Benutzer:Ktiv/Die Botschaft Gottes
Die Botschaft Gottes, auch Volkstestament genannt, ist eine eklektische Ausgabe des Neuen Testaments im Sinn des Nationalsozialismus, die für Deutsche Christen die Lutherbibel ersetzen sollte. Das Alte Testament spielte wegen seines jüdischen Ursprungs für die Deutschen Christen ohnehin keine Rolle.
Es handelt sich um ein Neuarrangement von biblischen Texten nach Themen, ergänzt um einige außerbiblische Jesus-Logien. Innerhalb der ausgewählten Texte wurden gemäß der nationalsozialistischen Ideologie Sätze umgeschrieben und Auslassungen vorgenommen, ohne dass dies kenntlich gemacht wurde.
Entstehung
In den Jahren 1901 bis 1941 erschienen etwa 40 „völkische Übersetzungen“ der Bibel. Mehrere Versuche wurden unternommen, die Lutherbibel in „völkischem“ Sinn zu revidieren. Daneben gab es freie Nacherzählungen biblischer Stoffe. Die Botschaft Gottes hatte im Feld dieser Übersetzungen und Übertragungen den Anspruch, auf der Höhe der neutestamentlichen Wissenschaft zu sein.[1][2]
Überschriften wie „Sein Kampf“ – „Sein Kreuz“ – „Sein Sieg“ waren der Propagandasprache entnommen mit dem Zweck, eine Wesenseinheit zwischen Jesus und dem deutschen Volk im Kampf gegen das Judentum zu konstruieren.[1]
Hauptherausgeber war der Neutestamentler Walter Grundmann; weitere Mitarbeiter waren: Erich Fromm, Heinz Hunger, Wilhelm Büchner und Heinrich Weinmann. Sie gehörten der Thüringischen Kirchenbewegung Deutsche Christen an und waren am Institut zur Erforschung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben tätig. Die Botschaft Gottes war eine der ersten Früchte der Arbeit dieses Instituts.
Verbreitung
Wo die Deutschen Christen in den Landeskirchen Einflussmöglichkeiten hatten, wurden die Pfarrer zu Schulungen geschickt, bei denen sie mit dem Konzept des Buches vertraut gemacht wurden. Die wissenschaftlichen Arbeiten des Entjudungsinstituts kamen dabei zum Einsatz. Die Pfarrer sollten Die Botschaft Gottes dann als Multiplikatoren in die Gemeinden tragen, insbesondere in die Jugendarbeit.[3]
Nach Eigendarstellung Grundmanns waren von der Schrift Die Botschaft Gottes ein halbes Jahr nach ihrem Erscheinen bereits 200.000 Exemplare verkauft worden; diese Zahl ist aber historisch nicht belegt.[4] Die kriegsbedingte Papierknappheit verhinderte weitere Nachdrucke.
1945 wurde Die Botschaft Gottes auf die Liste der verbotenen Bücher gesetzt.[3] Eine Verwendung in Gottesdiensten ist aber noch in den 1950er Jahren belegbar.[3]
Inhalt
Das Werk gliedert sich in vier Hauptteile:
- Jesus der Heiland. Die Jesus-Überlieferungen der drei ersten Evangelien (Kapitel: Sein Ursprung. Sein Aufbruch. Seine Botschaft. Seine Gefolgschaft. Sein Kampf. Sein Sieg).
- Jesus der Gottessohn. Das Evangelium des Johannes (Kapitel: Die Offenbarung des Weltgeheimnisses. Der Aufbruch des Gottessohnes. Die Offenbarung des neuen Gottesdienstes. Die Entscheidung in Galiläa. Der Kampf in Judäa. Die Lebensspende als Todesanlaß. Der Abschied im Jüngerkreis. Die Erhöhung ans Kreuz. Der Sieg des Lebens. In das Johannesevangelium eingefügte Sprüche und Berichte).
- Jesus der Herr. Die Christusbotschaft der Apostel (Kapitel: Der Mittler des neuen Lebens. Gottes Boten. Die Weltenwende. Das neue Leben. Die Gemeinde Gottes.).
