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Umsetzung des Divestments

Divestment im engeren Sinne

Bei direkten Investitionen in Unternehmen (Aktien oder Unternehmensanleihen) kann der Investor das Divestment im engeren Sinne, d.h. eine Reduktion der Investitionen im Bereich der fossilen Energie, relativ leicht vollziehen.  

Eine Voraussetzung ist jedoch das Wissen, zu welchem Grad die Unternehmen dem Bereich der fossilen Energie zuzuordnen sind. Wichtig ist dabei, dass die Aktivitäten aller Tochterunternehmen, Beteiligungen und finanzierten Unternehmen berücksichtigt und wie bei den Scope-3-Emissionen miterfasst werden. Diese bestimmen bei Unternehmen der Finanzbranche nahezu die gesamten Treibhausgas-Emissionen.[1] Solche Analysen sind bei großen Unternehmen oft sehr aufwändig. Es zeigt sich dann, dass auch viele Rohstoffunternehmen Bezug zu fossilen Energieträgern haben, die nicht den entsprechenden Branchen zugeordnet werden.[2]

Professionelle Investoren beziehen derartige Informationen grossenteils über Finanzdatenanbieter. Kleinanleger können sich nach der Einschätzung verschiedener Organisationen richten. Beispielsweise stellt The Carbon Underground 200™ Listen der je 100 Unternehmen mit den grössten Kohle- bzw. Erdöl-/Erdgasreserven zur Verfügung.[3]

Das Divestment erfordert eine Entscheidung, bis zu welchem Grad Geschäftstätigkeiten in fossilen Energien toleriert werden sollen. Die nicht konformen Titel werden abgestoßen und nicht wieder angeschafft.

Gerade kleinere Anleger investieren meist indirekt über Fondszertifikate bzw. ETFs. Die Basiswerte sind oft nicht bekannt und die Anlageziele der Fonds erlauben keine gute Einschätzung der Geschäftsbereiche der Basistitel. Fondsanteile mit solchen Unsicherheiten sollten nicht weiter gehalten werden. Selbst bei hoher Transparenz können einzelne Basistitel nicht separat verkauft werden können und das gesamte Investment muss in Frage gestellt werden.

Fossil Free Funds bewertet den Anteil fossiler Investitionen und weist neben deren Anteil unter anderem auch den Carbon-Footprint und den Anteil der Clean200-Investionen aus.[4] Labels zur Einstufung von Fondszertifikaten werden von verschiedenen Institutionen angeboten, sind aber oft noch nicht weit verbreitet.[5] Das FNG-Siegel im deutschsprachigen Raum schliesst Kohle, Fracking und Ölsande aus und fordert eine Nachhaltigkeitsanalyse für 90 % der Portfolio-Titel, ab 2020 für alle.[6] Das Label Greenfin von Novethic schliesst fossile Energien komplett aus.[7]

Allgemeinere Formen des Divestments

Das Divestment wird komplexer, wenn neben der aktuellen Aktivität im Bereich der fossilen Energien auch andere Kenngrößen berücksichtigt werden sollen. Das kann ein über das Carbon Accounting ermittelter allgemeinerer Treibhausgas-Fußabdruck sein. Zur Beurteilung der Klimafreundlichkeit eines Unternehmens können aber auch andere Kenngrößen verwendet werden, zum Beispiel die erwartete zukünftige Klimafreundlichkeit oder die Auswirkung des Unternehmens auf die Treibhausgas-Bilanz der Gesellschaft.[1]

Die Berechnung des Treibhausgas-Fußabdrucks ist inzwischen am weitesten verbreitet. Für Aktien und Unternehmensanleihen haben sich in den letzten Jahren gewisse Standards entwickelt.[8] Auch für Derivate gibt es bereits Vorschläge.[9]

Für die Beurteilung von Staatsanleihen gibt es vollkommen verschiedene Ansätze[8]; für Kleinanleger kann zum Beispiel der Klimaschutz-Index als Kriterium herangezogen werden.

