Benutzer:Linksfuss/Oberflächenchemie
Oberflächenchemie (englisch surface chemistry, surface science) ist ein Teilgebiet der Physikalischen Chemie, bei dem die chemischen und strukturellen Vorgänge untersucht werden, die sich an Grenzflächen, meist fest/gasförmig, abspielen. Dabei werden oberflächensensitive analytische Methoden angewendet, für die in den letzten Jahrzehnten mehrere Nobelpreise vergeben wurden. Da die untersuchten Strukturen im Nanometerbereich liegen, zählt man die Oberflächenchemie zu den Nanowissenschaften.
Typische Untersuchungsziele der Oberflächenchemie sind die elementaren Zusammensetzungen von Oberflächen, die Konzentration von Elementen im Oberflächenbereich, die Verteilung von Elementen im Tiefenprofil der Oberfläche sowie die chemische Bindung von Adsorbaten. Auch die Erforschung der Adsorptionskinetik, der Adsorptionsenergie und der Desorptionskinetik sowie der (elektronischen) Struktur an der Grenzfläche und der Schwingungseigenschaften sind Aufgaben der Oberflächenchemie. Des Weiteren beschäftigt sich die Oberflächenchemie mit Reaktionsmechanismen von heterogen katalysierten Reaktionen, erstellt Modelle für katalytische Reaktionen für die Entwicklung von industriellen Katalysatoren und untersucht die Diffusion von Adsorbaten auf Oberflächen (Oberflächendynamik) sowie den Oxidationszustand von Oberflächenatomen.
History
The field of surface chemistry started with heterogeneous catalysis pioneered by Paul Sabatier on hydrogenation and Fritz Haber on the Haber process.[1] Irving Langmuir was also one of the founders of this field, and the scientific journal on surface science, Langmuir, bears his name. The Langmuir adsorption equation is used to model monolayer adsorption where all surface adsorption sites have the same affinity for the adsorbing species. Gerhard Ertl in 1974 described for the first time the adsorption of hydrogen on a palladium surface using a novel technique called LEED.[2] Similar studies with platinum,[3] nickel,[4][5] and iron [6] followed. Most recent developments in surface sciences include the 2007 Nobel prize of Chemistry winner Gerhard Ertl's advancements in surface chemistry, specifically his investigation of the interaction between carbon monoxide molecules and platinum surfaces.
Grundlagen
Als Oberfläche ist der Bereich eines Festkörpers definiert, in dem sich die physikalischen und chemischen Eigenschaften wie die Struktur und die elektronische Eigenschaften vom Rest unterscheiden, wobei die Abweichung der Volumeneigenschaften exponentiell mit der Entfernung von der Oberfläche abklingt. Das Idealbild einer Oberfläche ist analog zum idealen Festkörper eine streng periodisch in zwei Raumrichtungen unendliche ausgedehnte Anordnung von Atomen oder Molekülen.
Eine periodische Anordnung von Atomen oder Molekülen auf einer Oberfläche kann analog zum Festkörper in zwei Dimensionen mit einem Bravais-Gitter beschrieben werden. In zwei Dimensionen gibt es fünf Bravais-Gitter, die quadratische, die rechteckige, die rechteckig innenzentrierte, die rautenförmige und die hexagonale Struktur, wobei die hexagonalen oder rechteckig innenzentrierte Strukturen als Sonderfälle der rautenförmigen Struktur mit bestimmten Winkeln angesehen werden können.
Eine Einheitszelle spiegelt die Symmetrie des Bravais-Gitter wider, es besitzt dieselben Symmetrieelemente. Auf Grund der Periodizität des Gitters können die Einheitszellen durch einen Translationsvektor aufeinander abgebildet werden. Die Einheitszellen selbst werden durch linear unabhängige Einheitsvektoren und aufgespannt. Dabei gilt:
Man kann das Gitter auch in einen anderen Raum mit anderen Basisvektoren und transformieren. Beim Arbeiten mit Beugungsmethoden misst man die Einheitszelle im reziproken Raum.
Die Vektoren der Einheitszelle im Ortsraum können u. U. mittels Rastertunnelmikroskopie ermittelt werden. Die gemittelte Größe der Einheitszelle im reziproken Raum erhält man beispielsweise mit der Beugung langsamer Elektronen (LEED) an der Oberfläche.
Eine spezielle Art der Einheitszelle ist die Wigner-Seitz-Zelle. Ihr entspricht die Brillouin-Zone 1. Ordnung im k-Raum.
