Benutzer:Laves01/Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover

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Das Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover (kurz: LVI BS/H) ist eines von sechs Instituten des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES), die im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung tätig ist. Das Institut hat zwei Standorte: Braunschweig und Hannover. Am Standort Braunschweig werden Lebensmitteluntersuchungen, am Standort Hannover insbesondere Untersuchungen zu Erregern von Tierseuchen und anderen Tierkrankheiten sowie zu Tierschutzfragen durchgeführt.

Beschreibung und Organisation

Das Veterinärinstitut in Hannover und das Lebensmittelinstitut in Braunschweig wurden 2011 unter der Leitung von Frau Dr. Brigitte Thoms zu dem gemeinsamen Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover zusammengeführt. Das Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover führt jährlich ca. 600.000 Untersuchungen durch. Rund 200 Mitarbeiter stehen im Dienst des gesundheitlichen Verbraucherschutzes in Niedersachsen.

In den beiden Institutsanteilen werden sehr umfangreiche und breit gefächerte Aufgaben im Rahmen der amtlichen Diagnostik wahrgenommen.

Standort Braunschweig

Am Standort Braunschweig werden vorwiegend Lebensmittel untersucht. Die zu untersuchenden Proben werden durch Behörden der Lebensmittelüberwachung genommen. Diese sind bei den Landkreisen und kreisfreien Städten angesiedelt. Die risikoorientierte, gezielte und unangekündigte Probenahme betrifft sowohl verpackte als auch lose Proben aus dem Handel oder beim Hersteller bzw. Direktvermarkter.

Durch die unabhängige Untersuchung sorgt das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) dafür, dass der Verbraucher sichere Lebensmittel am Markt erhält und nicht getäuscht wird. Dafür verfügen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Institutes über Spezialwissen für die verschiedenen Lebensmittelgruppen. Neben der Untersuchung auf zum Beispiel Schadstoffe ist eine wichtige Aufgabe der Wissenschaftler, die rechtliche Beurteilung der Proben vorzunehmen.

Am Standort Braunschweig des Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover wurde zur Aufklärung von Lebensmittelskandalen wie der Verwendung von Pferdefleisch in der Lasagne oder dem Vorkommen von Aflatoxinen in der Milch beigetragen.

Als weltweit erste Lebensmittelbehörde hat das Institut in Braunschweig 1993 mit dem Nachweis von gentechnisch veränderten Organismen in Lebensmitteln begonnen und damit die Grundlage für bundesweit und international standardisierte Methoden gelegt.

Standort Hannover

Der Standort Hannover verfügt über umfangreiche diagnostische Methoden für die Erkennung von Tierseuchen und anderen infektiösen Tierkrankheiten und weist eine besondere Expertise im Bereich von Zoonosen auf. Schwerpunkte sind zudem die Diagnostik von infektiösen Erkrankungen von Süßwasserfischen, die Zuständigkeit für den Nachweis des BSE-Erregers und die Untersuchung von Wildtieren.

Die frühzeitige Erkennung der Ausbreitung von bekannten oder neu auftretenden Krankheitserregern in bestimmten Wildtierpopulationen leistet einen wichtigen zum Schutz von Haustieren und Menschen. Die Wissenschaftler arbeiten dafür in vielfältigen Projekten und Verbünden bundes- und europaweit.

Zur Abklärung der Todesursache von Tieren können auch ganze Tierkörper durch Fachpathologen untersucht werden. Dafür steht seit 2019 eine Sektionshalle zur Verfügung, in der auch Großtiere zerlegt werden können. Dies ist beispielsweise für den Nachweis bestimmter Tierseuchen und bei einem Verdacht auf Verstoß gegen den Tierschutz wichtig.

In der Regel kommen die Proben für das Veterinärinstitut in Hannover von Amtstierärzten oder Tierärzten, aber auch Jagdausübenden aus ganz Niedersachsen, wenn diese eine anzeigepflichtige Tierseuche oder andere infektiöse Krankheit bei Tieren vermuten. 2011 wurde in Hannover ein sogenanntes S3-Labor mit einer besonderen Sicherheitsstufe eingerichtet, damit auch Erreger, die besonders infektiös sind, nachgewiesen werden können.

