Benutzer:Marcus Schätzle/avonturen
Avonturen als straatmuzikant ist ein beim Amsterdamer Verlag H. J. W. Becht im Jahr 1907 erschienenes Buch der damaligen niederländischen Reporter Max Blokzijl und Jean-Louis Pisuisse, das zuvor im gleichen Jahr als eine Serie in ihrer Zeitung Algemeen Handelsblad erschienen war. In dieser Serie schilderten sie ihre Erfahrungen, die sie während einer Reise vom 23. bis 30. August jenes Jahres durch die Niederlande gemacht hatten, bei der sie als italienische Straßenmusiker verkleidet an allerlei Orten aufgetreten waren. Die ursprüngliche Reportage und das Buch waren ein großer Verkaufserfolg und machten Blokzijl und Pisuisse im ganzen Land bekannt. Sie bildeten die Grundlage für eine Reihe von Konzertauftritten in den Niederlanden, denen weitere in anderen europäischen Ländern folgten, und für eine mehrjährige Reportagereise in den östlichen Weltteil.
Vorgeschichte
Im Anschluss an seinen abgeleisteten Wehrdienst kehrte der junge Lokalreporter Max Blokzijl wieder in die Redaktion des Algemeen Handelsblad zurück und traf dort auf den vier Jahre älteren Jean-Louis Pisuisse, der nach einer vierjährigen Tätigkeit als London-Korrespondent wieder nach Amsterdam zurückgekehrt war. Beiden stand der Sinn danach, einmal etwas anderes zu machen, hierzu schreibt Pisuisse am Anfang des Buches:
- „Wir waren beide jung, beide Amsterdamer Journalisten, sich ausbreitenden Feuern überdrüssig, die mit Spritzen und Feuerwehrschläuchen gelöscht wurden, hatten Versammlungen satt, die mit den üblichen Formaliäten eröffnet und beendet wurden, hatten genug vom Aufstöbern von Nachrichten von mehr oder weniger großem Interesse, spürten beide ein großes Verlangen nach etwas, das außerhalb des Bereichs unserer täglichen Arbeit lag, aber wiederum doch nicht völlig unvereinbar mit der Art unseres Berufs und unseren natürlichen Anlagen war...“
In London hatte Pisuisse von einigen englischen Aristokraten gehört, die auf belebten Plätzen für ein wohltätiges Ziel aufgetreten waren. Daraufhin hatte er auch etwas ähnliches machen wollen, woraus aber zunächst nichts wurde. Pisuisse kam nun wieder auf diese Idee zurück und konnte Blokzijl sofort für sein Vorhaben gewinnen. So kamen sie im Juli 1907 auf die Idee, als italienische Straßenmusiker durch die Niederlande zu reisen.
Ursprünglich wollten Blokzijl und Pisusse zusammen mit zwei anderen Kollegen ein Quartett bilden, doch nach ihrer Schilderung hatte der eine Kollege, der ein geübter Pianist war, Mühe auf einer kleinen Orgel zu spielen (ein Klavier hätte das Quartett schwerlich mitnehmen können), zudem war es ihm zuwider, Lieder zu spielen, die für eine Gitarre oder eine Mandoline transponiert worden waren. Ein anderer Kollege hätte zwar seine Sangeskünste und seine Fertigkeiten auf der Violine wieder reaktivieren können, konnte aber die Texte der fremdsprachigen Lieder nicht recht im Kopf behalten und musste sich zudem dann doch seinem eigentlichen Beruf widmen. Darauf beschlossen Blokzijl und Pissuise die Instrumentierung so unter sich aufzuteilen, dass ersterer meistens Mandoline spielen und vom letzeren auf der Gitarre begleitet werden sollte, und Blokzijl von Zeit zu Zeit zur Orgel wechselte, und Pisuisse dann die Mandoline übernahm. Das Repertoie der beiden bestand aus Liedern mit niederländischen, französischen, englischen, deutschen und italienischen Texten.
