Benutzer:Manuel Heinemann/Klettgau
Die Landgrafschaft Klettgau bezeichnet einen spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Herrschaftsbereich mit sich ändernder territoriale Ausdehnung am Hochrhein zwischen Schaffhausen und Waldshut. Das Klettgau lässt sich nach bisher bekannter Quellenlage erst für das 13. Jahrhundert als „Landgrafschaft“ datieren. Die Landgrafschaft endete in Folge der Mediatisierung als das Gebiet 1806 an das Großherzogtum Baden fiel.
Geschichte
Ursprung
Der Klettgau, auch Kleggau und Clecgouva genannt, hat nach Ansicht des schweizerischen Historikers Aegidius Tschudi (1505–1572) seinen Urspung im Stammesgebiet der Latobriger, eines Kelten-Stammes. Die heute gebrächliche Bezeichnung „Klettgau“ dürfte sich wohl von „Latobriga“ ableiten. Zur Zeit des Römischen Reichs war die Region römisch besetzt, später war es Siedlungsgebiet der Alamannen.
Gaugrafschaft
Die fränkisch-karolingische Neueinteilung des Reiches in Gaugrafschaften führte im 8. Jahrhundert zur Namensgebung des sich zwischen Hochrhein, Wutach und Randen erstreckenden Gebietes. Im Norden spielten die Reichsherrschaft Bonndorf unter dem Kloster St. Blasien und im Westen das Damenstift Säckingen eine wichtige Rolle.
Das Gebiet war Bestandteil des Herzogtum Schwaben, das von 911 bis 1268 – also bis zum Ende der Staufer und dem Ende der Stammesherzogtümer überhaupt – bestand, rechtlich wurde das Herzogtum erst 1806 zusammen mit dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation aufgelöst.
Herrschaft der Krenkinger
Die wichtigsten Herrschaftsträger des Hochmittelalters im Klettgau waren neben dem Kloster Rheinau die Herren von Krenkingen, der Bischof des Hochstifts Konstanz, die Grafen von Habsburg, das Kloster Allerheiligen in Schaffhausen und die Grafen von Küssaberg.
Die Herren von Krenkingen – ursprünglich auf ihrer Stammburg Alt-Krenkingen im Steinatal beheimatet – drangen im Jahre 1196 in die Grafschaft ein, besetzten die nahegelegene Weißenburg und übernahmen die Schirmvogtei des Klosters Rheinau, dem größten Grundbesitzer im Klettgau. Als deren Vögte entfremdeten sie dem Kloster Rechte und Besitztümer. Im Streit um die Vogteirechte scheuten sie sich nicht, Eigentum des Klosters an sich zu reißen, was ihnen die Bezeichnung „Raubritter“ einbrachte. Die Krenkinger avancierten zeitweise zu den mächtigsten Herrscher des Klettgau.[1]
Erst dem König Rudolf von Habsburg (1218–1291) gelang es diesem Treiben ein Ende zu setzen. So konnte er im Frühjahr 1286 nach sechswöchiger Belagerung die Weißenburg durch Untergraben der Außenmauern einnehmen und die Raubritter in das Steinatal vertreiben. Dies bedeutete das Ende der Weißenburg, aber auch der Herrschaft der Krenkinger.
1389 werden noch Johans von Krenkingen fry her und her zu Tuengen, hoffrichter des Romischen richs und Diethelm von Krenkingen fry, Kilcher (Kirchherr) zu Tuengen und ze Schwerzen, gebruder genannt.[2]
Entwicklung zur Landgrafschaft unter den Habsburger
Lanzelin († 991), Sohn von Guntram dem Reichen, dem Stammvater der Habsburger, war 1023 Graf im Klettgau. Die Grafschaft ging auf dessen Sohn Radbot (985–1045), Bruder von Werner I. und Erbauer der Habsburg im heutigen Kanton Aargau[3] über. Von 1282 bis 1408 war der Klettgau in der Hand der Grafen von Habsburg-Laufenburg.