Radioaktivitätsuntersuchungen

Im Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover sind an beiden Standorten je eine von insgesamt sechs niedersächsischen Messstellen für die Überwachung der Radioaktivität in der Umwelt angesiedelt. Die in den Messstellen gewonnenen Daten werden für Prognosen zur Strahlenbelastung und für Entscheidungen zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und der Umwelt im Falle eines kerntechnischen Unfalles wie zum Beispiel dem Reaktorunfall von Tschernobyl herangezogen.

Ausbildung

Die Ausbildung zum Biologielaboranten findet in den verschiedenen Fachbereichen des Veterinärinstituts Hannover statt. In Braunschweig können Bewerber für die Ausbildung zum staatlich geprüften Lebensmittelchemiker den praktischen Teil für das zweite Staatsexamen absolvieren. Zudem werden an beiden Standorten Veterinärreferendare ausgebildet.

Aufgaben

Standort Braunschweig

Die Fachabteilungen am Standort Braunschweig des Lebensmittel- und Veterinärinstitutes Braunschweig/Hannover haben ihren Schwerpunkt in der amtlichen Untersuchung und rechtlichen Beurteilung von verarbeiteten pflanzlichen und flüssigen Lebensmitteln: Alles, was aus Getreide, Obst, Gemüse, Würzmitteln oder Honig hergestellt werden kann, gehört dazu sowie alle flüssigen Lebensmittel bis auf Milch. Daneben ist die spezielle Analytik wie zum Beispiel zum Nachweis gentechnischer Veränderungen und Mykotoxinen landesweite Aufgaben. Das Institut verfügt über modernste Methoden wie das Next Generation Sequencing (NGS) und die Kernspinresonanzspektroskopie NMR. Der Standort Braunschweig wird zukünftig ein Schwerpunkt für die Authentizitätsanalyse von Lebensmitteln in Niedersachsen. Die Entwicklung neuer Methoden ist ein wichtiger Bestandteil der Arbeit in Braunschweig.

Am Standort Braunschweig arbeiten auch die Weinkontrolleure Niedersachsens. Darüber hinaus nehmen die wissenschaftlichen Mitarbeiter/-innen an Betriebskontrollen teil und wirken mit bei der Ausbildung und Prüfung von Lebensmittelchemikern sowie bei Fortbildungen für die Lebensmittelüberwachungsbehörden.

Standort Hannover

Der Standort Hannover des Lebensmittel- und Veterinärinstituts Braunschweig/Hannover hat besonders die Tiergesundheit und die Lebensmittelsicherheit im Blick. Ein Schwerpunkt bei der Tiergesundheit sind die Wildtiererkrankungen. In zahlreichen Projekten und Kooperationen werden wichtige Erkenntnisse zu verschiedenen Erregern gewonnen, die Bedeutung für die Haustierpopulation und den Menschen haben.

Des Weiteren werden auch Aufgaben in der Diagnostik und Bekämpfung von Tierseuchen und anderen infektiösen Tierkrankheiten, Zoonosen, im Tierschutz sowie im direkten gesundheitlichen Verbraucherschutz wahrgenommen. Monitoring- und Bekämpfungsprogramme zu anzeigepflichtigen Tierseuchen und meldepflichtigen Tierkrankheiten sind ebenfalls wichtige Tätigkeiten. Letztlich ist die kontinuierliche Bereitschaft, bei Ausbrüchen von Tierseuchen sofort in den Krisenmodus zu wechseln und große Probenzahlen zu untersuchen, eine Grundaufgabe.

Geschichte

Vor über hundert Jahren[1] wurde im Herzogtum Braunschweig die Überwachung des Verkehrs mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen einer neu gegründeten „Untersuchungsstelle für Nahrungs- und Genussmittel und Gebrauchsgegenstände" übertragen. Das war der Beginn der amtlichen Lebensmittelüberwachung durch öffentliche Mittel in Braunschweig. Die neu gegründete Institution wurde dem seit dem Jahr 1900 bestehenden „Laboratorium für Nahrungsmittelchemie" des Pharmazeutischen Institutes der Technischen Hochschule Carolo Wilhelmina angegliedert und stand somit unter staatlicher Leitung.

