Benutzer:LeastCommonAncestor/Anna Csillag

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Anna Csillag war eine Herstellerin von Haarwuchsmitteln in Wien um 1900, die in einer sehr lange betriebenen Zeitungsannoncen-Kampagne als ihr eigenes Modell eine angeblich den Haarwuchs fördernde Pomade bewarb.

Ihr Name ist allerdings ungarisch und bedeutet „Stern“.

Die von ihr so nachhaltig beworbenen Wundermittel waren tatsächlich von einigermaßen schlichter Zusammensetzung. Laut dem „Chemisch-technischen Repertorium von 1890“ bestand das „Anna Csillags Bartwuchsmittel“ aus gewöhnlicher Fettpomade, Bergamotteöl, Perubalsam und ähnlichen Zusätzen. Ihr „Thee zum Kopfwaschen“ bestand aus Kamillenblüten.[1]

Beginn: vor 1890 Ende nach 1926 ([1])

Ein Weib, dessen Haar länger ist als sie selbst, ein Weib also, das Grund hat, seine Persönlichkeit zu betonen; sie ruft: Ich, Anna … Aber ihre Rede verhallt im Gerassel eines Wagens, dessen Lenker mir zuruft: „Sie fahren gut, wenn Sie Feigenkaffee –“'[2]

Hanisch

At that time there was a picture in all the newspapers of a woman named Anna Csillag, with long hair that reached to the floor, and below her picture was an advertisement, starting with the words, «I, Anna Csillag…» recommending an infallible hair-growing remedy. Hitler thought something of the kind ought to be invented. He admitted that the story of Anna Csillag was an obvious bluff, but he said one could earn plenty of money with it. He proposed to fill old tin cans with paste and sell them to shopkeepers, the paste to be smeared on window-panes to keep them from freezing in winter. It should be sold, he said, in the summer, when it couldn’t be tried out. I told him it wouldn’t work, because the merchants could just say, come back in the winter; we don’t need it now. To this Hitler answered that one must possess a talent for oratory. But I thought oratory alone would be useless.

Reinhold Hanisch I Was Hitler’s Buddy In: The New Republic (New York) April 5, 1939 S. 239-242 http://www.paf.li/Buddy.pdf

Greiner

Ein Reklameauftrag der Firma Anna Csillag am Kohlmarkt hatte Hitler beinahe um den Verstand gebracht. Diese Geschäftsfrau inserierte in allen Tageszeitungen, Wochen- und Monatsschriften und pries ihre Haarpomade an. Die Reklame zeigte eine Dame mit langem, wallendem Haar, das vom Kopfscheitel bis zu den Fußknöcheln herabreichte und deren Text ständig begann: «Ich, Anna Csillag, mit dem riesenlangen Loreleyhaar, habe nur durch Verwendung der von mir erfundenen Geheimpomade diese Haarpracht erreicht. Jeder, der einen so prächtigen Haarschmuck haben will, schreibe postwendend an Anna Csillag, worauf man gratis und franco einen wundervollen Prospekt mit Beweisen und Dankschreiben erhält.« Hitler war von diesem Auftrag einfach begeistert. »Das nennt man Reklame machen! Propaganda, Propaganda, so lange, bis die Leute glauben, daß dieser Dreck helfen wird«, meinte Hitler. »Anna Csillag ist ein Reklamegenie, und vielleicht morgen schon wird man die neueste Erfindung der Anna Csillag anpreisen: Keine Schädeldecke für den Haarwuchs mehr notwendig! Anna Csillags Haarpomade wirkt sogar auf einer Billardkugel! Keine Angst mehr! Sollten aber mit Hilfe der Pomade weder am Kopf noch auf der Billardkugel Haare wachsen – durch die neueste Erfindung Anna Csillags, durch ihre Haarsamenpillen ist der Erfolg garantiert gesichert!« So spintisierte Hitler fast eine Stunde lang. »Propaganda, Propaganda, so lange, bis daraus ein Glaube wird und man nicht mehr weiß, was Einbildung und was Wirklichkeit ist«, sagte er wörtlich und eilte, ohne Angabe von Gründen, plötzlich davon. Nach zwei Stunden erschien er wieder mit einem Prospekt der Anna Csillag. Er hatte es einfach nicht länger ausgehalten, er mußte ins Geschäft der Auftraggeberin, um das Geheimnis der Pomadenpropaganda studieren zu können.

