese Dublin (2009) oder die von der Deutschen Bischofskonferenz in Auftrag gegebene MHG-Studie (2018) wurden ebenfalls hinzugezogen.[10] In Fragen des Kirchenrechts standen die Gutachter im Austausch mit Wilhelm Rees (Universität Innsbruck) und Hans Zollner (Päpstliche Universität Gregoriana). Sieben kirchliche Leitungsverantwortliche erhielten Gelegenheit zu sogenannten Konfrontationen. Das heißt, sie erhielten auf Wunsch Einsicht in sie betreffende Passagen des Gutachtens und stellten die in Rede stehenden Fälle aus ihrer Sicht schriftlich dar; mit ihrem Einverständnis wurden diese Stellungnahmen als Anlagen dem Gutachten beigefügt. Daraus ergaben sich eine Reihe zusätzlicher Informationen und Abweichungen im Detailfragen.[11] Auch „Priester X“ gab in diesem Konfrontationsverfahren eine auf den 24. November 2021 datierte schriftliche Stellungnahme ab.[12]

Wesentliche Ergebnisse der Gutachtens

Statistisch-empirische Befunde

Die Gutachter befassten sich mit 363 untersuchungsrelevanten Sachverhalten, von denen 141 jedoch nicht mehr gutachterlich beurteilbar sind und 11 als widerlegt eingestuft werden. Bei 65 Sachverhalten sieht das Gutachten die Missbrauchsvorwürfe als erwiesen an, bei 146 Sachverhalten als „zumindest plausibel.“ Es gab 90 staatliche Ermittlungsverfahren, rund die Hälfte (46) führten zu einem Strafurteil oder Strafbefehl. Seitens der römisch-katholischen Kirche gab es 14 Voruntersuchungen, fünf Meldungen an die Glaubenskongregation und zwei kirchliche Strafverfahren.[13] Die Gutachter gehen von mindestens 497 Geschädigten[14] aus. Davon waren 247 männlichen und 182 weiblichen Geschlechts, bei den übrigen 68 ließ sich dies nicht mehr zuordnen. Die Altersgruppe der 8 bis 14-Jährigen war sowohl bei den Jungen (59 %) als auch den Mädchen (32 %) „deutlich überrepräsentiert.“[15]

Sachbehandlung von Missbrauchs(verdachts)fällen

Die Gutachter kamen zu dem Ergebnis, dass die Erzdiözese gegenüber des Missbrauchs verdächtigen Laienmitarbeitern grundsätzlich angemessene dienst- und arbeitsrechtliche Maßnahmen ergriffen habe. Bei Klerikern sei sie aber weit hinter den kirchenrechtlichen Möglichkeiten zurückgeblieben. Als Motive vermuteten die Gutachter das Vermeiden öffentlichen Aufsehens und eine Haltung von „Milde und Nachsicht“ gegenüber den Beschuldigten. Priester wurden sogar dann weiter und teilweise uneingeschränkt in der Seelsorge eingesetzt, wenn sie strafrechtlich verurteilt waren.[16] Die seit 2010 erkennbare geordnete Sachbearbeitung von Missbrauchsfällen habe noch nicht zu einem klaren Soll-Ablauf (Prozessbeschreibung) geführt. Die Geschädigten wurden erst seit 2010 infolge der Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz in die Sachbearbeitung von Missbrauchs(verdachts)fällen einbezogen und erhielten auch seelsorgerliche Angebote. Große Defizite erkennen die Gutachter in den betroffenen Einrichtungen, besonders Pfarreien. Noch lange nachdem die Tätigkeit missbrauchsverdächtiger Personen dort endete, blieben Einrichtungen und Gemeinden tief gespalten in der Bewertung ihres Verhaltens, und eine gemeinsame Aufarbeitung finde nicht statt.[17]

