Benutzer:Ktiv/Rabbinerbibel
Die Rabbinerbibel (תורה נביאים כתובים Die vier und zwanzig Bücher der heiligen Schrift. Nach dem masoretischen Texte) ist eine jüdische Übersetzung des Tanach. Sie wurde unter der Redaktion von Leopold Zunz erarbeitet und erschien 1838. Der Übersetzungsgrundsatz war, „bei strenger Anschließung an Masora und Accentsystem“ den richtigen Sinn im Deutschen „treu, klar und angemessen wiederzugeben.“[1] Bis 1889 erschienen zwölf Auflagen. Damit war die Zunz’sche Bibelübersetzung zur autoritativen Übersetzung des deutschsprachigen Judentums geworden – als einzige unter den Übersetzungen, die im 18. und 19. Jahrhundert erschienen.[2] „Die Zunz-Bibel ist die einzige deutsche Bibel, die man heutzutage in einem jüdischen Buchladen in Brookline, Massachusetts, findet. Es ist eine Ausgabe, die den hebräischen Text wieder neben die deutsche Übersetzung gesetzt hat. Gedruckt wurde sie 1997 in Israel als gemeinsames Unternehmen israelischer und deutscher Verleger.“[3]
Mitarbeiter der Übersetzung
Heymann Arnheim übersetzte einen großen Teil der Rabbinerbibel. Arnheim, 1796 in Wongrowiec geboren, wurde schon als Schüler wegen der „Gewandheit seines hebräischen Styles“ bewundert, jedoch hatte er keine Möglichkeit, sich an öffentlichen Schulen weiterzubilden und wurde entgegen seinen Neigungen Geschäftsmann. Ein Umzug nach Neustrelitz und eine Tätigkeit als Hauslehrer gab ihm dann Gelegenheit, die klassischen Sprachen sowie die deutsche Sprache und Literatur zu studieren. 1827 wurde er als Lehrer an die israelitische Elementar- und Religionsschule nach Glogau berufen (mittlerweile hatte er auch Kenntnisse des Französischen, Englischen und Arabischen erworben). 1836 veröffentlichte er eine deutsche Übersetzung und Kommentierung des Buches Ijob und war anschließend einer der Hauptübersetzer der Rabbinerbibel. Von 1849 bis 1860 war er Rabbiner in Glogau und verstarb ebendort 1869.[4] Weitere umfangreiche Teile des Werks stammen aus der Hand von Michael Sachs, zu dieser Zeit Rabbiner in Prag. Der Orientalist Julius Fürst trug die Übersetzung der Bücher Daniel und Esra bei; Leopold Zunz übernahm die Übersetzung der Chronik sowie die Hauptredaktion des Gesamtwerks. Die Übersetzer berieten sich bei der Arbeit gegenseitig. Zunz sah die bei ihm eingehenden Manuskripte durch und glich sie sprachlich einander an, um „durch das ganze Werk Gleichmäßigkeit und Einheit des Tons herzustellen“.[5]
Inhalt
Außer einem knappen Vorwort und einem Verzeichnis der synagogalen Lesungen an Festen und besonderen Sabbattagen enthielt die erste Auflage als Beigabe eine von Zunz erarbeitete „Zeittafel über die gesammte heilige Schrift“; diese beginnt im Jahr 3988 vor der allgemeinen (christlichen) Zeitrechnung: „Adam und Chawa (Eva), das erste Menschenpaar. Kajin (Cain) und Hebel (Abel), das erste Brüderpaar. Kajin erschlägt seinen Bruder Hebel.“[6]
Der Bibeltext wurde in der ersten Auflage nur auf deutsch gedruckt, ohne Zwischenüberschriften, doch mit Angabe der Parascha.
