Benutzer:Maxo87/Baustelle

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Die Chronik des Hans-Leinberger-Gymnasiums lässt sich in neun Abschnitte unterteilen.

Die Königliche Gewerbschule (1833–1877)

In dieser Epoche wechselte die Schule ganze sieben Male den Namen:

  • Königliche Gewerbschule (1833)
  • Königliche Landwirtschaft- und Gewerbschule (1834–1837)
  • Königliches technisches Gymnasium (1837)
  • Königliche Landwirtschafts- und Gewerbsschule (1837–1864)
  • Königliche Gewerbsschule (1864–1868)
  • Königliche Gewerbs- und Handelsschule (1868–1871)
  • Königliche Gewerbschule (1871–1877)

Als König Ludwig I. von Bayern am 16.02.1833 in der Königlichen Allerhöchsten Verordnung, die Gewerb- und Polytechnischen Schulen betreffend [1] zur Gründung von Gewerbeschulen aufrief, folgten 22 Städte [2], unter ihnen auch Landshut, diesem Ruf. Obwohl die früheren Versuche der Stadt zur Errichtung einer realistischen Bildungsanstalt auf Dauer seit dem Jahre 1774 teils an mangelndem Interesse, teils an fehlenden finanziellen Mitteln bis dahin immer wieder gescheitert waren, ging man in Landshut willig an die Verwirklichung dieses Vorhabens.

Mit Regierungsentschließung vom 31.07.1833 wurde die vorerst unvollständige Einrichtung mit dem I. Kurs der Gewerbeschule in Landshut genehmigt, freilich ohne jegliches Stiftungsvermögen, nur mit einem jährlichen Beitrag von 900 fl. (Gulden) aus Kreisfonds und einer geringen Jahresbeisteuer der Stadt zur Deckung eines etwaigen Mehrbedarfs an Mitteln. [3]

Die vorgesehene und in [3] publizierte Eröffnung der Schule zum 01.11.1833 konnte zwar nicht eingehalten werden - es musste erst die Bestätigung des beantragten Klassenlehrers und des Zeichnungslehrers durch die Regierung vom 26.11.1833 [4] abgewartet werden - doch am 05.12.1833 konnte endlich die Einschreibung der Schüler erfolgen, und schließlich am 02.01.1834 die Eröffnung der Schule mit einem feierlichen Hochamt in der (Malteser-)Jesuitenkirche und der Eröffnungsansprachen im neuen Schullokal, dem ehemaligen Kreuzkloster, gefeiert werden. [5]

Die neue Schule stand von Anfang an unter einem ungünstigen Stern. Ludwig I. hatte in der Verordnung vom 16.02.1833 die Gewerbeschulen als reine Fachschulen ins Leben gerufen:

I. Die polytechnischen sowohl, als die Gewerbeschulen sind nicht bestimmt, Kunstschulen zu seyn, oder in das Gebiet der eigentlichen künstlerischen Ausbildung einzugreifen, ihre Aufgabe ist vielmehr, die Kunst in die Gewerbe zu übertragen, und den Gewerbsbetrieb selbst auf jene Stufe zu bringen, welche den Fortschritten der Technik und der nothwendigen Conkurrenz mit der Industrie des Auslandes entspricht.

[V. ...] und lassen insbesondere auch den nicht als Lehrlinge eingeschriebenen, einer höheren technischen Ausbildung sich widmenden Jünglingen unbenommen, auf den Grund der vollständig absolvierten lateinischen Schule, und mit Unterwerfung unter die Rektoratsgesetze und Disziplin, den Gymnasialschülern zu hören, wodurch jede Nothwendigkeit eines gesteigerten Realunterrrichts an den hiezu nicht bemittelten Gewerbsschulen von selbst hinwegfällt [...]

Dies bedeutete, dass die Gewerbeschulen von Anfang an nicht Allgemeinbildung (wie Religion, Deutsch, Geschichte, etc.), sondern vielmehr spezialisiertes Wissen vermitteln sollten. Dieses Schicksal drohte auch der Landshuter Gewerbeschule während der Gründungsverhandlungen, doch entschied sich die Regierung (Entschluss vom 26.11.1833) mit der Bestellung eines eigenen Realienlehrers für den allgemein bildenden Unterricht an der Gewerbeschule. Außerdem war die angebotene Fachbildung für Volksschüler von 12 Jahren, die in drei Gewerbschulkursen ein abgeschlossenes technisches Berufswissen erwerben sollten, zu schwierig. So traten von den 12 anfangs eingeschriebenen Gewerbschülern im Verlauf des ersten Schuljahres sechs wieder aus.

Das ohnehin um zwei Monate verkürzte Schuljahr endete auf Druck des Magistrats bereits am 18.08.1834 mit der Prüfung der Schüler und der Preisverteilung am 20. August. [6] Schon nach dem ersten Jahr drohte der Schule die Auflösung, und auch in den folgenden anderthalb Jahrzehnten musste sie wegen schwankender Schülerzahlen, mangelhafter Finanzierung und Unterbringung mehrmals um ihren Bestand kämpfen.

Das Lehrprogramm der Landshuter Gewerbeschule zeigte an Fächern [7]

  • im I. Kurs 1833/34: 1. Arithmetik, 2. Planimetrie, 3. Naturgeschichte: Zoologie, 4. Enzyklopädie der Gewerbe: Baumwollen-, Wollen-, Seiden- und Leinenzeugfabrikation, 5. Religion, 6. Geschichte, 7. Geographie, 8. Deutsche Sprache, 9. Französische Sprache: Anfangsgründe, 10. Gewerbzeichnungsschule: Figuren-, Blumen-, Ornamenten- und Architektur-Zeichnung.
  • im II. Kurs 1836/37 (eingerichtet nach einer völligen Reorganisation der Schule 1836)[QUELLE 10]: 1. Geometrie, 2. Naturgeschichte, 3. Gewerbs-Enzyklopädie, 4. Landwirtschafts-Enzyklopädie, 5. Physik, 6. Chemie, 7. Zeichnen, 8. Religion, 9. Deutsche Sprache, 10. Geschichte, 11. Geographie, 12. Bossieren, 13. Modellieren.
  • im III. Kurs 1837/38: 1. Algebra, 2. Darstellende Geometrie, 3. Mechanik, 4. Erwerbs-Enzyklopädie, 5. Chemie, 6. Zeichnen, 7. Bossieren und Modellieren, 8. Religion, 9. Buchführung und Stilübung, 10. Geschichte, 11. Geographie, 12. Französisch.