Die Zuordnung des Treibhausgas-Fußabdrucks oder anderer quantitativer Kenngrößen eines Unternehmens auf seine Anlageklassen (Aktien, Anleihen und gegebenenfalls andere Finanzinstrumente) ist nicht standardisiert und kann schnell zu Doppelzählungen von Treibhausgas-Emissionen führen.[1]

Größere Institutionelle Investoren haben oft die Ressourcen, um eigene Anlagekonzepte in den Bereichen Nachhaltigkeit, ethisches Investment oder eben "Divestments aus fossilen Energien“ zu erarbeiten und umzusetzen. Die diesbezüglichen Analyseaufwände sind erheblich und sollen hier nicht im Detail beschrieben werden. Für Privatanleger und kleinere Firmen ist es zweckmäßiger, sich auf bekannte Strategien, spezifische Indices und darauf aufbauende Produkte zu verlassen.

Strategien, Indices und Produkte für Kleinanleger

Die Anzahl Produkte und die investierten Gelder im Bereich Nachhaltigkeit haben seit Anfang Jahrhundert stark zugenommen.[10] Trotzdem bleibt die Anzahl Produkte, welche ausschliesslich auf die Themen Divestment aus fossilen Energien fokussieren, relativ überschaubar. In der Tabelle unten werden einige Indices und Ratingagenturen als Beispiele aufgeführt. Diese Aufführungen haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Überlegenheit gegenüber anderen Anbietern oder Methoden.

Es gibt diverse Produktekonzepte zum Thema Divestment aus fossilen Energien. In der nachfolgenden Tabelle werden vier wichtige Methoden vorgestellt. Diese sind an die Methoden des ethischen Investierens und an die EuroSIF Norm angelehnt. Sie fokussieren sich auf Firmen und haben somit die Anlageklassen Aktien oder Unternehmensanleihen im Fokus. Die Methode "Engagement" wird hier weggelassen, da sie für Kleinanleger aufgrund des Aufwandes grundsätzlich nicht praktikabel ist. Die Methoden beinhalten jeweils das Divestment im engeren Sinne und geeignete Strategien für Ersatzinvestitionen.

Anleger können nun je nach Präferenzen eine oder mehrere Methoden auswählen und beispielsweise über ihre Hausbank oder im Internet Produkte suchen, welche auf den erwähnten oder ähnlichen Indices oder Ratings basieren. Produkte können beispielsweise ETFs, Anlagefonds oder Zertifikate sein.

Methode Beschreibung Vorteile Nachteile Beispiel Beispiele von Indexanbietern / Ratingagenturen o.ä.
1) Ausschlüsse oder Negative Screening Firmen der Mineral-, Erdgas- und Kohleindustrie werden aus Investitionen ausgeschlossen Einfache und transparente Methode Keine direkte Einflussmöglichkeit auf die Firma. Damit vermutlich sehr geringer oder kein Effekt auf die Firma Aus einem bestehenden Aktienportfolio wird die Aktie Exxon Mobile verkauft MSCI Fossil Fuel Exclusion Index[11]

MSCI ex Coal Indexes[12]

S&P Global 1200 Fossil Fuel Free Indices[13]

2) Best in Class Relative Vergleiche innerhalb eines Sektors, wobei nur in die aus CO2-Emissions-Sicht besten Firmen investiert wird oder diese übergewichtet werden Hoher Detailierungsgrad. Vermutlich haben die Firmen einen höheren Anreiz, sich zu engagieren Aufwändig, da Kriterien auf Sektor-Ebene definiert werden müssen Innerhalb des Erdölsektors wird auf die Firmen mit der grössten CO2 Reduktion gesetzt STOXX Global Climate Change Leaders[14]

The MSCI Global Low Carbon Leaders Index[15]

3) Auswahl oder Gewichtung nach einem Öko-Rating Ratingagenturen erstellen Firmen- oder Fondsratings nach ökologischen Kriterien (oft werden allerdings auch andere Kriterien berücksichtigt wie z.B. soziale) Hoher bis sehr hoher Detailierungsgrad. Vermutlich haben die Firmen einen höheren Anreiz, sich zu engagieren Aufwändig. Teilweise schwierig, die Informationen der einzelnen Firmen untereinander zu vergleichen Investitionen in die grössten CO2 Emittenten gemäss The Carbon Underground 200™ werden abgestossen ISS-Oekom

Dow Jones Sustainability Group Index (DJSI)