1325 erscheint Rudolf von Habsburg-Laufenburg als erster Landgraf im Klettgau.
Landgraf Johann IV. und seine Gemahlin Agnes von Landenberg blieben ohne männliche Nachkommen. Mit seinem Tod im Jahre 1408 starb die Laufenburger Linie im Mannesstamme aus.
Die Grafen von Sulz
Durch die 1410 erfolgte Heirat seiner Erbtochter Ursula mit Graf Rudolf I. von Sulz[4] kam die Landgrafschaft zusammen mit dem Landgericht und den Herrschaften Krenkingen und Rothenburg durch Erbgang an die Grafen von Sulz. Die Grafen von Sulz waren ursprünglich am mittleren Neckar bei Tübingen beheimatet. Nachdem sie ihre Herrschaftsgebiete bis auf wenige Reste an Württemberg verloren hatten, begannen sie nun einen neuen Herrschaftsmittelpunkt ihres Hauses im Klettgau aufzurichten.
Ihre Versuche, alte Vogteirechte gegenüber dem Kloster Rheinau durchzusetzen waren nicht erfolgreich, aber gegenüber dem Bischof von Konstanz konnten sie sich in mehreren Schritten durchsetzen. Insbesondere gelang ihnen 1482 die Pfand weise Erwerbung der Stadt Tiengen vom Bischof. Die Stadt, in der die Landgrafschaft Stühlingen noch Hoheitsrechte besaß, wurde Residenz der Grafen.
Die Grafen von Sulz, welche die ursprünglich zum Albgau gehörige Burg Tiengen zu ihrem Hauptsitz und die Stadt zum Hauptort ihrer Grafschaft Klettgau machten.
Teilweise unter der Herrschaft der Grafen von Lupfen, von Stühlingen, wurde später weiterer Grundeigentümer im Klettgau das Kloster Rheinau.
1603 erließ Karl Ludwig von Sulz eine Polizei- und Landordnung.[5]
Die Grafen von Sulz verkauften den nördlichen Teil der Landgrafschaft 1656 an die seit 1501 zur Eidgenossenschaft gehörende Stadt Schaffhausen. Die Sulzer regierten zeitweise auch von der Küssaburg oder von ihrem Schloss Jestetten[6] aus.
Die Fürsten von Schwarzenberg
Das Haus Sulz starb mit dem Grafen Johann Ludwig von Sulz 1687 im Mannesstamme aus. Da der Kaiser 1676 die Landgrafschaft Klettgau in eine Reichserbkunkellehen umgewandelt hatte ermöglichte er Tochter des letzten Sulzer Grafen, Maria Anna von Sulz, den Erbgang. Da sie seit 1674 mit dem Fürsten Ferdinand Wilhelm von Schwarzenberg verheiratet war, ging die Landgrafschaft de facto bereits 1687 an das Haus Schwarzenberg über. Nach dem Tod von Maria Anna 1698 erbte ihr Mann die Landgrafschaft. Das Münzrecht der Grafen von Sulz ging auf die Schwarzenberger über. Die Herren von Schwarzenberg führten seither auch die Grafentitel von Sulz und den Titel Landgrafen von Klettgau.
Die Fürsten von Schwarzenberg, deren Stammlande im fränkischen Bayern lagen, hatten verschiedene weitere Besitzungen im Reich. Insbesondere besaßen sie ausgedehnte Gebiete in Böhmen. Sie pflegten enge Beziehungen zum Kaiserhaus und regierten ihre Herrschaften häufig von Wien aus. Auch die Landgrafschaft Klettgau war nur eine entfernte Aussenbesitzung, die allerdings durch ihren reichsrechtlichen Rang - 1698 wurde sie zum Fürstentum erhoben - besondere Bedeutung hatte. Die gefürstete Landgrafschaft wurde seither auch als Herrschaft Schwarzenberg bezeichnet. Tiengen, bis dahin Residenz der Grafschaft, blieb Sitz eines schwarzenbergischen Oberamts.
