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Feministische Erkenntnistheorie kann insofern von traditionellen Erkenntnistheorien abgegrenzt werden, als „Feministische Theoretikerinnen […] davon aus[gehen], dass die Frage, über wessen Erkenntnis wir sprechen, wenn wir über Wissen und Wissenschaft sprechen, in eine zentrale analytische Position zu rücken sei“.[1] Während in der klassischen Erkenntnistheorie von René Descartes bis Karl Popper der Fokus meist auf der rationalen Erklärung und Begründung von wissenschaftlichem Wissen liegt und situative oder subjektive Zusammenhänge weitestgehend vernachlässigt werden, ist für die feministische Erkenntnistheorie vor allem der faktische Entstehungszusammenhang von Wissen und der Blick auf das erkennende Subjekt charakteristisch.[2] Wissen gilt stets als situiert, also als in kulturellen, sozialen, ökonomischen oder historischen Zusammenhängen stehend. Fragen nach der Auswirkung von Geschlecht, aber auch von gesellschaftlicher und ethnischer Herkunft auf die Einstiegschancen und Akzeptanz im Wissenschafts- und Forschungsbetrieb waren zuvor weitgehend unbeachtet und wurden erstmalig durch Vertreter einer feministischen Erkenntnistheorie in einen erkenntnistheoretisch relevanten Zusammenhang gestellt.[3]

Die sich erst seit den 1980er Jahren entwickelte Wissenschaftsdisziplin weist ein heterogenes Spektrum an Positionen auf (bspw. feministische Standpunkttheorie, feministischer Empirismus). Allen gemein ist die Beobachtung, dass Frauen in der Wissenschaft unterrepräsentiert sowie strukturell benachteiligt sind und die Feststellung, dass dies nicht mit essenziellen Unterschieden zwischen weiblichen und männlichen Eigenschaften zu begründen ist. Stattdessen liegt diesem Phänomen eine Ausrichtung der Gesellschaft - und folglich auch der Wissenschaft - an männlichen Interessen und Idealen (Androzentrismus) zugrunde, dessen Basis frauendiskriminierende und konstruierte Geschlechterrollen bilden (bspw. die Assoziation von männlich mit rational, analytisch einerseits und von weiblich mit emotional, intuitiv andererseits).[2] Der urpsrüngliche Fokus auf Frauen als benachteiligte Gruppe geriet im Rahmen der Dritten Welle des Feminismus zunehmend in die Kritik und wurde zu einem intersektionalen Ansatz erweitert, der die Perspektiven marginalisierter Gruppen allgemein ins Zentrum rückt. Dieser Entwicklung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass bei der Analyse von Ungleichheit und Machtverhältnissen neben Geschlecht auch andere soziale Strukturkategorien wie Klasse, sexuelle Orientierung und Ethnizität wichtig sind.

Ein wichtiges Schlagwort im Bereich der feministischen Erkenntnistheorie ist der Begriff des Malestream. Mit diesem wird kritisiert, dass der typische Wissenschaftler ein weißer männlicher Europäer beziehungsweise ein Nordamerikaner mittleren Alters ist, der einer gehobenen Bildungsschicht entstammt. Basierend auf der paradigmatischen These des situierten Wissens sieht die feministische Erkenntnistheorie in dieser Einschränkung auf eine sehr begrenzte und homogene Gruppe erkennender Subjekte die Gefahr der kognitiven Verzerrung (englisch bias). Diese erkenntnistheoretische Verzerrung sichtbar zu machen und die Chancen von marginalisierten Personen zu verbessern, die nicht dem klassischen Malestream entsprechen, ist ein Grundanliegen der feministischen Erkenntnistheorie.

Wissen wird stillschweigend schon immer männlich konnotiert, was zur Folge hat, dass weibliches Wissen abgewertet wird. Als relevant wird hierbei nicht nur die Unterscheidung zwischen männlich und weiblich angesehen, sondern auch zwischen Dominanz und Unterdrückung.  ##wie können wir das noch einbauen?

## Gedankenstriche korrekt? -> Ja.

## bei "Vertretern einer fem. ET" wirklich generisches Maskulinum notwendig??!?! -> Ja. Siehe hier den Absatz "kurz & knapp" ganz zu Beginn. Es gibt aber auch Bestrebungen, die geschlechtergerechte Sprache in der Wikipedia konstruktiv zu diskutieren.

Einzelnachweise

  1. Mona Singer: Feministische Wissenschaftskritik und Epistemologie: Voraussetzungen, Positionen, Perspektiven. In: Ruth Becker, Beate Kortendiek (Hrsg.): Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung. 3. Auflage. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-531-17170-8, S. 285–294, hier S. 285.
  2. a b Lorraine Code: Is the Sex of the Knower Epistemologically Significant? In: Louis P. Pojman (Hrsg.): The Theory of Knowledge. Classical and Contemporary Readings. 3. Auflage. Wadsworth, Belmont 2003, ISBN 978-0-534-55822-2, S. 559–571.
  3. Heinz-Jürgen Voß: Feministische Wissenschaftskritik. Am Beispiel der Naturwissenschaft Biologie. In: Ulrike Freikamp et al. (Hrsg.): Kritik mit Methode? Forschungsmethoden und Gesellschaftskritik. Dietz, Berlin 2008, ISBN 978-3-320-02136-8, S. 233–252.