So kläglich wie der Schulbesuch, resultierend aus den Schwierigkeiten des Unterrichtsprogramms, das nur in Ganz-Tagesschichten bewältigt werden konnte, und dem Desinteresse der Öffentlichkeit, so mangelhaft waren auch Unterbringung und Finanzierung der neuen Schule: Das laut Bekanntmachung des Magistrats vom 21.12.1833 zur Eröffnung der Schule neu hergerichtete Schul-Local im ehemaligen Kreuzkloster (heute Hans-Carossa-Gymnasium) bestand aus einem Erdgeschossraum, der gleichzeitig als Unterrichts- und Sammlungsraum diente. Zu Beginn des Schuljahres 1834/35 wurde die Anstalt (inzwischen zur Königlichen Landwirtschaft- und Gewerbschule verändert) in der frühere Universitäts- (seit 1839 Regierungs-) Gebäude verlegt, wo ihr ein Lehrzimmer für 80 Schüler zu ebener Erde (später Königliche Kreiskasse) und ein im oberen Stock ganz entfernt liegendes Gelass für die Sammlungen zur Verfügung stand. [5]

Der nächste Umzug erfolgte deshalb 1836/37 mit der Eröffnung des II. Kurses in das ebenerdige Laboratorium und in zwei weitere kleine Räume im 1. Stock des späteren Regierungsgebäudes im Ursulinengäßchen.

Nach Eröffnung des III. Kurses wurden im Februar 1838 weitere zunächst ausreichende Räume im 1. Stock hinzugenommen, 1841 sprach die Königliche Regierung der Schule etliche bisherige Geschäftsräume zu, benötigte aber dafür schon zwei Jahre später die im 1. Stock zugestandenen Räume wieder. Mit Umbauten, die den kärglichen Etat empfindlich belasteten, versuchte man also, jedes Winkelchen für die Schule nutzbar zu machen. Dies umso mehr, als der Schule bereits im Februar 1839 laut Regierungsentschluss vom 24. Januar des Jahres eine Landwirthschafts- und Handwerks- Sonn- und Feiertags-Schule angeschlossen wurde, die sich im Gegensatz zur Gewerbsschule von Anfang an eines großen Zuspruchs erfreute (160 Schüler im 1. Jahr, Beginn am 17.02.1839).

Wie schon erwähnt, wurde die neue Schule ohne Stiftungsvermögen gegründet. Der Kreiszuschuss von anfangs 900 fl. und die städtischen Zuschüsse konnten nicht einmal die dringendsten Bedürfnisse befriedigen. Die Zuschüsse wurden zwar mit Eröffnung des II. Kurses erhöht[8], doch schon 1838 kam die Schule durch die neue Kreiseinteilung, der zufolge Landshut an Niederbayern fiel, wieder in Finanzschwierigkeiten. Die folgenden Jahre brachten zwar eine Verbesserung der Kreiszuschüsse [9], doch genügten auch diese Summen wiederum nur für das Notwendigste. Schulgeld zur Verbesserung der Verhältnisse konnte nicht erhoben werden, da es die eingeschriebenen Schüler nicht zahlen konnten. Im Gegenteil: An die unbemittelten Schüler wurden Schulbücher, Schreib- und Zeichenmaterial kostenlos abgegeben, um sie zum Besuch zu ermuntern. [10]

Vorstände und Lehrer der Schule bemühten sich trotz dieser misslichen Umstände intensiv, mit fortlaufenden naturwissenschaftlichen Vorträgen (in Chemie, Physik und Landwirtschaft) und Abhandlungen im Landshuter Wochenblatt [11] das Interesse der Öffentlichkeit zu wecken und den Schulbesuch zu fördern - Enttäuschungen und Rückschläge begleiteten diese Versuche.

Auch der Jahresbericht 1845/46 stellt fest: „Was die Frequenz im allgemeinen betrifft, so ist die der [...] Gewerbschule aber noch immer schwankend, und [...] ihre Stärke, selbst in den günstigsten Jahren, noch durchaus unbefriedigend. [...] Es kann zwar nicht geläugnet werden, sondern ist vielmehr erwiesen, daß die große Theuerung aller Lebensmittel, und der dabei geringe Verdienst der arbeitenden Klasse im laufenden Jahre sehr störenden Einfluß übte; weil viele Eltern gezwungen wurden, ihre Söhne so zeitig als möglich in die Lehre zu geben, oder sie einer, wenn auch nur wenig eintragenden Beschäftigung zuzuführen. Indeß [...] bleibt die durchschnittliche Frequenz [...] immer eine sehr geringe.

Ende der 40er Jahre des 19. Jahrhunderts festigte sich der Schulbesuch, und als das Rektorat seit 1850/51 zu den Absolutorialprüfungen die (aufgrund von Schenkungen bedeutenden) Sammlungen der Anstalt zur Besichtigung öffnete [12], war das Interesse der Öffentlichkeit endlich geweckt: Der Schulbesuch steigerte sich zu erfreulicher Höhe, sodass zeitweilig die Hundertgrenze erreicht werden konnte.

Im Schuljahr 1854/55 wurde der Schule kurzzeitig die Kreisackerbauschule [13] angegliedert, die aber nach ihrem Erwerb des Lutzenhofes (heute Lurzenhof) ab März 1871 wieder selbstständig als Königliche Kreisackerbauschule von Niederbayern [14] firmierte.

Die Königlich Allerhöchste Verordnung, die Reorganisation der technischen Lehranstalten betreffend Ludwigs II. vom 14.05.1864[15] brachte für die Gewerbschulen neuer Organisation" erhebliche Veränderungen, so auch für Landshut. Mit der Neuordnung der technischen Lehranstalten 1864 wurde erstmals eine realistische Anstalt von Dauer, das Realgymnasium (bis 1965), geschaffen. Damit war nun eine Anstalt gegeben, die, aufbauend auf der Lateinschule, naturwissenschaftliche und allgemeine Bildung verband und zur polytechnischen Schule hinführte.

Den Gewerbeschulen hatte man damit die Weiterführung zu den Polytechnischen Schulen genommen. Nur der III. Kurs gewährte eine etwas höhere technische Ausbildung für die Bedürfnisse von Industrie und Maschinenbau, die unteren zwei Kurse sollten jedoch nur noch eine abgeschlossene Ausbildung für Schüler aus Gewerbe, Landwirtschaft und Handel unter stärkerer Betonung der Realfächer bieten. Das bisherige Absolutorium mit ministeriellen Prüfungskommissären wurde durch eine öffentliche Prüfung in Anwesenheit eines Kreisregierungsreferenten ersetzt. [16]

Die Stadt Landshut hatte sich sofort um die Errichtung eines Realgymnasiums (unter Umwandlung der Gewerbsschule) bemüht, doch die seit Jahren ungenügenden Räumlichkeiten verhinderten diesen Plan. [17]

In den folgenden Jahren war das Rektorat eifrig bemüht, den Wirkungskreis der Schule auszuweiten:

  • Im Schuljahr 1965/55 erweiterte man die Handwerks-Feiertagsschule durch eine Wochenabendschule für Gesellen und Lehrlinge
  • Mit Entschluss des Handelsministeriums vom 13.10.1867 [18] wurde eine Handelsabteilung mit jährlichem stufenmäßigen Ausbau angegliedert.
  • Ab 1867/68 bekam die Gewerbeschule die Berechtigung, Maturitätszeugnisse, die eine gesetzliche Voraussetzung zum verkürzten Militärdienst (Einjährig-Freiwilliger Dienst) darstellen, auszustellen.
  • Im Jahr 1869 wurden der Schule gleich zwei weitere Nebenanstalten angegliedert: zum einen der Unterrichtskursus für erwachsene Töchter, der Mädchen und Frauen eine kaufmännische Ausbildung vermittelte, und zum anderen die Landwirthschaftliche Winterschule.

