Benutzer:Leo Allmann/Kennwortschatz/Natur

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Bausteine

  • Natur und Denken. Wie immer sich die Erde verwandelt, ob etwa in eine Lebenswelt, ein Industriegebiet oder eine Mondlandschaft, so bleibt sie doch eine natürliche Gegebenheit. Denn alles ist natürlich. Auch das, was wir Denken nennen. Selbst wenn wir das Denken ausschließlich unserer Spezies zuschreiben, ist es ein natürliches Merkmal eines Naturwesens. Andere Naturwesen zeichnen sich durch andere natürliche Merkmale aus, die sich ähnlich wie unser Denken mehr oder weniger folgenreich auswirken und die wir deswegen nicht ebenfalls Denken nennen müssen. Vielleicht sind wir es sogar selber, die "noch nicht denken" (Heidegger: Was heißt Denken?), sondern sich bisher bloß Vorstellungen machen, weil es eines anderen Denkens, einer anderen als rechnenden Rationalität (lateinisch "ratio" = Rechnung/Berechnung), nicht zur Vorstellungen herstellenden Industrialisierung der Erde bedarf. So mögen Vernunft und Natur letztlich ineinsfallen, weil beides sich jeglichem Stand der Dinge angleicht bis zum äußersten Anfang und Ende. Menschsein wäre dann ein eigenartiges Selbstverhältnis der Natur, die darin genau so vernünftig (inklusive unvernünftig) zu Werke geht, wie es Menschen eben sein können – und jeder einzelne dabei gesondert zu sein vermag. (14.7.20)
  • Natur und Freiheit. Wissenschaft übt sich in methodischem Naturalismus, das heißt, es wird so geforscht, als gäbe es für alles eine natürliche Erklärung. Entsprechend offen ist die Frage nach der Freiheit – im Gegensatz zu metaphysischen Spekulationen, die sich auf Autonomismus oder Fatalismus einschwören. (20.6.20)
  • Naturforschung und Gottesidee. Der philosophische Pantheismus der Neuzeit korrespondiert mit einem naturwissenschaftlichen Forschungsstand, der noch in Einklang zu bringen war mit der dominierenden Wirklichkeit idealer Verhältnisse – der göttlichen Substanz bei Spinoza, dem absolut vernünftigen "Reich Gottes" bei Hölderlin, Hegel und Schelling (in deren "Systemfragment des Idealismus"). Auf dieser metaphysischen Grundlage kommt für die natürlichen Verhältnisse nur in Betracht, sich Idealvorstellungen zu fügen. Die naturphilosophischen Ausführungen Hegels und Schellings sind grandiose Abgesänge dieser onto-theo-logischen "Physik" – ein bis zwei Menschenleben vor der evolutions-, relativitäts-, quanten- und wahrscheinlichkeitstheoretischen Wende der empirischen Wissenschaften, in denen auf die Probe gestellte Modelle das spekulativ-Ideelle beerben. Die Natur so nehmen, wie sie ist, muss durchaus nicht heißen, sie als starres Sein zu verstehen. Gerade der Pantheismus stellt eher ein festes Gedankengebäude dar, während die empirische Forschung von einer Dynamik in die nächste gerät. So lebhaft hat sich auch kein idealistisches System ausgestalten lassen. Ich meine die Dynamik alles Naturgeschehens, das von der modernen Naturwissenschaft immer genauer beobachtet wird, während die traditionelle Philosophie sich einen denkkünstlerisch vielleicht fabelhaften, doch ansonsten stets vorschnellen Reim auf alles zu machen pflegt bzw. überhaupt nur um des Reimes willen zu Werke geht. (24.3.20)
  • Mich selbst erkennend. Mich selbst erkennend, bin ich eingedenk der Natur, die meine elementarsten Bestandteile und nach Milliarden von Jahren infolge einer höchst unwahrscheinlichen Kette von Zufällen mein individuelles Sein hervorgebracht hat und die noch am heutigen Tag sowohl meinen Organismus und Stoffwechsel durchdringt als auch für diesen eigensinnigen Gedanken die Trägerschaft innehat. (7.2.20)

Verwandt

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Literatur

  • Gefrorener Geist: Die Naturphilosophie > Hegel. Der Weltphilosoph (Sebastian Ostritsch 2020, Propyläen, S. 185-198)
  • Das große Buch der Physik (Ernst Peter Fischer 2017, Delphin, 2019, 320 S.)
  • Metaphysik: furchtbar oder fruchtbar? (Jürgen Lambrecht, Aufklärung und Kritik 4/2017, S. 212-218)
  • Die andere Bildung. Was man von den Naturwissenschaften wissen sollte (Ernst Peter Fischer 2001, Ullstein 2003)
  • Grundprobleme der modernen Naturphilosophie (Andreas Bartels 1996, UTB/Schöningh)
  • Von der mechanistischen Welt zum kreativen Universum. Zu einem neuen philosophischen Verständnis der Natur (Bernulf Kanitscheider 1993, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 250 S.)
  • Klassiker der Naturphilosophie. Von den Vorsokratikern bis zur Kopenhagener Schule (Gernot Böhme u.a. 1989, C.H. Beck)
  • Die Natur der Natur [The World Within the World] (John D. Barrow 1988, Spektrum, 1993, 588 S.)