Vor allem interessierten ihn die Dankbriefe, denn diese müßten doch echt sein, und was mag unter Umständen so ein Dankbrief für eine Salbe, die nicht hilft, gekostet haben! Hitler dachte eine Weile nach, dann sagte er: »Vielleicht ist es ein gutes Geschäft, Dankbriefe für eine Haarpomade zu schreiben.« Ein Dankbrief lockte Hitler ganz besonders an, er stammte mit voller Anschrift aus Wien. Hitler verschwand wieder und hatte das Geheimnis der Dankbriefschreiberin schneller ergründet als ein Detektiv. Die Briefschreiberin war nämlich schon lange verstorben. »Ja, Propaganda, Propaganda! Tote als Zeugen kosten nichts. Nicht mehr als das Abschreiben der Parten am Wiener Zentralfriedhof. Propaganda, richtige Propaganda macht aus Zweiflern Gläubige: Anna Csillag mit dem riesenlangen Loreleyhaar hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Sie verkauft die Haarpomade, verspricht unter Hinweis auf Dankbriefe den garantierten Erfolg, nur verschweigt sie, das die Haare erst unter der Erde, im Grabe zu wachsen beginnen. Propaganda«, phantasierte Hitler weiter, »was wirst du erst vermögen, wenn du im Dienste einer Idee stehst, um die Menschen glücklich zu machen!« Hitler war total verrückt geworden. Das von mir angefertigte Plakat hat Hitler persönlich zur Firma Csillag gebracht, um wieder im Pomadenheiligtum der Reklame schnuppern zu können.

Die in einigen Hitler-Büchern enthaltene Behauptung, Hitler wollte selbst irgend eine Salbe fabrizieren und nach Art der Csillag-Reklame vertreiben, beruht auf einer irrigen Information. Er behauptete bloß, daß vielleicht jemand noch auf die Idee verfallen könnte, eine Salbe zu erfinden, mit deren Hilfe man Glas unzerbrechlich machen kann. Er wird die Salbe gewiß so sicher anbringen, wie die Csillag ihre Pomade. »Propaganda, nur Propaganda ist notwendig, die Dummen werden nicht alle. Propaganda ist die Grundessenz jeder Religion«, meinte Hitler, »ob Himmel oder Haarpomade, nur der durch die Propaganda gestärkte Glaube bringt den Pfaffen und der Anna Csillag den Segen.«

Josef Greiner: Das Ende des Hitler-Mythos. Zürich, Leipzig, Wien 1947, S. 39-42 http://www.sources.li/Hitlermythosende.pdf

Zitiert auch in: Joachim C. Fest: Hitler. Ullstein 2006, S. 98

Sonstige

Bruno Schulz: Sanatorium under the sign of the hourglass: Anzeige + Name wird erwähnt. Csillag kommt hier aus Karlovice in Mähren.

Literatur

  • Großer Auftritt. Mode der Ringstraßenzeit. S. 39

Weblinks


Einzelnachweise

  1. Emil Jacobsen (Hrsg.): Chemisch-technischen Repertorium 1890. 1. Hälfte. Berlin 1891, S. 342 Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D~GB%3D~IA%3Dchemischtechnis16unkngoog~MDZ%3D%0A~SZ%3Dn352~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D
  2. 'Karl Kraus: Die Welt der Plakate. In: Schriften. Bd. 2: Die chinesische Mauer. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1987, S. 260

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