Die erste Reform der Reorganisation von 1864 erfolgte schon mit der Allerhöchsten Verordnung vom 01.10.1870 (Organische Bestimmungen für die Gewerbschulen in Bayern), welche den Gewerbschulen einen eher naturwissenschaftlich gefärbten Charakter gab, indem manche Fächer entfielen oder verringert wurden, und dafür beispielsweise der Unterricht in Mathematik intensiviert wurde. [19]

Insgesamt war der Stoff zu vielseitig und gedrängt, um in nur drei Jahreskursen bewältigt zu werden. Die Auslese war dementsprechend hoch, und Berichte von überforderten Schülern, belasteten Lehrern und überfüllten Klassen waren nicht nur in Landshut häufig. So war die nächste Reform schon vorgezeichnet. [20]

Die Königliche Realschule (1877 - 1918)

[GESETZ- UND VERORDNUNGSBLATT]

Der Wunsch von Gewerbelehrern und Anhängern des realistischen Lehrprinzips in den siebziger Jahren wegen der Überbürdung des gewerblichen Schulwesens mit Lehrstoff, vor allem in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern, nach einer Erweiterung der Gewerbeschulen auf 4 oder 5 Kurse, oder besser nach einer Umwandlung in sechs-klassige Realschulen, hatte endlich Erfolg.

Als die Reichsschulkommission beschloss, die Berechtigung zum Einjährig-freiwilligen Militärdienst nur noch Absolventen von Anstalten zuzuerkennen, die sechs Jahreskurse umfassten und 2 Fremdsprachen lehrten, war der entscheidende Anstoß zur Umwandlung der Gewerbeschulen in sechsklassige Realschulen gegeben. Mit der Verordnung König Ludwigs II. vom 29.04.1877 [21]: Wir haben [...] eine Umbildung der dermaligen Gewerbschule in eine sechsklassige Realschule beschlossen war eine höhere Lehranstalt geschaffen, die sich als Unterrichts- und Erziehungsziel eine gediegene bürgerliche Bildung auf mathematisch-naturwissenschaftlicher und sprachlich-historischer Grundlage setzte und einen selbständigen, zu humanistischem und Realgymnasium parallel laufenden Zweig des höheren Schulwesens darstellte.

Die Landshuter Gewerbeschule wurde zum 01.09.1877 mit Übergangskursen von 1877-1882/83 zu einer sechsklassigen Realschule ausgebaut - vorerst allerdings unter Verlust der Handelsabteilung. [22] Den Mehrbedarf an Räumen gewann man durch den Aufbau eines Stockwerkes und zusätzlicher Räume im Erdgeschoss. Dadurch war es möglich, neben den notwendigen Klassenzimmern einen geräumigen Zeichensaal und vor allem ein neues chemisches Labor mit Hörsaal zu erstellen. Die Kosten trug die Stadt (40.000 Mark Baukosten und 7.000 Mark für das chemische Labor). [23] [24]

Das Lehrprogramm umfasste laut Jahresbericht 1882/83 (nach der Übergangszeit):

  • I. Kurs: Religionslehre (2), Deutsch (6), Französisch (6), Geographie (2), Rechnen (5), Schreiben (3), Zeichnen (3), Turnen (2), insgesamt 29 Stunden.
  • II. Kurs: Religion (2), Deutsch (6), Französisch (6), Geographie (2), Rechnen (4), Naturbeschreibung/Zoologie (3), Schreiben (2), Zeichnen (3), Turnen (2), insgesamt 30 Stunden.
  • III. Kurs: Religion (2), Deutsch (4), Französisch (5), Geographie (2), Geschichte (2), Rechnen (4), Naturbeschreibung/Zoologie (3), Schreiben (2), Zeichnen (4), Turnen (2), insgesamt 30 Stunden.
  • IV. Kurs: Religion (2), Deutsch (4), Französisch (5), Geographie (2), Geschichte (2), Rech¬nen (2), Mathematik (6), Physik (2), Zeichnen (4), Turnen (2), insgesamt 31 Stunden.
  • V. Kurs: Religion (2), Deutsch (3), Französisch (3), Englisch (5), Geographie (2), Geschichte (2), Rechnen (1), Mathematik (im Winter 7, im Sommer 5), Physik (2), Chemie und Mineralogie (3), Zeichnen (4), Turnen (2), insgesamt 36 (im Sommer 34) Stunden.
  • VI. Kurs: Religion (2), Deutsch (3), Französisch (3), Englisch (5), Geographie (2), Geschichte (2), Rechnen (1), Mathematik (7/5), Physik (2), Chemie und Mineralogie (3), Zeichnen (4), Turnen (2), insgesamt 36 (im Sommer 34) Stunden.

Die größte Schwierigkeit der neuen Realschule lag wiederum in der Frage des Unterhalts von Schule und Lehrern.

Der Staat hatte zwar die Realschulen genehmigt, die Deckung ihres Personal- und Sachbedarfs überließ er jedoch wie bisher den Kreisen (= Regierungsbezirken) und Gemeinden. Die Schule musste wie früher um die Bewilligung auch kleiner Posten den Stadtrat und das Landratskollegium angehen - der Kreis versuchte, die erhöhten Lasten, die mit der Vermehrung von Klassen und Lehrkräften auf ihn zukamen, möglichst auf die Stadt abzuwälzen.

In den Landratsverhandlungen vom 01.–04.12.1881 [25] war die Stadt aufgefordert worden, die 5. und 6. Klasse wieder abzuschaffen, da der Kreis nicht für die Mehrkosten aufkommen wolle. Er ließ sich nur nach langen Verhandlungen wenigstens zu einem Pauschalzuschuss von 24.000 Mark für den Unterhalt der Schule bewegen. Den Mehraufwand für die beiden Klassen übernahm die Stadt unter der Bedingung, dass wieder eine Handelsabteilung eingerichtet würde, genehmigt wurde. [26]

Mit dem Ausbau zur Realschule war der Schulbesuch so stark angestiegen, dass mit Ministerial-Entschließung vom 06.11.1884 [26] die erstmalige Errichtung von 2 Parallelklassen für den I. Kurs mit 74 Schülern genehmigt wurde, „da It. Schulordnung die Anzahl der Schüler in den unteren 4 Kursen die Zahl 50 nicht übersteigen“ sollte.

