Benutzer:MGM08235/Vertragsbindung

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Definition

Vertragsbindung setzt eine gegenseitige Selbstverpflichtung zwischen zwei Parteien, einen sogenannten Vertrag, voraus. Im Allgemeinen verpflichtet ein Vertrag eine Vertragspartei dazu, zu Gunsten der jeweils anderen Partei, etwas zu erbringen, zu machen oder zu unterlassen. Die vertragsrechtliche Bindung der beiden Parteien ist hierbei grundsätzlich auf längere Zusammenarbeit ausgerichtet und zeichnet sich durch wechselseitiges Vertrauen aus. In der Spieltheorie sind Vertragsbindungen ein einfaches Mittel um die Selbstbindung einer Partei (spieltheoretisch auch Spieler genannt) zu erhöhen.


Bedeutung in der Spieltheorie

Die Möglichkeit der Spieler, bindende Verträge abzuschließen, besteht sowohl in der kooperativen als auch der nicht-kooperativen Spieltheorie. Diese klassische Unterteilung in der Spieltheorie wird in der Literatur jedoch oftmals daran festgemacht, ob es möglich ist, bindende Verträge zu schließen oder nicht. Können die Spieler keine bindenden Verträge abschließen, muss die Lösung des Spiels ein selbst-stabilisierendes Gleichgewicht (beispielsweise Nash-Gleichgewicht) sein. Bei nicht-kooperativen Spielen, bietet die Möglichkeit, bindende Verträge einzugehen den Spielern eine zusätzliche Spieloption.

Faktisch sind Verträge insbesondere ein Instrument der Selbstbindung. Die Idee ist, Dinge so zu arrangieren, dass es im eignen Interesse ist, dieser Selbstbindung tatsächlich Folge zu leisten. Wichtig dabei ist das Erzeugen von Glaubwürdigkeit. Soll Glaubwürdigkeit plausibel erzeugen werden, sind schriftliche Verträge sehr geeignet.

Um die Mitspieler in ihren strategischen Entscheidungen zu beeinflussen, kann die Glaubwürdigkeit mittels vertraglicher Vereinbarungen, Regelungen und Strafklauseln geschehen. Das Risiko möglicher Versuchungen, beispielsweise etwas zu tun oder nicht zu tun, soll eingeschränkt werden. Damit der spieltheoretische Ansatz der Vertragsbindung wirklich erfolgreich sein kann, muss derjenige Spieler, der ein bestimmtes Verhalten durchsetzt oder eine Strafe einkassiert, einen unabhängigen Anreiz haben, dies zu tun.

Schließen die Spieler einen bindenden Vertrag mit anderen Spielern oder spielexternen Personen, spricht man auch von externer (Selbst-) Bindungsmöglichkeit.


Spieltheoretische Gestaltungsvarianten

Möglich ist es zudem Verträge einzugehen, die anschließend von einer neutralen Person durchgesetzt werden. Diese neutrale Person zeichnet sich dadurch aus, dass sie persönlich kein Interesse daran hat, ob der Vertag wirklich eingehalten wird oder nicht. Am einfachsten realisieren lässt sich das durch die Schaffung eines Reputationseffektes, denn Verträge allein können das Glaubwürdigkeitsproblem in der Spieltheorie nicht überwinden. Zusätzliche Instrumente der Glaubwürdigkeit sind erforderlich, beispielsweise die Beschäftigung eines dritten Mitspielers, der ein unabhängiges Interesse an der Durchsetzung des Vertrages oder eine eigene Reputation auf dem Spiel stehen hat. Ist der verursachte Reputationseffekt stark genug, sind sogar die Formalien des Vertrages unnötig.

Jede Art der Kommunikation ist eine Form von Vertrag. Dieser verpflichtet den jeweiligen Spieler dazu, seine gesendeten Zeichen in einer bestimmten Art und Weise zu verwenden. Eine weitere Variante Verträge zu beeinflussen, stellt das Abschneiden der Kommunikation dar. Die glaubwürdige Selbstbindung erfolgt deshalb, weil eine Aktion wirklich unumkehrbar gemacht wird. Extreme Formen dieser Taktik lassen sich in Feststellungen des „letzten Willens“ oder Testamenten erkennen. Da hier eine Vertragspartei nicht mehr existiert, ist auch eine Neuverhandlung des Vertrages praktisch unmöglich. Beauftragte Dritte, beispielsweise ein Notar, müssen sicherstellen dass der Vertrag tatsächlich eingehalten wird.