Systemische Ursachen für festgestellte Defizite

Die Gutachter nennen unter den systemischen Ursachen, die Missbrauch in der Erzdiözese begünstigten oder ermöglichten, einen mit Klerikalismus[18] verbundenen, sehr stark ausgeprägten Schutz der Institution Kirche. Hinzu komme die „unzureichende innerkirchliche Rechtskultur“. Diözesane Führungsämter würden nicht nach Fachkompetenz und Leistungsprofil vergeben, sondern als Stufen einer kirchlichen Karriere. Daher fehle Entscheidungsträgern vor allem forensische Erfahrung, die auch nicht durch Gutachten medizinischer Sachverständiger ausgeglichen werden könne. Ungünstig wirke sich außerdem aus, dass die kirchlichen Sachbearbeiter von Missbrauchs(verdachts)fällen wenig kontrolliert würden, was ein willkürliches Agieren zur Folge haben könne. Die Möglichkeiten, aus den seit den 1990er Jahren bekannten Missbrauchsfällen zu lernen und die eigene Praxis, auch im Austausch mit der „säkularen Wissenschaft“, zu verbessern, seien nicht ausgeschöpft worden. Dem steht gegenüber, dass die Gutachter seit 2010 in der Erzdiözese eine in vielen Aspekten vorbildhafte Missbrauchsprävention feststellten.[19]

Persönliche Verantwortlichkeiten

Die Gutachter gehen grundsätzlich davon aus, dass die im Untersuchungszeitraum amtierenden Erzbischöfe und Generalvikare für Fehler im Umgang mit Missbrauchs(verdachts)fällen persönlich verantwortlich seien. Seit Mitte der 1980er Jahre könne weder „Unkenntnis der rechtlichen Grundlagen noch der Tatfolgen für die Geschädigten“ entlastend geltend gemacht werden. Seit dem Jahr 2010 ändert sich die Situation dadurch, dass die Bearbeitung von Missbrauchs(verdachts)fällen zunehmend Sachbearbeitern mit entsprechender Fachkompetenz übertragen ist.[20] Bis 2010 gab es dieses Sachbearbeiterebene nicht, und Missbrauchs(verdachts)fälle wurden direkt von der Diözesanleitung behandelt.[21]

Gutachterliche Bewertung der Amtsführung einzelner Verantwortungsträger

Erzbischof Kardinal Michael von Faulhaber (bis 1952)

Die Amtszeit Michael von Faulhabers liegt größtenteils außerhalb des Untersuchungszeitraums. Die Gutachter bescheinigen ihm jedoch für die Jahre ab 1945, „in einer vor allem ab den 1960er Jahren nicht mehr erreichten Art und Weise entschlossen“ gegen Missbrauchsverdächtige vorgegangen zu sein; diese wurden beispielsweise monatelang in einem Kloster untergebracht und auf diese Weise weitere Missbrauchstaten verhindert. Andererseits scheint von Faulhaber die Rückkehr verurteilter Täter in die Seelsorge durchweg gebilligt zu haben, und die Missbrauchsgeschädigten wurden konsequent nicht beachtet.[22]

Erzbischof Joseph Kardinal Wendel (1952 bis 1960)

Das Gutachen legt dem Erzbischof Joseph Wendel fehlerhaftes Verhalten in acht Fällen zur Last; fast alle betreffen verurteilte Sexualstraftäter. In einigen Fällen wurden kirchenrechtliche Strafen, wie erzwungene Unterbringung des Täters in einem Kloster, angewandt. Dies hatte einen gewissen Präventionscharakter. Die Tatfolgen für die Geschädigten waren dem Erzbischof aus den einschlägigen Urteilen bekannt, doch blieb Wendel ihnen gegenüber untätig.[23]

Erzbischof Julius Kardinal Döpfner (1961 bis 1976)

Die Gutachter stellten bei Erzbischof Julius Döpfner fehlerhaftes Handeln in 14 Fällen fest. Sie bewerten negativ, dass er, verglichen mit seinen Amtsvorgängern, Sanktionsmöglichkeiten des Kirchenrechts gegen Missbrauchstäter nicht nutzte und sie uneingeschränkt wieder in der Seelsorge arbeiten ließ. Ein Novum war die Praxis der Versetzung straffällig gewordener Priester in eine andere Diözese, und die Erzdiözese München und Freising nahm auf diesem Wege Täter aus anderen Diözesen auf und setzte sie uneingeschränkt in der Seelsorge ein. Missbrauchsgeschädigte wurden weiterhin konsequent ignoriert.[24]

Erzbischof Joseph Kardinal Ratzinger (1977 bis 1982)