Die hohen Schülerzahlen und die daraus resultierende Erhöhung der Personalkosten veranlassten die Stadt in den folgenden Jahren mehrmals zu Bittschriften an den Landrat und die Regierung von Niederbayern, um eine Erhöhung des Kreiszuschusses von 24.000 Mark zu erreichen - ohne Erfolg bis zum Jahre 1889, obwohl die Stadt darlegte, wie stark gerade die Frequenz der Schüler aus dem Kreis Niederbayern gestiegen war: von 71 (zu 116 städtischen Schülern) im Jahr 1882/83 auf 157 (zu 203 städtischen Schülern) im Jahr 1889/90. Auch die Bitte um Aufnahme der Schule 1887 als zweite Kreisrealschule neben Passau wurde trotz der Drohung der Stadt, die Frequenz der Schule wegen der steigenden Kosten zu beschränken, abgelehnt. [27]

Allmählich erwiesen sich jedoch die baulichen Verhältnisse der Schule, die immer noch im Ursulinengäßchen in einem Trakt des Regierungsgebäudes untergebracht war, als untragbar. Die Schülerzahl war von 202 Schülern im Jahr 1882/83 auf 473 im Schuljahr 1893/94 gestiegen, die Klassenzahl von 8 auf 14. Dieser Missstand gab immer wieder Anlass zu Beschwerden und wurde vor allem in der auswärtigen Presse angeprangert. Gegen einen derartigen Artikel der Münchener Neuesten Nachrichten vom 23.11.1894, der nach Ansicht des Rektors Dr. Botz nach Inhalt und Diktion den unverkennbaren Stempel der Gehässigkeit und Böswilligkeit auf der Stirn trug – er griff nämlich nicht nur den Bau, sondern auch die Unterrichtsgestaltung an der überfüllten Schule an - wehrte sich das Rektorat zwar in seinem Schreiben an die Regierung von Niederbayern vom 29.11.1894, doch war der entscheidende Anstoß für eine großzügige Lösung bei den verantwortlichen Stellen damit gegeben: zum Neubau des Anstaltsgebäudes am Marienplatz (1900-1903).

Nach mehrjährigen Verhandlungen kaufte die Stadt 1899 das sog. Frankanwesen und den Gerstigarten (heute Marien-, Ludwigs- und Gestütsstraße) und sicherte sich 1900 das Vorkaufsrecht des Poschinger-Anwesens [28]. Schon 1898 hatte die Regierung von Niederbayern die Angliederung einer Mechanisch-technischen Lehranstalt an die Realschule empfohlen. Als nun mit Entschluss vom 26.02.1899 das Innenministeriums für Kirchen- und Schulangelegenheiten die Zusicherung erteilte, dass im Falle eines Neubaus diese Mechanisch-technische Fachschule mit bedeutenden Staatszuschüssen rechnen dürfe, und auch zu den Neubaukosten Zuschüsse in Aussicht gestellt wurden, begannen am 15.01.1900 die Vorarbeiten.

Die Bauausführung wurde dem Architekten Schenk aus München übertragen. 1901 wurden die Turnhalle und die Maschinenbauschule fertiggestellt. Letztere wurde am 16.04.1901 feierlich eröffnet und nahm den Unterricht als dreikursige Fachschule für Maschinenbau und Elektrotechnik auf; das theoretische Programm hatte schon im Januar begonnen. [29]

Am 12.12.1903 fand, in Gegenwart des Regierungspräsidenten von Andrian-Werburg und hoher Regierungsbeamter, des Bürgermeisters Marschall, sowie der Vertreter des Gymnasiums, aller übrigen Behörden und der Geistlichkeit, und in Anwesenheit aller Lehrer und Schüler der Realschule die Übergabe des Neubaus durch den Architekten statt. Dabei standen die Räume zur allgemeinen Besichtigung offen. Die Gesamtkosten des Baus einschließlich Turnhalle und Fachschule beliefen sich nach den Angaben von Bürgermeister Marschall auf 470.000 Mark, die Grunderwerbskosten auf 74.000 Mark. [30] Der Kurier von Niederbayern lobte vor allem die moderne Ausstattung der Schule: „Neueste schulhygienische Einrichtungen im Zeichensaal, Zentralheizung in allen Schulzimmern und Gängen“. Diesem Anspruch wurde auch die Einrichtung eines Telefons schon im Jahr 1905 gerecht. [31]

Als in Bayern 1906 (139. Plenarsitzung vom 23.05.1906) die Errichtung von Oberrealschulen beschlossen und ab 01.09.1907 vollzogen wurde, glaubte sich Landshut zunächst berechtigt, als Kreishauptstadt die Oberrealschule für Niederbayern zu erhalten. Doch der Landtagsbeschluss bestimmte, dass in allen Kreisen die Kreisrealschulen zu Oberrealschulen ausgebaut werden sollten - diese stand für Niederbayern jedoch in Passau. Auch der Vorschlag, die Landshuter Schule als zweite Oberrealschule des Kreises auszubauen, wurde abgelehnt. [32]

Die Landratsverhandlungen vom 05.-17.11.1906 stellten dazu fest, „dass inhaltlich der Regierungsvorlage der Kreisvertretung keine Wahl über den Ort der Oberrealschule gelassen und auf die früheren Beschlüsse des Landrats keine Rücksicht genommen wurde“. Im übrigen hoffte man, „daß diese in Angriff genommene Neuorganisation namentlich hinsichtlich der Zahl der zu errichtenden Oberrealschulen noch nicht endgültig abgeschlossen sei und in näherer oder fernerer Zeit auch die Stadt Landshut zum Zuge käme“. [33]

Bald danach kamen mit dem Eintritt des Deutschen Reiches in den Ersten Weltkrieg schwarze Jahre für die Schule. Doch trotz Lehrermangels – bereits im 1. Kriegsjahr wurden von 31 Lehrern sieben eingezogen – und steigender Schülerzahlen, trotz zeitweiliger Besetzung der Turnhalle und des Schulgebäudes durch Truppen wurde der Unterricht nicht nur aufrechterhalten, es wurden auch noch Kurse zur Weiterbildung von invaliden Kriegsteilnehmern an der Real- und Maschinenbau-Fachschule eingerichtet. [34]

Die Sammlungen der Schüler im Verlauf des Kriegs erbrachten die Summe von über 60.000 Goldmark, auch waren Lehrer und Schüler im freiwilligen Sanitätsdienst und bei Feldarbeiten tätig und nahmen an Wehrkraftübungen teil. [34]

Die Realschule (1918 - 1923)

Die Abschaffung der Monarchie nach Beendigung des 1. Weltkrieges 1918 - das Königreich Bayern war nun Freistaat - bedeutete nicht nur eine Umwälzung im Leben des einzelnen, auch das Schulleben erfuhr tiefgreifende Veränderungen: Das Königliche Staatsministerium des Inneren für Kirchen- und Schulangelegenheiten führte nun seit dem 11.11.1918 die Bezeichnung Staatsministerium für Unterricht und Kultus. Seine ersten demokratischen Schritte waren die Errichtung von Schülerausschüssen und Schülerversammlungen 1918 – die Schüler hatten erstmals das Recht, ständige Vertretungen zu wählen, um ihre Wünsche und Beschwerden beim Vorstand vorzubringen, und Schülervereinigungen zu gründen - und 1919 die Zulassung von Mädchen zum Besuch der höheren Lehranstalten an Orten, wo sich keine entsprechenden Mädchenschulen befanden und die Unterbringung möglich war. Im Jahresbericht 1919/20 wies die Realschule drei Mädchen auf, im Jahresbericht 1921/22 bereits 20![35]

Zur Förderung und Vertiefung der Beziehungen zwischen Eltern und Lehrern, Schule und Familie“ wurden mit Kultusminsteriumserlass vom 31.12.1919 in Bayern „an jeder höheren Unterrichtsanstalt ein Elternbeirat“ gebildet. Seine Aufgabe war die Vermittlung zwischen Schule und Elternhaus, Aufklärung der Eltern über die Schulverhältnisse in den Elternversammlungen, gutachtliche Äußerungen zu Organisations-, Erziehungs- und Unterrichtsfragen, die Förderung von schulischen Einrichtungen und die Mitwirkung bei der Entlassung eines Schülers (auf Ersuchen der Eltern). In diesem Sinne wirkte der Elternbeirat in Landshut, vor allem auch bei den Bemühungen um den Ausbau der Anstalt zur Oberrealschule.