Blokzijl und Pisuisse hatten sich dazu entschieden, sich als Italiener auszugeben, da sie bereits als Journalisten einen zu bekannten Namen hatten. Hierzu benötigten sie jedoch echte Namen, da sie sich, um eine Auftrittsgenehmigung zu erlangen, an jedem Ort mit einem Ausweis zu erkennen geben mussten. Daraufhin sprachen sie den ihnen bekannten Musiker Joseph Pardo an, der ihnen als die Hälfte eines Duos bekannt war, mittlerweile jedoch alleine auftrat. Dieser war dazu bereit, seinen Namen zur Verfügung zu stellen, und vermittelte den Kontakt zu einem anderen Musiker, Naphtalie de Rosa, dessen Namen sie ebenfalls verwenden durften. Zu ihrem Glück benötigten Blokzijl und Pisuisse dann doch keine Pässe, sie mussten sich lediglich als Ausländer registieren lassen, wofür nicht einmal eine Unterschrift erforderlich war, und erhielten so Papiere, mit denen sie eine Aufenthaltsgenehmigung vorweisen konnten.
Für ihre neuen Identitäten ersannen sie fiktive Biographien, die zu Straßenmusikern passen sollten. So wurde aus Blokzijl „Naphtalie de Rosa“, ein Mann, der 1877 in Antwerpen als Sohn eines italienischen Vaters und einer belgischen Mutter geboren worden war. Aus Blokzijl wurde „Joeseph Pardo“, der in Bad Kreuznach geboren worden war und bis dato niemals das Land seiner Eltern erblickt hatte. So sollte Blokzijl alias Pardo nur Deutsch und etwas Französisch sprechen und ein wenig Niederländisch verstehen können, während Pisuisse alias De Rosa durch seine imaginäre belgische Mutter Französisch und ansonsten etwas Flämisch beherrschen sollte. Ihre Englischkenntnisse hätten die beiden durch Reisen durch England und die Vereinigten Staaten erworben, während sich die Italienischkenntnisse von Blokzijl und Pisuisse in Wahrheit auf Floskeln wie „Si, si signor“ und „Non capisco“ beschränkten.
Die Reise
Am 27. Juli zogen sich Blokzijl und Pisuisse im Gebäude ihrer Zeitung abgetragene Kleidung an und verließen mit ihren Instrumenten das Haus durch den Hintereingang. Von dort begaben sie sich zum Bahnhof, um von dort ihrer ersten Reisestation, nach Leiden, zu fahren. Während dieser Minuten hatten sie Angst, von Freunden oder Bekannten erkannt zu werden, doch zu ihrem Gkück lief alles glatt. Zur Not hatten beide auch ihre Presseausweise dabei, falls sie während ihrer Reise aufgegriffen werden sollten.
- „Longueville. Leelijke schtad. Onder huisen und oben huisen. Kwam ich da in de Wienter van neun-und-neunzig, abends laat, konnte ick da kein sterblicher Mensch verschtan; hat ick 'nen Hunger, 'nen Hunger sag ich dir! Hat ick vier Stunden durch de Schnee geloopen, met zoo'n grosse gepak op den Buckel. Bin ick daar abends angekommen, heb ik de mensche op de staat gesegt: essen, so... essen. Haben sai mai toch wohl begrepen; hebben sai gesagt hotel. Hab ich dadelijk oui, hotel, oui gesagt, haben sai mai gebracht naar een Wirtshaus, sehr gutes Wirtshaus das. Konnte ik daar wiederum keen mensch nicht verschtan. Hab' ick alleen gesagt: Café. Haben zai mijn gefragt Pai'n. Hab ich gesagt: „Oui, oui, pai'en“. Wust ich da viel wat pai'en was. Sein ze main angekommen met 'ne groote dièpe bord mit schwarze café, haben ze da bei gebracht Brot - Pai'en zagten ze weer. Heb ich dat Brot brokken moèten in de café en eten mit 'nen Löffel. Ja.“