Ein Punkt im Gitter wird durch einen Vektor vom Ursprung zum Punkt beschrieben. Eine Gerade wird mit einem Vektor beschrieben, der parallel zur Gittergeraden liegt.
Wenn ein Einkristall bricht, geschieht das häufig entlang der Gitterebene. Dadurch entstehen Oberflächen, die sich je nach 3-dimensionaler Kristallstruktur und Schnittrichtung in ihrer 2-dimensionalen Oberflächenstruktur unterscheiden. Die Schnittebenen können durch die Schnittpunkten der Ebene mit den Achsen des Koordinatensystems beschrieben werden. Die gebräuchlichere Schreibweise ist allerdings die Angabe der Miller-Indizes , die das ganzzahlige Vielfache der reziproken Achsenabschnitte sind, zum Beispiel (111), (110), (100).
Überstrukturen sind zusätzliche, größere Strukturen, die sich durch Umordnung oder Adsorption an der Oberfläche bilden. Sie können mit Vektoren und als Vielfache der Basis-Vektoren und , durch die woodsche Nomenklatur oder durch Matrixdarstellung beschrieben werden.
Oberflächenpräparation
Bevor eine Oberfläche im mikroskopischen Maßstab reproduzierbar analysiert werden kann, muss sie von Verunreinigungen befreit werden. Um sie vor weiterer Kontamination zu schützen, wird sie im Ultrahochvakuum (UHV) bei Drücken, die kleiner als 10-10HPa sind, gehandhabt. Dadurch wird die Flächenstoßrate von auftreffenden Molekülen aus der Gasphase verringert. Diese ist für ein Gasteilchen des Typs
Mögliche Ursachen für Oberflächenkontamination sind zum Beispiel Adsorption von Luftmolekülen, Staub oder Wanderung von Teilchen aus dem Probeninneren an die Oberfläche.
Methoden zur Oberflächenreinigung
Werkstücke tragen nach der Bearbeitung wie Schleifen und Drehen Rückstände wie Öle, Staub, Abrieb oder Schleifmittel. Diese Rückstände wirken sich meistens negativ auf die Bearbeitungsschritte aus und müssen daher entfernt werden. Typische Verfahren sind die Oxidation oder Reduktion der Oberfläche, wobei Verunreinigungen in flüchtige Verbindungen überführt werden. Oxidation kann zur chemischen Umwandlung von Adsorbaten führen, die anschließend leichter desorbiert werden. Beispielsweise kann stark an eine Oberfläche gebundenes Kohlenstoffmonoxid zu Kohlenstoffdioxid oxidiert werden, das auf Grund seiner chemischen Struktur nur noch schwach gebunden ist.
Eine weitere Methode stellt das Sputtern mit Argonionen dar. Beim Sputtern wird die Probe mit Ionen beschossen, die in einem elektrischen Feld beschleunigt werden. Allerdings bilden sich auf dem Substrat mehr oder weniger große Krater, die durch Heizen der Probe geglättet werden können.
Durch das Heizen der Probe, so genanntes Tempern, auf eine Temperatur von etwa 1000 K kann sich das thermodynamische Gleichgewicht einstellen. Dabei wird die Oberfläche minimiert, was einer Absenkung der Oberflächenenergie entspricht. Dabei können sich von der Temperatur abhängige Rekonstruktionen oder Strukturen bilden. Diese können in Domänen unterschiedlicher Orientierung vorliegen. Beim Tempern kann es außerdem zu Desorption von Adsorbaten kommen.
Techniken zum Aufbringen von weiteren Schichten
Auf eine Oberfläche können weitere Schichten von Atomen oder Molekülen aufgebracht werden, um die Eigenschaften der Grenzfläche zu modifizieren. Dadurch lassen sich Halbleiterbauelemente in dreidimensionaler Form in einem integrierten Schaltkreis (IC) unterbringen, weil sie durch die Schichten getrennt werden. Ein in der Grundlagenforschung wichtiges Hilfsmittel ist die Chemisorption von Sondenmolekülen, deren Schwingungseigenschaften Informationen über die Oberfläche geben.
Das Aufbringen der Schichten geschieht mit verschiedenene folgenden Methoden der Dünnschichttechnologie, etwa Chemische Gasphasenabscheidung (CVD), Plasmaunterstützte chemische Gasphasenabscheidung (PECVD), Physikalische Gasphasenabscheidung (PVD), Molekularstrahlepitaxie (MBE). Weiterhin kann die galvanotechnische Abscheidung, die Oxidation der Oberfläche mit Sauerstoff oder das Sol-Gel-Verfahren eingesetzt werden.