Die Oberrealschule mit Handelsabteilung (1923 - 1935)

Im Jahr 1918 begannen die Verhandlungen um die Erweiterung der Landshuter Real- zur Oberrealschule von neuem und hatten nun Erfolg. Die Zustimmung des Landtags erfolgte am 04.04.1922 zusammen mit der Genehmigung von neun weiteren Oberrealschulen und unter Gewährleistung des Sachbedarfs durch Gemeinde und Kreis.[36]

Obwohl der niederbayerische Kreistag in der Sitzung vom 18.05.1922 die Bewilligung der nötigen Mittel vorerst abgelehnt hatte [37], wurde die 7. Klasse nach Genehmigung durch das Staatsministerium für Unterricht und Kultus bereits im Schuljahr 1922/23 angegliedert, die 8. Klasse 1923/24 genehmigt, und schließlich wurde mit der Zulassung der 9. Klasse im Jahr 1924/25 der Ausbau zur Vollanstalt abgeschlossen. Der Jahresbericht 1924/25 schreibt in seinen Schulgeschichtlichen Mitteilungen: „Das verflossene Schuljahr war für die Entwicklung der Schule von außerordentlicher Bedeutung. Denn es brachte [...] den Ausbau zur Vollanstalt durch Angliederung der 9. Klasse, nachdem bereits im Schuljahr 1922/23 die 7. und im Schuljahr 1923/24 die 8. Klasse mit Genehmigung des Staatsministeriums errichtet worden war“. Weiter heißt es: „Der Reifeprüfung unterzogen sich die 9 Schüler der Oberklasse; außerdem wurden der Anstalt vom Staatsministerium noch 2 Privatstudierende zugewiesen“.

Vom 15.–17.07.1933 konnte die Oberrealschule unter dem Protektorat des Landshuter Bürgermeisters Karl Vielweib ihr Hundertjähriges Bestehen – zugleich mit der Vierzigjahrfeier des Realschulabsolventen-Verbandes – mit einem glanzvollen dreitägigen Festprogramm feiern, an dem neben den Behörden, den Lehrern und Schülern eine große Anzahl ehemaliger Schüler und Freunde der Anstalt (darunter 500 auswärtige) teilnahmen. Aus Anlass des Jubiläums gründeten Stadtrat und Realschulabsolventen-Verband mit einem Grundkapital von je 2.000 RM Stipendienstiftungen für würdige Schüler der Oberrealschule. Als besonderes Geschenk zur Hundertjahrfeier erhielt die Schule in den Sommerferien 1933 die Installation der Elektrischen Beleuchtung im ganzen Gebäude, die bisher nur in den Zeichensälen seit 1927 vorhanden war.

Die Hans-Schemm-Oberrealschule mit Handelsabteilung (1935 - 1945)

Am 25.10.1935 wurde der Schule auf Antrag der NSDAP-Kreisleitung zum Andenken an den verstorbenen Kultusminister und Gauleiter die Bezeichnung Hans-Schemm-Oberrealschule gegeben.

Die einsetzende Kriegsvorbereitung traf auch die Landshuter Schule. Mit Kultusministeriumsbeschluss vom 13.12.1938 wurden die Direktorate der höheren Lehranstalten aufgefordert, die Gewichtsbelastung der Turnhallen überprüfen zu lassen, um darin Getreide einzulagern. Ab Januar 1939 war die Turnhalle diesem Zweck zugeführt, der Turnunterricht wurde deshalb in der Turngemeinde an der Wittstraße abgehalten. [38]

In das Schuljahr 1939/40 fiel der Ausbruch des 2. Weltkrieges. Der Leiter der Schule, OStD Rampf, und 11 Lehrer wurden 1940/41 zum Heeresdienst eingezogen, ebenso zahlreiche Schüler der oberen Klassen. Schüler der 5. und 6. Klassen wurden abwechselnd und klassenweise zum Landdienst eingesetzt. Die Wehrmacht beschlagnahmte einen großen Teil des Schulgebäudes, doch blieb ein regelmäßiger Unterricht in den Hauptfächern bestehen.

Da die Schule 1941 gezwungenermaßen in die Oberschule zog, musste Schichtunterricht erteilt werden. Die Oberklassenschüler wurden in den nächsten zwei Jahren so zahlreich zur Wehrmacht und zum Reichsarbeitsdienst eingezogen, dass ab 1943 wegen der geringen Zahl der noch nicht Eingerückten die Schüler der 6. und 7. Klassen von Gymnasium und Oberschule gemeinsam unterrichtet und ab April 1944 zu einer Klasse zusammengefasst wurden. [39]

Am 16.12.1944 musste das Schulgebäude während der Verdunkelungszeit überstürzt und ohne das zum Teil sehr wertvolle Inventar (besonders die naturwissenschaftliche Sammlung) geräumt werden, um ein ungarisches Lazarett aufzunehmen. Nur die Schulbänke und kleinere Einrichtungsgegenstände durfte man im Kellergebäude der Burg Trausnitz lagern. Bis April 1945 wurde noch stark verkürzter Unterricht gehalten: im Januar in der Ober- und Volksschule Seligenthal (bis Seligenthal selbst als Lazarett belegt wurde) und in der Volksschule St. Nikola (wegen Kohlemangels aufgegeben), von Februar bis April in den geheizten Nebenräumen von Koller- und Reichardtbräu, in sechs ungeheizten Räumen der Städtischen Berufsschule und in der Gewerbeanstalt. Als sich amerikanische Truppen der Stadt näherten, endete der Schulbetrieb. Am 01.05.1945 ergab sich die Stadt, am 05.05.1945 wurde der Schulleiter OStD Rampf verhaftet, die Leitung der Schule übernahmen bis 01.09.1946 vorläufig zwei Lehrer.

Die Oberschule (1946 - 1948)

Da Landshut gegen Kriegsende immer mehr zur Lazarettstadt geworden war, und Gymnasium wie Oberrealschule auch weiterhin als Lazarett bzw. Krankenhaus verwendet blieben, dauerte es länger als in den meisten bayerischen Städten, bis die höheren staatlichen Schulen - wenn auch nur in äußerst bescheidenem Umfang - wieder eröffnet wurden.

