Benutzer:Leo Allmann/Kennwortschatz/Weise

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Bausteine

  • Weisheit bewussten Nichtwissens. Unser "Wissen" besteht nur in Wissensständen. Der Ausdruck "Wissenschaft" ist insofern irreführend, während der Ausdruck "Liebe zum Wissen" (Streben danach, Interesse daran) den Sachverhalt treffender bezeichnet. Alles, was wir zu wissen meinen, ist allein schon dadurch relativiert, dass jedesmal der Zusatz mitgedacht sein will: 'solange nichts Unvorhergesehenes dazwischenkommt'. Die Inseln unseres vermeintlichen Wissens sind eingebettet in den Ozean unseres Nichtwissens. Daher war der sich seines Nichtwissens bewusste Sokrates von allen, die sich für wissend hielten, noch der Weiseste. Die moderne Wissen(sstand)schaft hat sich die sokratische Einstellung zu Wissen, Nichtwissen und Weisheit überaus konstruktiv zu eigen gemacht und 'auf gut Glück' (weil ihrer Sache nie ganz sicher) die menschliche Welt verändert, und zwar unter den hier erwähnten Umständen, wie wir alle sehen können, durchaus zwielichtig. (6.8.20)
  • Wissenschaft und Weisheit. In den Wissenschaften bleiben immer Fragen offen; denn über Versuche und Irrtümer gelangen sie nicht hinaus. Wobei aus Irrtümern denkbar viel zu lernen ist. In der Summe decken die wissenschaftlichen Disziplinen alle Teilbereiche des auf unterschiedliche Weise Erforschbaren ab und erlauben es den so Informierten, nach bestem Wissen und Gewissen verantwortlich zu handeln, kurz: weise zu sein. Dass sich Weisheit nur in einem sehr unzulänglichen Maß Bahn bricht, kennen wir übrigens aus allen "Weisheits"-Traditionen – ein Umstand, der wohl gewiss noch der weiteren wissenschaftlichen Friedens-, Konflikt- und dergleichen Forschung bedarf. (4.8.20)
  • Kants reines Vernunftsystem. Kants "kopernikanische Wende" spielt zwar auf die neuere Naturforschung an, aber gerade er nahm noch einmal mächtig Anlauf zu einem sozusagen fundamentalwissenschaftlichen System der reinen Vernunft, die er als theoretische ad absurdum führte, als praktische indessen dingfest gemacht zu haben glaubte. Damit wurde er ein wesentlicher Anstoßgeber für den Deutschen Idealismus, das letzte apriorische Großprojekt, 'die Wissenschaft' jenseits 'der Wissenschaften', wie wir sie heute kennen, zu verorten. Bei ihm kann also nicht davon die Rede sein, dass Philosophie sich von empirischer Forschung herleitet. Allenfalls bei den britischen (nicht kritischen!) Empiristen, die er transzendentalanalytisch in die Schranken wies. (3.8.20)
  • Ein und dasselbe. Wissenschaft ist Interesse an Beweisen (bzw. Widerlegungen) von für wahr Gehaltenem. Mit anderen Worten: sie ist Liebe zur Weisheit, Philosophie. (3.8.20)
  • Natur der Philosophie. Wenn schon Liebe zur Weisheit, dann ist Philosophie Liebe zur Weisheit der Natur. Aber was heißt dann noch Weisheit! Statt die Natur pantheistisch zu vergöttlichen (Spinoza, Goethe ...), genügt es vollauf, sie naturalistisch so zu nehmen, wie sie ist, und statt von ihrer Weisheit von ihrem so schlichten wie ergreifenden Treiben zu sprechen. Bleibt der Philosophie dann übrig, dieses Treiben der Natur zu lieben und sich als "Amor fati" (Nietzsche) zu heroisieren? Ich denke, dass es hier Liebe so wenig wie Bewunderung braucht, sondern dass es Verwunderung tut. Last not least ist Philosophie also das immerwährende Staunen des Naturforschers über das Treiben der allgegenwärtigen Natur, nicht mehr und nicht weniger. (23.3.20)
  • Wissensdurst und Diskussionsfreudigkeit. Philosophische Diskussionen verdanken sich heute überall in der Welt dem (dia-)logischen Ansatz der altgriechischen Mathematiker, Naturforscher und Ethiker von Thales bis Epikur (um mit diesen beiden Namen die Zeitspanne vom 6. bis 3. vorchristlichen Jahrhundert zu markieren). Deren Denkansätze wurden im alten Orient vorbereitet, wenn nicht sogar von dort eingeführt. Sie sind nicht nur deshalb keine bloß "westlichen" Ansätze, sondern die einer Weltkultur, die wir mittlerweile in ihrem ganzen und gewiss durchaus fragwürdigen, d.h. selbstkritisch zu erwägenden Ausmaß beobachten können und persönlich mehr oder weniger inspiriert verkörpern. / Daneben gibt es vom Altertum herrührende spirituelle Geistestraditionen aus allen Erdteilen, in Europa vor allem die christliche. Dieser "verdankt" die durch Wissensdurst und Diskussionsfreudigkeit geprägte Philosophie eine rund tausendjährige Unterdrückung, bis zur Renaissance und zum Humanismus um 1500 nach Christus. Seither gehen philosophischer Forschergeist und glaubensgewisse Spiritualität (wieder) eigenständige Wege – eine Umstellung, die von Reformatoren als "doppelte Wahrheit" in Kauf genommen wurde. Dieses Widersinns ungeachtet, begann sich Philosophie zu den modernen Wissenschaften auszudifferenzieren. Nach und nach ist alles, worüber man nachdenken kann, zum Objekt empirischer Forschung geworden; auch die Geschichte der außereuropäischen Kulturen mitsamt ihren spirituellen Traditionen. Kein "Baum der Erkenntnis" erweist sich als so ertragreich wie die hypothetisch und experimentell zu voller Entfaltung gelangte, wissensdurstige und diskussionsfreudige Philosophie. (31.5.20)
