Benutzer:Ktiv/Hamburger Dombibliothek

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Die Hamburger Dombibliothek war die Büchersammlung der Domherren am Hamburger Mariendom. Sie wurde 1784 versteigert, wobei die Königliche Bibliothek Kopenhagen die wertvollsten Manuskripte erwarb.

Geschichte

Die Dombibliothek war die älteste und zunächst auch die einzige Büchersammlung der Stadt Hamburg. Nach der Zerstörung von 1010 wurde die Sammlung ganz neu aufgebaut. Ein im frühen 11. Jahrhundert angefertigtes Evangeliar wurde der Hamburger Dombibliothek Gottfried, einem Stormarner Gaugrafen (†1110) geschenkt.[1][2] Die für das Domkapitel 1255 angefertigte sogenannte Hamburger Bibel enthält die Notiz, dass die Dombibliothek beim Stadtbrand von 1284 nicht zerstört wurde.[3]

Die Bücher befanden sich bis zur Reformationszeit im Dom selbst. Nachdem der Domdekan Otto Schulze (†1630) seine Privatbibliothek dem Dom geschenkt hatte, wurde das ehemalige Refektorium, in Hamburg Reventher genannt, als Bibliothek eingerichtet und diente seit 1659, um weitere Bestände erweitert, als öffentliche Bibliothek. Diese wurde allerdings von der öffentlichkeit kaum wahrgenommen und außer von den Domherren selbst kaum benutzt. Aus dem 17. Jahrhundert sind mehrere Bücherschenkungen bekannt, doch der Auktionskatalog von 1784 verzeichnete kein nach 1660 gedrucktes Buch.[4]

Aufstellungsort

Der kleine Kreuzgang am St. Peters Ort erschloss die Kapitelgebäude der Domherren; diese wurden in Hamburg Revent[h]er (= Remter, Refektorium) genannt. Hier befanden sich bis zum Abriss im Jahr 1782 „das Archiv, die Bibliothek und die Versammlungszimmer des Kapitels.“[5]

Der Bibliotheksraum wird als längsrechteckiger, heller, eingewölbter Raum beschrieben, dessen Decke mit einer Darstellung des Sternenhimmels verziert war. Über dem Eingang befand sich folgende Inschrift: „Reverendi Capituli Hamburgensis Bibliotheca, linguae et manuum puritate dedicata. (Büchersaal des ehrwürdigen Domcapitels, der Reinigkeit der Zunge und der Hände geweiht.)“[6] An der Ostwand des Raumes befand sich eine Inschrift, die daran erinnerte, dass der Domdechant Joachim Goedersen diese Bibliothek im Jahre 1652 hatte herrichten lassen.

Die Bücher „standen dort rund um, sowohl an den Wänden, als unter den Fenstern, auf zierlichen Repositorien, waren nach den Facultäten alphabetisch geordnet, und meistens in Franzbänden gebunden.“[7] Wegen Platzmangel waren zwei 3 Fuß hohe, sehr lange Bücherschränke in der Raummitte aufgestellt und mit Büchern gefüllt worden. Außer Büchern gehörte auch ein Erd- und Himmelsglobus von Tycho Brahe zu der Sammlung.[7]

Versteigerung

Der Begriff Revent[h]er wurde im 17. und 18. Jahrhundert nicht nur auf den Bibliotheksraum im ehemaligen Refektorium, sondern auch auf benachbarte Räume am Kreuzgang angewendet. In einem „weitläufigen Vorraum“ fanden verschiedene Veranstaltungen statt, darunter viele Buchauktionen.[8] Buchhändler richteten ihre Läden beim Mariendom ein, auch im Kirchenraum selbst, der für Gottesdienste kaum genutzt wurde.

Im Jahr 1781 beschloss das Domkapitel, den Bestand der Hamburger Dombibliothek zu versteigern „weil das Bibliothekszimmer in dem alten Gebäude baufällig war, bei dem neuen Bau ... die Einrichtung eines solchen Zimmers erspart würde.“[9] Mit dem Erlös sollten dringend notwendige Baumaßnahmen an der Kirche finanziert werden. Der bei Anton Harmsen gedruckte, von einem Dr. Schöne erstellte Versteigerungskatalog umfasste 4798 Nummern.