Am 07.05.1946 - ein Jahr nach Beendigung der Feindseligkeiten - stellte die Stadt im Ottonianum für beide Anstalten zwölf teils kleine Räume zur Verfügung, in denen wechselweise mit dem Gymnasium die Oberrealschüler in ca. 18 Wochenstunden unterrichtet wurden. Der Lehrbetrieb gestaltete sich aufgrund des Mangels an Lehrkräften und fehlender Lernmittel äußerst schwierig.

Dank des Eingreifens der Militärbehörde (Major Boyd) wurde bis 01.10.1946 wenigstens das Gebäude des Gymnasiums für Schulzwecke geräumt: So standen nun 18 Klassen der Oberrealschule und 10 Klassen des Gymnasiums 13 Klassenzimmer sowie je ein Musik-, Zeichen- und Physiksaal zur Verfügung. Den Preis für die Räumung des Gymnasiums musste die Oberrealschule mit dem Verlust ihrer letzten Positionen im eigenen Gebäude bezahlen: sie verlor auch noch die bis dahin verbliebenen drei Vorbereitungsräume für den Physik- und Chemieunterricht mit den dort untergestellten Apparaten, ferner die Direktorats- und Verwaltungsräume. Der unbegründet schnellen Räumung fiel auch anderes wertvolles Inventar zum Opfer, wie Schultafeln, nicht transportierbare Podien und Sammlungsschränke.

Die Schule selbst wurde nach Auszug des Lazaretts in ein städtisches Teilkrankenhaus mit einer Hautkrankheiten- und TB-Station umgewandelt. Unter den unzulänglichen Raumverhältnissen litten besonders die naturwissenschaftlichen und die Wahlfächer, auch Turnunterricht konnte mangels einer Halle und eines Lehrers nicht erteilt werden. Der Jahresbericht 1946/47 beschreibt die Situation: Die Tätigkeit der Lehrer in erziehlicher Hinsicht beschränkte sich unter den gegebenen räumlichen und zeitlichen Verhältnissen in der Hauptsache auf 'Erziehung durch Unterricht', doch boten das bedrückend enge Zusammenleben zweier Schulen in einem Gebäude, das für die kleinere Schule kaum ausreicht, und namentlich die tägliche Schulspeisung unter Beaufsichtigung der Lehrkräfte diesen reichlich Gelegenheit, die Schüler zu Selbstbeherrschung und Rücksichtnahme, Ordnung und Sauberkeit in Klassenzimmern, Gängen und Aborten anzuhalten.

In dieser für sie schwierigsten Lage hatte die Schule einen neuen endgültigen Leiter erhalten, Joseph Freundorfer, Oberstudiendirektor und ab 01.09.1949 Ministerialbeauftragter für die höheren Schulen im Regierungsbezirk Niederbayern. Seitdem blieb die Leitung der Schule mit dem Amt des Ministerialbeauftragten verbunden.

Die Oberrealschule am Marienplatz (1948 - 1965)

Am 03.11.1948 konnte die Schule – nach der Wiederinstandsetzung, die DM 23.700,- kostete [40] [41] − endlich den Unterricht im eigenen Haus am Marienplatz aufnehmen: Es verblieben ihr 11 Klassenzimmer im 1. und 2. Stock, dazu die Physik-, Chemie-, Zeichen- und Musiksäle, die Turnhalle und die Verwaltungsräume. Die auf 764 angewachsene Schülerzahl in 22 Klassen konnte nach wie vor nur in Halbtagsschichten unterrichtet werden, unter Verkürzung der Unterrichtsstunde von 60 auf 45 Minuten.

Trotz der belastenden Arbeitsbedingungen konnte man zum ersten Mal in den dritten Klassen die Gabelung in einen mathematisch-naturwissenschaftlichen und einen sprachlichen Zweig durchführen. Die vorherige Oberschule (mit Handelsabteilung) wurde abgebaut, das Fach Handelskunde in den Klassen 4–7 ab 1951 zum Wahlpflichtfach (statt Zeichnen).

Das bedeutendste Ereignis war die vom 13.–20.02.1953 durchgeführte Räumung des Erdgeschosses durch das Versorgungsamt und der Einzug der Schule in diese nun freigewordenen Räume am 27.04.1953. Schließlich war sie die einzige höhere Schule Niederbayerns gewesen, die bis 1953 nicht im vollen Besitz der ihr zustehenden Schulräume und damit ihrer vollen Leistungsfähigkeit war. Der Kostenaufwand für die Umgestaltung durch die Stadtverwaltung betrug DM 36.000,-, die Kosten für die neuen Schulmöbel, die der Staat trug, DM 25.000,- [42]. So konnte das Jahr 1953/54 als erstes Normaljahr der Nachkriegszeit gelten, da alle 24 Klassen am Vormittag unterrichtet wurden. Auch die Aufnahme von Mädchen erfolgte ab diesem Jahr wieder, was bislang seit Kriegsende wegen der Raumbeschränkung - außer in der Kurzform - nicht möglich gewesen war.

Von Juli bis November 1955 ließ die Stadtverwaltung Turnhalle und Turngeräte zeitgemäß erneuern.

So konnte die Schule 1958 mit Stolz auf ihr 125-jähriges Bestehen zurückblicken, hatte sie doch die schweren Nachkriegsjahre überwunden und die Hoffnung, dass ihre Entwicklung in den kommenden Jahren einen ruhigeren Verlauf nehmen werde. [43] [44]

Doch nun begann die Zeit der Reformen, und die Struktur der bayerischen höheren Schulen veränderte sich.

Der Neuaufbau des höheren Schulwesens in Bayern [45] brachte der Schule am 07.04.1964 [46] den ersehnten realgymnasialen Zweig mit grundständigem Englisch und damit die Wiedereinführung des neusprachlichen Zweiges, der bis heute besteht. Schon 1958 hatten Landshuter Abgeordnete im Landtag den Antrag gestellt, der Oberrealschule Landshut einen realgymnasialen Zweig anzugliedern; aufgrund fachlicher Argumente erhielt ihn jedoch das Humanistische Gymnasium im Schuljahr 1958/59. [47]

Das Hans-Leinberger-Gymnasium am Marienplatz (1965 - 1978)

Im Zuge des Neuaufbaus fand in ganz Bayern 1965/66 die Umbenennung der höheren Schulen in Gymnasien statt. Die Oberrealschule führte bis zur endgültigen Entscheidung die Bezeichnung Gymnasium am Marienplatz, mathematisch-naturwissenschaftliches und neusprachliches Gymnasium [48], mit Erlass des Kultusministeriums [49] wurde ihr auf Antrag der Name Hans-Leinberger-Gymnasium verliehen.

Im gleichen Jahr ging einer der dringendsten Wünsche des Gymnasiums in Erfüllung: es erhielt die neue – schon 1962 geplante und genehmigte – Doppelturnhalle [50]. In den vergangenen Jahren hatten sich 28 Klassen und die Maschinenbauschule mit der alten, einfachen Halle begnügen müssen, in der abends noch Vereine übten – ein in stundenplantechnischer Hinsicht und vom schulhygienischen Standpunkt nicht mehr tragbarer Zustand. Bund, Land und Stadt ermöglichten den Bau der Doppelturnhalle mit einem Kostenaufwand von ca. 625.000,- DM. Die obere Halle konnte im Dezember 1965, die untere im Februar 1966 in Betrieb genommen werden, die Einweihungsfeier in Anwesenheit des Oberbürgermeisters und aller Behördenvertreter fand am 29.04.1966 statt.

