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Johannes Koll (* 1964 in Köln) ist ein deutscher Historiker und Archivar.

Seine Forschungsschwerpunkte sind deutsche, österreichische, belgische und niederländische Geschichte der Neuzeit, Nationalismus und Nationalsozialismus sowie Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte.


Leben

Aufgewachsen in Köln, hat Johannes Koll ab 1986 an der dortigen Universität die Fächer Mittlere und Neuere Geschichte, Musikwissenschaft, Philosophie und Politikwissenschaft studiert. Seine Magisterarbeit (unveröffentlicht) befasste sich mit Liberalismus und Nationalismus bei Paul Achatius Pfizer (1801–1867), seine Dissertation handelte über „Die belgische Nation“. Patriotismus und Nationalbewußtsein in den Südlichen Niederlanden am Ende des 18. Jahrhunderts. Im Juni 1999 war er der zweite Doktorand des Historischen Instituts, der die neu eingeführte Form der Disputation anstelle des Rigorosums bestreiten konnte. Im Dezember 2013 habilitierte er sich für Neuere und Neueste Geschichte an der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien auf der Grundlage der Habilitationsschrift über die Besatzungspolitik des „Großdeutschen Reiches“, die der österreichische Nationalsozialist Arthur Seyß-Inquart in seiner Funktion als Reichskommissar zwischen 1940 und 1945 in den besetzten Niederlanden zu verantworten hatte.

Im Anschluss an Anstellungen als Wissenschaftliche Hilfskraft und Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität zu Köln war Koll Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Niederlande-Studien der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (2000–2005), Gastprofessor für die Geschichte des Benelux-Raums an der Universität Wien (2005–2007) und Postdoc an der Wirtschaftsuniversität Wien (2007–2014). Seit 2015 leitet er an der letztgenannten Universität das damals neugegründete Universitätsarchiv. Zudem ist Koll Senior Scientist am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte und seit 2016 wissenschaftlicher Leiter des Provenienzforschungsprojekts der Universitätsbibliothek der Wiener Wirtschaftsuniversität.

Koll hat an Universitäten in Deutschland, Österreich und den Niederlanden gelehrt, hat mehrere Stipendien und Fellowships innegehabt und war Gastforscher an Forschungseinrichtungen in Amsterdam, Berlin, Warschau und Wassenaar. Er ist Mitglied in wissenschaftlichen Beiräten von internationalen Fachzeitschriften wie dem Journal of Belgian History und den Studies on National Movements und arbeitet seit 2016 als Freier Mitarbeiter für die Süddeutsche Zeitung. Ergebnisse seiner historischen Forschungen hat er überdies regelmäßig in Zeitungen, Radio- und Fernsehsendungen präsentiert. Er fungiert gelegentlich international als Gutachter für Fachzeitschriften, Stiftungen und Verlage. Eine nebenberufliche Tätigkeit als Organist, in deren Rahmen er im Juni 1990 einen 2. Preis bei einem internationalen Orgelwettbewerb in der niederländischen Stadt Elburg gewonnen hatte, hat er in der Sylvesternacht 1999 aufgegeben.

Historiographisches Werk

Das Publikationsverzeichnis von Johannes Koll weist ein breites Spektrum an Themen, Regionen und Forschungsfeldern auf, die den Zeitraum vom 18. bis zum 20. Jahrhundert abdecken.

In der Dissertation hat er anhand der belgischen Geschichte ein Modell für eine Typologisierung von Patriotismus im Zeitalter des Übergangs vom „Ancien Régime“ zur Moderne zur Diskussion gestellt. Demnach rivalisierten während der Brabantischen Revolution und der kurzzeitigen Vereinigten Belgischen Staaten (1789/90) ein ständisch-korporativer Patriotismus, ein dynastisch-fürstenstaatlicher Patriotismus, ein Reformpatriotismus und ein Verfassungspatriotismus um Einfluss auf die Gesellschaft der Österreichischen Niederlande.

Wie die Dissertation ist auch die Druckfassung seiner Habilitationsschrift in zahlreichen Rezensionen besprochen worden. Magnus Brechtken hob in seiner Besprechung die „Achtsamkeit des Autors“ hervor, „in seinem Stil eine passende Balance zwischen wissenschaftlicher Detail-Ausführlichkeit und sprachlicher Anschaulichkeit zu halten.“ Das Buch biete „eine geradezu enzyklopädische Analyse der Herrschafts-, Verwaltungs- und Verfolgungspraxis.“[1]

Schriften (Auswahl)

  • Johannes Koll (Hrsg.): ‚Säuberungen‘ an österreichischen Hochschulen 1934–1945. Voraussetzungen, Prozesse, Folgen, Wien/Köln/Weimar 2017.
  • Johannes Koll: Arthur Seyß-In­quart und die deutsche Besatzungspolitik in den Niederlanden (1940–1945), Wien/Köln/Weimar 2015.
  • Johannes Koll (Hrsg.): Nationale Bewegungen in Belgien. Ein historischer Überblick, 2. Aufl. Münster u.a. 2009.
  • Johannes Koll (Hrsg.): Belgien. Geschichte – Politik – Kultur – Wirtschaft, Münster 2007.
  • Johannes Koll: ‚Die belgische Nation‘. Patriotismus und Nationalbewußtsein in den Südlichen Niederlanden im späten 18. Jahrhundert, Münster u.a. 2003.

Weblink

Johannes Koll an der Wirtschaftsuniversität Wien (mit Publikationsverzeichnis).

Einzelnachweise

  1. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 10. November 2015.