Climetrics[16], Climpax[17] (für Anlagefonds),

The Carbon Underground 200™[18]

4) Themen-/Direktinvestitionen

oder Impact Investing

Investitionen in Unternehmen, Organisationen und Fonds, mit der gezielten Absicht, CO2 Emissionen zu reduzieren. Die Wirkung ist Teil der Investmentstrategie und wird gemessen[19] Vermutlich direktester Anreiz für die Firmen, sich zu engagieren Möglicherweise Nachteile bei der Diversifikation. Weniger Produkte zur Auswahl. Klimaschutzfonds oder Fonds zu Reduktion von beispielsweise CO2 Re100 von The Climate Group[20]
Mischformen der Methoden  1-4 Methode 1 & 2: S&P Global 1200 Fossil Fuel Free Carbon Efficient Indices[21]
  • Bemerkung zu Methode 1: Der Indexanbieter MSCI hat ab Oktober 2014 eine Reihe von Indices lanciert[22], wovon oben in der Tabelle nur zwei Beispiele aufgeführt sind.
  • Bemerkung zu Methode 4: Diese Methode beschreibt nur Ersatzinvestments und kein Divestment im engeren Sinn.
  1. a b c Kepler Cheuvreux: Investor guide to carbon footprinting. 23. November 2015.
  2. Francis Condon: Investing in Response to Climate Change: RobecoSAM’s Toolki. RobecoSAM, August 2015, abgerufen am 13. November 2019 (englisch).
  3. Fossil Free Indexes: The Carbon Underground 200. Abgerufen am 25. Oktober 2019 (englisch).
  4. Fossil Free Funds. Abgerufen am 31. Oktober 2019 (amerikanisches Englisch).
  5. FNG-Siegel | Kriterien. Abgerufen am 31. Oktober 2019.
  6. Greenfin Label, an Essential Benchmark for Green Finance. Abgerufen am 31. Oktober 2019 (englisch).
  7. a b Center for Social and Sustainable Products; South Pole Group: Klimafreundliche Investitionsstrategien und Performance. Hrsg.: BAFU. Zürich 7. November 2016.
  8. Salo, James & Hokanson, Alex.: How to Account for Greenhouse Gas (GHG) Emissions of Derivatives. 15. Oktober 2015.
  9. Eckhard Plinke: ESG-Fonds liegen im Trend – wegen unterschiedlicher Motivationen. In: NZZ.ch. 25. Januar 2019, abgerufen am 17. Oktober 2019.
  10. Remy Briand, Linda-Eling Lee, Sébastien Lieblich, Véronique Menou and Anurag Singh: BEYOND DIVESTMENT: USING LOW CARBON INDEXES. MSCI, April 2015, abgerufen am 2. November 2019 (englisch).
  11. MSCI: MSCI ACWI EX COAL INDEX (USD). MSCI, 31. Oktober 2019, abgerufen am 13. November 2019 (englisch).
  12. RobecoSAM AG: S&P Fossil Fuel Free index family. RobecoSAM AG, abgerufen am 2. November 2019 (englisch).
  13. Stoxx Ltd.: STOXX® Global Climate Change Leaders. Stoxx Ltd., abgerufen am 2. November 2019 (englisch).
  14. MSCI: MSCI Low Carbon Indexes. MSCI, abgerufen am 13. November 2019 (englisch).
  15. Climetrics - CDP. Abgerufen am 31. Oktober 2019.
  16. EIT-Climate KIT: Climate impact rating for investment funds. EIT-Climate KIT, abgerufen am 13. November 2019 (englisch).
  17. The Carbon Underground 200™. Fossil Free Funds, abgerufen am 22. November 2019 (englisch).
  18. Ausführliche Definition. Gabler Wirtschaftslexikon, abgerufen am 18. Oktober 2019.
  19. Re100. The Climate Group, abgerufen am 25. November 2019 (englisch).
  20. S&P Dow Jones Indices: S&P Global 1200 Carbon Efficient Index. S&P Dow Jones Indices, abgerufen am 2. November 2019.
  21. MSCI: MSCI Launches Global Fossil Fuels Exclusion Indexes. MSCI, abgerufen am 20. Oktober 2019 (englisch).