Das Gutachten befasst sich ausschließlich mit der Amtszeit Joseph Ratzingers als Erzbischof. Die Gutachter waren zwischenzeitlich zu der Einschätzung gelangt, dass Ratzinger sich in fünf Fällen nicht regelkonform mit Missbrauchs(verdachts)fällen, die ihm bekannt geworden waren, befasst habe. „Zwei Fälle betreffen von staatlichen Gerichten verurteilte Missbrauchstäter, die in der Amtszeit Ratzingers als Erzbischof von München als Priester weiter in der Seelsorge tätig sein durften.“[3] Mit Schreiben vom 20. August, 11. Oktober und 11. November 2021 regten die Gutachter deshalb Konfrontationen an. Im Namen des emeritierten Papstes handelnde Personen erhoben „massive Einwände“ gegen die Rechtmäßigkeit dieses Verfahrens. Danach änderte dieser jedoch seine ablehnende Haltung, nahm durch eine Vertrauensperson Akteneinsicht und verfasste eine auf den 14. Dezember 2021 datierte Stellungnahme, die dem Gutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl als Anlage beigefügt ist. In diesen Einlassungen betont Ratzinger, dass es ihm darum gehe, den Umgang mit den Fällen während seiner Amtszeit nicht etwa zu entschuldigen, sondern sie aus dem historischen Kontext, dem Zeitgeist und den damaligen Moralvorstellungen heraus zu beurteilen.[25] Er argumentiert darüber hinaus kirchenrechtlich. Die Instruktion Crimen sollicitationis von 1922 sei niemals promulgiert worden, ihre Normen könnten daher nicht als bekannt und anwendbar vorausgesetzt werden.[26] Die Gutachter wiesen die Vorstellung zurück, ein in München seinerzeit unbekanntes „Geheimrecht“ zu seinen Ungunsten anzuwenden.[27]

Die Gutachter würdigen ausdrücklich, dass der hochbetagte emeritierte Papst bereit war, zu den ihm vorgelegten Fragen schriftlich Stellung zu beziehen. In einem der fünf hierbei untersuchten Fälle führte das dazu, dass der Vorwurf eines Fehlverhaltens des Erzbischofs Ratzinger nicht mehr erhoben wird. Einlassungen zum Zeitgeist werden von den Gutachtern, wie auch bei anderen Verantwortungsträgern, als irrelevant zurückgewiesen. Der Befragte räume selbst ein, dass das Aktenmaterial lückenhaft und unvollständig ist,[28] gebe aber an, dass er sich nur an das erinnere, was anhand der Akten nachweisbar ist. Daraus entstehe das für die Gutachter nicht überzeugende Bild, dass Erzbischof Ratzinger über Missbrauchs(verdachts)fälle deutlich schlechter informiert war als seine Amtsvorgänger und -nachfolger. Zur Instruktion Crimen sollicitationis bemerken sie, „dass von demjenigen, der mit umfassender Leitungsmacht über die gesamte Erzdiözese ausgestattet ist, auch erwartet werden darf und muss, sich erforderlichenfalls die notwendigen Kenntnisse zu beschaffen oder im Rahmen der ihm als Erzbischof zukommenden gesetzgeberischen Gewalt für die notwendige Klarheit zu sorgen.“[29]

„Fall 37“

Ein vor allem im Schuldienst tätiger Priester wurde in die Erzdiözese versetzt; dass sexuelle Fehlverhaltensweisen in seiner früheren Diözese der Grund für die Versetzung waren, ist naheliegend.[30] Diese Personalie war Erzbischof Ratzinger auch dadurch bekannt, dass der Priester der Neffe[31] eines anderen deutschen Bischofs war. Während seiner Tätigkeit in der Erzdiözese wurde er wegen zweifacher versuchter Unzucht mit Kindern und sexueller Beleidigung landgerichtlich verurteilt. Die Erzdiözese reagierte nur insofern, als sie ihn vorübergehend nicht mehr als Religionslehrer an öffentlichen Schulen einsetzte. Fünf Jahre später erhielt der Priester wegen sexuellen Kindesmissbrauchs und exhibitionistischer Handlungen auf dem Strafbefehlsweg eine Geldstrafe; dieser Strafbefehl lag dem Ordinariat vor und wurde, wie aus entsprechenden Vermerken hervorgeht, von Generalvikar Gerhard Gruber mit Erzbischof Ratzinger besprochen. Der Erzbischof hielt eine Versetzung des Priesters für unnötig, da „ein Skandal nicht zu befürchten“ sei.[32] Ein Jahr später wurde der Priester wegen versuchten sexuellen Kindesmissbrauchs zu einer mehrmonatigen Haftstrafe verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Er unterzog sich einer Therapie. Die weitere Tätigkeit als Religionslehrer war an staatlichen Schulen für ihn nun ausgeschlossen; er unterrichtete nach Vorlage eines Attestes an einer privaten Wirtschaftsschule. Die Gutachter stellen fest, dass der Erzbischof es versäumte, den Priester aus dem Schuldienst zu entfernen und so Kinder und Jugendliche vor weiteren Übergriffen zu schützen. Dies stehe nicht mit dem kirchlichen Selbstverständnis (Sorge um Notleidende und Bedrängte, Verhütung künftigen Leids) im Einklang. Kirchenstrafrechtlich gebotene Maßnahmen (cc. 1939 ff. CIC/1917, Instruktion Crimen sollicitationis) unterblieben. Ratzingers Handeln schien den Gutachtern vor allem dadurch motiviert, das Fehlverhalten des Priesters möglichst nicht öffentlich bekannt werden zu lassen. Sie mutmaßen, dass die gleichen Verurteilungen bei einem Laien im kirchlichen Dienst andere Konsequenzen gehabt hätten.[33]