- Das Werden der Christusgemeinde. Berichte und Zeugnisse aus den ersten Jahren der Gemeinde. (Kapitel: Ostern. Die Entstehung der Gemeinde von Jerusalem. Schicksal und Taten der Hellenisten. Die Bekehrung des Paulus. Die Auseinandersetzung des Paulus mit der Jerusalemer Gemeinde. Die Missionswirksamkeit des Paulus.).
Der erste Teil, der auch als separate Schrift erhältlich war, stellt ein tendenziöses Neuarrangement von Jesusüberlieferungen der synoptischen Evangelien dar. Im zweiten Teil (Johannesevangelium) waren die redaktionellen Änderungen weniger stark. Der dritte Teil ist ein „Sammelsurium“ einzelner Stücke aus dem Neuen Testament, auch aus den Paulusbriefen.[3] Dass Paulus Jude war, wurde dabei nicht verschwiegen. Wie damit umzugehen sei (sogenannte „Paulus-Problematik“) blieb im Institut bis 1945 unbearbeitet.[3] Der vierte Teil ist als geschichtlicher Abriss der frühchristlichen Gemeindeentwicklung angelegt.
Tendenz
Nach Elisabeth Lorenz lassen sich bei den Veränderungen am Bibeltext folgende Kriterien feststellen.
- Jesus sei nicht der Messias (König der Juden, König Israels), er sei der „Verheißene“ (Sohn Gottes und Menschensohn) und der „König des Lebens“.
- Jesus sei der Leidende, mit dem die Leser mitleiden sollen.
- Jesus sei Kämpfer gegen das Judentum, die Leser seine Mitkämpfer.
- Alle positiven Bezüge zur jüdischen Religion werden getilgt. Das betrifft auch den Kult im Jerusalemer Tempel. Deshalb sind die christologischen Titel „Lamm Gottes“ und „Hoherpriester“ nicht mehr brauchbar. Als positiver Ersatzbegriff tritt für das „Lamm Gottes“ der „Lebensspender“ ein.
- Der Tod Jesu wird nicht als Opfer, sondern als „Gabe des Lebens“ interpretiert. Das Gegenmodell zum Opfer im Tempel ist der „Gottesdienst der Tat“. Der „neue Gottesdienst“ fordere Opferbereitschaft – „Weihe“, „Einsatz“, „Spende“ des eigenen Lebens, konkret: auf den Schlachtfeldern des Zweiten Weltkriegs.
Rezeption
Der Umfang, in dem auch zentrale Texte umgeschrieben worden waren, stieß schon 1940 auf Befremden und Kritik. Der sächsische Pfarrer Karl Fischer, ein Mitglied der Bekennenden Kirche, schrieb: „Es sind alles alte Bekannte, es sind die Geschichten, die man von Kindesbeinen an kennt, aber man kennt sie nicht recht wieder, sie sind in ein fremdes Gewand gekleidet, und man fühlt instinktiv, daß ihnen mit dieser Maske etwas angetan worden ist.“[4]
Textausgabe und weitere Literatur
- Institut zur Erforschung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben (Hrsg.): Die Botschaft Gottes. Verlag Deutsche Christen, Weimar 1940. (Digitalisat)
- Erich Fromm: Das Volkstestament der Deutschen. Ein Geleitwort zu der vom Institut zur Erforschung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben herausgegebenen „Botschaft Gottes“. Verlag Deutsche Christen, Weimar 1940. (Digitalisat)
- Elisabeth Lorenz: Ein Jesusbild im Horizont des Nationalsozialismus. Studien zum Neuen Testament des „Instituts zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben“ (= Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament. 2. Reihe. Band 440.) Mohr Siebeck, Tübingen 2017. ISBN 978-3-16-154569-6.
- Dirk Schuster: Die Arisierung des Neuen Testaments. Die Botschaft Gottes der Kirchenbewegung Deutsche Christen. In: Welt und Umwelt der Bibel 4/2018, S. 30–31.