Die Auktion war wegen mehrfacher Datumsänderung kein großer Erfolg; schon die Zeitgenossen kommentierten, der Bücherschatz sei weit unter Wert verschleudert worden. Trotzdem versäumten es Hamburger Sammler und Bibliotheken, bei dieser Gelegenheit Bücher der Dombibliothek zu erwerben. Nur wenige Bücher blieben in Hamburg oder kehrten wieder hierhin zurück.

Schätze der Hamburger Dombibliothek

Beschreibung Herkunft Entstehung Aufbewahrungsort
Hamborgbibelen.jpg Dreibändige illustrierte Vulgata, sogenannte Hamburger Bibel Für das Hamburger Domkapitel angefertigt. 1225 Königliche Bibliothek Kopenhagen (MS. GKS 4 2°, vol. I-III, Biblia Latina)
Kommentar des Orosius zum Hohenlied Salomos Kartäuserbibliothek Stettin, 1648 von Joachim Gödersen der Dombibliothek geschenkt[10] Stadtbibliothek Hamburg (Cod. philol. 283)
Festtagsevangeliar des Hamburger Domes, roter Ledereinband von 1100 mit spätantiker Elfenbeinplatte. Wenige Initialen, Kanontafeln. Von dem Stormarner Gaugraf Gottfried der Dombibliothek geschenkt. Anfang 11. Jahrhundert SUB Hamburg (Cod. in scrinio 93)
Missale des Hamburger Domes, sogenanntes Hamburger Antiphonar Für das Hamburger Domkapitel angefertigt.
1500 / 1401
SUB Hamburg (ND VI 471)[11]

Literatur

  • Friedrich Johann Lorenz Meyer: Blick auf die Domkirche in Hamburg. Hamburg 1804.
  • Joachim Anton Rudolph Janssen: Ausführliche Nachrichten über die sämmtlichen evangelisch-protestantischen Kirchen und Geistlichen der freyen und Hansestadt Hamburg und ihres Gebiethes, sowie über deren Johanneum, Gymnasium, Bibliothek, und die dabey angestellten Männer. Hamburg 1826.
  • Christian Petersen: Geschichte der Hamburgischen Stadtbibliothek, Hamburg 1838.
  • Gustav Apel: Die Dombibliothek und ihr Verkauf im Jahre 1784. In: Hamburgische Geschichts- und Heimatblätter, Nr. 3, Hamburg Februar 1939, S.165–172.
  • Hans Walter Stork: Hamburger Buchauktionen im 18. Jahrhundert. In: Johann Anselm Steiger, Sandra Richter (Hrsg.): Hamburg: Eine Metropolregion zwischen Früher Neuzeit und Aufklärung. Akademie Verlag berlin 2012. ISBN 978-3-05-005784-2. S. 263–290.

Einzelnachweise

  1. Christian Petersen: Geschichte der hamburgischen Stadtbibliothek. S. 2.
  2. Hans Walter Stork: Hamburger Buchauktionen. S. 272.
  3. Christian Petersen: Geschichte der hamburgischen Stadtbibliothek. S. 3.
  4. Christian Petersen: Geschichte der hamburgischen Stadtbibliothek. S. 4.
  5. Friedrich Johann Lorenz Meyer: Blick auf die Domkirche in Hamburg. S. 80.
  6. Joachim Anton Rudolph Janssen: Ausführliche Nachrichten. S. 477.
  7. a b Joachim Anton Rudolph Janssen: Ausführliche Nachrichten. S. 478.
  8. Hans Walter Stork: Hamburger Buchauktionen. S. 265.
  9. Friedrich Johann Lorenz Meyer: Blick auf die Domkirche in Hamburg. S. 88.
  10. Hans Walter Stork: Hamburger Buchauktionen. S. 272.
  11. Hamburger Antiphonar. In: SUB Hamburg. Abgerufen am 22. Juni 2018.