In seiner Stellungnahme[34] betonte Ratzinger, dass ihm nach Aktenlage die von den Gutachtern vorausgesetzte Kenntnis des Falls nicht nachzuweisen sei und er diese umfassende Kenntnis auch nicht gehabt habe. Der Priester sei kein eigentlicher Missbrauchstäter, da er seine Opfer nicht berührt habe. Auch sei er ihnen als „anonymer Privatmann“ und nicht als Priester gegenübergetreten.[35] Als Religionslehrer und Seelsorger habe er sich untadelig verhalten und sei sehr geschätzt worden. Er verwies darauf, dass Pädophilie in den 1970er Jahren als heilbar galt und der Priester sich mehrfach Therapien unterzogen hatte. Zum kirchenrechtlichen Aspekt betonte Ratziger, dass die Heranziehung von cc. 1939 ff. CIC/1917 in den 1970er Jahren „eine als geradezu abwegig erscheinende Option“ gewesen sei.[36] Außerdem seien exhibitionistische Handlungen (wiewohl sündhaft und moralisch verwerflich) von der damaligen kirchlichen Strafnorm nicht erfasst worden; sie seien erst seit 2020 kirchenrechtlich eindeutig strafbar.[37][38] Im Blick auf die kirchliche Passivität gegenüber den Opfern erläutert die Stellungnahme: „Vermutlich wussten die Eltern damals gut zu unterscheiden, dass das private Fehlverhalten eines Priesters, fernab von Pfarrei und Schule, nicht der Kirche anzulasten ist.“ Eine Kontaktaufnahme der Kirche, gar des Ordinariates, mit den Eltern sei nicht erfolgt, weil sie nicht erwartet worden sei.[39]

„Fall 40“

Der Priester einer ausländischen Diözese, ein Verwandter des dortigen Bischofs, war vom Landgericht wegen mehrfachen Kindesmissbrauchs zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt worden, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Daraufhin veranlasste die Heimatdiözese, dass er als „studierender Priester“ vom Erzbistum München und Freising aufgenommen wurde. In diesem Rahmen gab es, wie Indizien in den Akten nahelegen, persönliche Gespräche des Priesters mit Generalvikar Gruber und Erzbischof Ratzinger. Die Verurteilung wurde dem Ordinariat in einem „streng vertraulichen“ Schreiben mitgeteilt. „Spannungen und Unstimmigkeiten“ an den Einsatzorten führten zu mehrfachen Versetzungen des Priesters. Auf einer Ordinariatssitzung kam schließlich zur Sprache, dass er beim Nacktbaden beobachtet wurde und sich sehr um private Kontakte zu Ministranten bemühe. Damit sah man die „Zumutbarkeit überschritten“, und dem Priester wurde gekündigt.[40]

Hierzu nahm der emeritierte Papst wie folgt Stellung: Dieser Priester sei ihm unbekannt, und er gehe davon aus, ihm nie persönlich begegnet zu sein. Der Priester sei vom Religionsunterricht freigestellt worden, um sich seiner Promotion widmen zu können. Die Bewährungsstrafe sei bekannt gewesen, nicht aber der Grund für die Verurteilung. Da die Missbrauchstaten unbekannt gewesen seien, habe es keine Veranlassung gegeben, künftige sexuelle Übergriffe zu verhindern. Aus den Pfarreien, in denen er eingesetzt war, erreichten das Ordinariat Hinweise, dass ein „dunkler Punkt“ in der Vergangenheit dieses Priesters zu Gerede führe. Kirchenstrafrechtlich Relevantes sei aber nicht bekannt geworden.[41]