Im Jahre 1948 schied die Untersuchungseinrichtung aus dem Hochschulverbund aus und wurde als selbstständige Dienststelle dem Niedersächsischen Sozialministerium unterstellt. Das Staatliche Chemische Untersuchungsamt Braunschweig wurde wiederum im Rahmen einer Umorganisation der Untersuchungseinrichtungen des Landes Niedersachsen im Jahr 1993 mit dem Staatlichen Chemischen Untersuchungsamt Hannover und dem Staatlichen Veterinäruntersuchungsamt Braunschweig zum Staatlichen Lebensmitteluntersuchungsamt Braunschweig vereinigt. Am 1. Juli 2001 wurde diese Dienststelle in das neu gegründete LAVES eingegliedert und hieß seitdem Lebensmittelinstitut Braunschweig.  Durch die Zusammenlegung mit dem Veterinärinstitut in Hannover entstand 2011 das Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover.

Auch der Standort Hannover blickt auf eine lange Geschichte zurück. Bereits 1931 existierte eine Einrichtung mit dem Namen Provinzialuntersuchungsamt Hannover. Es war zuständig für die Provinz Hannover und unterstand dem Polizeipräsidenten. Schwerpunkt der damaligen Tätigkeit war die Untersuchung von Milch. 1937 bereits wurde daraus das staatliche Veterinäruntersuchungsamt, die Zuständigkeit wurde auf die damaligen Regierungsbezirke Hannover, Hildesheim und Lüneburg ausgeweitet. Untersuchungsschwerpunkte waren der serologische Nachweis von Brucellose sowie Untersuchungen auf Milzbrand und Rauschbrand. Mit dem Beginn der staatlichen Tuberkulosebekämpfung bei Rindern um 1950 stiegen die Untersuchungszahlen deutlich. Seit 1968 befindet sich das Institut am heutigen Standort.

Leitung

  • 1984 - 2004: Dr. Hans-Joachim Kleinau (Lebensmittelinstitut Braunschweig)
  • 1974 – 1990: Dr. Ernst Forschner (Veterinäruntersuchungsamt Hannover)
  • 1991 - 2003: Dr. Jörg Pohlschmidt (Veterinäruntersuchungsamt Hannover)
  • Seit 2004: Dr. Brigitte Thoms (Veterinäruntersuchungsamt Hannover)
  • Seit 2006: Dr. Brigitte Thoms (Lebensmittelinstitut Braunschweig)
  • Seit 2011: Dr. Brigitte Thoms (Lebensmittel- und Veterinärinstituts Braunschweig/Hannover)

Besondere Veröffentlichungen und Forschungsprojekte

Seit vielen Jahren werden am LVI BS/H diagnostische Untersuchungen und Forschungsarbeiten zu dem Themenbereich nachhaltige Prävention, Diagnostik und Therapie von Zoonosen durchgeführt. Dabei werden vielfältige Erkrankungen bzw. deren Erreger wie Fuchsbandwurm, Tularämie oder West-Nil-Virus bearbeitet.

Der Standort Hannover des LVI BS/H ist an zwei nationalen Forschungsverbünden beteiligt[2], die durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Nationalen Forschungsnetz „Zoonotische Infektionskrankheiten“[3] gefördert werden. In diesen Verbünden arbeiten Arbeitsgruppen aus der Human- und  Veterinärmedizin, dem Lebensmittel- und Umweltsektor, der Wildtier- und Vektorbiologie unter Einbindung des öffentlichen Gesundheitsdienstes und des gesundheitlichen Verbraucherschutzes zusammen.

