Benutzer:Martin Ingenhütt/BWV1044

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Das Tripelkonzert a-Moll BWV 1044 ist ein Konzert Johann Sebastian Bachs für Flöte, Violine und Cembalo solo mit Streichorchester. Es hat damit eine sehr ähnliche Besetzung wie das Fünfte Brandenburgische Konzert.

Übersicht

Überlieferung

Ein Autograph ist nicht erhalten, jedoch eine (unvollständige) Partitur von Bachs Schüler Johann Friedrich Agricola sowie eine unabhängige Stimmenabschrift, bei der jedenfalls Teile durch Johann Gottfried Müthel geschrieben wurden, der noch drei Monate vor Bachs Tod als Schüler in dessen Haushalt gekommen war.

Sätze

  • Allegro c a-Moll
  • Adagio ma non tanto e dolce 6/8 C-Dur
  • Alla breve ¢ a-Moll

Besetzung

  • Cembalo solo
  • Flöte solo
  • Violine solo
  • Violine I
  • Violine II
  • Viola
  • Basso continuo

Entstehung

Dieses Konzert ist der einzige bekannte Fall, in dem Bach ein Konzert volständig aus Sätzen ganz anderer Genres zusammengestellt hat. Der Cembalopart der Ecksätze basiert auf Präludium und Fuge für Cembalo a-Moll (BWV 894). In seinen Präludien und Fugen in der frühen Weimarer Zeit hatte Bach die neue italienische Konzertform Albinonis zu adaptieren begonnen; dieser Hintergrund mag ihm das Werk für diesen Zweck geeignet erscheinen lassen haben. Dennoch bilden Präludium und Fuge nicht etwa eine Konzertform; es waren einige Änderungen notwendig, um dieser näherzukommen, wie etwa das Hinzufügen einzelner Takte, vor allem aber von vollständigen Ritornellen zu Beginn und Schluss beider Ecksätze.

Für das Konzert tritt ein Orchester hinzu, das durch Verdopplung der Außenstimmen die Großform verdeutlicht, sowie Partien für Solovioline und Flöte, die aber keine eigentlich solistischen Aufgaben erhalten, sondern meist durch kurze, oft thematische, Motivfragmente zwischen Cembalo und Orchster vermitteln.

Der Mittelsatz wurde wahrscheinlich erst später hinzugefügt[1]; ihm liegt der langsame Satz Adagio e dolce der Triosonate d-Moll für Orgel (BWV 527) zugrunde – beziehungsweise dessen Vorbild. Dem ursprünglich dreistimmigen Satz fügte Bach eine vierte begleitende Stimme hinzu, die hauptsächlich aus Dreiklangsbrechungen besteht und zu Beginn von der Violine im Pizzicato gespielt wird. Die Wiederholungen schrieb er aus und nutzte sie zum Stimmtausch zwischen den Oberstimmen. Am Schluss ergänzte er codaartig zwei Takte. Das Orchester schweigt in diesem Mittelsatz.

Auch für den Schlusssatz, eine Doppelfuge, fügte Bach ein Ritornell hinzu, hier in Form einer Fugenexposition. Das Ritornell tritt fünfmal auf; dazwischen liegen vier Episoden – die letzte führt in eine Kadenz des Cembalos.

Datierung

Die Tatsache, dass keine autographe Partitur vorhanden ist, macht die Datierung nicht gerade einfach - wohl bei keinem anderen Konzert Bachs ist die Entstehungszeit derart extrem unterschiedlich angesetzt worden. So wurde vermutet, Präludium und Fuge seien ihrerseits bereits die Bearbeitung von Konzertsätzen[2]. Dies hält man heute nicht mehr für möglich; das dem ersten Satz zugrundeliegende Präludium BWV 994.1 kann „in zeitlicher Nähe zu Kantate BWV 196 (wohl 1708) datiert werden und als genialer Wurf eines jugendlichen Komponisten gelten.[3]

Der Orchestersatz in den Ecksätzen ist ungewohnt farbig durch die Verwendung von Doppelgriffen, Pizzicati und einer sehr fein abgestuften Dynamik; dies findet bei Bach erst Parallelen in den späten Leipziger Jahren und könnte auf den Einfluss seines Sohns Carl Philipp Emanuel zurückgehen. Auch der große Tonumfang des Solocembalos (der dem der Kunst der Fuge entspricht) führt dazu, das Werk auf nach 1740 zu datieren[4] und – möglicherweise – mit einem der Besuche Bachs in Berlin (1741 und 1747) in Verbindung zu bringen.