Da aber sowohl der Generalvikar als auch der betreffende Priester unabhängig voneinander dessen Gespräch mit Erzbischof Ratzinger anlässlich seiner Übernahme ins Erzbistum München und Freising dokumentierten, halten die Gutachter daran fest, dass es dieses Gespräch gab, obwohl im Terminkalender des Erzbischofs kein entsprechender Vermerk existiert.[42]

„Fall 41“ (= „Fall X“)

Am 2. Januar 1980 fragte eine andere deutsche Diözese offiziell beim Erzbischöflichen Ordinariat an, ob Priester X für einige Zeit aufgenommen werden könne. Er könne wegen einer „Gefährdung“ nicht mehr im seelsorgerlichen Dienst seiner Heimatdiözese eingesetzt werden. Während seiner anstehenden „psychisch-therapeutischen“ Behandlung könne er aber in der Erzdiözese Gottesdienste und liturgische Aufgaben wahrnehmen. „Gefährdung“ hieß im Klartext, dass eine nervenärztliches und psychotherapeutisches Gutachten bei ihm unter anderem Päderastie diagnostiziert hatte.[43]

In der Erzdiözese München und Freising verübte X in den folgenden Jahren zahlreiche weitere Missbrauchstaten. Es gab schon in der ersten Pfarrei, in der X ab 1980 tätig war (also noch in der Amtszeit Joseph Ratzingers als Münchener Erzbischof), Anhaltspunkte für Kindesmissbrauch, die möglicherweise Grund für seine Versetzung 1982 waren.[44]

Zu diesem Fall legten Westpfahl Spilker Wastl ein Sondergutachten vor. „Dieser, sich über nahezu vier Jahrzehnte hinweg erstreckende Fall X. stellt aus unserer gutachterlichen Perspektive einen durchaus als Sittengemälde zu qualifizierenden Sachverhalt dar.“[45] Der Fall war bereits in dem Gutachten von 2010 thematisiert worden. Die Öffentlichkeit diskutierte seinerzeit, ob Joseph Ratzinger in seiner Amtszeit als Erzbischof entschieden hatte, einen Priester in den Dienst der Erzdiözese München und Freising zu übernehmen, obwohl ihm dessen Vorgeschichte als Missbrauchstäter bekannt war. Die Gutachter konnten diesen Verdacht nicht erhärten, und auch die Recherchen der Medien blieben 2010 ergebnislos.[46]

„Die Erzdiözese geht nach wie vor davon aus, dass der damalige Erzbischof [Ratzinger] die Entscheidung, [Priester X.] in der Pfarrseelsorge einzusetzen, nicht gekannt hat. Jede anders lautende Darstellung weist sie als reine Spekulation zurück. Der damalige Generalvikar, Prälat Gerhard Gruber, hat für seine eigenmächtige und falsche Entscheidung, [Priester X.] in der Pfarrseelsorge einzusetzen, die volle Verantwortung übernommen.“

Erzdiözese München und Freising: Pressemitteilung vom 26. März 2010[47]

Gruber erklärte aber in seiner Stellungnahme vom 27. Oktober 2021, Protokolle von Ordinariatssitzungen enthielten nicht alle Details der Besprechungen. Es sei für ihn nicht vorstellbar, dass der Erzbischof nicht über die Hintergründe der Versetzung informiert worden sei. Das Ordinariat habe ihn im Frühjahr 2010 darauf hingewiesen, dass er „zum Schutz des Papstes jetzt die alleinige Verantwortung zu übernehmen habe.“[48]

Im Rahmen des Gutachtens von 2021 versuchten Westpfahl Spilker Wastl zu klären, ob der damalige Erzbischof Ratzinger an der Ordinariatssitzung am 15. Januar 1980 teilnahm, bei der die Übernahme des Priesters X in die Erzdiözese beschlossen wurde, und ob dabei thematisiert wurde, warum X seine Heimatdiözese verlassen und sich einer Therapie unterziehen sollte. Der emeritierte Papst erklärte: „Da ich an der Ordinariatssitzung am 15. Januar 1980 nicht teilgenommen habe, kann ich zu den Ausführungen des Personalreferenten im Rahmen der Sitzung keine Aussage machen.“[49] Fragen nach einer späteren persönlichen Begegnung mit Priester X, die sich beim Besuch eines Studienfreundes zufällig ergeben hatte, und zu einer möglichen Information des Papstes durch die Glaubenskongregation über den Vorschlag, X 2012 aus dem Klerikerstand zu entlassen, beantwortete er nicht, da sie außerhalb des Gutachtenauftrags lägen.[50]