תורה Der Pentateuch das ist die fünf Bücher Moses
- בראשית Genesis (Arnheim)
- שמות Exodus (Arnheim)
- ויקרא Leviticus (Arnheim)
- במדבר Numeri (Arnheim)
- הדברים Deuteronomium (Sachs)
נביאים ראשונים Die ersten Propheten
- יהושע Josua (Sachs)
- שופטים Richter (Sachs)
- שמואל א׳ ב׳ Samuel 1. 2. (Sachs)
- מלכים א׳ ב׳ Könige 1. 2. (Arnheim)
נביאים אחרונים Die letzten Propheten
- ישעיה Jesaja (Sachs)
- ירמיה Jeremia (Arnheim und Sachs)
- יחזקאל Ezechiel (Arnheim)
תרי עשר Die zwölf (kleinen) Propheten
- הושע Hosea (Arnheim)
- יואל Joel (Sachs)
- עמוס Amos (Sachs)
- עובדיה Obadia (Arnheim)
- יונה Jona (Arnheim)
- מיכה Micha (Arnheim)
- נחום Nahum (Arnheim)
- חבקוק Habakuk (Sachs)
- צפניה Zefania (Sachs)
- חגי Haggai (Sachs)
- זכריה Zacharia (Arnheim)
- מלאכי Maleachi (Sachs)
כתובים Die Hagiographen
- תהלים Psalmen (Sachs)
- משלי Sprüche (Arnheim)
- איוב Job (Arnheim)
- שיר השירים Hohelied (Sachs)
- רות Ruth (Arnheim)
- איכה Klagelieder (Sachs)
- קהלת Prediger (Arnheim)
- אסתר Esther (Arnheim)
- דניאל Daniel (Fürst)
- עזרה Esra (Fürst)
- נהמיה Nehemia (Arnheim)
- דברי הימים Chronik (Zunz)
Übersetzerische Entscheidungen
Eigennamen
Eigennamen wurden von den Übersetzern in ihrer hebräischen Form transkribiert, nicht in der Gestalt, die sie auf dem Wege über Viulgata und Lutherbibel im Deutschen angenommen hatten: Hebel (statt Abel), Noach (statt Noah), Jizchak (statt Isaak). Die Buber/Rosenzweigsche Übersetzung folgte diesem Grundsatz, der sich allerdings im 19. Jahrhundert weniger durchgesetzt hatte: jüdische Autoren verwendeten in wissenschaftlichen und pädagogischen Werken meist die im Deutschen übliche Schreibweise biblischer Namen.[7]
Syntax
Die Rabbinerbibel war darin innovativ, dass sie nicht der klassischen deutschen Syntax folgte, sondern die hebräische Wortfolge bewahrte; ein Beispiel: „Und er hub seine Augen auf, und schauete, und siehe, drei Männer stehend bei ihm; da er sie sah, lief er ihnen entgegen von der Thüre des Zeltes, und beugte sich zur Erde, Und sprach: Herr, wenn ich doch Gnade gefunden in deinen Augen, nicht doch gehe vorüber an deinem Knechte.“ (Gen 18,2–3)
Textbeispiel: Gottesoffenbarung am brennenden Dornbusch
„Als der Ewige sah, daß er herzutrat, um anzusehen, da rief ihm Gott zu aus dem Dornbusche und sprach: Moscheh! Moscheh! und er sprach: Hier bin ich! Und er sprach: Nahe nicht hieher! Ziehe deine Schuhe von deinen Füßen, denn der Ort, auf dem du stehest, ist ein heiliger Boden. […] Und Moscheh sprach zu Gott: Siehe, ich käme zu den Kindern Jisraël und spräche zu ihnen: Der Gott euerer Väter sendet mich zu euch, und sie sprächen zu mir: Welches ist sein Name? was soll ich ihnen sagen? Da sprach Gott zu Moscheh: Ich werde seyn der Ich bin. Und sprach: Also sprich zu den Kindern Jisraël: Ehejeh sendet mich zu euch.“ (Ex 3,4–5.13–14 EU)
Rezeption
Philipp Ehrenberg als einer der ersten Rezensenten hob die „Richtigkeit und Wörtlichkeit“ der neu erschienenen Toraübersetzung hervor, er fand eine orientalische Färbung der Übersetzung wünschenswert, aber die Wörtlichkeit solle nicht so weit getrieben werden, dass ein komischer Effekt entstände.[8]
Nach Meinung von W. Gunter Plaut war es gerade die Sperrigkeit der Zunz’schen Bibel, die sie populär machte, weil sie ein Lebensgefühl traf: man fühlte sich nicht ganz zuhause in der deutschen Umwelt, was auch von nichtjüdischer Seite immer wieder zurückgespiegelt wurde, und die Rabbinerbibel erinnerte den Leser daran, dass sie eine Übersetzung aus dem Hebräischen war.[9]
Werkausgaben
- תורה נביאים כתובים Die vier und zwanzig Bücher der heiligen Schrift. Nach dem masoretischen Texte. Unter der Redaction von Dr. Zunz übersetzt von H. Arnheim, Dr. Julius Fürst, Dr. M. Sachs. 1. Auflage Berlin 1838 (online)
- תורה נביאים כתובים Die vier und zwanzig Bücher der heiligen Schrift. Nach dem masoretischen Texte. Unter der Redaction von Dr. Zunz übersetzt von H. Arnheim, Dr. Julius Fürst, Dr. M. Sachs. 3. Auflage Berlin 1848. (online)
Literatur
- Abigail Gillman: A History of German Jewish Bible Translation. The University of Chicago Press, Chicago / London 2018. ISBN 978-0-226-47769-5.
Einzelnachweise
- ↑ Die vier und zwanzig Bücher der heiligen Schrift. Berlin 1838, S. iii-iv.
- ↑ Abigail Gillman: A History of German Jewish Bible Translation. S. 124.
- ↑ Abigail Gillman: A History of German Jewish Bible Translation. S. 126.
- ↑ Nekrolog. In: Allgemeine Zeitung des Judentums. Leipzig 26. Oktober 1869.
- ↑ Die vier und zwanzig Bücher der heiligen Schrift. Berlin 1838, S. iv.
- ↑ Die vier und zwanzig Bücher der heiligen Schrift. Berlin 1938, S. 1.
- ↑ Abigail Gillman: A History of German Jewish Bible Translation. S. 120.
- ↑ Abigail Gillman: A History of German Jewish Bible Translation. S. 122.
- ↑ Abigail Gillman: A History of German Jewish Bible Translation. S. 125.