Verbund Q-Gaps

Der Verbund Q-GAPS, ein Acronym aus „Q fever – GermAn Interdisciplinary Program for ReSearch“, ist ein Verbund aus Wissenschaftlern unterschiedlicher Fachgebiete aus verschiedenen Institutionen, der Untersuchungen zur Epidemiologie, Immunologie, Pathogenese, zu Monitoring und Kontrolle der Zoonose Q-Fieber sowie zum Q-Fieber-Fatigue-Syndrom durchführt. Q-Fieber wird durch das Bakterium Coxiella burnetii ausgelöst. Das Hauptreservoir bilden Wiederkäuer wie Schafe, Ziegen und Rinder. Ziel des Q-GAPS-Verbundes ist unter anderem die Erstellung eines Q-Fieber-Leitfadens und -Risikobarometers auf Grundlage von Meldedaten aus Human- und Veterinärmedizin, die Entwicklung einer Internetplattform und eines Monitoringsystems für die Veterinärmedizin sowie von Handlungsanweisungen bei einem Q-Fieber- Ausbruch.[4]

Verbund RoBoPub

Im Verbund RoBoPub, einem Acronym aus „Rodent-Borne-Pathogens-and-Public- Health“, das heißt Nagetier-übertragene Krankheitserreger und öffentliche Gesundheit, wird zu Hantavirus- und Leptospiren-Infektionen geforscht. Diese Zoonosen kommen beim Menschen saisonal sowie in manchen Jahren gehäuft vor und werden unter anderem von Nagetieren übertragen. Die oft mild verlaufenden, einem grippalen Infekt ähnelnden Krankheitssymptome sind unspezifisch, weshalb von einer hohen Dunkelziffer nicht erkannter Erkrankungen auszugehen ist. In manchen Fällen kann es zu schweren Krankheitsverläufen kommen, beispielsweise durch Nierenfunktionsstörungen bis hin zu Nierenversagen. Im Verbund RoBoPub sollen Erkenntnisse über die Ökologie der Hantavirus- und Leptospiren-übertragenden Nager, die Epidemiologie, die Manifestation und Diagnose der Zoonosen, Risikofaktoren sowie Aspekte der Risikowahrnehmung von Ärzten und Bevölkerung untersucht werden. Daraus resultierende Risikobewertungen sollen die Grundlage für Gefahrenkarten, Frühwarnmodule, Risikomanagement und Gesundheitsempfehlungen bilden.

Next Generation Sequencing (NGS)

Seit 2018 wurde im Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover am Standort Braunschweig mit dem sogenannten next generation sequencing (NGS) begonnen. Durch diese Technik kann eine sehr große Anzahl von Genomfragmenten parallel analysiert werden. Die Daten können beispielsweise genutzt werden, um verbesserte Aussagen zur Herkunft von Bakterien in Lebensmitteln treffen zu können, die zu Krankheitsausbrüchen geführt haben, und trägt zur Aufklärung von Infektionsgeschehen bei. Es kann geklärt werden, ob Infektionen an verschiedenen Orten von denselben Bakterienclustern verursacht wurden und so Zusammenhänge für Ausbruchsursachen aufklären.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Tag der offenen Tür im Lebensmittelinstitut Braunschweig: Ministerin Grotelüschen würdigt 100-jähriges Jubiläum der Lebensmittelüberwachung. Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES), 23. September 2010, abgerufen am 6. Mai 2022.
  2. Hantavirus und Q-Fieber: bundesweite, enge Vernetzung für ein effektives Management gesundheitlicher Risiken. Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, abgerufen am 6. Mai 2022.
  3. Nationale Forschungsplattform für Zoonosen. Abgerufen am 6. Mai 2022.
  4. Q-Fieber: Q-GAPS - Deutsches Inter­disziplinäres Q-Fieber Forschungs­programm. Abgerufen am 6. Mai 2022.

Ein Blick hinter die Kulissen:  Lebensmittel – aber sicher! Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover öffnet seine Türen – Rundgang mit Verbraucherschutzministerin Barbara Otte-Kinast,  Pressemeldung des LAVES, 16. August 2018

Katja Dartsch; Was ist drin im Butterkuchen?; Braunschweiger Zeitung; 19. August 2018

Fragen an die Leiterin des Lebensmittel- und Veterinärinstituts Braunschweig/Hannover, Dr. Brigitte Thoms, anlässlich des Tages der offenen Tür:; Pressemeldung des LAVES, 16. August 2018

Untersuchungsspektrum erweitert: „Zeichen für hohe Bedeutung des gesundheitlichen Verbraucherschutzes gesetzt“, Pressemeldung des LAVES, 18. Sept. 2019


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