„Fall 42“

Ein Priester des Erzbistums fertigte „zumindest anzügliche“ Fotografien unter 14-jähriger Mädchen an. Dies wurde dem Generalvikar Gruber bekannt und war daraufhin Thema der Ordinariatssitzung. Dem Priester wurde die Resignation auf seine Pfarrei empfohlen und sein auf ein Jahr befristeter Einsatz als Altenheim- und Krankenhausseelsorger beschlossen. Der Sachverhalt hatte strafrechtliche Folgen: Aufgrund von § 176 Abs. 1 StGB (sexueller Missbrauch von Kindern) und in einem Fall auch § 174 Abs. 1 StGB (sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen) wurde der Pfarrer zu einer Geldstrafe verurteilt. Seitens der Erzdiözese wurden keine Disziplinarmaßnahmen oder kirchenstrafrechtlichen Maßnahmen eingeleitet. Dies wäre aber nach Einschätzung der Gutachter als Folge der strafrechtlichen Verurteilung aufgrund von cc. 1939 ff. CIC/1917 und der Instruktion Crimen sollicitationis zwingend erforderlich gewesen. Zur Prävention weiterer Missbrauchstaten sei nichts erfolgt, ebensowenig habe es eine Zuwendung zu den Geschädigten gegeben.[51]

In seiner Stellungnahme räumte der emeritierte Papst ein, dass er den Missbrauchstäter aus Studienzeiten kannte, ohne dass es einen engeren persönlichen Kontakt gegeben habe. Er habe an den Ordinariatssitzungen, die sich mit Resignation auf die Pfarrei und Einsatz des Priesters als Altenheim- und Krankenhausseelsorger befassten, nicht teilgenommen und dessen Resignationsgesuch sei ihm höchstwahrscheinlich nicht vorgelegt worden. Auch wenn ihm damalige Zeitungsberichte bekannt geworden wären, hätte er sie als kirchenstrafrechtlich irrelevant befunden.[52]

Erzbischof und Apostolischer Administrator Friedrich Kardinal Wetter (1982 bis 2008)

Die Gutachter werfen Friedrich Wetter vor, während seiner Amtszeit als Erzbischof und Apostolischer Administrator in 21 Fällen (rechts)fehlerhaft, mindestens aber unangemessen mit ihm bekannt gewordenen Missbrauchs(verdachts)fällen umgegangen zu sein. Auch Wetter wurde mit Sachverhalten konfrontiert und um eine Stellungnahme gebeten. Er nutzte die Möglichkeit der Akteneinsicht nicht und verfasste Stellungnahmen, datiert auf den 29. September, 3. November und 11. Dezember 2021. Diese führten dazu, dass die Gutachter in einem Fall den Vorwurf eines Fehlverhaltens nicht mehr aufrecht erhielten.[53]

Bei der Beurteilung des Handelns von Kardinal Wetter merken die Gutachter kritisch an, dass während seiner Amtszeit das Thema sexueller Missbrauch im Raum der Kirchen öffentlich intensiv diskutiert wurde, etwa im Fall Groer. Wetter war über die Missbrauchs(verdachts)fälle in der Erzdiözese informiert, was er auch einräumt, aber an Personalangelegenheiten wenig interessiert. Das passive Verhalten gegenüber den Geschädigten setzt sich auch in Wetters Amtszeit fort. Aufgrund der Leitlinien der deutschen Bischofskonferenz wurden ab 2002 Missbrauchsbeauftragte bestellt, einen Austausch des Erzbischofs mit diesen über die Interessen der Geschädigten konnten die Gutachter aber nicht feststellen.[54]

Erzbischof Reinhard Kardinal Marx (seit 2008)