Die Landgrafschaft wurde durch die Oberamtmänner in Tiengen und Jestetten und die darüber stehende Regierung in Tiengen verwaltet. Nur gelegentlich besuchte der Fürst seine Herrschaft persönlich, aber die Regierung musste über viele Vorgänge der Verwaltung Bericht nach Wien geben und die fürstliche Entscheidung einholen. Gegen Ende des Jahrhunderts stand die fürstliche Herrschaft zunehmend im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus.
Nachdem 1801/1803 bereits die schweizerischen Ortschaften der Landgrafschaft an die Kantone Zürich und Bern übergegangen waren, fiel in Folge der Mediatisierung die Landgrafschaft 1806 an das Großherzogtum Baden. Der Klettgau wurde zum standesherrlichen Amt.[7]
Die Reichskriege mit Frankreich führten zu einer hohen Verschuldung des Landes und als die Landeshoheit 1806 an das Großherzogtum Baden fiel, musste dieses auch eine große Schuldenlast übernehmen. Die Fürsten von Schwarzenberg bildeten eine standesherrliche Verwaltung mit Sitz in Tiengen, aber schon 1812 entschlossen sie sich, ihre verbliebenen standesherrlichen Rechte an Baden zu verkaufen.[8]
Liste der Grafen des Klettgau
- Bertold, Bruder des Erchanger
- Guntram der Reiche, Graf im Breisgau
- Lanzelin
- Ratbod
Literatur
- Arnold Münch: Die Münze zu Laufenburg: Beiträge zur Geschichte des schweizerisch-oberrheinischen Münzwesens vom 14. – 17. Jahrhunderts nebst einem Abriß der Geschichte der Grafen von Habsburg-Laufenburg. Sauerländer, Aarau 1874.
- Caesar: Der gallische Krieg
- Helmut Maurer: Die Herren von Krenkingen und das Land zwischen Schwarzwald und Randen. Studien zur Geschichte eines landschaftsgebundenen Adelshauses im 12. und 13. Jahrhundert. Freiburg i. Br. 1963.
- Franz Schmidt (Herausgeber): Der Klettgau, Tiengen 1971
- Martin Wanner: Geschichte des Klettgaues im Umriß bis zum Abschluß der Reformation, Hamburg 1857 in der Google-Buchsuche
- Dieter Stievermann: Herrschaft Schwarzenberg. In: Meinrad Schwab, Hansmartin Schwarzmaier (Hrsg.): Handbuch der baden-württembergischen Geschichte. Band 2: Die Territorien im alten Reich. Im Auftrag der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg herausgegeben. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 1995, ISBN 3-608-91371-8, S. 423-428
Einzelnachweise
- ↑ Martin Wanner: Geschichte des Klettgaues im Umriß bis zum Abschluß der Reformation, Hamburg 1857
- ↑ Albert Krieger: Topographisches Wörterbuch des Großherzogtum Baden, 1905, Spalte 1180
- ↑ Martin Wanner: Geschichte des Klettgaues im Umriß bis zum Abschluß der Reformation, Hamburg 1857, S. 88-89.
- ↑ bereits 1408 war der Heiratsvertrag durch die Eltern geschlossen worden
- ↑ Polizey- und Landtsordnung der Landtgrafschafft Kleggau
- ↑ Geschichte des Schlosses auf der Homepage der Gemeinde Jestetten
- ↑ Vgl [Einordnung von Christof Strauß], Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Freiburg, Freiburg Januar 2010
- ↑ Vgl. Einordnung durch Reinhold Rupp, Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Karlsruhe, Karlsruhe, Januar 1996
Weblinks
- Geschichte des Klettgaus
- {{{Autor}}}: Klettgau. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
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