Im Laufe der Bildungswerbung wie Schulentwicklungsplan, Begabtenförderungsgesetz und dem Gesetz über die Kostenfreiheit des Schulweges, die den Jugendlichen einen weitgehenden Zugang zu allen Einrichtungen von Bildung und Erziehung eröffnen sollten, wurde mit Beschluss des Kultusministeriums vom 15.02.1965 angeordnet, ab 01.04.1965 in jedem Regierungsbezirk eine Schulberatungsstelle unter der Aufsicht des Ministerialbeauftragten für die höheren Schulen zu errichten. Für Niederbayern kam die Stelle des Schulberaters demnach ans Hans-Leinberger-Gymnasium. 1966 stellte die Stadt nicht nur die Poschinger-Villa zur Verfügung, um die schlimmste Raumnot der auf 32 Klassen und 942 Schüler angewachsenen Anstalt zu lindern, sie ließ auch 1967 die alte Turnhalle und die Maschinenbauhalle im Hof der Schule abbrechen, um dort zusammen mit dem Garten der Villa einen Sportplatz zu ermöglichen. Die neue Allwetteranlage mit zahlreichen Möglichkeiten für Leichtathletik und Spiele konnte zu Beginn des Schuljahres 1968/69 übergeben werden.

Eine weitere Verbesserung ergab sich mit dem Ausbau eines dritten Zeichensaales im Dachgeschoss und zusätzlicher Klassenräume 1969 im Souterrain, sowie mit der Erneuerung der gesamten Fassade, die 1970 begonnen und nach fast drei Jahren Ende Juni 1973 mit einem Aufwand von 765.000,- DM fertiggesteIlt wurde. [51]

Gemäß Verordnung [52] erhielt die Staatliche Berufsfachschule für Maschinenbau, seit ihrer Gründung 1901 Nebenanstalt der Schule, mit Wirkung vom 01.09.1970 ihre schulorganisatorische Selbständigkeit. 69 Jahre enger Zusammenarbeit waren damit beendet.

Einen weiteren bedeutsamen Abschnitt in der gymnasialen Entwicklung Niederbayerns brachte die Eröffnung der Pädagogischen Seminare für Biologie/Chemie und Mathematik/Physik am 17.09.1973 und für Deutsch/Französisch am 18.09.1974. Damit war das Hans-Leinberger-Gymnasium Seminarschule – außer in Landshut gab es in Niederbayern 1974 noch Seminarschulen in Passau, Straubing und Deggendorf. Für die Einrichtung des Seminarraumes und die Seminarbücherei stellte 1973 der Stadtrat 40.000,- DM bereit.

Die allgemeine Einführung der Kollegstufe in Bayern [53] veränderte die überkommene Schullandschaft so radikal wie noch nie seit Kriegsende durch die Auflösung der 12. und 13. Klassen und damit der betreffenden Schulzweige und ihre Strukturierung in Grund- und Leistungskurse. Am Hans-Leinberger-Gymnasium nahmen an der neugestalteten Oberstufe, die im Rahmen der Versuchsphase der Kollegstufe nach Modell II vom 25.01.1974 bereits 1976/77 durchgeführt wurde, 85 Kollegiateninnen und Kollegiaten in 12 Leistungs- und 35 Grundkursen teil.

Die aufgrund geburtenstarker Jahrgänge explodierenden Schülerzahlen hatten in Niederbayern zwischen 1964 und 1974 zum Bau von 12 neuen Gymnasien geführt, und auch am HLG erwies sich die Raumnot als immer drängender. Seit 1973 mußten etliche Klassen in das Gebäude der Ziegeleifachschule verlegt werden, ab 1975 wurde auch die alte Hans-Carossa-Turnhalle in den Sportunterricht einbezogen, das heißt die betroffenen Schüler und Lehrer waren während der Unterrichtszeit mehrmals gezwungen, den verkehrsreichen Marienplatz zu überqueren. Doch konnten alle diese Notmaßnahmen, die Um- und Ausbauten der letzten Jahre, der drangvollen Enge von nunmehr 1.200 Schülern nicht abhelfen; auch die erhoffte Entlastung durch neue Gymnasien in Vilsbiburg und Mallersdorf trat nicht ein.

Das Hans-Leinberger-Gymnasium an der Jürgen-Schumann-Straße (ab 1978)

Neue Überlegungen hinsichtlich der Geburtenjahrgänge und der Aufnahmekapazität führten jedoch zum Neubau eines Gymnasiums, des Hans-Leinberger-Gymnasiums an der Jürgen-Schumann-Straße. [54]

Am 26.06.1974 wurde dem Raumprogramm die schulaufsichtliche Genehmigung durch das Staatsministerium für Unterricht und Kultus erteilt, am 17.11.1975 fand der erste Spatenstich für das neue Schulgebäude statt.

Mit der Übergabe des Neubaus an das Direktorat am 14.09.1978 war eines der bis dahin größten Bauvorhaben Landshuts vollendet und für den Einzug von 95 Lehrern, 1.306 Schülern und der Pädagogischen Seminare bereit. Der Bau umfasste neben 39 Klassen- und 8 Kollegstufenräumen Fachräume, Bibliothek, eine Dreifachturnhalle mit Außensportanlage, Sprachlabor und eine Mensa mit einem Gesamtkostenaufwand von 25 Mio. DM. [54]

Die vom Rennweg aus geschaffene neue Zufahrtsstraße erhielt ihren Namen nach dem Chefpiloten der Landshut, Jürgen Schumann, „nicht nur als Erinnerung an einen pflichtbewußten, opferbereiten Mann, sondern zugleich als Mahnung zur Verwirklichung von humanitas[55]. Für die künstlerische Ausgestaltung wurden Prof. Fritz Koenig und Bernhard Kühlewein gewonnen.

Die offizielle Einweihung des größten Gymnasiums Niederbayerns am 17.11.1978 wurde in der neuen Turnhalle im Beisein zahlreicher Ehrengäste, aller Lehrer und Schüler, und mit Ansprachen von Direktor, Architekten und Kommunal- sowie Landespolitikern gefeiert. Am Nachmittag gab es – anstatt des obligatorischen Festessens für geladene Gäste – ein großes Schulfest mit Spielen, Sport, Tanz und Tombola, und am 09.12.1978 bot ein Tag der offenen Tür den Landshutern Gelegenheit, das neue Schulhaus und seine Einrichtungen zu besichtigen (Q116). Zur Einweihung gab die Stadt eine eigene Festschrift heraus: „Das neue Hans-Leinberger-Gymnasium Landshut“.

Der Einzug in das neue Haus erfüllte der Schule auch einen anderen, langgehegten Wunsch: Mit der Einrichtung des wirtschaftswissenschaftlichen Zweiges (1978/79) lebt die Tradition der alten, 1867 gegründeten und bis 1952 an der Schule bestehenden Handelsabteilung in neuer Form wieder auf. Die Anmeldungen waren so zahlreich, dass man bereits im 1. Jahr seines Bestehens anderthalb Klassen bilden musste.