In drei Fällen legen die Gutachter Erzbischof Reinhard Marx zur Last, dass er ihm in seiner Amtszeit bekanntgewordene Missbrauchs(verdachts)fälle (rechts)fehlerhaft, mindestens aber unangemessen behandelte. Auch Marx wurde mit Sachverhalten konfrontiert. Er nutzte die Möglichkeit der Akteneinsicht und verfasste Stellungnahmen, die auf den 15. Oktober, 5. November und 30. November 2021 datiert sind. Er geht dabei davon aus, dass ihm das Amt der Verkündigung und das Hirtenamt für das Volk Gottes übertragen wurde und dass er sich in Personalfragen auf die dem Generalvikar unterstehende Verwaltung und das Erzbischöfliche Ordinariat verlassen müsse. Der Generalvikar habe die hierzu nötigen Vollmachten; dieser entscheide auch darüber, in welchem Umfang der Erzbischof informiert werde.[55]

Bei ihrer Gesamtbewertung heben die Gutachter positiv hervor, dass Marx nach Bekanntwerden der Missbrauchsfälle im Canisius-Kolleg 2010 zeitnah und gegen Widerstände in seiner Diözese Fälle möglichen Missbrauchs in seinem Amtsbereich untersuchen und auf mögliche systemische Ursachen hin auswerten ließ. Weiterhin setzte er sich für die Errichtung eines Kinderschutzzentrums ein. Im Gegensatz zu seinen Amtsvorgängern führte Marx persönliche Gespräche mit Missbrauchsgeschädigten. Andererseits verhielt sich Marx nach Einschätzung der Gutachter passiv gegenüber Verdachtsfällen von sexuellem Missbrauch und beschränkte sich weitgehend darauf, die von der Verwaltung vorgeschlagenen Maßnahmen umzusetzen. Mitte 2019 beobachten sie einen Wandel durch „Implementierung des Instruments der Führungsaufsicht“. Eine konsequente Orientierung an der Perspektive der von sexuellem Missbrauch Geschädigten erkennen die Gutachter auch darin, dass Marx aus seinem Privatvermögen die Stiftung Spes et salus errichtete.[56]

Reaktionen auf die Veröffentlichung des Gutachtens

Die Veröffentlichung des Münchner Missbrauchsgutachtens erregte große mediale Aufmerksamkeit, im Fokus des öffentlichen Interesses standen dabei die drei letzten und noch lebenden Erzbischöfe: der damalige Kardinal Joseph Ratzinger, später präses der Glaubenskongregation und bis zu seiner Emeritierung Papst Benedikt XVI., sein Nachfolger als Münchner Erzbischof Friedrich Wetter und der Amtsinhaber, Reinhard Marx.[57]

Weblinks

  • Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019. Verantwortlichkeiten, systemische Ursachen, Konsequenzen und Empfehlungen. München 2021 (Download PDF)