Oberflächenkoordinationschemie
Die Koordinationschemie an Metalloxidoberflächen hat viele Parallelen zur Komplexchemie in Lösungen. Hierbei dienen Oxidionen und insbesondere Hydroxidgruppen, die durch dissoziative Adsorption von Wassermolekülen an der Metalloxidoberfläche entstehen, als Liganden für Metallionen oder Metallionen-Komplexen aus einer angrenzenden Phase. Hierbei können Metallkomplexe durch schwache Wechselwirkungen gebunden werden (outer-sphere-Komplexe) oder die Bindung erfolgt über Austauschrektionen von Liganden (inner-sphere-Komplexe). Beispiel für eine inner-sphere-Komplexbildung:
Die Herstellung von Oberflächenkomplexen ist für heterogene Katalysatoren von großer Bedeutung.
An der Oberfläche laufen insbesondere auch Säure-Base-Reaktionen ab. Die Hydroxidgruppen können entweder als Brönsted-Säure oder Brönsted–Base reagieren. Je nach Metall liegt dabei eine unterschiedliche Acidität der Brönsted-Säure vor. Solche Oberflächen spielen eine wichtige Rolle als Katalysator für säurekatalysierte Reaktionen in nichtwässrigen Lösungsmitteln und in der Gasphase. Ebenso spielen in der Katalyse Zentren an Metalloxidoberflächen eine Rolle, die als Lewis-Säuren reagieren können. Hierbei nimmt vor allem bei höheren Temperaturen die Anzahl von Metallkationen und damit die Lewis-Acidität zu.
Oberflächensensitive Methoden
Oberflächenanalytische Methoden werden in der Industrie und in der Grundlagenforschung eingesetzt. So werden oberflächenanalytsche Methoden in der Heterogene Katalyse, etwa im Haber-Bosch-Verfahren zur Herstellung von Ammoniak, der Halbleitertechnologie, der Brennstoffzellenforschung und zur Untersuchung von Abläufen an Elektroden bei elektrochemischen Reaktionen untersucht. Auch die Nanoelektronik, d. h. Herstellung von elektronischen Bauteilen auf Nanometerskala, die Entwicklung von Informationsspeicher mit hoher Speicherdichte, Klebstoffe, beständige Beschichtungen von Oberflächen im Korrosionsschutz, Medizintechnische Anwendungen, die Materialforschung, atomare Zusammensetzung von Oberflächen-Legierungen sowie für bestimmte biologische Fragestellungen werden oberflächenanalytische Methoden eingesetzt.
Um die Vorgänge an Grenzflächen untersuchen zu können, müssen Methoden verwendet werden, die nur Prozesse in dem Bereich einer Probe „sehen“, der sich in seinen Eigenschaften vom restlichen Festkörper unterscheidet. Dazu werden die Wechselwirkungen von folgenden Wellen/Teilchen mit Materie genutzt:
Die mittleren freien Weglängen von geladenen Teilchen sind auf Grund von Coulomb-Wechselwirkungen i. a. viel kleiner als die von neutralen. Ein weiterer starker Einfluss ist die kinetische Energie der Teilchen; in bestimmten Energiebereichen können Prozesse angeregt werden, was die mittlere freie Weglänge verringert. Entscheidend für die Oberflächensensitivität einer Methode ist, dass entweder das mit der Probe wechselwirkende oder das detektierte Teilchen oder Welle eine geringe mittlere freie Weglänge in der Materie besitzt. Deshalb ist auch für viele Methoden ein Ultrahochvakuum nötig. Die gewählte Methode hängt dabei von der Fragestellung ab. Die folgende Übersicht soll nur einen Überblick geben. Für mehrere Methoden existieren auch verschiedene ortsauflösende Techniken. Für weitere Beschreibung siehe deren Artikel. Jede der Methoden hat Vor- und Nachteile, die beim Experiment berücksicht werden müssen.