Einen weiteren, seit 1973 diskutierten Wunsch konnte man verwirklichen: die Unterrichtsverteilung auf 5 Tage in der Woche. Zur Unterstützung der Verwaltung – die elektronische Erfassung der 5. Klassen – wurde der Computer erstmals 1982 eingesetzt.

150 Jahre Verordnungen und Gesetze haben diese Schule geprägt und formen sie weiter. Der lange Weg von der Gewerbsschule bis zum Gymnasium war nie eigenständig, sondern stets abhängig von gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Einflüssen so unterschiedlicher Regierungsformen wie Monarchie, Weimarer Republik, NS-Diktatur und Parlamentarischer Demokratie. Jede Epoche passte „Bildung“ und damit vor allem die höhere Schule, das Gymnasium, ihrem Selbstverständnis an.

Einzelnachweise

  1. Regierungsblatt für das Königreich Bayern, Nr. 9 vom 23.02.1833
  2. Friedrich Schuh: Geschichte des Bayerischen Philologenverbandes. Band I, 1863/64–1913/14. Eichstätt 1964, S. 145
  3. a b Landshuter Wochenblatt: Ausgabe Nr. 43 vom 27.10.1833
  4. Landshuter Wochenblatt, Nr. 48 vom 01.12.1833
  5. a b Landshuter Wochenblatt: Ausgabe Nr. 51 vom 22.12.1833
  6. Landshuter Wochenblatt: Ausgabe Nr. 31 vom 03.08.1834
  7. Josef Stoll: Kurzgefaßte Geschichte der Königlichen Landwirthschafts- u. Gewerbsschule und nunmehrigen Realschule zu Landshut während der ersten fünfzig Jahre ihres Bestehens (1833/34–1857/58). Landshut 1884
  8. Karl Schlotthauer: Geschichte der königlichen Landwirthschafts- und Gewerbsschule zu Landshut während der ersten fünf und zwanzig Jahres ihres Bestehens. (1833/34 - 1857/58. Programm zum Jahresbericht 1859/60 der Schule, S. 15f
  9. Königlich Bayerisches Intelligenzblatt für Niederbayern: Nr. 31 vom 25.07.1839, S. 385; Nr. 38 vom 17.09.1840, S. 537f.; Nr. 13 vom 27.03.1841, S. 222; Nr. 29 vom 17.07.1841, S. 484; Nr. 32 vom 23.04.1851, S. 304ff.
  10. Landshuter Wochenblatt: Ausgabe Nr. 41/1850 bzw. Nr. 39/1851
  11. Landshuter Wochenblatt, Jahrgänge 1836–1869
  12. Landshuter Wochenblatt: Ausgabe Nr. 35 vom 29.08.1852
  13. Dr. Alois Hornung: Festschrift zur Jahrhundertfeier der Oberrealschule Landshut. Landshut 1933
  14. Königlich Bayerisches Kreisamtsblatt von Niederbayern, Nr. 35/1871, S. 567
  15. Königlich Bayerisches Kreisamtsblatt von Niederbayern, Nr. 87 vom 13.10.1864, S. 1.437
  16. Jahresbericht der Königlichen Gewerbschule, Schuljahr 1864/65.
  17. Entschluss des Staatsministeriums des Handels und der öffentlichen Arbeiten vom 29.11.1855, Rep. 168/1 F. 874, Nr. 4966
  18. Akten der Regierung von Niederbayern : Rep 168/1 F. 876 Nr. 4974
  19. Königlich Bayerisches Kreisamtsblatt von Niederbayern: Nr. 84/1870, S. 1671ff.
  20. Königlich Bayerisches Kreisamtsblatt von Niederbayern: Nr. 103/1876, S. 1.224ff.
  21. Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Bayern: Nr. 23/1877
  22. Beschluss des Staatsministeriums des Inneren für Kirchen- und Schulangelegenheiten vom 07.08.1877, Rep. 168/1 F. 875 Nr. 4971
  23. Sitzungsprotokoll vom 19.05.1877: Rep. 168/1 F. 875 Nr. 4971
  24. Königlich Bayerisches Kreisamtsblatt von Niederbayern: Nr. 102/1878, Nr. 104/1879
  25. Königlich Bayerisches Kreisamtsblatt von Niederbayern: Nr. 107/1881 S. 1.047ff.
  26. a b Beschluss des Staatsministeriums des Inneren für Kirchen- und Schulangelegenheiten vom 18.08.1882, Rep. 168/1 F. 876 Nr. 4.972
  27. Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Bayern: Nr. 30/1887
  28. Landshuter Zeitung: Ausgabe Nr. 230 vom 08.10.1900
  29. Landshuter Zeitung: Ausgabe Nr. 87 vom 17.04.1901
  30. Landshuter Zeitung: Ausgabe Nr. 284 vom vom 14.12.1903
  31. Kurier für Niederbayern: Ausgabe vom 14.12.1903
  32. Stenographischer Bericht über die Verhandlungen der bayerischen Kammer der Abgeordneten. Band IV, Sitzung Nr. 139 (Plenarbeschluss S. 307ff.)
  33. Königlich Bayerisches Kreisamtsblatt von Niederbayern: Nr. 40/1906
  34. a b Jahresberichte des Hans-Leinberger-Gymnasiums, Jahre 1914–1918
  35. KME vom 24.05.1919
  36. Landshuter Zeitung: Nr. 93 vom 05.04.1922
  37. Landshuter Zeitung: Ausgabe Nr. 136 vom 19.05.1922 und Nr. 116/17b vom 29.04.1922
  38. Beschlüsse des Kultusministeriums vom 13.12.1938 und vom 07.11.1939
  39. Entschluss des Kultusministeriums vom 30.03.1944
  40. Isarpost: Ausgabe vom 18.09.1948 und 23.11.1948
  41. Sitzungsprotokoll des Stadtrates vom 19.11.1948, Best. 3 Nr. 351
  42. Landshuter Zeitung: Ausgabe vom 27.04.1953
  43. Jahresbericht: Ausgabe des Schuljahres 1954/55
  44. Landshuter Zeitung: Ausgabe vom 27.04.1953
  45. Landshuter Zeitung: Nr. 109 vom 11.07.1958
  46. Beschluss des Kultusministeriums vom 16.01.1964 und vom 17.01.1964
  47. Landshuter Zeitung: Ausgabe vom 25.06.1958 und vom 16.07.1958
  48. Landshuter Zeitung: Ausgabe vom 11.09.1965
  49. Beschluss des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 26.11.1965
  50. Landshuter Zeitung: Ausgabe vom 07.09.1973
  51. Landshuter Zeitung: Ausgabe vom 07.09.1973
  52. Verordnung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 19.8.1970
  53. Beschluss des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 25.01.1974
  54. a b Landshuter Zeitung: Ausgabe vom 25.09.1972 und vom 16.03.1974
  55. Jahresbericht des Hans-Leinberger-Gymnasiums des Schuljahres 1975/76, S. 9 ff.