Anmerkungen

  1. Westphal et alii: Gutachten sexueller Missbrauch Minderjähriger. tagesschau.de, 20. Januar 2022, abgerufen am 22. Januar 2022.
  2. Münchner Missbrauchsgutachten - Benedikt XVI. räumt Falschaussage ein. In: ZDF, 24. Januar 2021.
  3. a b Missbrauchsgutachten in der katholischen Kirche: Münchner Kardinal Marx räumt Versagen im Umgang mit Betroffenen ein. In: Deutschlandfunk, 27. Januar 2021.
  4. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 5f.
  5. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 7.
  6. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 26.
  7. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 54-62.
  8. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 26-31.
  9. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 32-35.
  10. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 35f.
  11. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 38.
  12. Sonderband: Der Fall X, S. 21.
  13. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 11f.
  14. Die Gutachter verwenden den neutralen Begriff „Geschädigte(r)“. Die Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz bezeichnen diesen Personenkreis dagegen als „Opfer“. Westpfahl Spilker Wastl geben zu bedenken, dass der Opferbegriff ein Unterordnungsverhältnis sowohl gegenüber dem Täter als auch gegenüber der Institution nahelege. Vgl. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 22-24.
  15. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 12.
  16. Vgl. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 380f.: 18 staatlich verurteilte Kleriker wurden weiterhin in der Seelsorge eingesetzt. In 14 Fällen übernahm die Erzdiözese nach staatlichem oder kirchlichem Recht wegen Missbrauchs straffällig gewordene Kleriker aus anderen Diözesen oder Ordensgemeinschaften, in Kenntnis dieser Vorgeschichte, und setzte sie ohne Einschränkungen in der Seelsorge ein; sieben dieser Kleriker waren strafrechtlich verurteilt. Zwar wurden gelegentlich fachärztliche Gutachten zur „Gefährlichkeit“ der betreffenden Personen eingeholt, aber die von diesen Gutachtern empfohlenen Auflagen (kein Kontakt mit Kindern und Jugendlichen) ließen sich in der Praxis weder überprüfen noch durchsetzen.
  17. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 12-14.
  18. Vgl. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 406: „Diese selbst die zutreffende Bewertung schwerster (Sexual-)Straftaten sowie die zwingend notwendigen Konsequenzen verhindernde und als ‚Mitbrüderlichkeit‘ verbrämte Verbundenheit innerhalb des Klerus mündete in eine Art ‚Wagenburgmentalität‘ und in Abgrenzungstendenzen gegenüber einer kritischen Überprüfung des eigenen Handelns und einer gegebenenfalls erforderlichen Sanktionierung der Verantwortlichen.“
  19. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 14-16.
  20. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 16f.
  21. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 401.
  22. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 632 f.
  23. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 648-650.
  24. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 680-682.
  25. Anlage 2, S. 4.
  26. Anlage 2, S. 4f.: „Denn es handelt sich bei CrimSol um eine Geheiminstruktion des Hl. Stuhls, die zu keinem Zeitpunkt promulgiert … worden ist, wie es can. 9 CIC/1917 zur rechtsgültigen Inkraftsetzung … vorgeschrieben hat. … Dennoch die Anwendbarkeit dieses ‚Geheimrechts‘ zu unterstellen, wie die Gutachter dies tun, käme der Verpflichtung gleich, sich regelmäßig und ohne erkennbaren Anlass beim Apostolischen Stuhl zu erkundigen, ob es vielleicht eine neue Geheimvorschrift gibt, die zwar nicht veröffentlicht, aber dennoch anzuwenden ist.“
  27. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 682-687.
  28. Anlage 2, S. 3.
  29. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 750-754, Zitat S. 754.
  30. Vgl. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 545: In einem Schreiben des damaligen Generalvikars Gruber heißt es, „dass es sich um einen Verwandten des Bischofs von […] handelt, der vor Jahren aus gewissen Gründen in unsere Diözese kam.“
  31. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 544.
  32. Diesen Satz interpretierte Ratzinger in seiner Stellungnahme (Anlage 2, S. 46 und S. 50) so: Gerade diese Formulierung zeige, „dass die Informationen, die ich erhalten habe, so waren, dass sie in mir keinen Verdacht über ein kirchenstrafrechtlich relevantes Verhalten … vermittelt haben. Denn ansonsten hätte ich diese Einschätzung nicht getroffen.“
  33. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 698-702.
  34. Anlage 2, S. 45ff.
  35. Anlage 2, S. 47.
  36. Anlage 2, S. 59.
  37. Anlage 2, S. 60f.
  38. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 702-712.
  39. Anlage 2, S. 50.
  40. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 562–568 und 718-721.
  41. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 721-728.
  42. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 731.
  43. Sonderband: Der Fall X, S. 25.
  44. Sonderband: Der Fall X, S. 73f., 97 und 127.
  45. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021; Sonderband: Der Fall X, S. 2.
  46. Sonderband: Der Fall X, S. 6f.
  47. Hier zitiert nach: Sonderband: Der Fall X, S. 68.
  48. Sonderband: Der Fall X, S. 70f. Vgl. auch ebd. S. 122 und 128: Die Gutachter gingen auch der Möglichkeit nach, dass Papst Benedikt XVI. im Frühjahr 2010 in Strategien eingebunden war, die seine Person vor einer Mitverantwortung bei der Übernahme des Priesters X. ins Erzbistum schützen sollten.
  49. Sonderband: Der Fall X, S. 73f., 97 und 146.
  50. Sonderband: Der Fall X, S. 150.
  51. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 568-573 und 733-736.
  52. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 736-744. Vgl. auch S. 745: „Tatsächlich – wie von dem Verteilervermerk vorgesehen – konnte eine Kopie des Zeitungsartikels, der, nach Lesart der Gutachter, Hinweise auf Berührungen eines 12jährigen Mädchens im Intimbereich durch den Priester enthält, in den Amtsakten des ehemaligen Erzbischofs Kardinal Ratzinger aufgefunden werden.“
  53. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 750-754, Zitat S. 754f.
  54. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 750-754, Zitat S. 754f.
  55. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 851-854.
  56. Westpfahl Spilker Wastl Rechtsanwälte: Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019, München 2021, S. 866-869.
  57. Andrea Neumeier: Die Nachbeben des Münchner Missbrauchsgutachtens. In: BR24, 25. Januar 2022.