Demgegenüber zeigen stilistische Untersuchungen[5], dass die Architektur des Präludiums bereits um 1715 eher konservativ erscheinen musste, dass die unregelmäßige Proportionierung der Satzabschnitte, die starre Einsatzfolge in der Fuge und andere kompositorische Details eine späte Entstehung nicht möglich erscheinen lassen. Nicht zuletzt sind Solovioline und Flöte ausschließlich mit Begleitmotiven beschäftigt, was für Bachs Spätstil undenkbar erscheint.

Daraus wurde geschlossen[6], dass diese Bearbeitung zwischen 1715 und spätestens 1717 entstanden sein muss - demnach wäre das Konzert mit hoher Wahrscheinlichkeit schon vor dem Fünften Brandenburgischen Konzert entstanden und macht diesem den Rang als musikhistorisch erstem Auftreten eines solistischen Cembalos streitig.

Nachwirkung

Albert Schweitzer, der Bachs Cembalokonzerte im Allgemeinen nicht schätzte, sagt zu BWV 1044, es gelte als das Klavierkonzert Bachs[7]. Demnach scheint es sich um die Wende zum 20. Jahrhundert einer relativen Beliebtheit erfreut zu haben. Heute scheint in Konzerten jedoch das 5. Brandenburgische Konzert bevorzugt zu werden.

Musik

Erster Satz

Zweiter Satz

Nicht nur der in Sexten vorgetragene Themenkopf, auch die Fortführung in Chromatik und Vorhalten sowie die sehr regelmäßige Form tragen unverkennbar galante Züge. Die ersten acht Takte modulieren zur Dominante; dieser Abschnitt wird mit Stimmtausch wiederholt. Der zweite, variierende Teil erreicht nach zwölf Takten wieder die Tonika und benötigt dann weitere zwölf Takte, eher auch er mit Stimmtausch wiederholt wird.

Bach hängt noch zwei Schlusstakte an, die sich in der Orgelfassung nicht finden; sie modulieren per phrygischer Kadenz zur verdurten dritten Stufe, der Dominante des folgenden Satzes, der darum attacca anschließen sollte.

Dritter Satz

Einzelnachweise

  1. Siegbert Rampe, Dominik Sackmann: Bachs Orchestermusik: Entstehung, Klangwelt, Interpretation, Bärenreiter, 2000, ISBN 3-7618-1345-7, S. 248
  2. Hans Eppstein. Zur Vor- und Entstehungsgeschichte von J. S. Bachs Tripelkonzert a-Moll (BWV 1044) in: Dagmar Droysen (Hrg): Jahrbuch des Staatlichen Instituts für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz 1970, Berlin 1971, S. 34
  3. Siegbert Rampe, Dominik Sackmann: Bachs Orchestermusik: Entstehung, Klangwelt, Interpretation, Bärenreiter, 2000, ISBN 3-7618-1345-7, S. 208
  4. Peter Wollny, Überlegungen zum Tripelkonzert a-Moll BWV 1044 in: Martin Geck (Her.): Bachs Orchesterwerke, Bericht über das 1. Dortmunder Bach-Symposion 1996. Witten 1997, ISBN 3-932676-04-1
  5. Siegbert Rampe, Dominik Sackmann: Bachs Orchestermusik: Entstehung, Klangwelt, Interpretation, Bärenreiter, 2000, ISBN 3-7618-1345-7, S. 209
  6. Siegbert Rampe, Dominik Sackmann: Bachs Orchestermusik: Entstehung, Klangwelt, Interpretation, Bärenreiter, 2000, ISBN 3-7618-1345-7, S. 210
  7. Albert Schweitzer, Johann Sebastian Bach, Ausgabe Wiesbaden 1976, ISBN 3-7651-0034-X, S. 361