Kritische Anmerkungen

Die Bindung durch Verträge hat allerdings einen entscheidenden Fehler: es sind hier keine Mechanismen vorgesehen, die Neuverhandlungen während des Spielverlaufes verhindern. Ein geschlossener Vertag wird eigentlich dann wertlos, wenn für die beiden Spieler keine wirklichen Anreize zur Erfüllung gegeben sind. Neuverhandlungen wären von beiderseitigem Interesse. Es wird versucht werden mit dem Argument zu verhandeln, dass der Vertrag ohnehin stehst eingehalten wird, weil sich keinerlei Vor- oder Nachteile für die beiden Spieler daraus ergeben.


Anwendungsbeispiele für Vertragsbindung

Neuverhandlungen bei bindenden Verträgen

Jemand möchte eine Diät machen, hat aber bereits mehrere gescheiterte Versuche hinter sich. Diese Person bietet nun jedem 25.000 € an, der sie dabei erwischt wie sie kalorienreiches Essen verspeist. Allerdings knüpft die diäthaltende Person ihre Geldzusage an die Bedingung, einer Spende dieser 25.000 € für karitative Zwecke. Dieser Vertag mit der Umgebung ist praktisch wertlos, da die Rechte und Pflichten daraus nur einseitig verteilt sind. Die 25.000 € werden niemals jemandem ausgezahlt, weil die betreffende Person den Vertag sowieso nie öffentlich verletzten wird. Die Umgebung hat daher keinerlei Interesse an der Einhaltung dieses Vertrages. Neuverhandlungen sind in diesem Fall unumgänglich. Denn selbst wenn die 25.000 € fällig werden würden, müsste der Mitspieler diese spenden und hätte selbst keinen Nutzen davon. Der Diäthalter könnte beispielsweise jedem sofort 5 € „bar auf die Hand“ anbieten oder eine Lokalrunde ausgeben, wenn er so aus dem Vertag entlassen würde. Diese Situation zieht jeder Mitspieler natürlich einer Situation vor, in der er gar nichts erhalten würde. Der Vertag ist unsinnig, da die Mitspieler keinen unabhängigen Anreiz haben, etwas zu tun beziehungsweise zu unterlassen.


Einsatz einer neutralen Person

Ein Rehabilitationszentrum behandelt wohlhabende Kokainabhängige dadurch, dass sie einen Brief aufsetzten, in dem sich die Patienten selber beschuldigen. Dieser Brief wird dann veröffentlicht, wenn sie bei einer zufälligen Urinprobe auffallen. Nachdem sie selbst diesen Vertag geschlossen haben, werden viele süchtige Patienten versuchen, sich wieder heraus zu kaufen. Aber die Person, die den Vertrag in Form des Briefes in Händen hält, wird ihren Job verlieren, wenn sie auf Neuverhandlungen seitens der Patienten eingeht. Das Rehabilitationszentrum verliert sonst seinen „guten Ruf“, seine Reputation steht also auf dem Spiel. Daher wird es Angestellte, die Neuverhandlungen zulassen, umgehend entlassen. Der Reputationseffekt sorgt also dafür, dass die neutrale Person, in diesem Fall des Rehabilitationszentrums, für die Einhaltung des Vertrages eintritt.


Ausfall der Kommunikation

Wenn ein Spieler nicht erreichbar ist, dann kann es schwierig oder sogar unmöglich sein, festzustellen, ob der Rivale einen geschlossen Vertag tatsächlich einhält. In diesem Fall müssen andere Personen damit beauftragt werden, die Forderungen des Spielers durch zu setzten. Ein Testament wird beispielsweise von einem Notar und nicht vom Verstorbenen selbst ausgeführt. Genauso entfallen lange Debatten über ein von den Eltern verhängtes, wenn die Eltern weg sind. Aber dann ist ein solches Verbot bei den Kindern auch nicht mehr durchsetzbar.


Literatur

  • Avinash K. Dixit, Barry J. Nalebuff: Spieltheorie für Einsteiger - Strategisches Know-how für Gewinner. Schäffer-Poeschel, Stuttgart 1997, ISBN 978-3-7910-1239-1 (aus dem amerikanischen Englisch übertragen von Christian Schütte).
  • Volker Bieta, Wilfried Siebe: Spieltheorie für Führungskräfte. Wirtschaftsverlag Carl Ueberreuter, Wien 1998, ISBN 3-7064-0409-5 (was Manager vom Militär über Strategie lernen können).


Weblinks

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