  • Verwirklichung der Philosophie. Kulturhistorisch hat gewiss nicht nur die europäische Geistesgeschichte viel zu bieten, wenn Einflüsse auf die aktuelle Verfassung der Philosophie bzw. Wissenschaft gesucht werden. Das ändert nichts daran, dass heute der Stand der geistigen Dinge an der Diskussion aktueller wissenschaftlicher Theorien abzulesen ist, so viel Traditionelles dabei auch Spuren hinterlassen mag. Dieser Aspekt geht dann eben vor allem die Geschichtswissenschaften etwas an, die ihre eigenen Hypothesen bilden und prüfen. / Übrigens nehmen auch biologische "Traditionen" auf unsere gegenwärtige geistige Lage deutlichen Einfluss, was zu erforschen wiederum Sache der evolutionären Naturgeschichtsschreibung ist. Hoimar von Ditfurths Buch "Der Geist fiel nicht vom Himmel. Die Evolution unseres Bewusstseins" (1976) verdanke ich diesbezüglich erste Aufschlüsse, die seit der "Dekade des Gehirns" (1990-2000) interdisziplinär eingehender diskutiert werden. / So könn(t)en sich nicht nur manche Völkerschaften, sondern auch manche Einzelwissenschaften rühmen, zu einer "Weltphilosophie" mehr als nur am Rande beigetragen zu haben. Derartige Erbrechtsansprüche sind aber mit Sicherheit bloße Randerscheinungen, ja, Ablenkungen von der umfassend transformierten und konkretisierten Philosophie, seit sie sich unentwegt als empirische Forschung verwirklicht. (1.6.20)
  • Alte und neue Philosophie. Philosophie ist heute ein anderes Wort für die Wissenschaften. Diese verschließen sich in ihrem breiten Spektrum keiner Frage, die einem Menschen über die Welt und sich selbst am Herzen liegt, und sind laufend so reich an überprüfbaren Antworten und deren Kommunikationsformen, dass das Philosophieren in allen Kreisen eingeübt und fruchtbar werden kann. / Die Philosophie war vielleicht einmal die "essentielle" oder 'königliche" Erste Wissenschaft. Heute hinkt sie eher allen methodisch naturalistischen Wissenschaften hinterher und schwankt dabei zwischen rückwärtsgewandten Anschlüssen an Klassiker und einer zusammenfassend-naturalistischen Flucht nach vorn. Auch ein solch eingeschränkt mobiles Lavieren kann indessen noch erste Sahne sein. (9.6.20)
  • Wissen und Weisheit. Die Aneignung von Wissen gelingt geistig Minderbemittelten nicht wirklich; das liegt am Weisheitscharakter solcher Aneignung. (13.6.20)
  • Deuten und messen. Wissenschaft interpretiert die Realität und testet jede Interpretation aus. Ihre weitaus meisten Interpretationen lässt sie auf diese Weise fallen. Ähnlich probierfreudig und sorgfältig erwägend gehen Meister jeder Kunst zu Werke. Diese Vorgehensweise bewährt sich mehr als jede andere. Aber meine damit erfolgte Hochinterpretation der Wissenschaft soll gern noch so manchen Härtetest zu bestehen haben. (5.6.20)
  • Aneignung von Wissen. Um eine wirkliche Aneignung von Wissen handelt es sich, wenn die Aufnahme von Informationen selbstbestimmt, das heißt mit dem 'geistigen Mittel' des kritischem Sinns erfolgt, also mit dem Wissen darum, dass es um vielerlei, wenn nicht jederlei Information durchaus kritisch bestellt ist, selbst wenn man sich "mit eigenen Augen" vom "Wahrheitsgehalt" einer Nachricht "überzeugt" hat. Wissen ist keine Sache, von der man Stück für Stück oder gar übergangslos komplett Besitz ergreifen kann, sondern das unerreichte und vielleicht unerreichbare Ende allen Forschens und Lernens. Sich selber in diesem laufenden und (noch) offenen Prozess zu erfahren, ist insofern Wissensaneignung, als wohlweislich das Wissen ums Nichtwissen wachgehalten wird. (14.6.20)
  • Philosophie als Wissensvermehrung. Heute ist die Philosophie das Spektrum der naturalistisch verfahrenden Wissenschaften: die Philosophie mit anderen, unser Wissen stetig vermehrenden Mitteln. (2.7.20)

Verwandt

  • Sofie – darunter: Philosophie!

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