Mikroskopie
Spektroskopie
Bei der Spektroskopie handelt es sich allgemein um ein Verfahren bei dem ein Spektrum erzeugt wird, d. h., eine Intensität wird gegen eine der Energie äquivalenten Größe aufgetragen, zum Beispiel der Frequenz. Bei der Elektronenspektroskopie ist die Energie von Elektronen, diejenige Größe, die gegen die Intensität aufgetragen wird. Es gibt folgende Methoden:
Beugung
Kinetische Methoden
Sorptive Methoden
Kombinationen
Bestimmte Strahlungsarten können mehrere Prozesse anregen, die für die jeweilige Methode Vor- und Nachteile bringen kann. Beispielsweise können bei Ionisation durch Röntgenstrahlung gleichzeitig Auger-Elektronen und Photoelektronen entstehen, die sich möglicherweise im Spektrum überlagern und so die Auswertung erschweren. Andererseits werden bei der TEM durch die zusätzliche Emission von Auger- und Photoelektronen, rückgestreute Elektronen, emittierte Partikel und EELS zusätzliche Informationen über die Probe in einer Apparatur gewonnen.
Literatur
- Bücher
- G. Ertl, J. Küppers: Low Energy Electrons and Surface Chemistry. 2. Auflage. Verlag Chemie, Weinheim 1985, ISBN 3-527-26056-0.
- G. Ertl: Reactions at Solid Surfaces. 1. Auflage. Wiley, New Jersey 2009, ISBN 978-0-470-26101-9.
- Gábor A. Somorjai: Introduction to Surface Chemistry and Catalysis. Wiley, New York 1994, ISBN 0-471-03192-5 (englisch).
- Artikel
- Gerhard Ertl: Reaktionen an Oberflächen: vom Atomaren zum Komplexen (Nobel-Vortrag). In: Angewandte Chemie. Band 120, Nr. 19, 2008, S. 3578–3590, doi:10.1002/ange.200800480.
- K. Köhler, C.W. Schläpfer: Koordinationschemie an Oxidoberflächen, Chemie in unserer Zeit, 27. Jahrg. 1993, Nr. 5, S. 248 – 255, ISSN 0009-2851
- Zeitschriften
- Surface Science, Elsevier
- Surface Scienc Letters, Elsevier
- Surface Science Reports, Elsevier
- Surface Science Spectra, Elsevier
- Applied Surface Science, Elsevier
- Progress in Surface Science, Elsevier
- Applications of Surface Science, Elsevier
Weblinks
- ChemPhysChem 11, Special Issue on Surface Phenomena, 2010
- Institut für Oberflächenchemie und Katalyse Universität Ulm
- Institut für Theoretische Chemie Universität Ulm
- Einführung in die Oberflächenchemie (englisch) (Queen Mary University of London)
- Videodossier des Schweizer Fernsehens zum Thema Nanotechnologie
- Hintergrund – Oberflächenchemie in Reinform (Memento vom 12. Februar 2013 im Webarchiv archive.today)}}, tagesschau.de
- Richard Feynman: There’s Plenty of Room at the Bottom Vortrag am Caltech, 1959.
Einzelnachweise
- ↑ Håkan Wennerström, Lidin, Sven: Scientific Background on the Nobel Prize in Chemistry 2007 Chemical Processes on Solid Surfaces (pdf)
- ↑ H. Conrad, Ertl, G.; Latta, E.E.: Adsorption of hydrogen on palladium single crystal surfaces. In: Surface Science. 41, Nr. 2, February 1974, S. 435–446. bibcode:1974SurSc..41..435C. doi:10.1016/0039-6028(74)90060-0.
- ↑ K. Christmann, Ertl, G.; Pignet, T.: Adsorption of hydrogen on a Pt(111) surface. In: Surface Science. 54, Nr. 2, February 1976, S. 365–392. bibcode:1976SurSc..54..365C. doi:10.1016/0039-6028(76)90232-6.
- ↑ K. Christmann, Schober, O.; Ertl, G.; Neumann, M.: Adsorption of hydrogen on nickel single crystal surfaces. In: The Journal of Chemical Physics. 60, Nr. 11, June 1, 1974, S. 4528–4540. bibcode:1974JChPh..60.4528C. doi:10.1063/1.1680935.
- ↑ K. Christmann, Behm, R. J.; Ertl, G.; Van Hove, M. A.; Weinberg, W. H.: Chemisorption geometry of hydrogen on Ni(111): Order and disorder. In: The Journal of Chemical Physics. 70, Nr. 9, May 1, 1979, S. 4168–4184. bibcode:1979JChPh..70.4168C. doi:10.1063/1.438041.
- ↑ R. Imbihl, Behm, R. J.; Christmann, K.; Ertl, G.; Matsushima, T.: Phase transitions of a two-dimensional chemisorbed system: H on Fe(110). In: Surface Science. 117, May 2, 1982, S. 257–266. bibcode:1982SurSc.117..257I. doi:10.1016/0039-6028(82)90506-4.